Die Gruppe baute nach und nach ihr kleines Lager ein wenig abseits von der Straße und vom Gasthaus auf. Der Abend war mild, und die Träume kamen schnell.
Waldemar sah den mysteriösen Fremden eine ganze Zeit lang schweigend an. Schließlich stand er von dem kleinen Baumstumpf auf, und räusperte sich. "Ich soll euch also vertrauen, ohne dass ihr mir irgendetwas über euch erzählt. Woher weiß ich, dass das keine Falle ist?"
Der Magier lächelte. "Ihr wisst es nicht. Was auch immer ich für einen Beweis zu erbringen versuchte, könnte nur wieder Teil eines größeren Plans sein. Und weil ich weiß, dass ihr weise genug seid, das zu erkennen, spreche ich euer Herz an, nicht euren Kopf."
Er trat einen Schritt näher. Sein dunkles blondes Haar war kurz geschnitten, die Kleidung edel. "Seht in meine Augen. Das ist der Beweis, den ich euch bieten kann."
Fast war er gewillt, dem Magier zu glauben. Hoffnung... er hatte es so lange nicht mehr gefühlt...
Calfay starrte den grauen Fels der Höhle an, in die sie sich zurückgezogen hatte. Sie hatte gewusst, dass es nicht einfach werden würde... aber das hatte sie nicht erwartet. Als wäre die Welt mit einer Krankheit infiziert worden, die nicht den Körper, sondern die Herzen angriff.
Eine Spur aber gab es noch. Ein Mensch, gesucht von den Häschern seiner eigenen Art. Sie würde ihn finden, auch wenn sie dazu ein ganzes Meer überqueren musste...
Zum ersten Mal seit langem schlief Mika ruhig. Es war, als ob sie in der freien Natur endlich die Entspannung finden konnte, die ihr in der Stadt so gefehlt hatte. Auch ihre Träume blieben sanft.
Vor sich erblickte sie das Gesicht von Milan. Wenn er doch nur wüsste, was sie wirklich für ihn empfand... doch sie war froh über das, was sie hatte. Er passte auf sie auf, wie sie es sich niemals zu hoffen gewagt hätte...
Lächelnd sah Eretria zu den Kindern. Es war so ein wichtiger Tag, für sie selbst ebenso wie für die Kinder. So viel würde geschehen, so viel würde sich verändern. Endlich würde alles seinen rechten Platz bekommen.
Es schien ihr, als würde die Wüste das Licht der Sonne heute besonders hell reflektieren. Vielleicht war es auch nur die normale Entwicklung, es war in den letzten Monaten immer heller geworden. Aber für sie passte alles zusammen. Ja, es war, als würde sogar die Natur die kommende Ordnung mit offenen Armen empfangen.
Sie sah sich um. Überall waren geschäftige Diener, doch sie hielten gebührenden Abstand zu ihr. Ein kurzer Stich zog durch ihr Herz. Selbst jetzt, selbst hier, war sie allein. Aber nein, daran wollte sie jetzt nicht denken. Heute war etwas anderes wichtig...
Ein Tropfen fiel zu Boden. Milan sah hinab. Das war es nun also.
Alles würde sich von jetzt an ändern. Jedenfalls hoffte er das. Für sich, für seine Schwester, für alle.
War er glücklich? Nein. Aber befreit.
In dieser Nacht blieb Beldin von weiteren Geistererscheinungen verschont. Doch das machte seine Träume nicht angenehmer. Er war Jarek, das wusste er. Immer wieder durchlebte er einzelne Szenen aus Jareks Leben.
Er fühlte, was Jarek fühlte, spürte, was Jarek spürte. Als ihn die Klinge in den Rücken traf und alles schwarz wurde. Als seine Geliebte starb. Als er den ersten Mord beging. Als der seltsame Magier zu ihm kam, und ihn bat, aufzuhören. Diese Mischung aus Wut, Hoffnung, Sehnsucht und Angst, die ihn beinahe zerrissen hätte. Doch er konnte nicht aufhören, konnte die Welt, wie sie war, nicht akzeptieren.
Vermutlich war es ohnehin nur eine Falle gewesen. Ein hinterlistiger Plan der Blutpriester oder einer der anderen Machtgruppen.
Und dann traf ihn wieder die Klinge in den Rücken, und die Träume fingen von vorne an....