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Autor Thema: Kapitel 2: Morgensonne  (Gelesen 131973 mal)

Beschreibung: Die Geschichte geht weiter...

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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #705 am: 17.07.2010, 12:45:45 »
In den nächsten Tagen verlief die Reise ruhig. Die Räuber tauchten nicht wieder auf, und auch ansonsten gab es keine außergewöhnlichen Begegnungen. Je näher die Karawane der großen Feste kam, desto mehr häuften sich die Erzählungen anderer Reisender über die Taten der Ritter der Morgensonne. Auffällig war, dass die selbst ernannten Ritter den Erzählungen nach bis zu dem Ereignis in der Nähe des Turms tatsächlich niemanden getötet hatten.

Die junge Frau, die den Überfall überlebt hatte, Makae, benötigte in den nächsten Tagen sehr viel von Eretrias Aufmerksamkeit. Die junge Priesterin hatte wenig Erfahrung im Umgang mit Menschen, die einen solch tiefen Schock erlitten hatten, doch sie gab ihr Bestes, um Makae zu helfen.
Es war offensichtlich, dass ihr eigener Geist Makae vor den Erinnerungen schützen wollte, doch Eretria wusste aus den Lehren während ihrer Ausbildung, dass es sich immer rächte, wenn man diese Dinge verdrängte. Schritt für Schritt begleitete sie Makae dahin, sich den Bildern zu stellen, die ihr Geist verschlossen halten wollte. Sie tat es, um der jungen Frau zu helfen, aber auch in der Hoffnung darauf, dass Makae einige offene Fragen würde beantworten können.

Die Träume kamen weiterhin Nacht für Nacht zu den Mitgliedern der kleinen Gruppe – mit Ausnahme des Neuankömmlings Arue. Doch im Gegensatz zu den letzten Tagen wurden die Träume nebliger, die Erinnerungen nach dem Aufwachen schwächer. Was hängen blieb, waren Wiederholungen der Träume, die sie ohnehin schon durchlebt hatten.

Im Gespräch mit Maruiko stellte Milan fest, dass Eretrias Worte den Schildgeist offenbar wirklich getroffen hatten. Er weigerte sich, weiter darauf einzugehen, aber wann immer die Priesterin in die Nähe kam, verfiel Maruiko in Schweigen oder verschwand sogar im Nebel.
Milan gegenüber äußerte Maruiko, dass er es für einen Fehler hielt, nicht zum Turm zu gehen, doch der Schildgeist maß der Entscheidung offenbar nicht genug Bedeutung bei, um seiner Meinung großartig Nachdruck zu verleihen. Er akzeptierte die Entscheidung der Gruppe und erklärte immer wieder, dass das untote Mädchen seinen bisherigen Weg beibehalten hatte, und dass die Gefährten noch immer gut in der Zeit lagen – und vermutlich sogar vor dem Mädchen in Handelsfest ankommen würden.

Schließlich waren sie nur noch eine Tagesreise von der Großen Feste entfernt. Milan spürte, wie sich Nervosität in ihm breit machte. Er kam zurück in seine Heimatstadt, aus der er geflüchtet war, um nicht gegen seinen Willen verheiratet zu werden. Er kam zurück in die Stadt, in der seine Eltern auf ihn warteten. In der sein Vater auf ihn wartete. Je näher sie der Stadt kamen, desto mehr fühlte er sich wie der unreife Jugendliche, der nie den Erwartungen seines Vaters gerecht geworden war.

Erinnerungen kamen hoch, Erlebnisse, Personen... immer begleitet vom abschätzigen Blick seines Vaters. Lob hatte er vor allem von seiner Mutter bekommen, sie war es, die an seinem Leben wirklich Anteil genommen hatte, während sein Vater vor allem die Fortschritte seines Sohnes beobachtet hatte.
Magda von Karence, die beinahe seine Braut geworden wäre. Lémar und Tasha, das Geschwisterpaar, das seit seiner Kindheit zu seinen besten Freunden gehört hatte. Lémar war zu einem echten Lebemann geworden, den Milans Vater als Taugenichts verachtete, und Tasha war zu einer hübschen, aber burschikosen Frau geworden, die sich ganz wie ihr Bruder lieber mit Kartenspielen und Prügeleien beschäftigte, als zu einer edlen Dame zu werden. Vermutlich hatten die beiden ihn sogar unbewusst inspiriert, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen.
Tarak, der Stallmeister seines Vaters, von dem Milan in unzähligen Gesprächen mehr über das Wesen der Menschen erfahren hatte als von irgend jemandem sonst. Für Tarak war jeder Mensch wie ein scheues Pferd, das man nur zähmen musste, um zu seinem Herz vordringen zu können.

Ja, es gab einige, die er in der Großen Feste vermisste, und er freute sich, diese Menschen wieder zu sehen. Doch all das blieb überschattet von dem Wissen, dass er sich seinem Vater stellen musste...

Schließlich schlug die Karawane ihr letztes Nachtlager auf. Morgen, am frühen Nachmittag, würden sie in der Stadt ankommen.

Es war gerade in dieser Nacht, als die Träume wiederkehrten. So klar und deutlich, wie sie in der ersten Nacht nach ihrer Abreise aus Himmelstor gewesen waren.
« Letzte Änderung: 17.07.2010, 12:54:31 von Sternenblut »
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #706 am: 17.07.2010, 12:46:55 »
Aliya lächelte Tellion zu. Bald war es so weit. Sie würden die Hohe Weihe erfahren, die sie in die höchsten Ränge ihrer Religion bringen würde. Seit über zehn Jahren hatte niemand mehr diese Ehre erfahren, und die wenigen, die die Hohe Weihe erfahren hatten und noch lebten, waren nicht an politisch bedeutsamen Positionen interessiert.

Sie und Tellion aber bekleideten schon jetzt die Positionen als Priesterkönigin und Oberster Prophet. Seit sieben Jahren herrschten sie über dieses Land. Sie waren viel zu jung gewesen, als man sie erwählt hatte, doch sie waren mit ihren Aufgaben gewachsen. Immer wieder waren sie kritisiert worden, weil sie die höchsten Ämter inne hatten, ohne die Hohe Weihe erfahren zu haben, doch das würde nun enden.

„Aliya.“ Tellions Stimme war sanft, wie immer, wenn er zu ihr sprach. Dennoch bemerkte sie die Dringlichkeit in seiner Stimme. „Es gibt ein Problem. Zwei der Kinder, die erwählt worden sind... sie sind verschwunden.“

Sie runzelte ihre Stirn. „Verschwunden? Was soll das heißen? Wer hat sie...“

Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube, sie sind geflohen.“
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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #707 am: 17.07.2010, 12:47:10 »
Milan blickte in das Tal. Sein Volk hatte hunderte von Höhlen geschaffen, und aus der unbewohnbaren Wüste ein fruchtbares Reich geschaffen. In Jahrhunderten hatten seine Ahnen so viel erreicht, sie hatten dem Boden Leben entrungen, Pflanzen angebaut und Ziegen gezähmt. Sie waren ein friedliches Volk, dessen größte Erfüllung es war, etwas Schönes aus Nichts zu erschaffen.

Vor einem Jahr hatten sie ihn gewählt. Es hatte ihn völlig überrascht – natürlich, er war einer der besten Krieger im Tal, und er verstand sich mit jedem Einzelnen, doch er hatte nie geäußert, dass er ein Interesse daran hatte, sie anzuführen. Shahar und Kudra, das waren die Anwärter, diejenigen, die diese Macht unbedingt wollten. Arelia, die Schamanin, hatte ihm später erklärt, dass sie genau deshalb nicht gewählt worden waren.

Er wünschte, er müsste diese Verantwortung nicht tragen. Bis jetzt war alles in Ordnung gewesen, er hatte alle Aufgaben gemeistert... aber ein Krieg?

Man hatte ihre Nachbarn überfallen und brutal abgeschlachtet. Von den über dreitausend Qamaish gab es nur noch sieben Überlebende. Sieben. Die Qamaish waren ausgelöscht worden, ohne einen ersichtlichen Grund.

Shemiya war nun seine kleine Schwester. Er hatte sie aufgenommen in seine Familie, und kümmerte sich um sie, so gut er konnte. Sie drängte auf Rache, das wusste er. Doch Rache durfte kein Grund für einen Krieg sein. Aber es gab noch einen anderen Grund.

Wenn das Sonnenvolk die Qamaish ohne einen Grund auslöschte, dann würden sie es vielleicht auch bei seinem eigenen Volk tun. Er durfte nicht abwarten, bis es geschah. Er musste ihnen zuvor kommen, und den übermächtigen Feind besiegen, solange er nicht mit einem Angriff rechnete.
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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #708 am: 17.07.2010, 12:48:09 »
Die Dunkelheit war allumfassend. Es war nicht einfach nur der Mangel an Licht... mit ihrer Magie war es ihr durchaus möglich, zu sehen. Doch diese Höhlen strahlten eine Dunkelheit aus, die selbst dann bleiben würde, wenn man die Sonne selbst hier herein brachte.

Sie sah zu ihrem Gefährten. In elfischer Gestalt wanderten sie durch die Höhlen von Garach, auf der Suche nach... nun, nach ihm. Sie blieb stehen. „Was machen wir hier eigentlich?“

Feodor sah sie sie überrascht an. „Was meinst du?“

„Garach... ich meine, glaubst du ernsthaft, dass er uns auch nur zuhören wird? Er wird... ich glaube, er wird unsere Seelen verschlingen, und das war es dann. Er...“

Ihr Gefährte kam näher, legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Hab keine Angst. Ich weiß, der Plan ist... nun ja, es ist ein Plan, den sich nur ein Mensch ausdenken konnte. Aber du und ich, wir kennen diesen Menschen. Er ist nicht gewöhnlich. Er ist vielleicht der größte Magier, den diese Welt je gesehen hat, erfüllt von einer Macht und einem Verständnis für den Lauf der Dinge, dass selbst wir Drachen vor Neid vor ihm erblassen. Vertrauen wir seinem Instinkt. Ich glaube, dass es funktionieren wird.“

Sie schüttelte den Kopf. Vielleicht gab es eine winzige Chance... aber was, wenn sie sich irrten? Vielleicht würden sie sterben, wenn sie es nicht versuchten, doch zumindest würden ihre Seelen nicht von Garach verschlungen werden.

„Alles in mir schreit danach, umzukehren, Feodor. Ich möchte...“

Sie hielt inne. Gute zehn Schritt von ihnen entfernt hatte jemand den Höhlengang betreten. Der Mensch war bleich, seine Kleidung zerrissen, die Augen mit tiefen Rändern unterlaufen. „Ich... ich suche meine Schmiede. Sie muss hier irgendwo sein.“

Mit leeren Augen sah er sie an. „Oh, Kunden. Ich grüße euch. Seid ihr auf der Suche nach einer neuen Rüstung?“

Ein Verlorener. Sie hatten das Reich der Verlorenen erreicht. Es war nicht mehr weit bis zu Garachs Thron...
« Letzte Änderung: 17.07.2010, 12:48:19 von Sternenblut »
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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #709 am: 17.07.2010, 12:48:37 »
Mika traute sich kaum, zu atmen. Regungslos lag sie da, seit Stunden, wie ihr schien. Sie hatte schon lange nichts mehr gehört, keinen einzigen Schritt... und keinen Schrei mehr. Es war dunkel geworden. Vielleicht konnte sie es nun wieder wagen, sich zu bewegen.

Zitternd schob sie den toten Körper, der neben ihr lag, ein wenig zur Seite. Alles geschah so mechanisch, sie hatte kaum das Gefühl, selbst ihren Körper zu steuern. Sie kämpfte sich nach oben, langsam, vorbei an den Leichen ihrer früheren Freunde und Nachbarn. Sie war unter ihnen begraben worden, nachdem einer der Angreifer ihr ein Schwert durch den Bauch getrieben hatte. Sie wäre selbst eine der Leichen, wenn sie nicht die Macht des Lebensliedes angerufen hätte. Sie hatte nicht gewagt, zu singen, doch die Melodie nur in ihrem Kopf hervor zu rufen, hatte zumindest genügt, um dem Tod zu entkommen.

Wie betäubt lief sie durch das niedergebrannte Dorf. Sie ahnte, dass es in den Nachbardörfern nicht anders aussah. Sie war dankbar, im schwachen Mondlicht nur wenig von den zerstückelten Leichen zu sehen, doch der Rauch der abgebrannten Häuser drang unvermindert in ihre Nase.

Sie wusste nicht, wohin sie laufen sollte, also lief sie einfach in irgendeine Richtung. Ihr Bauch schmerzte noch immer, und sie spürte die Narbe, wenn sie mit ihrer Hand darüber strich. Doch noch immer wagte sie nicht, zu singen. Wer wusste schon, ob die Angreifer nicht doch noch Wachen zurückgelassen hatten, für den Fall, dass jemand überlebt hatte?

Sie lief. Alles, was sie im Moment wollte war, das Dorf hinter sich zu lassen. Das Dorf, das seit sechszehn Jahren ihre geliebte Heimat gewesen war...
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« Antwort #710 am: 17.07.2010, 12:49:01 »
Waldemar hielt den Silberbogen noch eine Weile in der Hand. Er würde seine Waffe vermissen. Doch die Waffe nun fort zu geben, war für ihn ein Symbol der Hoffnung. Was auch immer geschah, selbst wenn er nun sterben würde, er sollte die Gelegenheit bekommen, zurück zu kehren. Und dann würde sein Bogen auf ihn warten, versteckt an einem Ort, an dem nur er ihn finden konnte.

Er sah den Magier an. Obwohl er an den Erfolg glaubte, musste er fragen. „Seid ihr sicher, dass ich ihn zurück bekomme?“

Der Magier lächelte. „Der Bogen wird auf euch warten. Alles geht seinen Weg. Wir haben vielleicht eine Schlacht verloren, doch den Krieg haben wir gewonnen.“
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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #711 am: 17.07.2010, 12:49:12 »
Beldin saß vor seiner Hütte... nein, er war nicht Beldin. Sein Name war Limoren. Er erinnerte sich. Er war schon immer sehr zurückgezogen gewesen. Vielleicht war es seine Abstammung... halb Elf, halb Mensch, gehörte er zu keiner der beiden Kulturen. Er hatte es immer darauf geschoben.

Doch dann war sie gekommen. Mirela, eine wunderschöne junge Menschenfrau, die sich in ihn verliebt hatte. Er hatte bis heute nicht verstanden, was sie in ihm sah, doch er war dankbar für das Glück, dass die Götter ihm zuteil werden ließen.

Obwohl sie – ganz im Gegensatz zu ihm – lebenslustig und gerne unter Menschen war, war sie mit ihm in den Wald gezogen. Sie hatte gesagt, dass sie einfach jeden Tag in die Stadt wandern würde. Er wusste, sie hatte darauf gehofft, dass er sie begleitete. Und das tat er auch.

Sie hatte noch etwas anderes gesagt. Schon vor einigen Jahren, lange, bevor sie hierher gezogen waren. Er trug eine Schuld in sich, eine Schuld, die einen Schatten über sein ganzes Leben warf. Er hatte sie gefragt, von welcher Schuld sie sprach. Sie hatte nur geantwortet, dass sie das nicht wissen könne, weil das in einer Zeit vor ihr geschehen war. Aber er solle nicht in seinen Gedanken suchen, nicht einmal in seinem Herzen... sondern in seiner Seele.

Er ahnte, dass sie Recht hatte. Und er suchte. Doch bis heute hatte er es nicht gefunden. Er spürte, dass es da war, doch es war, als wolle etwas in ihm selbst die Wahrheit vor ihm verbergen. Er hatte Zeit. Mirela war bei ihm, und welche Dunkelheit auch immer sein Leben überschatten mochte, sie brachte ein Licht in sein Herz, dass selbst die finstersten Dämonen vertreiben konnte.

Er lächelte. Er hätte nie geglaubt, jemals eine solche Liebe empfinden zu können. Sie war alles für ihn, und er würde sie mit seinem Leben vor allen Gefahren beschützen. Niemals, das hatte er sich geschworen, würde er zulassen, dass ihr etwas geschah.
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #712 am: 17.07.2010, 12:50:30 »
Am nächsten Morgen weckte ein leichter Sommerregen die Reisenden. Nur wenige Wolken standen am Himmel, und der Regen würde vermutlich nicht lange andauern. Es waren nur noch wenige Stunden, dann würden sie in der Großen Feste ankommen.
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Mika

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #713 am: 17.07.2010, 14:26:00 »
Ein kalter Schauer lief Mika über den Rücken, als sie erwachte. Die Bilder vor ihren Augen waren schrecklich gewesen und obendrein von den Erinnerungen an das Massaker vor dem alten Turm genährt worden. Doch nachdem sie verstanden hatte, dass ihre Träume keine Visionen der Zukunft waren, sondern die Geschichten anderer Menschen erzählten, verwandelte sich Angst schnell in Neugier.
Selbst vor weiteren Bildern, wie denen aus der letzten Angst war sie bereit sich nun zu stellen, selbst wenn ein flaues Gefühl bei dem Gedanken daran in ihrem Bauch beherrschte.
Mika wollte wissen, wie es weiter ging und ärgerte sich fast, dass sie jetzt schon erwacht war. Nun musste sie wieder warten, einen langen Tag warten, bevor die Geschichte eine Fortsetzung erfahren konnte.
Die junge Bardin hatte sich nach dem Erwachen der Hoffnung hingegeben, dass sie vielleicht nochmal einschlafen könnte. Doch war dies vergebens. Sie döste etwas vor sich hin, aber der Traum kehrte nicht zurück.

Mit großer Neugier zu erwachen, war aber auf jeden Fall besser, als voller Schrecken die Augen am Morgen zu weiten. Als sich Mika aus ihrem Nachtlager erhob, hatte sie Panik nicht mehr in ihrem unerbitterlichen Griff. Stattdessen glänzte die Bardin in den ersten Minuten des Tages mit Abwesenheit, weil sie versuchte die Stränge der Geschichte zu verbinden.
Mika war sich sicher, dass sie diesmal einen großen Sprung in die Vergangenheit getan hatte. Sie erinnerte sich daran, dass es ihr nach Rache für den Tod ihres Volkes gelüstet hatte. In der letzten Nacht hatte sie den Grund für ihren Hass gefunden. Die Bardin verstand nun auch, wie dieses Ich aus der Geschichte soweit gehen konnte, Eretria umbringen zu wollen.

Nachdem Mika ihren Sachen gepackt und ihr Pferd reisefertig gemacht hatte, setzte sich Mika zu ihren Freunden zum Frühstück und fragte dort nun voller Neugier zu allererst Waldemar: "Waldemar?! Wovon träumst du eigentlich? Du träumst doch auch, oder?" Mika wollte nun auch wissen, was der Rest ihrer Gefährten träumte und begann bei dem Waldläufer.
« Letzte Änderung: 20.07.2010, 10:03:14 von Mika »
Mehr als du glaubst.

Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #714 am: 17.07.2010, 16:07:04 »
Ein Krieg hatte den jungen Mann bewogen, die Priesterin zu töten? Milan verschränkte die Arme unter dem Kopf und starrte eine Weile an die Zeltdecke. Wenn er es richtig interpretierte, dann musste Aliya das Volk angeführt haben, dass die Qamaish getötet hatte. Da war noch das Gefühl in ihm, dass es Unrecht sei, dass man es strafen müsse, andererseits fragte er sich, wieso. Wieso waren die Qamaish getötet worden? Gab es wirklich keinen Grund, warum das Sonnenvolk sie abgeschlachtet hatte? Er gähnte und erhob sich, um seinen morgendlichen Übungen nachzugehen. Kurz bevor er das Zelt verließ, dachte er noch über Eretria und lächelte die Zeltdecke an. Sie wäre nie dazu in der Lage gewesen, ein ganzes Volk auszumerzen. Schließlich verließ er das Zelt und verfolgte seine akrobatischen Übungen, die ihn vor allem davon ablenkten, dass sie die Große Feste bald erreicht haben würden.

Ein wenig später, als sie zusammen saßen und Mika Waldemar ansprach, kam ihm der Name der Schwester in den Sinn. Shemiya hatte er sie in seinem Traum genannt. Es musste sich um Mika handeln. Milan lächelte leicht und widmete sich dann schweigend seinem Frühstück, bevor er sich daran machte, seine Sachen ein letztes Mal vor Ankunft in der Stadt zu verstauen und auf das Weitergehen zu warten.
« Letzte Änderung: 20.07.2010, 12:17:38 von Milan »
Wenn der Glaube vorhanden ist, kann man selbst einen Heringskopf anbeten.

Lucanor

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #715 am: 17.07.2010, 16:31:50 »
Nachdem Arue endlich aufgestanden war dauerte es einige Zeit bis sie richtig wach wurde. Während sie mit diesen Leuten hier unterwegs war hatte sie ziemlich erholsame Nächte gehabt, naja zumindest so erholsam wie man es erwarten durfte wenn man draußen übernachtete. Aber immerhin wurde sie nicht von Alpträumen geplagt die sie um den Schlaf brachten.
Hastig sammelte sie ihre Sachen zusammen und verstaute sie auf ihrem Wagen. Kurz überblickte sie das Lager um zu sehen wer schon alles auf den Beinen war. Anschließend nahm sie etwas von dem wenigen Proviant der noch übrig war, setzte sich etwas abseits hin und begann zu frühstücken. Während sie so über die letzten Tage nachdachte war sie froh das nichts passiert ist. Niemand wurde von dem Fluch betroffen vor dem sich Arue so sehr fürchtet. Vielleicht lag das ja daran das sie immer etwas abseits der Gruppe unterwegs war und sich nicht zu sehr mit diesen Menschen beschäftigt hat. Oder aber es lag daran das sie noch nicht solange zusammen unterwegs waren.
Als sie sich in eine angenehmere Sitzposition brachte hörte sie das leise Klimpern ihres Geldbeutels. Sie nahm ihn sich vom Gürtel und betrachtete den Inhalt.
Nicht mehr viel übrig. Für einige Zeit sollte ich damit wohl in einem Gasthaus unterkommen können. Aber neuen Proviant muss ich mir auch noch kaufen. Und ein Zelt wäre nicht schlecht. Hoffentlich finde ich schnell Arbeit um meinen Geldbeutel wieder etwas zu füllen.
Die junge Frau blickte einmal kurz in Richtung der großen Feste und anschließend zu der kleinen Gruppe die zusammen Frühstückte.
In der Großen Feste würden sich ihre Wege wieder trennen. Einerseits erleichterte sie dieser Gedanke, andererseits stimmte es sie etwas traurig. Sicher, sie kannte diese Leute kaum und sie hat sich auch nichtmehr großartig mit ihnen unterhalten, aber es ist wirklich angenehmer in einer Gruppe zu Reisen.

Calfay Rin

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #716 am: 17.07.2010, 22:03:56 »
Die beklemmende Stimmung aus ihren Traum begleitete Rin an diesem Morgen und vermischte sich mit dem Regen zu einem Gefühl der Melancholie. Sie war in die Höhlen des Garach gegangen und einmal dort würde sie nicht mehr umkehren.
Was passiert wenn er im Traum meine Seele frisst? überlegte sie.
...Nichts natürlich, es ist nur ein Traum. Wer weiss ob an der Geschichte vom Seelenfresser überhaupt etwas dran ist.
Selbst wenn war es kein Grund in Panik zu verfallen, denn in der Realität war sie weit vom vermuteten Aufenthaltsort dieses Wesens entfernt und es würde sich kaum die Mühe machen durchs ganze Land zu reisen um sie zu fressen.

Beim Frühstück blätterte die Forscherin in ihrem Notizbuch, bis sie Mikas Frage an Waldemar hörte. Zum Glück hatte sie ihn gefragt, so blieb es Rin erspart von ihrem eigenen Traum zu erzählen. Mit einem kaum hörbaren Geräusch klappte sie das Buch zu und sah interessiert zu ihrem schiefnasigen Kollegen hinüber.
« Letzte Änderung: 17.07.2010, 22:05:25 von Calfay Rin »

Eretria

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #717 am: 17.07.2010, 22:45:50 »
Nachdem die Weiterreise sich tatsächlich so gestaltet hatte, wie es Eretrias Wunsch war, verhielt sich die Priesterin in den nächsten Tagen erstaunlich freundlich zu allen. Fast schien es als wolle sie ein möglichst freundliches Bild abgeben bei ihren Mitstreitern. Sie kümmerte sich nicht nur um die junge Frau mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, sie war sogar bereit jede Hilfe hierbei anzunehmen, wenn einer der anderen ihr Hilfe anbot. Irgendwie hoffte Eretria darauf, dass Makae irgendwann erzählen würde, was da vorgefallen war. Etwas passte dort nicht zusammen und ihre einzige Hoffnung war, dass die junge Frau diese Lücken schließen konnte.
Neben Makae begann Eretria aber auch sich um kranke Händler oder Mitreisende zu kümmern, die ihre kleine Karawane begleiteten. Zunächst behandelte sie einen Händler der eine Hautentzündung hatte. Das Wissen der jungen Frau war aber ausreichend gut genug diese zwar unangenehme, aber nicht sehr gefährliche Krankheit zu heilen. Schon nach dem ersten Tag der Reise gelang der jungen Priesterin den Mann mittels einer Behandlung durch einen Umschlag mit Heilkräutern zu kurieren.
Ein weiterer Patient beschätftigte die Priesterin wesentlich mehr und sie holte sich Waldemar zur Unterstützung, weil auch der eher wortkarge Mann über ein großes Wissen verfügte. Der Mann verfügte über schwere Probleme mit der Atmung und nur langsam gelang es den beiden Heilkundigen, dem Mann die notwendige Entlastung zu geben und schließlich nach sechs Tagen konnten die beiden Heiler der Familie verkünden, dass der Mann als nach ihren Ermessen geheilt galt.
Außerdem begann sie nach einiger Zeit häufiger die Köpfe mit Arue zusammen zu stecken. Fast schien es als beratschlügen die beiden Frauen irgend etwas, aber Eretria ließ sich nicht dazu bringen etwas dazu zu sagen und auch waren diese Gespräche immer sofort beendet, wenn irgendjemand aus der Gruppe sich den beiden näherte. Während der Nachtlager war die Frau immer mal wieder an dem Wagen der Schneiderin zu finden, hielt sich darüber aber immer bedeckt.
Gegenüber Milan verhielt sich die Priesterin von Mutter Sonne ausgesprochen liebevoll und ließ ihn deutlich spüren, dass sie seine neue Rolle, die er fast schon gezwungenermaßen angenommen hatte, gut hieß. Auch gewährte sie ihm die Zeit, die er offensichtlich mit dem Schild brauchte, auch wenn es offensichtlich war, dass sie und Maruiko offensichtlich nicht miteinander auskamen. Tatsächlich schien die Priesterin das Verhalten des Schildes eher zu amüsieren und häufig konnten Umstehende Worte wie "albern" oder "Kindisches Verhalten" von der Priesterin hören, wenn der Schildgeist wieder einmal verschwunden war.
« Letzte Änderung: 19.07.2010, 15:19:46 von Eretria »

Waldemar

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« Antwort #718 am: 18.07.2010, 07:15:41 »
Waldemar sah Mika eine Weile lang an als sie ihn nach seinen Träumen fragte. "Ja ich habe Träume. Und nach dem was ich so von den Anderen höre sind meine Träume für mein geistiges Wohlergehen nicht so beunruhigend wie die der Anderen. In meinen Träumen bin ich ich selbst, und es geht nicht um ... persönliche Streitereien um es mal vorsichtig auszudrücken." kurz rang er sich ein schiefes Lächeln ab "In meinen Träumen kommt immer wieder eine Waffe vor, die man in jedem Sinne des Wordes als Traumwaffe bezeichnen könnte - aus magischem Holz gefertigt, und im Traum weiss ich, wenn man damit richtig umgehen kann kann man jeden Gegner treffen, sofern man ihn sieht. Das zweite was in allen Träumen vorkommt ist ein Magier, der mich berät. Er hat einen Plan, und auch wenn nicht alles zum besten gelaufen ist und mancher Kampf verloren ging scheint sein Plan in der Gesammtheit aufzugehen." Kurz verfiel er in Schweigen. Dann fuhr er fort. "Im Traum vertraue ich dem Magier, aber ich weiss nicht ob ich dem Traum vertrauen kann."
Ich kann es sehen, also kann ich es auch treffen.

Calfay Rin

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« Antwort #719 am: 18.07.2010, 11:45:19 »
Zunächst klang die Geschichte harmlos, erst das Ende liess Rin aufhorchen. "Ein Magier?" fragte sie. Mit einem Plan?!
"Er ist vielleicht der größte Magier, den diese Welt je gesehen hat..." hörte sie ihren Verbündeten sagen.
Träumt Waldemar etwa vom selben Magier?
Dieser Gedanke erschien ihr unmöglich, doch waren Milans, Mikas und Ertrias Träume nicht ebenfalls verbunden gewesen? Auch wenn sie nicht alles verstanden hatte... vielleicht sollte sie einfach froh darüber sein dass kein verrückter Prophet darin vorkam.

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