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Autor Thema: Kapitel 2: Morgensonne  (Gelesen 131965 mal)

Beschreibung: Die Geschichte geht weiter...

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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1050 am: 18.10.2010, 23:22:10 »
Mika spielte eine Weile auf ihrer Laute, bis sie aus ihrer Position heraus bemerkte, wie zwei Personen das Haus verließen und geradewegs auf das Tor zugingen. Sie vermutete, dass es sich um Beldin und Waldemar gehandelt hatte, doch die beiden Männer verschwanden so schnell, dass die Bardin kaum die Gelegenheit hatte, zu reagieren.

Doch nur eine Minute später folgte Lémar, der ebenfalls direkt in Richtung Tor ging. Er blickte sich einmal kurz zum Haupthaus um, entdeckte Mika, und hob nach kurzem Zögern eine Hand zum Gruß. Dann wandte er sich langsam wieder ab.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1051 am: 18.10.2010, 23:45:14 »
Milan konnte kaum glauben, was hier geschah. Wieso ließen sie Beldin einfach alle gehen? Und was sollte Maruiko denn bewirken? Und war das überhaupt noch von Belang? Als Waldemar Beldin folgte und Eretria meinte, er solle auf ihn Acht geben, klang es beinahe so, als würde auch Waldemar gehen. Er schüttelte den Kopf und setzte sich hin, wobei er seine Arme schwer auf den Tisch stützte. Die Blicke, die Waldemar und Lémar ihm zu warfen, ignorierte er, aber sie schmerzten ihn noch mehr. Für Beldin brachten sie Verständnis auf, ließen ihn einfach gehen und ihn machte man für alles verantwortlich und zweifelte wieder nur an seinen Handlungsweisen.

Auf Arues Worte hin nickte er bloß, aber er rührte sich nicht von seinem Stuhl weg, sondern starrte nur finster auf die Tischplatte. Doch was Milan sah, war nicht das dunkle Holz, sondern den Mann in der Zelle in Himmelstor und er spürte den Dämon, der ihn berührt hatte, und er begriff plötzlich, dass es jemanden in ihm gab, den er seinen Lebtag nicht kennen lernen wollte, mit dem Schlag in Beldins Gesicht aber zum ersten Mal gesehen hatte.
Wenn der Glaube vorhanden ist, kann man selbst einen Heringskopf anbeten.

Eretria

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1052 am: 19.10.2010, 19:51:47 »
Eretria blieb an Milans Seite. Ein wenig schmiegte sie sich an ihren Verlobten, weil sie glaubte, dass ihre Nähe, auch wenn sie nichts sagte, ihm helfen würde. Als sich Lémar verabschiedete, lächelte sie dem Freund Milans freundlich zu. "Dir auch eine gute Nacht, Lémar."
Erst nachdem sich alle anderen von ihnen verabschiedet hatten für die Nacht und sie sicher sein konnte, mit Milan allein zu sein, sprach sie leise zu ihm.
"Es war richtig, was du getan hast. Auch wenn du vielleicht nicht hättest Gewalt anwenden sollen, war es richtig deine Wut und Enttäuschung heraus zu lassen. Ich verstehe deine Haltung und ich unterstütze dich dabei. Du bist mein Licht und mein Schatten und ich werde immer an deiner Seite sein Geliebter." Einen Augenblick verstummte die blonde Frau, dann fuhr sie in einem unschuldigen Ton fort. "Wo wir gerade von deiner Seite sprechen. Deine Mutter hat mir erlaubt in dein Zimmer zu ziehen und ich hätte persönlich nichts dagegen, wenn wir uns dorthn zurückziehen könnten." Ein Funkeln trat in die Augen der Geweihten. "Ganz ehrlich bin ich ausgesprochen neugierig darauf, wie es sein wird ..."
Eretria kuschelte sich enger an ihren Geliebten. "Komm, wir können heute nichts mehr tun. Lass uns Morgen sehen, was wir erreichen können."

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1053 am: 19.10.2010, 23:29:40 »
Mika war noch eine Weile draußen geblieben, bis sie sich irgendwann - leise, fast wie ein unerwünschter Eindringling - zurück in das Haus begab, und in das Zimmer, das man ihr zugewiesen hatte. Dieses "Gästezimmer" war für sie wie das Schlafgemach eines Palastes. Nie zuvor hatte sie in einem so weichen Bett geschlafen, hatte solch teure Bettwäsche gehabt. Selbst mit all dem, was sie in ihrer Vergangenheit gestohlen hatte, hätte sie vermutlich gerade einmal das Bettzeug zahlen können. Offenbar konnte man doch reich werden, auch wenn man ehrlich arbeitete.

Ihre Gedanken kreisten noch lange um das Gespräch mit Tarak, und sie war froh über die Ablenkung, denn es hielt sie davon ab, allzu sehr auf all die teuren Dinge um sie herum zu achten. Irgendwann, es musste schon sehr spät sein, überkam sie schließlich der Schlaf...


"Shemiya!"
Sie lächelte. Unael winkte ihr zu, von der Spitze des Felsens, den er erklommen hatte. Der Junge war kaum vierzehn Jahre alt, und jetzt schon davon überzeugt, dass er eines Tages als Held in die Geschichten eingehen würde. Und auch davon, dass Shemiya die Frau an seiner Seite sein würde.

Sie hatte ihm sanft, aber deutlich klar gemacht, dass sie kein Interesse hatte. Das hielt ihn nicht davon ab, zu werben, und sie störte sein Gehabe nicht weiter. Es war amüsant.

Sie wandte den Blick ab, sah auf den Steinbrocken in ihrer Hand. "Also, mein Freund, was möchtest du mir erzählen?"

Sie schloss die Augen. Eine Melodie erklang in ihrem Geist, und verließ kurz darauf ihre Lippen. Musik, die universelle Sprache. Die ganze Natur war erfüllt von ihr, wenn man nur zu lauschen wusste. Sie konzentrierte sich auf den Stein, auf sein Wesen, seine Form, seine Struktur, seinen Geist...

Ein sanftes, melodisches Brummen ertönte in ihrer Brust. Unwillkürlich musste sie an die Meditationen ihres Großvaters denken. Mühsam unterdrückte sie ein Kichern bei dem Gedanken, wie sie als Kind immer wieder versucht hatte, ihn zu stören. Er hatte es ihr nicht übel genommen, es als Herausforderung betrachtet. Und irgendwann hatte er das Licht gefunden...

"Die Geister des Lichts weinen."

Ihre Lippen hatten die Worte geformt, doch es war der Geist des Steins, der aus ihr sprach.

"Etwas Finsteres nimmt Besitz von beiden Welten, der Welt der Sterblichen und der Welt der Geister. Himmelssängerin Shemiya, bereite dich vor auf einen Krieg!"



Urplötzlich schlug Mika die Augen auf. Die Strahlen der Morgensonne fielen in ihr Gesicht. Sie benötigte einen Moment, um zu begreifen, dass sie nicht mehr inmitten der wilden, aber wunderschönen Felslandschaft stand, sondern in einem weichen, luxuriösen Bett lag...
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1054 am: 19.10.2010, 23:58:38 »
Calfay zog sich direkt nach der mißlungenen Besprechung in ihr Zimmer zurück. Es war luxuriös - weitaus besser als ihre Unterkunft in Lichtsuchers Turm, und die war bereits nicht zu verachten gewesen.

Vielfältige Gedanken gingen der jungen Frau durch den Kopf, als sie sich bettfertig machte. Die Morde, die seltsamen Hinweise auf den - oder die - Mörder, der Streit zwischen Lémar und Mika, Beldins Entscheidung, Milans Angriff auf den Elfen... alles schien aus dem Ruder zu laufen. Sie konnte nur darauf hoffen, dass der morgige Tag besser würde. Mit dieser Hoffnung legte sie sich schließlich hin, und schlief bald darauf ein...


Er war groß. Ja, natürlich, sie hatte gerade elfische Gestalt angenommen, und aus dieser Position musste ihr jeder Artgenosse groß erscheinen. Doch das war es nicht... selbst in ihrer wahren Gestalt wäre Zareoxfeodorazix'azzeraz weit größer gewesen als sie. Seiner Gestalt nach musste er an die tausend Jahre alt sein.

Sie reckte den Kopf hoch, um ihm in die Augen zu sehen. "Ich habe nach dir gesucht."

Ihr Gegenüber sah sie ausdruckslos an. "Und ich habe dich erwartet. Doch was soll die Maskerade?"

Sie lächelte. "Bis vor etwa einer Woche hat man mich verfolgt. In dieser Gestalt bin ich, nun, weniger leicht zu entdecken."

Die silbernen Schuppen im Gesicht des Drachen bewegten sich leicht, als der Gigant seine Augen zusammenkniff. "Die Häscher des roten Königs? Haben sie..."

Sie schüttelte den Kopf, noch immer lächelnd. "Ich habe einige Jahrhunderte mehr Erfahrung als sie. Und nachdem ich ihre Magier und Priester ausgeschaltet habe, stellen sie keine wirkliche Gefahr mehr dar. Ich wollte trotzdem kein Risiko eingehen."

Der Drache erhob sich. Vorsichtig breitete er seine Flügel aus. "Lass uns reden. Doch nicht hier... dort, wo nur unsereins Zugang hat."

Sie nickte, und mit einem einzigen Gedanken gab sie die Magie auf, die ihr die fremde Gestalt verliehen hatte. Sie verwandelte sich, spürte die silbernen Schuppen, die sich auf ihrer Haut ausbreiteten, die Flügel, die aus ihrem Rücken wuchsen, spürte, wie sie größer wurde und Klauen und Fangzähne zurückkehrten...

Wenige Minuten später flog sie mit Zareoxfeodorazix'azzeraz durch die Wolken, Flügelschlag um Flügelschlag. Es waren nur wenige Tage gewesen, die sie darauf verzichtet hatte, doch sie hatte das Gefühl vermisst.

"Es ist gerade einmal drei Jahre her, dass sie die Jagd eröffnet haben. Und doch ist kaum einer von uns übrig. Überall auf der Welt haben sich die Sterblichen gegen uns gewandt, und plötzlich wissen sie sehr genau, wie sie gegen uns vorgehen müssen. Irgendjemand oder irgendetwas hat sich gegen uns verschworen. Wenn wir nicht handeln, wird bald keiner von uns mehr übrig sein."

Sie sah ungläubig zu ihm hinüber. "Das kann nicht stimmen. In Rashedoc herrscht unsere Art seit über fünftausend -"

"Herrschten. Ein neuer König hat die Macht ergriffen. Ein uralter menschlicher Magier, der das Leben längst hinter sich gelassen hat. Ein Leichnam. Er... er tötete die alten Herrscher und machte ihre Leichname zu seinen Sklaven."

Für einen kurzen Moment sackte sie nach unten ab. Sie hatte vergessen, mit ihren Flügeln zu schlagen. Das konnte nicht sein!

"Bist du ganz sicher? Die Macht von Azrai-izzariex'lok'thaz ist legendär. Es heißt, dass ihn sogar die Götter achten."

Eine ganze Zeit lang starrte ihr Gesprächspartner geradeaus. Schließlich antwortete er, widerwillig. "Ich war dort. Ich habe es gesehen. Der Thron des Leichnams... ist das Skelett von Azrai-izzariex'lok'thaz."



Als Calfay aufwachte, starrte sie einen Moment erschrocken an die Decke. Ein Name aus ihren Träumen hallte in ihren Gedanken wider. Azrai-izzariex'lok'thaz. Die Legenden von Azrai-izzariex'lok'thaz. Dies war der Titel des Buches, der sie auf ihren neuen Weg gebracht hatte.
« Letzte Änderung: 20.10.2010, 00:09:38 von Sternenblut »
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Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1055 am: 20.10.2010, 00:18:55 »
Eretria wurde aber schon bald klar, dass Milan sich dieses Mal nicht durch ihre Anwesenheit trösten ließ. Er sagte nichts, folgte ihr aber hinauf in sein vormaliges Zimmer, das nun ihr gemeinsames war, aber sie bemerkte schnell, dass Milan heute Nacht keine Zärtlichkeiten austauschen wollte und wohl auch sehr schlecht schlafen würde. Stattdessen griff er, sobald sie das Zimmer betreten hatten, zu Maruiko und sperrte den Schild, entgegen den Anweisungen von Beldin, in den Schrank. Er würde ganz sicher nicht auf die Hirngespinste des Elfen hören. Einen Moment stand er vor dem Schrank, zögerte, entschied sich aber dafür, Maruiko dort zu belassen.

Dann drehte er sich um und kurzzeitig konnte Eretria ein Lächeln auf den Lippen ihres Freundes erkennen, wobei es ihr nicht gefallen dürfte, denn es war merkwürdig verzerrt, künstlich und passte nicht zu ihm. "Lass uns schlafen", war alles, was er sagte, bevor er flüchtig ihre Wange küsste, sich auszog und sich ins Bett legte. Doch seine Gedanken ließen ihn lang nicht schlafen. Immer wieder sah er die Szene vor sich, beobachtete sich selbst, wie er Beldin schlug und sah den jungen Mann in der Zelle und nicht sich selbst, die Faust gegen seinen Freund erheben. Seine Hand krallte sich in die Bettdecke, weil er vor Wut schreien wollte. Nach und nach verlor er sich völlig in seinen Erinnerungen und schlief ein.
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1056 am: 20.10.2010, 00:35:04 »
In dieser Nacht schlief Arue wieder unruhig. Ob es einfach die Ereignisse des letzten Tages waren, oder ob es tatsächlich, wie sie befürchtete, der Fluch war, der wieder Besitz von ihrem Leben ergriff, vermochte sie nicht zu sagen. Doch trotz des luxuriösen Schlafgemachs, das alles übertraf, was sie bisher gesehen hatte, wälzte sich die Schneiderin unruhig hin und her.

Sie konnte sich später kaum an ihre vielfältigen Träume erinnern. Nur der letzte, direkt vor dem Aufwachen, blieb ihr in Erinnerung.


"Ich habe mein Versprechen gehalten."

Die finstere Stimme erzeugte bei ihr eine Gänsehaut. "Ja, das hast du. Du willst deinen Lohn einfordern, richtig?"

"Ein Handel ist ein Handel. Doch... deine Augen verraten mir, dass du etwas anderes willst. Sprich."

"Die Angreifer sind getötet worden. Doch wo sie her kamen, sind noch weitere. Ich will den Ursprung des Bösen finden... und vernichten."

Ein finsteres, gemeines Lachen erklang. "Du hast große Pläne, kleine Hexe. Aber gut, ich werde dich unterstützen. Doch der Preis erhöht sich..."

Die Stimme flüsterte etwas, und sie erschrak...
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1057 am: 20.10.2010, 00:50:58 »
Milan fiel in einen unruhigen Schlaf. Lange kreisten seine Träume um die Ereignisse des Tages, um die Bilder aus seinen Erinnerungen... er sah den jungen Mann in der Zelle, wie er Beldin schlug, sah sich selbst, sah den jungen Mann, sah Beldin, sah... Aliya. Und auf einmal befand er sich mitten in einem Krieg.


Das Klirren von Schwerten und Schilden, das Schreien sterbender Männer und Frauen und das Wiehern von panischen Pferden erfüllte die Stadt. Er hatte sein ganzes Volk in die Hauptstadt des Feindes geführt, sein Volk und deren Verbündete. Und in der Stadt hatte er sich weitere Verbündete gesucht, Widerständler, die sich gegen Aliyas Herrschaft entschieden hatten.

Aliya war tot. Doch ihre Anhänger hatten sich nicht so leicht ergeben. Sie kämpften, und er, Marushan, wusste, dass heute noch viele gute Männer und Frauen sterben würden. Doch er hatte keinen anderen Weg gesehen, so sehr er es auch in diesem Moment bereute.

"Shemiya!" rief er. "Hinter dir!"

Seine Schwester kämpfte gegen die verhassten Feinde, mit einer Wut, die ihre geringere Kraft um ein vielfaches ausglich. Die erfahrenen Soldaten Aliyas zogen sich angstvoll vor ihr zurück, nur die besten Kämpfer wagten sich überhaupt in ihre Nähe.

Doch in diesem Moment stürmte ein Mann von hinten an Shemiya heran. Er trug sandfarbene Kleidung, keinerlei Rüstung, doch seine Bewegungen verrieten, dass er so etwas vermutlich auch nicht brauchte. Und er war unglaublich schnell.

Shemiya drehte sich herum. Marushan rannte auf sie zu, auch wenn er wusste, dass er zu spät kommen würde. In dem Moment stach der Dolch in ihre Brust, stieß durch ihre Rüstung, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden. Ein Schwall Blut stieß aus Shemiyas Mund hervor.

Sie fiel zu Boden, einfach so. Reglos. Tot.

Marushan starrte sie an. Starrte auf die Kämpfer um ihn herum. Welchen Sinn hatte dieser Krieg jetzt noch?
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1058 am: 20.10.2010, 01:11:56 »
Eretria dachte eine ganze Zeit darüber nach, ob sie Milan noch einmal ansprechen sollte. Doch sie spürte, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war. So schwer es ihr auch fiel, sie würde bis morgen warten. Morgen ließe sich aus einer neuen Perspektive über all das Geschehene sprechen.

Sie spürte, wie ihr Geliebter neben ihr in einen unruhigen Schlaf fiel. Ihr eigener Schlaf, als er endlich kam, war dagegen überraschend ruhig.


"Oh, Tellion, ich freue mich schon so sehr. Das Licht der Sonne wird die Kinder erfüllen und sie von aller Dunkelheit reinigen. Und nach dieser Zeremonie folgt die Hohe Weihe. Danach... Tellion, wir werden eine neue, eine bessere Welt erschaffen. Gemeinsam."

Der Prophet sah sie mit einem mißmutigen Lächeln an. "Aliya, ich wünschte, ich hätte deinen Glauben. Es gibt einen Grund, weshalb du die Hohepriesterin bist und ich nur der unbedeutende Prophet."

Sie lachte. "Unbedeutend wohl kaum. Aber sprich... was macht dir Sorge?"

Er schüttelte den Kopf. "Nichts von Bedeutung. Die Kinder... einige unter ihnen wollen die Zeremonie nicht. Und es gibt Widerworte unter den Ammen. Sie wären zu jung, solche Dinge. Das Geschwätz der Unwissenden. Kümmere dich nicht darum, wir werden die Zeremonie wie geplant durchführen."

Aliya sah Tellion mit einem Blick an, der Enttäuschung ausdrückte. "Sie verstehen es einfach nicht... sie wissen nicht, wie es ist, gereinigt zu werden. Ihre Ängste sind so unbegründet. Sie werden bessere Menschen sein, wenn sie die Zeremonie hinter sich gebracht haben."

Tellion nickte. "Du weißt das, und ich weiß das. Viele aus dem einfachen Volk begreifen es nicht. Sie glauben, du würdest den Kindern etwas antun. Aber sorg dich nicht, ich nehme das in die Hand. Die Zeremonie wird wie geplant stattfinden."

Es klopfte an der Tür ihrer Gemächer. Heftig. Dringlich. "Herein!"

Eine Dienstmagd öffnete die Tür. Sie machte einen Knicks und sah zu Boden.

"Verzeiht die Störung. Es ist... wegen der Kinder. Zwei von ihnen... sie sind weggelaufen!"

Aliya stand erschrocken auf, und...



Eretria verlor den Traum. Etwas drängte sich in ihr Bewusstsein, schob den Traum beiseite, so sehr sie sich auch bemühte, ihn wieder zu holen.

Eretria!

Die Stimme kam ihr bekannt vor.

Eretria, hör mich an! Achte auf meine Stimme, auf meine Worte. Im Namen von Mutter Sonne und den zwei Monden, hör mich an!

Es war die Stimme von Aphyria, ihrer Hohepriesterin und Lehrerin!

Eretria, meine Liebe, höre meine Traumbotschaft, die auf dem Licht des Mondes zu dir kommt. Ich habe eine Warnung erhalten. Ich verstehe sie nicht, doch ich hoffe, dass du sie verstehen wirst. Gibt es einen Elfen in deiner Nähe? Er darf nicht in deiner Nähe bleiben. Er ist nicht böse, doch wenn eure Wege sich nicht trennen, wird er dich in den Tod führen. Eretria, bitte, gib acht auf dich!

Für einen Moment herrschte Schweigen, und die junge Priesterin dachte schon, die Traumbotschaft wäre beendet. Doch plötzlich sprach Aphyria erneut. Wach auf!
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1059 am: 20.10.2010, 01:19:38 »
Eretria wachte so plötzlich auf, als hätte jemand ihr einen Eimer Wasser ins Gesicht geschüttet. Erschrocken, irritiert, sah sie sich um. Die Sonne ging bereits auf.

Dann bemerkte sie es. Die Fensterläden, die sie am Abend geschlossen hatten, standen weit auf. Auf der Mauer, die das Haus umgab, sah sie eine Gestalt, schwarz gekleidet, kauernd. Er hielt etwas in der Hand. Etwas schillerndes, silbriges, das einen Moment später durch die Luft flog, und die Scheibe in tausend Scherben bersten ließ.

Instinktiv griff Eretria nach Milan, drehte ihn zu sich, während ihr unwillkürlich ein kurzer Schrei entfuhr. Der Dolch, den der Fremde geworfen hatte, blieb genau dort stecken, wo vor einer Sekunde noch Milans Herz gewesen war.

"Marushan! Dieses Mal werde ich dich töten!"

Mit diesen Worten sprang der Fremde von der Mauer, zurück auf die Straße, und verschwand aus Eretrias Sichtfeld...
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Lucanor

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1060 am: 20.10.2010, 12:57:30 »
Von ihrem letzten Traum erschrocken, sprang Arue förmlich auf beim erwachen. Ihre Atmung war schwer und es dauerte einige Zeit bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte und realisierte wo sie gerade war. Kraftlos lies sich wieder zurück aufs Bett fallen und presste sich ihre Hände auf die Augen. "Was für ein merkwürdiger Traum. Wem gehört nur diese Stimme? Hat dieser Traum etwas mit dem letzten zu tun, oder bilde ich mir nur was ein?"
"Lass mich in ruhe." Murmelte sie leise in den leeren Raum und musste danach unwillkürlich lachen.
Wer soll sie in Ruhe lassen? Die Stimme aus ihrem Traum? Lächerlich! Arue verstand sich selbst nicht mehr. Sie gab ihren Täumen einen Sinn den es bestimmt nicht einmal gab. Dabei war sie doch selbst immer der Meinung das solche Sachen wie Visionen oder Schicksal nicht gab. Wahrscheinlich hat das Gerede der anderen sie unbewusst beeinflusst. Ja, das muss es sein!

Schließlich rieb sie sich den Schlaf aus den Augen, erhob sich aus dem Bett und machte sich für den Tag fertig.

Eretria

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1061 am: 20.10.2010, 14:47:35 »
Eretria verschwendete keine Zeit damit sich etwas überzuziehen oder näher nach dem Dolch zu schauen, der ihren Verlobten nur um Haaresbreite verfehlt hatte. Schnell sprang sie aus dem Bett und berührte dabei kurz das Symbol von Mutter Sonne und den Zwei Monden, welches an der Kette um ihren Hals hing. Sie lief zu dem zerstörten Fenster und schaute hinaus, ob sie den Angreifer noch sehen konnte.[1] Doch der Mann schien sich in Luft aufgelöst zu haben. "ATTENTÄTER AUF DEM HOF!! AUFWACHEN!" Erst als sie die Rufe ausgestoßen hatte, wurde der Priesterin bewusst, wie sie dort am Fenster stand und dass dies nicht unbedingt ein gutes Bild abgab. So zog sich Erertria in den Raum zurück und begann sich schnell anzuziehen. Dabei zog sie automatisch ihre Rüstung an. Die Zeit des Friedens schien schneller vorbei, als sie gedacht hatte.
Während sie sich anzog, sah sie auf Milan: "Was für ein Name war dies Milan? Ist Marushan der Name von Aliyas Mörder?" Die Priesterin schüttelte traurig den Kopf. "In was für eine Geschichte sind wir dort nur herein geraten."
 1. Spot: 11, ob ich den Attentäter noch sehe

Calfay Rin

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1062 am: 20.10.2010, 15:46:36 »
Rin drehte sich in ihrem weichen, gemütlichen Bett um. Nachdenklich die Wände und die Einrichtung betrachtend versuchte sie sich an das Buch zu erinnern das sie gelesen hatte. "Die Legenden von Azrai-izzariex'lok'thaz"...
War er im Buch einen ähnlich grausamen Tod gestorben? Wenn sie ehrlich war hatte der Teil über die Drachenmenschen bei ihr den meisten Eindruck hinterlassen, davon hatte sie sich fast alles gemerkt. Der Rest...
An dieser Stelle glaubte sie etwas zu hören. Ein leises Klirren und ein noch leiserer Schrei. Hatte jemand etwas fallen gelassen? Einen Teller vielleicht, oder eine Vase? Rin mochte sich lieber nicht vorstellen wie viel es kosten würde die Sachen in diesem Haus zu ersetzen. Während die Forscherin sich fragte ob die Geräusche erforschenswert genug waren um sie aus dem Bett zu bringen hörte sie einen weiteren Schrei. Der Attentäter, hier!?
Wusste er nicht dass Milans Vater "geschäftlich verreist" war? Nach einer sehr kurzen Wäsche streifte sie ihre Sachen über, nahm den Speer zur Hand und stürmte aus ihrem Zimmer. "Wo ist der Attentäter?!!!!!" rief sie, rannte zum nächsten Fenster und versuchte den Mann ausfindig zu machen. Nur dass sie dort niemanden sah[1]. War sie zu langsam gewesen?
 1. ich nehme an er ist längst abgehauen x_x

Mika

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« Antwort #1063 am: 20.10.2010, 23:51:29 »
Als Mika erwachte, war sie wie so oft wenn sie träumte, geradezu traurig, dass schon wieder alles vorbei war. Die Bardin hatte großen Gefallen an der Geschichte gefunden und wollte immer wissen, wie es weiter ging und wollte vor allem wissen, wie das Ganze endet.
Mika beneidete ihr Traum-Ich Shemiya irgendwie. Die junge Frau hatte nicht vergessen, welches Schicksal die Shemiya getroffen hatte, doch sie hatte Macht - wenn sie nur sowas könnte, bestimmt würde ihr jeder zu Füssen liegen, wenn sie nur ihren Mund öffnete -, einen Menschen der sie schätze, einen Mann den sie liebte und einen vierzehnjährigen Verehrer, was der Bardin beim Aufstehen dann doch ein Lächeln ins Gesicht zaubert, auch wenn sie fluchen könnte, dass sie schon wieder wach war.
Doch all ihre Gedanken an den Traum rückten sofort in den Hintergrund, als sie einen Schrei von Eretria hörte, dem dann kurz darauf ein Ausruf der Priesterin folgte, der nichts Gutes erahnen ließ.
Sofort warf die Bardin die Decke zurück und erschien darunter vollkommen angezogen. Sofort schlüpfte Mika in ihre Schuhe und griff dann nach ihrem Rapier und ihrem Rucksack, mit denen sie die Nacht geteilt hatte.
Bei den ersten Schritten zur Tür ihres Zimmers stapfte sie sich in ihre Schuhe hinein, so dass sie sassen, dann rannte sie normal dem Schrei hinterher.
"Was ist passiert?" Fragte sie, nachdem sie ohne zu fragen das Zimmer des Pärchens betreten hatte.
« Letzte Änderung: 20.10.2010, 23:53:16 von Mika »
Mehr als du glaubst.

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1064 am: 21.10.2010, 18:18:29 »
Eretrias Ruf führte zu hektischer Bewegung auf dem ganzen Anwesen. Tarak und Karol waren wenige Momente später auf dem Hof, Tarak stürmte gleich auf die Straße, um dort nach weiteren Angreifern zu suchen. Milans Mutter kam wenig später durch den Flur in Milans Zimmer, gefolgt von zwei Dienstmägden und einem Mann mittleren Alters, der, seiner Kleidung nach zu urteilen, als Gärtner hier arbeitete.

"Was ist passiert?" fragte Yanira geradeheraus. Sie war sichtlich aufgeregt, die Augen schreckgeweitet.
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