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Autor Thema: Das liederliche Spiel  (Gelesen 88615 mal)

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Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #105 am: 08.12.2010, 15:13:23 »
Obwohl Hong seinen Worten folgend seinen Raum gegen das Bett von Zhào Làn tauschte bedrückte ihn der enge Raum immer noch stark so dass er schlecht geschlafen hatte. Als dessen Zeugnis färbten feine Äderchen das Weiss seiner Augen rötlich. Mit bitterer Mine betrachtete er das karge Frühstück. Vielleicht wird ihm nach zehn Tagen der Tod als Erlösung vorkommen, da er endlich diesem Loch entkommen kann.

Noch ein Eunuche, dachte Hong beim Klang der Stimme. 'Doch nach den piepsigen Zwilingen von Gestern, könnte es diesmal ein richtiger sein,' erinnerte er sich an den Lu Chieng's Wunsch Zázhǒng[1] zu sehen. Wenn das stimmte, was man über den einflussreichsten Eunuchen behauptete, passte auch das schwülstige Gedicht. Doch da er schnell genug sich wieder vor Höflichkeit auf den Boden krümmen wollte und Zázhǒng auf Wunsch von Lu herkommen soll, verzichtete Hong auf das nennen des Namens und blickte in Richtung von Lu Chieng, während er die Suppe löffelte.
 1. Zázhǒng
Bitterer Tee, mit Wohlwollen dargeboten, schmeckt süßer als Tee, den man mit saurer Miene reicht.

Lu Chieng

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Das liederliche Spiel
« Antwort #106 am: 09.12.2010, 20:54:01 »
Nachdem die Denunzianten sich zum frühstück eingefunden hatten sprach Lu Chieng seine Überlegungen zur Blume aus: "Mir sind im Schlaf einige Ideen zu dieser Blume gekommen. Mann könnte sie wenn der Sand trocken ist mumifizieren, ich habe Gerüchte gehört das in Wüstenregionen sogar erhaltene, menschliche Leichen geben soll, die einfach nur im trockenen Sand gelegen haben.

Eine andere Möglichkeit wäre das pressen der Pflanze, auch dies würde ihre Schönheit bewahren.

Die letzte Möglichkeit wäre sie in Glas zu fassen, vielleicht wäre es möglich wenn du dein Werkzeug wieder bekommst."
hierbei sprach Lu Chieng direkt den Gnom an.

Als die Stimme erklang war Lu Chieng zuerst sichtlich verwirrt. Er würde auf Zázhǒng tippen, aufgrund der hohen Stimmlage für einen Mann bzw. Tiefen für eine Frau. Aber hatte er es nicht so verstanden, als müssten die gewünschten Personen sie besuchen.

"Verstand ich es richtig, dass die Personen die von uns benannt werden sich zeigen müssen, oder liege ich einem Irrtum anheim?" fragt er in die Runde, bevor er der Stimme etwas falsches antwortet.
"Furchtlosigkeit ist die Tugend der Narren. Sie entsteht nicht aus Mut, sondern aus mangelnder Vorstellungskraft. Der Weise fürchtet sich und lässt sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen. Er wird nur vorsichtig."

Mako Jinsei

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« Antwort #107 am: 09.12.2010, 22:46:52 »
Nachdem Mako der Geschichte des vermummten Mannes gelauscht hatte dachte er eine Weile darüber nach. Einige Male wollte er etwas erwidern, eine Vermutung aüßern oder eine Frage stellen, schloss seinen Mund dann aber doch wieder.
Er blickte noch ein paar Minuten auf die geschlossene Tür, bevor er sich wieder zu Bett begab.
Was wollte der Mann hier? Seine Geschichte war eher verwirrend, denn hilfreich., dachte er noch, dann schlief er endlich ein.

Nach nur kurzem Schlaf weckte ihn das Klopfen, aber geruhsamer Schlaf war dem Barden in dieser Situation sowieso kaum wichtig. Wichtiger war es etwas im Bauch zu haben, und wenn es nur eine wässrige Suppe war.
So schlürfte er rasch eine volle Schüssel der kaum genießbaren Brühe leer, während er dem Gedicht lauschte.

"Entweder seid ihr die von uns herbeigewünschte Person", beantwortete er die Frage des unbekannten, "oder erneut ein Möchtegern-Shinobi. Auf jedenfall jemand, der mich beim Frühstück stört."
"An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter." -Konfuzius

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #108 am: 11.12.2010, 16:03:15 »
02.01.1042 - Tag des Gauren - Früher Morgen bis Mittag

Ein verächtliches Schnaufen drang durch die Tür; es war die Antwort auf Makos direkten Worte, welche der dichtenden Person sauer aufstießen. Diesmal ließ sie ihre Schritte hören, säuerlich stampfte sie auf, obgleich die Tür fast alle Geräusche dämpfte. Gerüstete Schritte verdrängten die Geräusche schnell und postierten sich scheinbar wieder vor der Tür. Die Person schien einfach gegangen zu sein.

Und schon wieder waren die Denunzianten alleine, die Wächter würden ihnen wohl kaum Beachtung schenken. Der Dichter war Makos Wunsch scheinbar nachgekommen und hatte sich wieder verzogen. Aber immerhin schien die Blume jetzt in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt zu sein, denn Lu Chien machte die ersten Vorschläge, die jedoch für den Moment ungehört blieben von seinen Mitgefangenen.

Eine ganze Weile herrschte Ruhe und es schien der halbe Tag vergangen zu sein, die wässrige Brühe war inzwischen schon kalt geworden und dennoch blieb der letzte Rest in ihrer Zelle stehen. Keiner scherte sich darum, ob der Dreck aus der Zelle der Gefangenen entfernt wurde. Nicht einmal die fremdländischen Dienerinnen tauchten wieder auf. Und dennoch hörte man mühsames Stöhnen und Ächzen, Worte fielen, manchmal ärgerlich, manchmal fluchend, manchmal korrigierend. Zwei Männer trugen wieder etwas Schweres und sie näherten sich den beiden Türen, welche zu den Gefangenen führten. Die rechte Tür wurde geöffnet und zwei kräftige, mittelgroße Männer mit sonnenverbrannter Haut und einfacher Stoffkleidung trugen eine hölzerne Werkbank in den Raum und stellte sie rechts neben der Tür an die Wand. Ein dritter Mann, mit Abstand der Größte von ihnen, fast sechs Fuß groß und ein Körper wie ein Fass, kam hinter ihnen rein und hatte eine Werkzeugbeutel bei sich, dessen Inhalt bei jeder Bewegung klirrende Geräusche von sich gab. Es waren Werkzeuge aus Metall, das konnte man hören. "Für Oda. Werkzeug.", sagte er in gebrochener Sprache. Obwohl sein Aussehen eindeutig einem Manne aus Chuang zugehörig war, schien er Probleme mit der Sprache zu haben. Er verneigte sich kurz, die beiden anderen Männer wischten sich die schwitzigen Hände in der Kleidung ab und verließen den Raum wieder wortlos. "Eure Werkbank schwer, Gnom.", bemerkte der große, stämmige Mann und lächelte dann und verzog sich wieder aus dem Raum, wobei man leicht die Wächter vor der noch offenen Tür tuscheln hören konnte[1]. Dann schloss sich die Tür.

Wieder waren die Denunzianten alleine, aber noch würde Zázhǒng, sofern Mako Jinsei den Eunuchen nicht schon verschreckt oder brüskiert hatte, erscheinen und Boss würde auch noch irgendwann eintreffen.
 1. Wahrnehmungswurf
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #109 am: 11.12.2010, 19:11:39 »
Danshi war schon seit langer Zeit wach, vermutlich gar länger als seine Mitgefangenen, doch er war liegen geblieben. Er verspürte einen starken Druck auf der Brust, zu dem sich ein leichter, ziehender Scherz mischte, wenn er sich aufzurichten versuchte. Danshi atmete nur flach, da er auch einen starken Hustenreiz hatte. Immer wieder musste er husten, manchmal lange andauernd. Unzweifelhaft, das feuchte und kalte Klima der Zelle tut mir nicht gut. Nunja, die verbleibenden neun Tage werde ich es noch durchhalten.

Danshi verbrachte die Zeit, indem er Yu über den Kopf strich und nachdachte. Er hatte diese Atembeschwerden und Brustschmerzen schon länger, mal mehr und mal weniger. Seit... damals, als wir gegen die Steppenvölker Krieg führten - oder besser: als man uns den Steppenvölkern aussetzte, denn es fielen viele, so unglaublich viele. Die Infanterie war den berittenen Bogenschützen hoffnungslos unterlegen und in der weiten Steppe gab es kaum Schutz. Ein sinnloses Opfer für eine Zivilisation, die bröckelt. Er erinnerte sich an das Dorf Xianzou, in dem sie zusammengetrieben wurden. Die Nomaden waren bekannt dafür, keine Gefangenen zu machen und niemanden zu verschonen, nicht einmal Frauen und Kinder. Hatte jemand flüchten können, dann verfolgten sie den Flüchtenden, wenn es sein musste, tagelang. War es, um Schrecken zu verbreiten oder zu verhindern, dass etwas über ihre Sitten oder Taktiken bekannt wurde, Danshi wußte nicht warum. Gāo, mein lieber Kamerad Gāo! Wir waren in das Haus getrieben worden. Ich weiß noch, dass die meisten des Volkes schon weitergezogen waren, nur wenige blieben zurück, um die Gefangenen zu richten. Sie taten es nicht selbst, stattdessen zündeten sie das Haus an. Wer versuchte, aus dem Haus auszubrechen wurde erschossen. Wir legten uns flach auf den Boden, um nicht den Rauch einzuatmen. Manche hielten es nicht aus - die Hitze, die Angst! - und wurden erschossen. Gāo war von einem brennenden Balken erschlagen worden, Danshi überlebte wie durch ein Wunder, weil er durchhielt, bis die Reiter abgezogen waren. Gāo, mein lieber Kamerad Gāo! Es ist eine Laune des Schicksal, dass ich noch lebe und Du schon tot bist! Bald folge ich Dir und vielleicht sehen wir uns wieder.

Alles was übrig geblieben war, waren Schmerz und der Husten... .

Was wohl aus Yu wird, wenn ich nicht mehr bin?, damit schloss er seine Gedanken ab. Langsam konnte er sich etwas aufrichten, denn der Schmerz war nun etwas erträglicher. Trotzdem musste er husten und warf einen gelblichen Brocken aus, den er in eine Ecke spuckte. Noch eine Minute blieb er auf dem Bettrand sitzen. Yu schien ihn fragend anzusehen. "Ja, mein lieber Yu! Wir sehen, ob sie etwas für Dich gebracht haben."

Seine Mitgefangenen waren anscheinend schon wach. Er hatte ihr Gespräch über seine Gedanken nicht verfolgt, er bekam nur mit wie Makosan einer fremden Person eine Abfuhr verpasste und sich Ruhe für sein Frühstück erbat. Danhsi blieb vor der Tür stehen, schloss für einen Moment die Augen und seufzte. Offensichtlich hat mein Anstacheln nicht gefruchtet. Die Hilfs- und Machtlosikeit ist greifbar. Wollen sie sich in Agonie ihrem scheinbar unabwendbaren Schicksal ergeben? Vielleicht irre ich mich...

Damit öffnete er seine Tür und begrüßte seine Mitgefangenen. Das war kurz bevor die Werkbank gebracht wurde.
« Letzte Änderung: 11.12.2010, 19:15:31 von Xū Dǎnshí »

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #110 am: 13.12.2010, 00:14:06 »
Hong grinste spöttisch. Die Unverfrohrenheit, mit der Mako ihren Gast vertrieb, war einfach zu köstlich. "Ich hoffe für euch, dass ihr bei Boss etwas höflicher sein werdet. Er ist weniger zart besaitet wie Zázhǒng und ich glaube nicht, dass ein beleidigter Hobgoblin das weite suchen wird." An alle gewandt wollte er wissen. "Da wir nun nur noch neun," seine immer noch schlechte Laune veranlasste Hong zum hinzufügen einer kleinen Stichelei in Richtung von Xū "oder dem Vernehmen nach vereinzelt noch weniger Tage zum Leben haben, wollte ich wissen, ob irgendjemanden in der Nacht nun eingefallen ist, wie er den Kaiser umgebracht hatte, oder wieso er hier einsitzt. Da ihr die Person vertrieben habt, die viellecht etwas Licht in die Sache hätte bringen können oder wenigstens für ein nettes Schwätzchen gesorgt hätte, könntet ihr damit Beginnen Mako."

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Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #111 am: 13.12.2010, 00:36:17 »
Interessant. Schlägt er auf den Busch, um die Schlange zu wecken oder erzeugt er etwas aus dem Nichts[1]? Vielleicht spielt er nun selbst ein kleines Spiel? Auch war Danshi offenbar, dass sich Hongsan einen rüden Spaß aus seinem quälenden Husten machte. Mit gleicher Zunge, doch ohne bösartige Absicht entgegnete er: "Darf ich Eurer Frage entnehmen, dass Ihr noch immer den Wunsch hegt, das Spiel zu überleben, Hongsan?"[2]  Doch er dann setzte sich auf den Boden und schöpfte sich Suppe, als hätte er kein Interesse an seiner Antwort.
 1. Strategem 7 und 13
 2. Strategem 22: Die Türe schließen, um den Dieb zu fangen
« Letzte Änderung: 13.12.2010, 00:43:30 von Xū Dǎnshí »

Mako Jinsei

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Das liederliche Spiel
« Antwort #112 am: 13.12.2010, 18:59:02 »
Enttäuscht blickte Mako zur Tür. Er hatte nicht gedacht, dass der unbekannte Gast so empfindlich war, dass er nach Makos eher im Scherz gemeinten Aussage das Weite suchte.
Wenn er etwas von uns wollte wird er wiederkommen. Wenn wir etwas von ihm wollten werden wir ihn uns eben erneut herbeiwünschen müssen., dachte er während er sein Frühstück beendete. Dann wandte er sich Hong zu.
"Ich bin wohl er einzige von uns, der wahrlich unschuldig in diesem Gefängnis einsitzt. Zumindest kann ich nicht erkennen, welche meiner Taten eine derartige Bestrafung rechtfertigen würde.
Den Kaiser habe ich definitiv nicht ermordet. Ich habe ihn in meinem ganzen, zugegebenermaßen recht kurzen Leben, auch noch nie zu Gesicht bekommen. Hätte ich eine derartige Tat begangen, würde ich mich gewiss erinnern, meint Ihr nicht?
Somit erscheint mir der Grund meiner Gefangenschaft völlig schleierhaft, aber vielleicht könnt Ihr mir sagen, welchen Verhaltens ich mich schuldig gemacht haben könnte. Vielleicht entsinne mich nach einem Denkanstoß einer meiner begangen Taten, die mich hierher verfrachtet haben könnte."
"An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter." -Konfuzius

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #113 am: 14.12.2010, 10:01:45 »
Hongs Augenbrauen hoben sich und liessen seine Stirn runzeln als er zur Antwort ansetzte. "Sicherlich will ich überleben Xūsan," und legte zum ersten mal etwas höflichkeit gegenüber dem verdient erwürdigen Dǎnshí an den Tag. Weiter wandte er sich zu Mako"Wenn ihr den Kaiser nie zu gesicht bekommen habt, wisst ihr doch nicht ob ihr nun ihn oder jemand anderes umgebracht habt. Vielleicht ging der Kaiser gerade verkleidet als einer seiner Bürger durch die Strassen und ihr habt einfach den falschen erwischt. Andererseits... Auch wenn ich selbst schon wegen unhöflichkeit gegenüber wichtigen Personen für drei Tage in ein Loch geworfen wurde, weiss ich nicht ob dies für zehn Tage und den Tod ausreicht. Obwohl ihr eine so spitze Zunge haben könntet, dass jemand derart beleidigt habt. Aber freies ersinnen von Möglichkeiten bis ihr eine euch angenehme Geschichte gewählt habt, ist nicht das beste. Vielleicht erzählt ihr einfach, was ihr in den beiden Tagen vor dem Fest so gemacht habt und ich sage euch dann, weshalb ihr hier seid."
« Letzte Änderung: 19.12.2010, 15:05:22 von Hong Gil-dong »
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Mako Jinsei

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Das liederliche Spiel
« Antwort #114 am: 16.12.2010, 14:23:35 »
"Das ist doch wirklich lächerlich.", winkt Mako den hartnackigen Hong ab. Ihm wird leicht unwohl, denn in dieser Situation wird er sich keinen Grund einfallen lassen können, um nicht antworten zu müssen.
"Ich bin lediglich meinen üblichen Beschäftigungen nachgegangen. Ihr wisst schon: Singen, spielen und Geschichten erzählen für die Reichen und Schönen. Es gab die ein oder andere Privatvorstellung für einige besondere Individuen, aber nichts, woraus mir ein Widersacher einen Strick drehen könnte. Es muss eindeutig zu einer Verwechslung gekommen sein."[1]
Er sieht seinen Gegenüber mit seinem ernstesten und überzeugendsten Gesichtsausdruck an und fügt hinzu:
"Außerdem habe ich niemanden umgebracht, weder einen gewöhnlichen Passanten, noch einen gut bewachten Kaiser. Ich gehöre nicht zu der Sorte Leute die aus Jux oder des Geldes wegen unbekannten Personen die Kehle aufschneiden."
 1. Bluffen: 30
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Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #115 am: 17.12.2010, 14:17:41 »
02.01.1042 - Tag des Gauren - Früher Morgen bis Mittag

Obzwar der Ort der Gefangenschaft nicht das Attribut der absoluten Feuchtigkeit oder gar Schäbigkeit verdient hatte, um als Kerker gelten zu können, mochte man sich als Eingekerkerter fühlen. Zwar gab es nicht, wie es im barbarischen Norden der Fall sein sollte, gemauerte Feldsteinwände, in denen Ketten mit Handfesseln verankert waren, welche eine feste Bindung des Gefangenen mit der Steinwand darstellte und diesem dann dementsprechend noch zusätzliche körperliche Schmerzen verschaffte, welche ihn zusammen mit Feuchtigkeit und Hunger ausmergelten. Doch die Fesseln dieses Ortes waren andere, das Folterinstrument, wenn man in der Gegend der aufrührerischen Elben verbleiben mochte, ein Würgeisen[1], jedoch nicht materiell manifestiert, sondern eher geistig verankert. Das immer enger werdende Würgeisen war die fortlaufende Zeit, welche bis zur Vollstreckung des Todesurteils immer unaufhaltsamer wurde. Und die Folter wurde verstärkt, denn die Türen in die Freiheit waren nicht einmal abgeschlossen oder stark bewacht, auch wenn auf einen Ausbruchversuch der Tod stand. Noch war es erst der zweite Tag, aber es war vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis dass der erste Denunziant die Nerven verlor und eine kopflose Flucht versuchte. Wenn dies wirklich ein Spiel war, wie es Shǎzi zugeschrieben wurde, musste es für den durchtriebenen Wahnsinn stehen, welcher diesem Narrenkönig, als welcher er gerne bezeichnet wurde, gerne zugeschrieben wurde. Perfidität und Perversion, zwei Begriffe, welche stets mit ihm zusammen genannt wurden.

Das Eis zwischen den Gefangenen schien langsam zu schmelzen, die Feuchtigkeit in den Gliedern schien durch Worte ausgetrieben werden zu wollen und zumindest regte das schlechtes Essen zu zaghaften Gesprächen an, doch diese wurden schnell wieder unterbunden von lauten, polternen Schritten, welche die Treppe schnellen Schrittes runterstürmten. Das Klirren eines zerbrechlichen Gegenstandes ertönte und ein erschreckter Aufschrei einer Frau, gutturale Sprache brüllte wütend in einer den Denunzianten fremden Sprache auf. Obzwar Hong dieser Sprache auch nicht mächtig war, kannte er diese Stimme zu gut, sie gehörte Boss, einem Hünen von einem Hobgoblin. Es war bekannt, dass auch Boss ein Eunuch war, aber anhand seiner Stimme war das nicht zu erkennen. Aber auch nur die Wesen, welche Eunuchen nur aus den Bildern und Worten des Volksmundes kannten, glaubten, dass man einen Eunuchen stets an der Stimme erkennen konnte, denn so galt nur, wenn die Eunuchen in Kindesalter kastriert wurden, dass sie eine weiche Stimme behielten, während erwachsene Männer, welche kastriert wurden, Bartwuchs und Stimme behalten konnten, nur in den seltesten Fällen bildete sich sowas zurück. Doch ehe man sich solchen Gedanken zu lange hingeben konnte, wurde die Tür aufgeschmettert, dass sie an die Wand krachte und ein sieben Fuß großes Ungetüm, welches noch etwas gebückt ging und wohl hoch aufgeschossen war und durch schlechte Haltung etwas zusammengeschrumpft schien, betrat den Raum. Das Ungetüm hatte rotbraune Haut und seine Gesichtszüge schienen mehr an eine Fledermaus, denn an einen gewöhnlichen, wenn auch etwas größeren, Hobgoblin zu erinnern[2]. Man konnte ihn getrost als hässlich bezeichnen, aber das würde ihm sicherlich nichts ausmachen. Seine Stimme erfüllte sofort den Raum, nachdem er die Tür wieder zugeknallt hatte. "Ah, Lao Hong[3]," bellte er lachend, "du wolltest mich also sehen. Sehr lustig." Der Hobgoblin, der in voller Rüstung erschienen war und eher an einen Barbaren aus Xian erinnerte, denn an einen Palastdiener des Himmels, sprach nur Hong an und schien die anderen Denunzianten nicht einmal wahrzunehmen. An seinem Gürtel steckten ein langes Menschenschwert, welches in seinen Händen sicherlich eher mickrig aussehen würde, und ein langer Dolch. Mit hinterhältigem Grinsen strich er über einen Totenkopf, der auf seine linke Schulterplatte gestanzt war und bleckte die Zähne. "So ist das Lao Hong. Jetzt hängen sie dich doch auf. Sie haben für dich was besonderes vor. Sie hängen dich an deinem Arsche auf, sodass dein Oberkörper frei im Gerüst schwingen kann. Dann versuchen sie mit verbunden Augen und mit Keulen bewaffnet nach deinem Kopf und deinem Körper zu schlagen, bis du auseinanderfällst." Der Hobgoblin lachte über seine Aussage herzlich und bewegte sich dabei so heftig, dass er die restliche Suppe umstieß. Er lachte danach sogar noch lauter, als die restliche Brühe vom Teppich aufgesogen wurde, und blickte sich dann doch unter den Gefangenen um. "Hab gehört, jemand von euch hat Zázhǒng zum Weinen gebracht, wer war das?" Er klang fordernd und wenig erfreut dabei und schien mit einem Mal ungeduldig zu werden. "Aber Formalitäten und dergleichen beiseite. Ich habe nicht viel Zeit für euch alle, also sagt schon, was ihr von mir wollt." Er schien ernsthaft darüber erstaunt, dass man mit ihm über diesem Fall reden wollte, und auch ein wenig verärgert.
 1. Garrote
 2. 
 3. Zur Erinnerung: Lao Wang (= alter Wang) nennt man einen Herrn, einen Freund mit dem Familiennamen Wang, der älter ist als man selbst.
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Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #116 am: 19.12.2010, 12:39:12 »
Mühsam stand Danshi auf und schritt um den Boss, um ihn von allen Seiten zu mustern. Die Situation schien ihm starr, zwei Fronten, die aufeinander prallten und sein Zweck war es, diese Fronten aufzubrechen. Ein sehr unangenehmes Missempfinden machte sich ihn ihm breit: Er war etwas ärgerlich darüber, dass Hongsan seinen Wunsch für eine Eitelkeit verwendet hatte, so hatte es zumindest den Anschein. Im Moment beschäftigte ihn allerdings nicht Hongsan und der Boss, sondern dass er ärgerlich war. War dies ein Zeichen dafür, dass sich sein Selbst doch mehr an sein Leben klammerte, als er sich zugestehen wollte?

Es gab tatsächlich etwas, um dass er den Boss bitten konnte. Doch zuerst sollte Hongsan sein Anliegen vortragen.
« Letzte Änderung: 19.12.2010, 12:40:31 von Xū Dǎnshí »

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #117 am: 19.12.2010, 15:24:56 »
"Ah, hier ist also Boss." entgegnete Hong trocken auf die Sticheleien des Hobgoblins. "Vielleicht hat man es dir noch nicht gesagt, doch es heisst der Kaiser sei Tod. Da du für seine Haut verantwortlich bist ... oder warst, und angeblich noch nie jemand uneingeladen an dir vorbei kommen konnte, dachte ich, weisst du sicher wer es war, oder wie man darauf kommt meine Mitgefangenen miteinzusperren." Aber vielleicht warst du ja zu der Zeit mit verbundenen Augen mit deinem Hölzernen Knüppel am herumschlagen und stelltest dir vor, es sei einer aus Fleisch, hängte Hong in Gedanken noch als  Beleidigung an. Eine Provokation liesse ihn zwar Genugtuung verspüren, doch war Boss kein Hobgoblin mit dem es allzusehr spassen konnte. Dazu kommt, dass Hong auch noch wissen wollte was vorgefallen war.
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Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #118 am: 19.12.2010, 23:18:34 »
02.01.1042 - Tag des Gauren - Mittag

Boss blickte Hong mit ärgerlichen Blick an, als dieser den Ruf des Hobgoblins in Frage stellte. "Ich sollte dir für diese Dreisheit gleich den Kopf spalten lassen." Der Hobgoblin schien durch diese Aussage in seiner Ehre gekränkt worden zu sein und polterte mit stampfenden Schritte auf den Boden herum, als er die Denunzianten umrundete und sich auf die andere Seite des Raumes stellte, an die Tür zu den Latrinen. "Ich könnte dich in deinen Unrat tauchen dafür!" Die gutturale Stimme wurde ein wütendes und keifendes Knurren. Und dennoch ließ er seinen Worten keine Taten folgen und begann sogar zu schweigen, kaute auf seiner Lippe, nicht so wirklich wissend, was er sagen sollte. Er blickte kurz in den Waschraum und trat dann auf den Teppich.

"Ich habe davon gehört, dass der Kaiser tot sein soll.", begann er, um Ruhe bemüht, doch schnell brach eine gewisse Wut wieder durch, ein Hobgoblin eher ungezüngelten Temperamentes. "Aber, verdammt, niemand kommt uneingeladen an mir vorbei! Das schwöre ich! Das schwöre ich, verdammt!" Er zog eine Augenbraue hoch und horchte auf, hob dabei den Zeigefinger und zeigte an die Decke. "Ah, ich verstehe. Kommt jetzt der Teil, in dem bewiesen wird, wie man mich überlisten konnte?" Der Hobgoblin schüttelte den Kopf und ließ dann die Muskeln ein wenig spielen. Während große Denker immer in Denkerpose einen Finger an das Kind legte, vorzugsweise sogar Zeigefinger und Daumen, schien er eine eher merkwürdige Denkpose zu haben.
"Wartet."

Der Hobgoblin stampfte zur Tür, reckte den Kopf raus und fing wieder an in dieser gutturalen Sprache, die wie ein ewiges Fluchen klang, zu brüllen. Schnell wurde trotz des Unverständnisses klar, dass er nach einer Person rufen ließ. Eine Person namens Zhu.
Er drehte sich wieder zu den Denunzianten, betastete gleichzeitig jedoch den kalten, roten Marmor. "Es ist kalt hier drin.", bemerkte er nur kurz, und erklärte sich dann. "Ich habe Zhu Ru gerufen. Der kann euch auflisten, warum ihr alle hier seid."
Boss mahlte offenkundig mit den Zähnen, es wurde offenkundiger, dass er nicht freiwillig den Raum betreten hatten und sich äußerst unwohl fühlte. Es war nicht die Angst vor Übergriffen, nicht vor körperlicher Gewalt, aber er schien sich deutlich unwohl zu werden, was sein gelegentliches und schnell wieder unterdrucktes Toben ein wenig erklären mochte. Dass er sich nicht wohlfühlte, sah man auch daran, dass er seine Hand am Jian[1] hatte.

"Mhm, es ärgert mich, dass der dumme Narr Recht behalten hat.", erklärte der rothäutige Humanoid dann plötzlich. "Miteinander reden steht euch scheinbar nicht." Boss vermied dennoch den Blickkontakt zu irgendeinem Denunzianten, drückte den Rücken zu weit durch. Er rang aus irgendeinem Grund um Fassung. "Sonst noch was?", er versuchte eine aufkommende Stille zu verhindern, in dem er um weitere Fragen und Aussagen bat.
 1. Jian
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Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #119 am: 20.12.2010, 00:08:00 »
Als der Boss sichtlich verunsichert Gelegenheit gibt, weitere Fragen zu stellen, stellt Danshi unvermittelt eine ungewöhnliche Frage: "Ich würde gerne die Natur sehen. Ich vermisse es, die Rotkiefern zu betrachten und ich frage mich, ob das ein oder andere Leberblümchen schon seinen Kelch geöffnet hat. Ihr seid der Boss der Palast-Wache und niemand entkommt Euch. Könnt Ihr veranlassen, dass ich die Zelle für einen Spaziergang verlassen darf?" Danshis Stimme war unverstellt und voller ehrlicher Freude[1].

Nein, es war nicht Danshis Absicht, den Boss zu übertölpeln, denn er hatte wirklich nur den Wunsch, die Natur zu betrachten. "Ich will Euch nicht überlisten, wenn Ihr mir diesen Wunsch gewährt. Ich habe noch neun Tage und wünsche mir, noch einmal am natürlichen Kreislaufs der Natur teilzuhaben. Es erfühlt mich mit Frieden und ich fühle mich geborgen im Nichts, das alles ist. Gestattet mir, ein kleines Haiku des großen Meisters Bashō zu zitieren, so dass Ihr mich versteht:

Im ersten Schneefall -
die Blätter der Narzissen
sogar sich krümmen

Das ist mein Wunsch. In ihm verbirgt sich nicht mehr und nicht weniger - nur mein Dank, wenn Ihr ihn mir gewähren könnt."
 1. Diplomatie 25
« Letzte Änderung: 20.12.2010, 00:13:05 von Xū Dǎnshí »

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