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Autor Thema: Das liederliche Spiel  (Gelesen 84878 mal)

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Lu Chieng

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Das liederliche Spiel
« Antwort #165 am: 15.02.2011, 11:18:12 »
Lu Chiengs Nackenhaare stellten sich auf als er die Stimme vernahm und sein Magen verkrampfte sich kurz. Er brauchte einige Sekunden um sich wieder zu fangen, aber wohl war ihm immer noch nicht bei der Sache.

"Ich komme mir vor wie in einem Rätselspiel. Als Kind habe ich sie geliebt aber im Moment steht mir der Kopf nicht wirklich danach. Was dem Schiff oder Lotse ist, ist dem Menschen der Himmel...."

"Der Himmel muss Rat geben können, denn der Lotse führt das Boot, wenn der Himmel also keinen Rat weiß ist es nicht möglich den Menschen zu führen." murmelt Lu Chieng mehr vor sich hin als irgendwen direkt anzusprechen.
"Furchtlosigkeit ist die Tugend der Narren. Sie entsteht nicht aus Mut, sondern aus mangelnder Vorstellungskraft. Der Weise fürchtet sich und lässt sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen. Er wird nur vorsichtig."

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #166 am: 16.02.2011, 19:14:47 »
Danshi stellten sich die feinsten Härchen auf. Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu. Nur der Narr verspürt keine Angst, der Weise wird aber vorsichtig. Dennoch, es reizt mich, ihm zu antworten. Somit legte er das Buch auf seinem Schoß zur Seite, stieg auf und bewegte sich an die Tür heran. Er schmunzelte etwas, was unter seinem Bart kaum zu sehen war. Wie sollte er antworten? Es schien Danshi, als wollte der fremde Besucher Bestätigung für die Macht des Himmels erhalten und wählte dazu diese Bilder. Oder vielleicht auch nicht? Was soll das Bild der Krähe bedeuten? Die Krähe ist kein beliebte Vogel. Er stiehlt den Samen aus dem Acker und tut sich im Krieg an den Gefallenen gütlich. 'Alle Krähen unter dem Himmel sind schwarz', er wird doch nicht die unumschränkte Celestische Ordnung in Zweifel ziehen wollen? Das wäre sehr in meinem Sinne.

Wahrlich, ein sehr mysteriöser Besucher steht vor unserer Tür!


Er räusperte sich und sprach: "Ich finde den Vergleich nicht gut gewählt. Es sind zwei Bilder, die in keiner Verbindung stehen. Wohin der Mensch geht, der Himmel bewegt sich nicht und bleibt immer derselbe. Doch wohin das Schiff geht, da wird auch der Lotse sein. Gleichwohl sprechen wir natürlich nicht über Krähen, Himmel und Schiffe, sondern in Gleichnissen. Ich sage Euch, wie ich denke: Ein Feigenkorn fällt in die Erde und keimt. Der Sproß braucht das Licht und den Regen des Himmels - doch gleichsam nicht zu viel und nicht zu wenig und zur rechten Zeit. Es braucht einige Zeit und aus einem der kleinsten Samen ist ein riesiger Baum geworden, der den Himmel zu stützen vermag[1]. Noch besser, der Baum spendet den geringeren Pflanzen Schatten, den Bienen Nahrung und lässt die die wahre Natur erkennen, die zu seinen Wurzeln rasten.[2] Der Samen weiß allerdings allein, wie er wachsen muss.", sagte er mit einiger Strenge.

"Wenn Ihr mir nun gewogen seid, dann beantwortet mir ebenfalls eine Frage.", fügte er hinzu, die beiden anderen Fragen ignorierend.
 1. Weltenbaum
 2. Hinweis auf den Bodhi-Baum, ein Feigenbaum, unter dem Buddha Erleuchtung erlangt haben soll.
« Letzte Änderung: 16.02.2011, 19:20:47 von Xū Dǎnshí »

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #167 am: 17.02.2011, 00:14:10 »
Hong war beeindruckt von der Stimme. Er richtete sich auf, spannte die Arme und liess sie Drachenköpfe auf seiner Brust mit den Muskeln tanzen, als ob er damit die zweite Frage beantworten wollte. "Wenn der Mensch vom Himmel abhängt wie das Schiff vom Lotsen, dann ist der Mensch nicht mehr in den heimischen Gewässern und auf die Führung des Himmels angewiesen. Kennt hingegen der Kapitän die Gewässer, so hängt weder er noch sein Schiff vom Lotsen ab. Der Himmel wird beim Menschen auf der Erde sein und der Mensch kann ebenso auf die Führung durch den Himmel verzichten. Die Drachen sind von Enwe geboren weil die Götter sich im Himmel miteinander stritten. Die Drachen sind die Lotsen von Enwe, die hier auf Erden wo der Mensch sich befindet führen können." Wie war die Antwort auf die dritte Frage? Auch Xū schien sich um die Antwort zu drücken. Auch er kennt nichts, dass die Wände sprechen lässt und schwieg lieber. So zögerte auch Hong mit der Antwort auf die dritte Frage.
Bitterer Tee, mit Wohlwollen dargeboten, schmeckt süßer als Tee, den man mit saurer Miene reicht.

Mako Jinsei

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Das liederliche Spiel
« Antwort #168 am: 17.02.2011, 18:19:34 »
Was könnte es sein, was wir verlangen?
Xū Dǎnshís  Frage hallte noch lange durch Makos Gedanken. Was verlangte er? Aus diesem Gefängnis freikommen? Wozu? Um sein Instrument zu spielen? Das konnte er hier drinnen ebenso. Um etwas Gutes zu essen? Ein Kaisersohn ließ eben eine Delikatesse auftischen. Die Wärme einer Frau? In der Tat  war dies die naheliegendste Antwort. Seit der verhängnisvollen Nacht ist der Barde keiner Frau näher als zwei Armeslängen gekommen, und die beiden waren auch noch seine Mitgefangenen, von denen eine mittlerweile tot ist.
Unauffällig schielte er zu Sūn Ai und betrachtete sie kurz. Die Situation und der Anstand verbaten es allerdings eine solche Möglichkeit überhaupt in Betracht zu ziehen, des nachts in ihre Zelle zu schleichen. So nötig hatte es Mako nicht. Er wusste jedoch genau wonach er als erstes Ausschau halten würde, sollte er hier rauskommen.
Er dachte über dieses Verlangen nach. Waren seine nächtlichen Streifzüge durch fremde Schlafzimmer vielleicht nur die Suche nach der einzig Richtigen? Wollte er im tiefsten Innern nur die Frau seines Lebens finden, eine Familie gründen und mit ihr alt werden?
Worüber man so nachdenkt, wenn man eingesperrt ist...

Die tiefe Stimme schreckte Mako aus seinen Gedanken.
In der Tat sind Krähen schwarz, aber Menschen sind doch keine Schiffe, die gesteuert werden., schoss ihm spontan durch den Kopf.
Er dachte kurz nach und antwortete dann im gleichen Schema wie gefragt wurde:
"Die erste Antwort: Der Himmel muss sich über allen Wesen befinden, sonst könnten Krähen, wenn sie fliegen, nicht unter dem Himmel sein. Der Himmel müsste außerdem führen und leiten. Das tut er: Am sternenklaren Nachthimmel kann man Richtungen bestimmen, ebenso bei Tag anhand des Sonnenstandes. Dies kann man auf den himmlischen Kaiser übertragen: Er führt sein Volk weise und steht über allen. Nun ist er tot, der Himmel ist dicht bewölkt.
Die zweite Antwort: Drachen sind mächtige, mytische Kreaturen. Mein Freund Hongsan hat eine treffende Antwort gegeben.
Die dritte Antwort: Momentan seid Ihr für mich lediglich eine Stimme, die Weiheiten kundtut und Fragen stellt. Offenbart mehr von Euch und wir werden die Frage besser beantworten können."
"An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter." -Konfuzius

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #169 am: 19.02.2011, 01:47:15 »
03.01.1042 - Tag des Affen - Mittag

"Ein Vergleich," grummelte die Stimme dunkel und brüchig, wie brechendes Granit, "Mhm. Interessant. Ich habe nie einen Vergleich zwischen diesen Aussagen, welche Männer und Frauen dieser Kultur für Weisheiten halten, angestellt. Sie nur als zwei Bedingungen des Lebens hier gesehen, deren einzige Verbindung die Notwendigkeit ist, damit dieses Chuang, wie ihr Menschen es nennt, bestehen kann." Die Stimme sprach mit einer großen und ausgiebigen Langatmigkeit, als müsste das ganze Erdreich sich wallen, damit dieses Wesen zu Stimme finden konnte.
Es schien, als müsste das Wesen, was auch immer es sein mochte, erst einmal alleine Antworten ordnen und sich selbst zu weiteren Antworten entschließen. Eine plötzliche Stille folgte, welche fast fünf Minuten nicht durchbrochen wurde.

"Lu Chieng und Mako Jinsei, ihr seid Kinder dieser Kultur.", ist die kurze Antwort des Wesens auf Lus und Makos Aussagen. "Und ihr seid es gerne. Unverrückbar wie eine Gebirgsspitze, welche den Himmel zu küssen gedenkt." Das Wesen atmete schwer, als würde ihm jedes Wort schwerer fallen. "Hong gil-Dong, ihr kennt mehr als das, was man in Chuang Wahrheit nennt, das imponiert mir."
Das Wesen schien nur in kurzen, abhackten Sätzen sprechen zu wollen, ohne dass es seinen Worten Erklärungen anhängen wollte. Ein ganz anderer Gast als Chuang Wang, der sich noch um jede noch seine kleine Erklärung bemühte, geradezu von einem Rechtfertigungswahn zerfressen schien, zumindest im Vergleich zu dieser Stimme. Und vielleicht musste es sich auch gar nicht rechtfertigen, denn dieses Wesen hatte etwas Ehrfurchtsgebietendes an sich, etwas, was einen in kleidsame Furcht warf, ohne unheilvoll zu sein. Das Gefühl von Größe, das strahlte dieses Wesen aus. Größe und Alter. Wahr es tatsächlich Long[1] oder ein anderes Wesen der Natur selbst, welches nun zu den Denunzianten sprach?
"Xū Dǎnshí, euch kann ich nicht einschätzen. Ihr seid durchwühlt von Zweifeln, wie Regenboden von Würmern. Diese Zweifel lassen euch zwischen Himmel und Erde schwanken. Ihr seid ein Mensch in seiner rohesten Form."

Dieses Wesen schien ohne Zweifel viele Worte, die Erläuterung bedurften, für Selbstverständlichkeiten zu erachten und obgleich es deutlich war, dass es auch in Metaphern sprach, waren diese Worte mehr als Metaphern allein. Es holte tief Luft und kam dann Makos Bitte nach, ohne vorher auf die Drachenfrage einzugehen. "Ich bin Tŭ[2] in eurer Sprache, in anderen Sprachen nennt man mich Cae[3] oder Ard[4], aber nur in meiner Sprache kann man ausdrücken, was ich bin. Dort heiße ich Eskja, Fjorgyn, Fjorn, Flag, Fold, Frøn, Grund, Gyma, Hauðr, Hjarl, Hrø, Jorð, Jormungrund, Laut, Mold, Rofa und Saurr[5]. Doch auch eure Gemeinsprache hat nur einen Namen für mich, sie nennt mich Erde. Obwohl dieser Begriff so grob ist, dass er mich in diesem Moment nicht beschreiben kann, dürft ihr mich so nennen."
Erde verstummte abrupt und schwieg wieder eine ganze Weile.

"Ich mag eure Antworten. Keiner, der die Welt erklären kann. Keiner, der sie alleine erklären will. Das zeigt, dass ihr noch Menschen seid. Ihr dürft Fragen stellen.", sagte die Erde schließlich nach einer ganzen Weile und klingt dabei etwas zufriedener als zuvor, wenn man sich solches bei sprechender Erde vorstellen vermag. Ihre Stimme bleibt dennoch behäbig und das überwältige Gefühl von Größe drückt das kleine steinerne Gefängnis zusammen.
 1. Chinesischer Drache
 2. 土 = Das Element Erde
 3. 
 4. 
 5. 
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"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #170 am: 20.02.2011, 02:07:05 »
"Bin ich ein Mensch in seiner rohesten Form?", wägte Danshi die Worte ab. Wenn es eine Geringschätzung gewesen war, dann verfehlte sie ihre Wirkung, denn er sprach sie mit gewissem Gefallen aus. "Nein, ich wähle den kunstlosen Pfad des wahrhaftigen Mannes.", sagte er dann entschieden, einer Eingebung folgend. Doch Erde reagierte nicht unmittelbar auf seinen Ausspruch und das war für Danshi nicht wichtig, denn er wollte keine Reaktion hervorrufen. Doch er dachte bei sich: Ich muss mir das im Anschluss notieren.

Erde hatte erlaubt, Fragen zu stellen. Die Frage die Danshi im Sinn hatte, war nur sinnvoll gewesen, als er noch davon ausging, mit einem Mittelsmann der Mächtigen zu sprechen. Erde interessierte sich wahrscheinlich nicht für seine Frage und daran war nichts auszusetzen. Erde ist, wie sie ist. Falls es Erde ist und nicht jemand anderes.

"Was mag Tŭsama[1] bedürfen, dass sie mit den Genossen[2] das Gespräch sucht?"
 1. -sama: sehr höfliche Anrede, oft in indirekter Ansprache
 2. Genosse im Sinne von Menschen, die ein Schicksal teilen. Nichts politisches...
« Letzte Änderung: 20.02.2011, 11:54:10 von Xū Dǎnshí »

Lu Chieng

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Das liederliche Spiel
« Antwort #171 am: 21.02.2011, 10:23:38 »
"Was weiß die Erde von Sachen des Himmels?" murmelte Lu Chieng vor sich hin. Nur die Leute in seiner unmittelbaren Umgebung konnten ihn hören.

Lauter spricht Lu Chieng: "Nun Erde wenn du seit den Anbeginn der Zeiten bist, kannst du uns vielleicht mit etwas vergangenem behilflich sein. Jemand war kürzlich hier und sprach etwas wie: «dreiunddreißig aus dem Geschlecht Chuangs werden herrschen, doch keinen Frieden ist zwischen Feuer und Wasser und ihnen nicht auf Dauer trotzen können und die Erde nicht auf deiner Seite, werde ich deiner Herrschaft ein Ende setzen. Dann soll keiner diesen Garten haben. Nimmermehr!»[1]. Nun ist von der Erde die Rede, was hat es also damit auf sich?"
 1. Leicht abgeändert da Lu Chieng es nicht mehr Auswendig aufsagen kann
« Letzte Änderung: 21.02.2011, 10:24:14 von Lu Chieng »
"Furchtlosigkeit ist die Tugend der Narren. Sie entsteht nicht aus Mut, sondern aus mangelnder Vorstellungskraft. Der Weise fürchtet sich und lässt sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen. Er wird nur vorsichtig."

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #172 am: 22.02.2011, 14:48:13 »
03.01.1042 - Tag des Affen - Mittag

Lu Chiengs Worte verhallten unheilvoll in dem Raum, ein tiefes Echo bildete sich heraus, als würde die Erde selbst die Resonanz dieses Raumes verändern. Ein böses Vorzeichen der Prophezeiung oder nur ein Taschenspielertrick dieses Wesens, welches sich Erde nannte? Ein tiefes Atmen war zu hören, so tief und brummend, dass die Marmorkammer darüber leicht in Bewegung geriet. Nein, mit leichten Taschenspielertricks war das nicht zu gewährleisten. Mächtige Magie oder wirklich die Erde selbst, welche zu ihnen sprach? Sie, die Erde, holte nochmal tief Luft. Wieder schien sie, auch wenn nicht so viele Worte gefallen waren, zu brauchen, bis sie die Worte sortiert hatte, sich selbst geordnet und bereit für eine Antwort war. Das Wesen antwortete zuerst Xū Dǎnshí.
"Ich bedarf nichts, junger Freund, und doch ist mein Interesse geweckt. Meine letzten Besucher, welche meiner Anwesenheit gewahr gewesen sind, waren vor drei Äonen[1] hier. Wesen, die längst vergangen sind samt und sonders, mit Stein und Haar, mit Kultur und Sprache. Auch sie weckten einst mein Interesse."

Das Wesen verfiel wieder in ein grummelndes Schweigen, es machte jetzt seine Anwesenheit ganz deutlich, selbst wenn es nicht sprach. Es schien, als wolle es die Kristalle der Jahrtausende, die sich auf ihm gebildet haben möge, abschütteln. Die Kammer wackelte wieder ein wenig. War es etwa die Kammer selbst, die lebte?
"Xiao Lu[2], ich habe viel gehört und vielfach auch von diesen Worten. Sie sind ein Eid. Eid und Schwur, Humanoide lieben diese Art von Bestimmtheit. Sie glauben, sie haben damit die Macht der Erde auf ihrer Seite, sind doch wankelmütig wie die Luft und leicht davonzutreiben, wie Löwenzahn an einem windigen Sommertag. Aber es mag sein, dass dieser Schwur eintritt. Ein weiser Mann sagte einst in dieser Kammer: Quidquid agis prudenter agas et respice finem[3]. Und was ist nicht wahrscheinlicher, als dass jemand, der die Erde schlichtweg vergisst, zum Scheitern verurteilt ist.[4]"
Die alte Stimme wurde jetzt sogar etwas sehnsuchtsvoll.
"Mächtige Magie hat man gewirkt. Alte Magie, welche von den Elben kommen soll. Sie verbietet sogar der Natur diesen Garten zu betreten. Dabei ist er so schön, dass niemand ihn zu verderben wagt. Aber jeder will ihn besitzen. Das ist wie mit den Zwergen und dem kräftigsten Adamant[5], den Elben und dem Ideal von Freiheit und Schönheit oder den Orks und dem perfekten Krieg. Aber alle, die diesen Garten gesehen haben, begehren ihn. Je kürzer ihre Lebensspanne, desto heftiger ihr Begehren."
Seine Stimme wurde mahnend, belehrend und furchtbar grummelig.
"Aber wer sein Reich auf der Schönheit einer Pfirsichblüte errichtet, darf sich wundern, dass sie eines Tages doch verwelken muss." Fand aber schnell wieder in alte Bahnen zurück. "Es mag also sein, Xiao Lu, dass diese Worte stimmen werden. Es mag auch sein, dass der Sprecher dieser Worte Dinge außer Acht lässt, die ihn eines Tages Lügen strafen werden. Wenn eines die Äonen mich gelehrt haben, dann das nichts feststeht bis zu diesem einen Moment, in dem es geschieht. Er ist in diesem Moment steht er fest und alsbald verliert er seine Festigkeit wieder, da der Nebel der Erinnerung ihn umhüllt und eines Tages entweder verschlingt und er somit in Vergessenheit gerät oder weil er wie ein unerforschbarer Mythos in Teilen aus dem Nebel herausragt und vor unseren Augen verschwimmt. Wissen ist nichts weiter als Erinnerung und Erinnerung ist immer unklar, Klarheit gibt es nur im Moment und nur für einen Moment. So mögen diese Worte dieses Schwures eine von Feinden genutzte Erinnerung sein oder eine unkläre Prophezeiung, die einen wahren Kern enthalten mag."
Das Wesen atmete tief ein und wieder bewegte sich die Kammer ein Stück, es war fast wie ein ungewöhnlich festes Wiegen. Die Stimme verströmte wieder Zufriedenheit.
"Ja! Ihr interessiert mich!", sagte es, bevor es wieder verstummte und laut atmete, als würde die Erde selbst Luft holen.
 1. Äonen sind hier klassisch griechisch genutzt, also ist ein Äon ein Zeitalter und ist 2160 Jahre lang.
 2. Xiao Lu (= kleiner Lu)
 3. 
Ecclesial (Anzeigen)
 4. 
Kleiner Hinweis (Anzeigen)
 5. Adamant
« Letzte Änderung: 22.02.2011, 14:55:59 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #173 am: 26.02.2011, 22:23:06 »
Die Ehrfurcht vor dem neuen Gast, obwohl Gastgeber ein weit aus treffenderer Begriff zu sein scheint, liess Hong in grübelndes Schweigen versinken. Hier sprach die Erde, die ihren Vater Drakthar verschlang. Doch war die Erde nicht überall in diesem Palast? Hätte sie nicht merken müssen, wer den Kaiser getötet hat, wie er zu Tode kam? Und wieso interessierte sich die Erde für die handvoll Denunziannten in diesem Loch? Es scheint Hong schon fantastisch genug, dass die gesamten Würdenträger des Hofes bei ihnen vorbei schauten. Doch nun auch die Elemente? "Wie ist der Kaiser gestorben?" fragte er laut. Hong ist sich sicher, dass hierin der Kern dieses Rätsels liegen muss.
Bitterer Tee, mit Wohlwollen dargeboten, schmeckt süßer als Tee, den man mit saurer Miene reicht.

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #174 am: 27.02.2011, 20:40:13 »
Eine seltene Regung machte sich in Danshi breit: Ungeduld. Der Spaziergang hatte seine Sinne geschärft und er wollte die restliche, ihm verbleibende Zeit nutzen. Wozu? Das wusste er selbst nicht genau. Allein die Achtung vor einer Wesenheit, die so alt wie Welt selbst sein musste, ließ Danshi seine Ungeduld nicht aussprechen. Doch Erde war gleichmütig und unzugänglich, schon beinahe selbstgenügsam und doch offensichtlich an den Denunzianten interessiert. Eigentlich so, wie es von Erde zu erwarten war - außer dem Letzten, worüber sich Danshi sehr verwunderte. "Tŭsama tut nichts und Tŭsama bedarf nichts. Tŭsama ist hier und interessiert sich.", dachte er bei sich, "Doch warum interessiert sich Tŭsama für die Belange der Sterblichen?".

"Welche Bedeutung mag das Geschehen für Tŭsama haben? Ich stelle mir vor, Tŭsama kann die Bedeutung der Begriffe metta[1], Entsagung, der kleinen Freude und der Vergänglichkeit nicht fühlen. Ich frage mich, wäre Tŭsama gerne ein Mensch?"
 1. Güte durch freundliche Anteilnahme
« Letzte Änderung: 27.02.2011, 20:43:52 von Xū Dǎnshí »

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #175 am: 01.03.2011, 00:06:49 »
03.01.1042 - Tag des Affen - Mittag

"Mhm.", das Wort des Wesens war langgezogen und grummeld tief, aber nicht wütend oder böse in irgendeiner Art dabei. "Das sind schwere Fragen. Fragen, über die ich mir Gedanken machen muss."
Das Wesen schien wieder in ein Schweigen fallen zu wollen und seine Ankündigung ließ eben genau dies erwarten, doch stattdessen begann der Boden in einer merkwürdigen Art zu brummen und ehe man sich versah oder vielmehr verhörte, begann die Erde selbst zu singen.
"Schon winkt der Wein im goldenen Pokale,
Doch trinkt noch nicht, erst sing ich euch ein Lied!
Das Lied vom Kummer soll euch in die Seele
Auflachend klingen! Wenn der Kummer naht,
So stirbt die Freude, der Gesang erstirbt,
Wüst liegen die Gärten meiner Seele.

Dunkel ist das Leben, ist der Tod.
Dein Keller birgt des goldnen Weins die Fülle
Herr dieses Hauses, - ich besitze andres:

Hier diese lange Laute nenn ich mein!
Die Laute schlagen und die Gläser leeren,
Das sind zwei Dinge, die zusammen passen!
Ein voller Becher Weins zur rechten Zeit
Ist mehr wert als die Reiche dieser Erde.
Dunkel is das Leben, ist der Tod.

Das Firmament blaut ewig und die Erde
Wird lange feststehn auf den alten Füssen,
Du aber, Mensch, wie lang lebst denn du?
Nicht hundert Jahre darfst du dich ergötzen
An all dem morschen Tande dieser Erde,
Nur ein Besitztum ist dir ganz gewiss:
Das ist das Grab, das grinsende, am Erde.
Dunkel ist das Leben, ist der Tod.

Sehr dort hinab! Im Mondschein auf den Gräbern
hockt eine wild-gespenstische Gestalt -
Ein Affe ist es! Hört ihr, wie sein Heulen hinausgellt
in den süßen Duft des Abends!
Jetzt nehmt den Wein! Jetzt ist es Zeit, Genossen!
Leert eure goldnen Becher bis zum Grund!
Dunkel ist das Leben, ist der Tod![1]
Die Stimme der Erde war melancholisch und doch tief ergreifend und auf einmal klar, wie ein unterirdischer Quell. Dieses Lied schien seine Antwort zu sein und doch setzte er ein paar Worte hinterher.
"Wäre ich gerne ein Mensch? Ich wäre gerne zehntausend Menschen. Würde ich gerne kleine Freunden und Vergänglichkeit empfinden? Ich kann sie empfinden, doch nur langsam. Doch des Kaisers Tod, sein Grund, der ist mir unbekannt. Ich sollte die Luft fragen, vielleicht weiß sie mehr. Die Erde wünscht, dass ihr von Bedeutung seid. Ja, das wünsche ich."
Die Stimme verklang, doch das schwere, erdige Atmen war das Zeichen, dass die Erde noch immer zwischen ihnen war.
 1. Das Trinklied vom Jammer der Erde von Li Bai in der Übersetzung von Hans Bethge
« Letzte Änderung: 01.03.2011, 17:10:08 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #176 am: 01.03.2011, 17:15:18 »
Die Ungeduld in Danshi war verflogen und wich einer Art Mitgefühl für Erde. Seine kühne Vermutung hatte sich auf eine Art bestätigt. "Ich kann sie empfinden, aber nur langsam...", wiederholte er leise für sich. "Der Tod ist Kehrseite und Brennspiegel des Lebens. Natürlich empfindet Tŭsama langsamer als wir. Ist ihr der Untergang des Reiches gar ein Lehrstück?" Danshi ließ den Blick durch seine Genossen schweifen. Dann fragte er laut: "Tŭsama, Ihr seid alt wie die Zeit. Kennt Ihr den Mythos vom goldenen Zeitalter[1]? Ich meine eine Zeit, in der Völker in Frieden mit sich und der Natur lebten und die Achtsamkeit des einen immer das Wohl des anderen einschloß? Glaubt Ihr, es wird auch unsere Zukunft sein?"
 1. Goldenes Zeitalter
« Letzte Änderung: 01.03.2011, 17:45:41 von Xū Dǎnshí »

Menthir

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« Antwort #177 am: 03.03.2011, 13:48:37 »
03.01.1042 - Tag des Affen - Mittag

Das Atmen wurde unsäglich schwer, fast schon melancholisch. Es war jedoch keine Wehmütigkeit in diesem tiefgezogenen Seufzen der Erde zu hören, gleichwohl war eine tiefe Sehnsucht ausmachen, welche aus dem Mittelpunkt der Erde fließen zu schien.
Dabei verstärkte das Wesen seine Präsenz nochmal, doch schien sich ihre Gewalt zu verlieren, aber es war nun ganz deutlich, dass sie unter ihnen war. Die Denunzianten wurde durchflutet von dem Gefühl purer Macht, ein Gefühl wie ein kräftiger Rausch, nur mit mehr Klarheit. Die schroffe Stimme der Erde erschien nun kristallklar und rein wie ein makelloser Diamant. Ein schwarz-transparenter Diamant gleichwohl, weil die Melancholie auch in dieser Stimmenform greifbar war.
"Der Mythos des goldenen Zeitalters ist ein Mythos und war immer einer, selbst in den ersten Tagen. Und wenn es tatsächlich einst eine solche Zeit vor mir gegeben haben mochte, so muss es heißen: doch dies war einmal, denn als die Götter[1] die Enwe erschufen, haben sie sich selbst beneidet und bekämpft. Jeder wollte zeigen, dass seine Schöpfung die mächtigste, schönste, beste, glorreichste und überlegenste war. Also wirkten die Götter im Wettstreit. Vecor[2] erschuf die Sonne, Hrâun[3] das Feuer innerhalb der Enwe, Drakthar[4] ihren Körper mit all der Erde, Thalafar[5] die Luft, damit alles atmen konnte und die Winde des Wechsels Einzug halten konnten, Tavrion[6] erschuf die Meere und so setzte sich Stück für Stück die Enwe zusammen. Aber weil nichts von dem Erschaffenen auf das abgestimmt war, was der Nächste erschuf, begann sich alles auf der Enwe zu bekriegen, wie die Götter es taten. Und die Götter nutzten immer mehr ihrer schöpferischen Macht, bis sie vor Erschöpfung fast starben, so sehr wollten sie den nächsten Gott übertrumpfen. Schließlich hatten sie so viel zerstörerische Macht in die Enwe gegeben, dass zwei Götter sich nicht mehr von der Enwe lösen konnten, sodass Marnarn[7] und Raiva[8] auf ewig versuchen müssen, sich aus ihrem ehernen Griff zu lösen, es aber nicht schaffen, weshalb sie immer wieder die Enwe umrunden müssen, in der Hoffnung eines Tages fliehen zu können. Und selbst als Drakthar von mir verschlungen wurde, beruhigte sich der Wettkampf der Götter nicht, sodass alsbald beinahe jeglicher Äther[9] auf der Enwe war...sie war längst erwacht.
Nun war es die Enwe, die ihrerseits Wesen änderte. Sie brachte Teile der Macht auf ihr in Einklang, gewann Macht über vieles, was sich auf ihr bewegte. Über die Naturgewalten, über den Wind, das Feuer, die Erde und das Wasser. Sie gebar die Drachen aus sich heraus und ihre kleinen Brüder, die Kobolde, die Echsenmenschen, die Drachen mit tierischen Instinkt, die man Dinosaurier nannte. Und die Götter sahen mit Schrecken, was sie getan hatten. Ihr Streit hätte sie beinahe aller Macht beraubt und drohte ihr Leben zu nehmen. Mit ihrer letztem Vorrat an Äther setzten sie sich zusammen, um die Kontrolle über ihre Welt zurückzugewinnen und den Äther, über welchen die Enwe herrscht, zurückzugewinnen. So schuf sich Manhêl[10] eine Sense, mit den er den Äther vom lebenden Wesen trennen kann und ein Netz, mit dem er ihn fängt. Raiva beschloss, so viele Dinge der Enwe zu töten, wie nur möglich, um die Macht zurückzuholen und Phrenesis[11] beschloss sogar, alles zu töten, um neu beginnen zu können. Vecor hingehen fand, dass man das, was man geschaffen hatte, auch retten und beherrschen könnte und so kam es wieder zu Streit unter den Göttern. Obwohl man eine gemeinsame Waffe schaffen wollte, gingen Astak[12], Seheiah[13] und selbst Kraa[14] eigene Wege und schufen sich Diener. Die Zwerge, die Elfen, die Goblins. Und es dauerte, bis die restlichen Götter ihre Waffe fertig gestellt hatten und einsetzen wollten und sie wäre prächtig und mächtig gewesen, wäre es nicht zum Verrat unter ihnen gekommen. Menthir, der Gott der Intrige, welcher in der Schöpfung des Menschen, welcher diese Waffe sein sollte, übergangen wurde, strafte mit seinem Rest des schöpferischen Äthers alle Wesen, welche von den Göttern geschaffen wurden und belegte sie damit, dass sie alles Wissen, was die Götter ihnen gaben, bei ihrer Geburt vergaßen. Und das war die Zeit, dass neue Kriege begannen und die Welt so wurde, wie wir sie jetzt kennen. Doch noch heute kämpfen die Götter und die Enwe um den Äther, obgleich sie ihre Schöpferkraft verloren haben. Nichts großes wie Drachen, Gebirge oder Meere können sie mehr erschaffen, wohl aber noch kleines, wenn sie genügend Äther gesammelt haben. Und so kommt es, dass die Götter, um ihre alte Macht und ihr Leben kämpfen und niemand ihr Angesicht sehen kann, die Enwe einen eigenen Geist bekam und wir Wesen nicht wissen, wem wir zugehören, außer den Wirren, dem Kriege und eines Tages dem Tode[15]."

In der Sprachform, die bei weitem nicht so schwer und träge wirkte, brauchte das Wesen namens Erde scheinbar nicht so viel Kraft, um zu sprechen und es atmete viel leichter, nicht mehr so, als müsse es alle Gebirge dieser Welt wie einen Brustkorb anheben, weshalb das Wesen gleich weitersprach.
"Das Leben war schon immer Gewalt und Krieg, es ist es jeden Tag. Von der kleinsten Spitzmaus bis zum größten aller Drachen, den man Huángdì[16] nennt. Und wahrscheinlich wird es das auch immer sein. Die Zukunft wird nichts anderes hervorbringen, fürchte ich." Und dann schlichen sie in die letzten Worte doch Funken der Hoffnung zwischen die Melancholie.
"Aber ich sehne mich danach, noch diesem Ort des Friedens. Dieser Garten ist ein solcher Ort, aber es kann auch andere Orte geben, wenn die darauf lebenden Wesen es nur so wollen. Sowas interessiert mich und ich habe hier, in meinen Hallen, den Geruch des Friedens in der Nase gehabt. Das mag der Wunsch nach Frieden für die eigene Person sein, aber diese vielen Wünsche nach Frieden haben mich angelockt. Könnt ihr kleinen Frieden bewahren?"
Die kristallklare Stimme versiegte nach dieser hoffnungsvollen Frage und das schwere Atmen der gesamten Erde kam wieder zum Vorschein und mit ihr versiegte das Gefühl, pure Macht zu spüren, nur die große, ehrfurchtsgebietende Erde war noch da.
 1. Götter
 2. Vecor
 3. Hrâun
 4. Drakthar
 5. Thalafar
 6. Tavrion
 7. Marnarn
 8. Raiva
 9. Äther als Quintessenz - Also als Schöpfungsmaterial letztendlich
 10. Manhêl
 11. Phrenesis
 12. Astak Miyasad
 13. Seheiah
 14. Kraa
 15. Variation der Schöpfungsgeschichte nach Ganetar.
 16. bedeutet soviel wie Emperor, also Imperator, also Kaiser.
« Letzte Änderung: 03.03.2011, 13:49:28 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Lu Chieng

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Das liederliche Spiel
« Antwort #178 am: 04.03.2011, 16:31:51 »
Umständlich erhob sich Lu Chieng, wer ihm direkt in die Augen schaute mochte leichte Anzeichen von Schmerz darin entdecken. Ein zuckender Schmerz tobte hinter seiner Stirn. Mit kleinen Schritten ging er Richtung Waschraum um seine Stirn etwas zu kühlen.

Der erste Tag hinter Mauern war Lu Chieng noch nicht so lang vorgekommen, inzwischen fühlte er sich eingesperrt, die Mauern schienen immer näher zu rücken und ihn erdrücken zu wollen. Jeder mit dem er sprach bediente sich einer kryptischen Sprache, dabei ging es um sein Leben und nicht einen Regierungsdiskurs zu den Aussaaten im nächsten Frühjahr. Inzwischen war er kurz davor zu schreien, wenn er wieder ein Rätsel anstatt einer Antwort bekam.

Schwer atmend stand Lu Chieng mit tropfenden Gesicht über eine Wanne gebeugt.
"Furchtlosigkeit ist die Tugend der Narren. Sie entsteht nicht aus Mut, sondern aus mangelnder Vorstellungskraft. Der Weise fürchtet sich und lässt sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen. Er wird nur vorsichtig."

Mako Jinsei

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Das liederliche Spiel
« Antwort #179 am: 04.03.2011, 22:21:40 »
Mako hörte der Erde aufmerksam zu. Als sie zu singen begann stimmte er nach der ersten Strophe mit seiner Yueqin ein. Er wählte eine tiefe Oktave, die die Stimme der Erde unterstrich und verstärkte. Als sie fertig war zu singen spielte er etwas leiser eine weitere Strophe und begann dann zu improvisieren. Er spielte tiefe, langsame Akkorde, die in ihrer Melodik zum Schöpfungsmythos passten, der von der Erde vorgetragen wurde.
Er spielte nicht um des Spielens willen, sondern hauptsächlich, damit seine Hände etwas zu tun hatten. Es ließ sich aber nicht abstreiten, dass die Stimme der Erde etwas ungemein inspirierendes in sich hatte.

"Weshalb wünscht Ihr, dass wir von Bedeutung sind?", fragte Mako, ohne zu spielen aufzuhören.
"Sind wir etwa noch nicht bedeutungsvoll genug? Wir werden des Kaisermordes angeklagt. Oder wünscht Ihr, dass wir über dieses Intrigenspiel hinaus noch mehr Bedeutung erlangen?"
"An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter." -Konfuzius

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