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Autor Thema: Casus Belli  (Gelesen 82048 mal)

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Conrad Rosenstock

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Casus Belli
« Antwort #45 am: 04.05.2011, 18:00:19 »
"Die beiden Schiffe sind offenbar dänisch, die die Brigg angegriffen haben. Das Panzerschiff heißt Rolf Krake. Und ich werde sogleich Rettungsversuche starten.", sagt Conrad zu Carl. Danach nimmt er sich ein Tau und versucht Leute an Board zu ziehen. Allerdings führt ein kurzes Schaukeln des Schiffs dazu, dass Conrad nicht richtig am Tau ziehen kann und er deshalb niemanden nach oben verhelfen kann. Conrad hat dabei Glück, dass er nicht von Board fällt.
« Letzte Änderung: 04.05.2011, 18:04:48 von Conrad Rosenstock »

Menthir

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Casus Belli
« Antwort #46 am: 06.05.2011, 17:30:10 »
6. Dezember 1863 - Am Vorabend des Krieges - 00:08:30 Uhr - Vor dem Altenstift

Schwester Hermene näherte sich langsam dem Treffpunkt der Burschenschaft, den eisigkalten und trommelnden Regen ignorierend. In der Entfernung glaubte sie wieder einen Schuss zu hören, das Donnern war betäubend. Mühsam konzentrierte sie sich auf ihre Sinne, doch die Kälte und das unbarmherzige Wetter machten der Nonne zu schaffen. Sie hörte nicht eine Bewegung. In der Nähe trommelte der Regen auf das Blechdach eines Lagerhauses und machte jeden Versuch, Geräusche im Haus zu hören, zunichte. Was würde die Schwester wohl im Inneren erwarten? Plötzlich erloschen die Lichter in der studentischen Kate, das Haus tauchte zurück in die Dunkelheit. Nur schwach schien das Licht einer in der Nähe stehenden Laterne in das Haus[1]. Sie sah, dass sie alleine war. Keine Menschenseele war bei diesem Wetter in Sicht- oder Hörweite.

6. Dezember 1863 - Am Vorabend des Krieges - 00:17 Uhr - Auf der Helka

Conrads Worte waren alarmierend, die Studenten horchten auf und blickten auf die sich entfernenden Schiffe. Karl sah derweil, dass die anderen Kutter aufgrund des ungünstigen Windes kaum die Chance hatten, sich aus dem Hafen zu befreien, immer wieder wurden sie zurück an die Piere getrieben. Und die Kutter hatten höchstwahrscheinlich keinen Hilfsmotor, um sich auf diese Weise freizukämpfen. Vorrichtungen für Ruder gab es auch nicht. Die Studenten würden sich bemühen müssen, allein möglichst viele Menschen zu retten.

Es war Georg Brockmann, ein etwas älterer Student der Theologie, der ein Holzkreuz mit der rechten Hand umklammert hielt und seine dünne, linke Hand gen Horizont reckte. "Das Panzerschiff wendet! Herr, bewahre uns!" Die Helka musste sich aus dem Schutz der Kieler Geschosse begeben, um überhaupt eine Chance auf die Rettung der Schiffsbrüchigen zu haben und da die anderen Schiffe nicht auslaufen konnten, wagte das Panzerschiff eine erneute Kehrt. Wollte es etwa den Kutter auch versenken?

Derweil begannen die Studenten mit dem Retten der Schiffsbrüchigen. Nur schleppend kamen sie vor, bis Karl mit seinem unbändigen Einsatz, und dank der Hilfe der gut arbeitenden, neuen Schiffscrew bestehend aus Heizer und Steuermann, die Studenten dazu antrieb, alles zu geben und so bedurfte es gar keiner weiteren Worte mehr durch Carl von Lütjenburg. Die Studenten übernahmen jetzt immer mehr eigene Initiative und begannen mit dem Retten und Bergen, sodass nach zwei Minuten schon die ersten Schiffsbrüchigen die Taue hochkraxelten oder hochgezogen werden konnten. Die restliche Anweisungen gab jetzt der stumpfsinnige Paul, dessen Stimme bellend genug war, um durch den harten Wind zu schneiden. Ruckzuck waren die ersten sechs Männer gerettet. Ein kleiner, blondhaariger Mann, dem eine Scherbe über dem Auge steckte, und dessen Gesicht so aussah, als sei eine Brille, die er besessen hatte, darauf zerschellt, bemühte seine wenigen deutschen Wörter, die er beherrschte. "Sind noch mindestens siebzig in Wasser und Schiff.", brachte er stammelnd hervor und erbrach Salzwasser über die Reling.

Alfred konnte deutlich sehen, dass sein Bruder noch nicht unter den Geretteten war und er sah ihn auch nicht unter den zwanzig Menschen, die noch im Wasser trieben und um Hilfe riefen. War er noch auf dem Schiff, lebte er noch? Pauls Bellen wurde von einem Kanonenschlag übertönt. Knapp hinter dem Kutter spritzte Wasser auf. Das Panzerschiff eröffnete das Feuer! Würde der Kutter sich in den Schutz der Kieler Geschosse zurückziehen oder weiter Retten? Ihr Leben stand auf dem Spiel.
 1. Dim Light
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Conrad Rosenstock

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Casus Belli
« Antwort #47 am: 06.05.2011, 18:21:13 »
"Wenn unser Kutter auch noch abgeschossen wird, war jede Rettung umsonst und wir können uns überhaupt nicht sicher sein, dass dieser Schuss eine bloße Einschüchterung war. Beim nächsten Mal macht das Panzerschiffe vielleicht ernst. Wir sollten uns in der Schutz der Kieler Geschosse zurückziehen, alles andere wäre zu waghalsig oder was meinst du Carl?" Dabei schaute Conrad Carl von Lütjenburg mit einem festen Blick an und rief gegen das Unwetter mit seiner Stimme an. Viel würde nun an Carl liegen und er hatte eine wichtige Entscheidung zu treffen.

« Letzte Änderung: 06.05.2011, 18:33:27 von Conrad Rosenstock »

Karl Schreiber

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Casus Belli
« Antwort #48 am: 06.05.2011, 21:27:42 »
Karl überließ es seinen Komilitonen sich weiter um die Rettung der Schiffbrüchigen zu kümmern und kämpfte sich zum Ruder, wo Carl stand, vor. "Angeblich sind noch 70 im Wasser, wir sollten versuchen wenigstens noch ein paar rauszuziehen. Schaffst du das noch oder müssen wir zurück?" Als das Panzerschiff das Feuer eröffnete zog er unwillkürlich den Kopf ein. "Düvel ook![1] Dat war knapp." Plötzlich durchzuckte eine Idee seinen Kopf. "Wenn wir hier draußen bleiben wollen sollten wir versuchen die Stellen anzulaufen, an denen die Schüsse einschlagen. Ich vermute daß die Besatzung korrigieren wird, wenn sie vorbei schießt, daher sollten wir dort wo sie eben hingeschossen haben am sichersten sein!"
 1. Teufel auch!

Conrad Rosenstock

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Casus Belli
« Antwort #49 am: 08.05.2011, 22:14:12 »
"Diese Taktik werden sie bald durchschauen und vielleicht entfernt uns das ganze sowieso von den Schiffbrüchigen. Wir sollten uns auf jeden Fall gut überlegen, was wir als nächstes tun angesichts solch einer Gefahr." Obwohl es eine hektische Situation ist, versucht Conrad die Ruhe zu bewahren bei seinem Ruf. Er ist von der Rationalität seiner Worte überzeugt. Doch er würde sich nicht trauen einem kühnen Befehl von Carl zu widersprechen, auch wenn dann vielleicht bloß Glück zwischen Leben und Tod der Leute auf dem Kutter entscheiden würde.
« Letzte Änderung: 08.05.2011, 22:15:02 von Conrad Rosenstock »

Carl von Lütjenburg

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Casus Belli
« Antwort #50 am: 09.05.2011, 10:44:01 »
Dass das Panzerschiff nun auf sie feuerte überraschte Carl doch sehr, allerdings verursachte diese unerwartete Entwicklung keine Furcht in dem Pionier. Er war fest davon überzeugt, dass man sie bloß verscheuchen wollen würde. Ein fremdes Schiff vor dem Kieler Hafen zu versenken war schon eine gehörige Provokation durch die Dänen, aber einen deutschen Kutter zu versenken, dass würden sie nicht wagen. Und bei allem was ihm heilig war, Carl Heinrich würde es niemals übers Herz bringen können so schnell den Rückzug zu suchen, nicht vor den Dänen und nicht in seiner Heimat.

"Das war nur ein Warnschuss. Sie werden sich nicht trauen uns zu versenken, wir sind ein deutsches Schiff, dass Ertrinkende rettet. Solche Schiffe versenkt man nicht, nicht mal ein Däne!" Carl schien keine Zweifel an seiner Einschätzung zu haben blickte aber zu seinen Kommilitonen und lächelte Verwegen "Dennoch werden wir häufiger die Position wechseln und etwas mehr Fahrt aufnehmen. Und darüber hinaus löschen wir alle Lichter auf dem Schiff. Was man nicht sieht kann man nicht erschießen."

Alfred Nobel

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Casus Belli
« Antwort #51 am: 10.05.2011, 22:06:53 »
"Himmel!", rief Alfred entsetzt, als der Kutter plötzlich beim nahen Einbruch des Geschosses schwankte. Eilig versuchte er, sich irgendwo festzuhalten und ergriff glücklich die stählerne Reling, ehe seine russischen Stiefel den Halt auf dem ohnehin gefährlich glatten Deck verloren. "Das darf nicht wahr sein! Die Dänen schießen auf uns - auf ein Rettungsboot!," rast Alfred durch den Kopf, während er mit weit aufgerissenen Augen ungläubig in die Dunkelheit der See starrte. Furchtsam schien der Schwede darauf zu hoffen, dass das unheilbringende Blitzen in der Ferne nicht wieder auftauchte.

Die schwarzbraunen Stränen Alfreds hingen ihm klatschnass in der Stirn, und mühevoll versuchte er, sich auf dem Deck vorwärts zu Carl und den anderen zu kämpfen. Immer wieder huschte sein Blick von den bereits Geretteten, über die Schiffe in der Ferne zu den im Meer schwimmenden dunklen Objekten, welche Schutt, Kisten - und Menschen sein mussten. Mittlerweile stand er nahe genug am Steuer, dass Carl ihn hören konnte.

"WIR DÜRFEN NICHT ABZIEHEN!" schrie Alfred durch den Wind, "Die Dänen provozieren! Wir sind ein Rettungsboot, kein Militärsschiff - wir dürfen nicht abziehen!"

In der Hoffnung, dass Carl ihn gehört und vor allem verstanden hatte, wartete er nicht auf eine Reaktion des Studenten. Sollte Carl entscheiden, dass sie kehrt machten, musste Alfred jede Sekunde nutzen. Tief holte der Schwede Luft und beugte sich über die Reling. "EMIL!", schrie Alfred in die Dunkelheit, während in seinem Verstand bittere Gedanken von Wahrscheinlichkeiten und Zufallsspielen umherkrochen. Wie gut waren die Chancen, dass sein Bruder ihn hören könnte, bei all dem Lärm? "EMIL!", schrie Alfred erneut aus voller Inbrust, bevor seine Stimme stockte und er kläglich husten musste. Nein, dem Unternehmer stand nicht der Sinn nach Aufgeben. Lauschend starrte er in die Nacht, bevor er zu seinem nächsten Ruf überging.
But I have learned to study Nature’s book
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 - A Riddle, 1851

Schwester Hermene

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Casus Belli
« Antwort #52 am: 10.05.2011, 22:08:09 »
Hermene erkannte, dass wahrlich etwas Unangenehmes in dem Haus vorgehen könnte. Allerdings wusste sie nicht, ob überhaupt noch diese selbst ernannten Unschuldigen sich darin aufhielten. Es war ein riskantes Spiel, das musste sie sich vor Augen halten. Dennoch, es war eine einmalige Chance, und sie durfte sie nicht verstreichen lassen.

Sie landete knapp neben dem Eingang und lauschte erneut. Sie war auf alles gefasst. Zumindest glaubte sie, eine günstige Ausgangsposition zu haben. Sie war unsichtbar und im Bedarfsfall konnte sie einfach davonfliegen. Sie lauschte erneut angestrengt und versuchte außerdem, etwas durch die Fenster erkennen zu können.

Karl Schreiber

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Casus Belli
« Antwort #53 am: 11.05.2011, 08:05:58 »
Karl nickt kurz zum Zeichen daß er verstanden hat und kämpft sich dann wieder zu seinen Komilitonen. "Ihr habt Carl gehört, löscht die Lichter. Wir bleiben noch ein bißchen hier und nehmen weiter Leute an Bord!" Anschließend tritt er wieder an die Reling und hilft weiter die Schiffbrüchigen an Bord zu ziehen.

Menthir

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Casus Belli
« Antwort #54 am: 12.05.2011, 17:25:49 »
6. Dezember 1863 - Am Vorabend des Krieges - 00:08:36 Uhr - Vor dem Altenstift

Wiederum durchdrang das Gehör der Nonne den auf Blech schmetternden Regen nicht, wahrscheinlich würde man bei diesem Lärm sogar kaum die Schritte einer Person im Inneren hören, weshalb sich die Nonne auf ihre Augen verlassen musste und diese enttäuschten sie, sollte tatsächlich eine Person in der Kate sein. Aber es schien so, schließlich war die Flagge der Burschenschaft Teutonia von der Wand gerissen und die Kaminöffnung der Hexe war geöffnet. Hermene glaubte, dass die Studenten sie nicht geöffnet hatten und warum sollten sie diese öffnen, wenn sie das Haus verließen? Jemand musste in diesem Gebäude sein. Und doch hatte der Raum nur zwei Räume und in beiden hatte Hermene nichts gesehen.
Aber ihre Nase täuschte sie nicht, es roch befremdlich. Sie konnte es trotz des Regens riechen, stark und unmittelbar, auch wenn sie nichts sah. Es roch süßlich und brannte ein wenig in die Nase, kam ihr fast ein wenig ätzend vor[1]. Sie hatten das Gefühl, als würde ihr etwas schwindelig werden...[2]

6. Dezember 1863 - Am Vorabend des Krieges - 00:21 Uhr - Auf der Helka

Die Studenten mühten sich gegen das Wetter, gegen die Widrigkeiten und gegen jene, welche nun als Dänen deklariert wurden. Und nun mussten die Studenten mit noch mehr Widrigkeiten kämpfen, aber jene, welche Dänen sein mochten, auch. Es wurden alle Lichter gelöscht, was das Retten der im Meer Treibenden trotz der brennenden Sonnenblume nicht erleichterte, doch dafür war die Helka auch nicht so ein leichtes Ziel.
Mit vereinten Kräften bemühten sich die Studenten möglichst viele Menschen zu retten und jetzt ging es auch voran, während das Panzerschiff sich nach zwei weiteren Schüssen in das Schwarze wieder zurückzuziehen begann.

Alfred brüllte gegen den Wind an, doch er bekam keine Antwort. Die brachte erst der vor einigem Minuten gerettete Mann mit dem verwundeten Auge, welcher ebenfalls half. Im Hintergrund kämpfte sich der erste Kutter durch die starke Brandung und machte sich auf ebenfalls zu retten. "Emil Nobel?", fragte er kurz und hielt kurz mit dem Ziehen eines Taus inne. "Emil Nobel still auf the Schiff.", erklärte der blondhaarige Mann mit einer Mischung aus deutscher und englischer Sprache und stark schottischem Akzent. "Wollte important package bergen!" Dann zog er fest das Tau und half weiter.

Alsbald hatte man die zwanzig im Wasser Treibenden gerettet oder geborgen, acht von ihnen konnten helfen, sieben von ihnen waren so durchgefroren oder durch die Einschläge der Kanonenkugeln oder die umherfliegenden Splitter verletzt und mussten versorgt werden, während fünf Männer bereits erfroren oder durch ihre schweren Verletzungen gestorben waren. Das Panzerschiff zog derweil ab, während der zweite Kutter sich dem Schiff von der anderen Seite näherte und die Treibenden einzusammeln begann, die auf der Seite des Schiffes und so außerhalb des Blickfeldes der Helka lagen. Ihre Rufe tönten schwach durch den Wind, auch von ihnen waren bereits Männer gestorben. Ihre Rettungsaktion war langsam ein Erfolg und jene, welche Dänen sein mochten, waren langsam außerhalb der maximalen Reichweite der Kanonen. Nur Emil, der war nicht in Reichweite, der war auf dem brennenden und sinkenden Schiff, welches die Förde erhellte und suchte scheinbar noch irgendetwas...
 1. Zähigkeitswurf SG 15
 2. Weiter im Kampfthread für Hermene
« Letzte Änderung: 12.05.2011, 17:27:03 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Alfred Nobel

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Casus Belli
« Antwort #55 am: 12.05.2011, 20:55:29 »
"What is that supposed to mean, important package!?," rief Alfred entrüstet, und griff wegen mangelnder Alternativen ebenfalls zum Seil. Dass er flüssig ins englische gewechselt war, fiel ihm gar nicht auf.

"There's nothing but tons of glycerine and acids on that ship, how is that worth rescuing? He's going to get himself killed!"

Fieberhaft dachte Alfred Nobel nach. Wenn Emil tatsächlich noch auf diesem brennenden Wrack sein sollte, dann war der Lagerraum der gefährlichste Ort, an welchem er sich aufhalten konnte. Das Glycerin würde beim zusammenbrechenden Schiff gefahrlos ins Meer fließen, sollten die Kanister aufbrechen. Die Schwefelsäure[1], welche Alfred aus Großbritannien hatte liefern lassen, war zwar in dicke Quarzglasbehälter verschlossen, aber bruchsicher waren diese natürlich nicht, auch wenn die Engländer die Flaschen einzeln in hölzerne Kisten verpackten. Und der Salpeter[2]...

Erschrocken fuhr der Schwede zusammen und ließ bei dem Gedanken unweigerlich das Seil los. Der Schotte wurde durch den Zug unsanft nach vorne geschoben, und konnte nur noch ein kurzes "bloody-!" von sich geben, ehe er sich wieder fing. Alfred erinnerte sich an die Gefahreneigenschaft von Salpeter.

Brandfördernd.

Fing der Lagerraum Feuer, so konnte die Fracht der Solros jeden Moment ein Inferno auslösen. Hilflos stand Alfred regungslos an Deck des Kutters. Der erschöpfte Blick des Schweden war auf die Brigg gerichtet, als ob jeden Moment das vernichtende Ende des Frachters bevorstünde, ob jedes Blinzeln den Augenblick verpassen lassen könnte. Welche Aussichten blieben ihm noch? Er konnte nur noch hoffen, dass Emil es ins Wasser geschafft hatte, vielleicht hatte ihn der Kutter auf der Gegenseite schon eingeholt. Doch wenn Alfred an die Besatzung der Brigg dachte, die bereits ihr Leben verloren hatte, fühlt er den eiskalten Schmerz in der Brust - schließlich konnte dies auch schon das Schicksal seines Bruders gewesen sein.

Die Beine des Schweden wurden weich und er rutschte wieder um ein Haar von Deck. Erneut klammerte er sich mit krampfenden Händen an die Reling, und starrte kreidebleich in die Flammen der Sonnenblume.
 1. Historischer Überblick über Schwefelsäure in der Industrie
 2. Chilesalpeter (Natriumnitrat)
« Letzte Änderung: 13.05.2011, 00:19:52 von Alfred Nobel »
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Menthir

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Casus Belli
« Antwort #56 am: 16.05.2011, 18:36:47 »
6. Dezember 1863 - Am Vorabend des Krieges - 00:24 Uhr - Auf der Helka

"I pity you!", sagte der Schotte schwerfällig und voll des Mitleids und mühte sich weiter. Klopfte Alfred nur kurz auf die Schulter. Die zweite Person, die im Laufe der Ereignisse nichts mehr zu sagen vermochte und sich in anderweitige Arbeit stürzte, um keinen dunklen Gedanken und der eigenen Hilflosigkeit nachzuhängen. Jetzt, da alle Schiffsbrüchigen, die trieben, aus dem Wasser geholt wurden, konnte auch der Schotte sich um die Versorgung der Verletzten kümmern und seine eigene, nicht ungefährliche Verletzung am Auge behandeln lassen. Er blickte nicht einmal mehr zu Alfred, als fiele es ihm nichts schwerer, denn den vom möglichen Verlust seines betroffenen Mannes anzuschauen.

"Wir sollten das Beiboot nehmen und helfen! Vielleicht sind noch welche am Leben, auch wenn Gefahren wie Säure auf dem Schiff lauern.", sagte Paul, der die umstehenden Studenten damit verblüffte, dass er scheinbar der angelsächsischen Sprache mächtig war. Kaum einer hätte ihm das zugetraut, und auch nicht diesen Wagemut, den er jetzt auf einmal an den Tag legte. Paul war trotz seiner immensen Ausmaße eher als zurückhaltender Genosse bekannt gewesen. Aber vielleicht hat der Ausflug mit dem Kutter in Kanonenfeuer und Sturm seine Hemmungen zerschossen und verwüstet, sodass er sich jetzt das nächste wahnwitzige Abenteuer traute. Zwei weitere Studenten meldeten sich. Moritz Brumme und Hans-Georg Remminger, zwei noch junge, etwas untersetzte Studenten der Theologie, die sich fast immer in Paul Dunstkreis befanden, fanden wir ihr riesiges Vorbild auch den Mut sich für diese waghalsige Mission zu melden. In der Tat war ein kleines Ruderboot auf dem Kutter befestigt, aber es war augenscheinlich, dass auch nur das Hinablassen des Bootes bei der aufgepeitschten See ein wahnsinniges Unterfangen war, welches allzu leicht mit dem Leben bezahlt werden konnte.

Doch zu dieser Überlegung kam es nicht mehr. Ein greller Lichtblitz erhellte die Förde und ließ die Nacht für wenige Sekunden zum Tag werden. Ohrenbetäubender Lärm erschallte und Studenten warfen sich auf die Planken des Schiffes, während die Helka von der Druckwelle der Explosion heftig durchgeschaukelt wurde. Trümmer der explodierten Brigg regneten auf die beiden Rettungskutter ein, manche Teile davon brannten sogar noch leicht.

Der andere Kutter wurde schwerer von den Trümmerteilen getroffen, doch von der Helka aus konnte man nicht sagen, ob es dort Verletzte gab. Auf der Helka überstanden alle den Trümmerregen, während auf der Brigg jene letzten Personen an Bord wahrscheinlich...

Und doch! Alfred konnte in den brennenden Überresten noch treibende Menschen entdecken und auch alle anderen konnte es sehen. Vier Männer trieben auf einer Art übergroßen Planke zwischen den brennenden Trümmern und riefen um ihr Leben, versuchten trotz des Sturmes ihren Lebensanker in die Richtung der Helka zu bewegen. Zwischen dem Fackelmeer auf dem Wasser brennender Wrackteile und einer auf dem Wasser liegenden Lache, welche ebenfalls lichterloh brannte, versuchten sie sich durch den Sturm zu retten. Man erkannte ihm fahlen Lichtschein, dass noch zwei weitere, bewusstlose Personen auf der Planke lagen, festgehalten und mitgeschleppt wurden. Aber der Sturm war unbarmherzig. Wenn die Helka sich nicht in dieses Flammenmeer wagte, so erkannte Alfred, würden die Überlebenden direkt in die brennende Lache treiben. Es ging um Sekunden.
« Letzte Änderung: 16.05.2011, 18:39:25 von Menthir »
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Karl Schreiber

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Casus Belli
« Antwort #57 am: 17.05.2011, 08:03:49 »
"Düvel ook!" Karl fluchte zum zweiten Mal an diesem Abend, als er hinter der Reling vor der Explosion in Deckung ging. Nur gut daß Mutter mich nicht hört. Sonst würde es was setzen... Nachdem er sich vergewissert hatte daß von den brennenden Wrackteilen keine Gefahr für die Helka und ihre Besatzung ausging, blickte er wieder zur Brigg rüber und entdeckte die um ihr Leben kämpfenden Männer. Sofort kämpfte er sich durch Wind und Wetter wieder zurück zum Ruderhaus.
"Ein paar haben die Explosion überlebt." erklärte er überflüssiger Weise, da Carl es vermutlich selber schon gesehen hatte. "Traust du dir das zu da reinzusteuern damit wir sie aufnehmen können?"

Carl von Lütjenburg

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Casus Belli
« Antwort #58 am: 18.05.2011, 17:04:17 »
Bei der Explosion blieb Carl ungerührt in der kleinen Kajüt stehen und spähte angestrengt auf die See hinaus, während er die von der Druckwelle erfasste Helka wieder auf Kurs brachte.

Karl Schreiber rief ihm zu, dass es noch Überlebende gab, als er sie selbst gerade ausgemacht hatte und gerade Kurs setzen wollte.

"Ob ich mir das zutraue?" er grinst Karl wagemutig an und ein gewisses Funkeln lag in seinem Blick "Mensch, Karl! HA! Wir haben es bishier hin geschafft und da kommen dir noch Zweifel?" Carl Heinrich fasste sich wieder etwas und sprach ernster "Wir können gar nicht anders. Wir bleiben solange hier bis wir niemandem mehr helfen können. Zu helfen ist unsere Pflicht."

Carl setzte Kurs auf die Überlebenden.[1]
 1. Profession (Engineer): 24

Alfred Nobel

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Casus Belli
« Antwort #59 am: 20.05.2011, 13:23:34 »
Mit ungläubigem Blick starrte Alfred auf die Trümmer in der See, doch während sein Verstand nur still zu stehen schien, rief sein Körper ihn zur Eile. Mit hastigen Bewegungen wich der Schwede Tauen, Verletzten und Studenten an Deck aus, um so schnell wie möglich zur Dampfmaschine zu gelangen. Es gab Überlende. Emil war vielleicht unter Ihnen. Sie mussten sich beeilen.

So gut es ihm auf dem stürmischen Deck gelang stürzte Alfred in den Maschinenraum. Die Explosion hatte er zwar erwartet, trotzdem war er geblendet und erschüttert von ihrer Wucht. Dass es Überlebende gegeben hatte, hätte er sich nicht ausmalen können. Voller Hoffnung stolperte der Schwede unter Deck und musste sich an den Wänden festhalten, um nicht gegen die Maschine zu prallen. Eilig schloss er die offenen Dampfventile, damit das Rad wieder anschwang. Da die Kohlen bereits heiß waren, durfte es nicht lange dauern, bis die Maschine wieder lief.[1]

"MEHR KOHLEN! Heißer, wir brauchen mehr Kohlen!," rief er durch die Luke ins Kohlelager.
 1. Knowledge (Engineering): 24
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 - A Riddle, 1851

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