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Autor Thema: [IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen  (Gelesen 13787 mal)

Beschreibung: Ein Abstecher in die Helle Wüste

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Hand of Fate

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« am: 13.05.2012, 21:18:13 »
Von Magiern und Pfauen -- Lexi Leshanna

Es war Mittag. In der bescheidenen Bibliothek des Eratistempels herrschte Totenstille, die von nichts gestört wurde außer dem gelegentlichen Rascheln, wenn Lexi umblätterte oder in den Pergamenten auf dem überladenen Tisch vor ihr herumwühlte. Da Lexi aber schon seit geraumer Zeit die gleiche Seite anstarrte, hätte sie taub sein können. Vielleicht war sie es? Rasch blätterte sie vor und zurück, nur um sich zu vergewissern, dass sie noch etwas hörte. Noch etwas fühlte. Sie hätte doch mit Ramar zusammen nach Winterhafen reisen sollen! Aber sie hatte das Geplapper der drei Neuen nicht ertragen können, hatte sich nichts sehnlicher gewünscht, als dass alle endlich abzogen und sie mal wieder Luft schöpfen könne. Nun saß sie in der herbeigesehnten Stille, die lauter war als jedes Geplapper, denn sie beschwor Gedanken und Erinnerungen herauf, die einfach nicht zu ertragen waren--

Konzentriere dich endlich, schalt sie sich. Sonst kehren die anderen zurück und du hast noch nichts herausgefunden! Das hier sieht doch vielversprechend aus...

Ausgerechnet Jared kehrte als erster zurück. Obwohl Lexi sich gerade noch nach dem Klang einer Stimme gesehnt hatte, wurde Jareds wasserfallartige Rede ihr schnell zu viel. Er hatte eine hanebücherne Geschichte zu erzählen,warum er Lexi die geliehenen zweihundert Goldstücke noch nicht zurückzahlen könne. Zwar habe er von seinem Auftraggeber fünfhundert Gold erhalten, sei dann aber auf der Rückreise einem nächtlichen Dieb zum Opfer gefallen, welcher ihm im Schlaf den Beutel vom Gürtel geschnitten habe. [/b] Lexis Gedanken glitten ab.

"Was hat denn Euer Kontakt in Winterhafen zu dem Schreiben gesagt?" fragte sie, als Jared Luft holte. Diesmal lauschte sie Jareds Worten, die mehr oder weniger bestätigten, was sie selbst herausgefunden hatte.

"Und was habt Ihr derweil herausgefunden?" fragte Jared.

"Später", sagte Lexi. "Wenn die anderen da sind." Ihr fehlte die Kraft und die Geduld, alles zwei- oder gar dreimal erzählen, egal wie ungeduldig Jared auf seinem Stuhl hin- und herwippte.

Nebin traf als nächster ein. Er stellte keine Fragen und erzählte auch nichts von seiner Reise. "Lasst uns essen gehen", sagte er. "Es ist schon vier Uhr vorbei." Während der Halbling das Essen in sich hineinstopfte, erzählte Jared seine ganze Geschichte noch einmal. Nebin schien kaum zuzuhören.

Ramar dagegen, als er mit Leofe zusammen eintraf und Jareds Geschichte ein drittes Mal, mit diversen Ausschmückungen, erzählt wurde, fragte den Händler: "Und warum hat der Dieb nur das Gold, aber nicht Eure Ausrüstung gestohlen? Und wie hat er Euch gefunden, wenn Ihr Euch so geschickt versteckt hattet? Das klingt nicht glaubhaft. Es sei denn, der Dieb ist Euch von Winterhafen gefolgt und wurde von Bairwin selbst geschickt, um das erpresste Gold -- wollte sagen, Eure 'Belohnung' -- zurückzuholen."

"Nein, meint Ihr?" rief Jared empört. "Und dabei hatte Bairwin einen solch ehrlichen Eindruck auf mich gemacht!"

Lexi räusperte sich. "Zur Sache, bitte!"

"Ich seid zwar bis nach Winterhafen und zurück gereist, aber auch ich habe eine ganz schöne Lauferei hinter mir. Ich musste die Informationen vom Mondsang Tempel, dem Eratistempel, dem Haus der Sonne und dem Turm des sogenannten Septarchen zusammen tragen. Und in der Mondsteinfeste lagerten auch noch Bücher die aus den besseren Zeiten der Stadt hinübergerettet wurden. Gut das ich das Empfehlungsschreiben hatte, sonst wäre es vielleicht schwierig geworden.

Also, diese Emrett scheint mit vollem Namen Emrett Mazrid zu heißen und vor mindestens 10 Jahren an der Universität von Amundfort die arkanen Künste studiert zu haben. Ich habe einige wenige akademische Aufsätze von ihr gefunden, alle ziemlich solide Grundlagenforschung, wenn auch nicht über die Maßen brilliant, und schon ein paar Jahre alt. Sie scheint sich schon länger aus dem akademischen Leben zurück gezogen zu haben. Auf Paldemar gab es an der Universität übrigens keine Hinweise, aber das ist vermutlich ohnehin nicht sein richtiger Name, und vielleicht hat ihn seine Liebschaft erst später getroffen."


Sie blickte in die Runde um zu sehen ob es Fragen gab, aber dem schien nicht so und so fuhr sie fort.

"Kommen wir zu den Pfauen. Vor vielen hundert Jahren wird in der Gegend um die Helle Wüste ein Orden des Goldenen Pfauen erwähnt. Er gründete sich um die übernatürlichen Phänomene die in der Nähe einer bestimmten Oase auftraten zu untersuchen, und hatte demnach auch dort seinen Sitz. Anscheinend lernten sie die Magie der Oase auch zu nutzen, denn zum Zeitpunkt der ersten Erwähnung in den Geschichtsbüchern existierte der Orden schon lange, und die Ordensleute konnten auf außergewöhnliche urmagische Ressourcen zurück greifen. Sie waren bereits dabei, sich als Machtfaktor in der Region zu etablieren."

"Sind das alles Magier in dem Orden?" fragte Jared.

"Waren, und nein", antwortete Lexi. "Alle möglichen Leute haben sich damals zusammengeschlossen, Druiden, Gelehrte und Magier als erste, später stießen aber andere hinzu, die hauptsächlich an Macht interessiert waren, und es wurden Truppen in Sold genommen."

"Also wie gesagt, die Macht des Ordens wuchs stetig über mehrere Jahrhunderte, dann folgte ein relativ schneller Zerfall der wahrscheinlich von innen ausging. Es ist nicht ganz klar wie das passierte, möglicherweise hielten die internen Kontrollmechnismen die sich die Ordnesleute auferlegt hatten der typisch menschlichen Machtgier nicht stand...

Nach dem Niedergang des Ordens gab es einige Gelehrte die sicher stellen wollten, dass zumindest das Wissen welches der Orden in seiner langen Existenz angehäuft hatte nicht ganz verloren ging. Diese Gelehrten bilden einen losen Verband, der sich die Bruderschaft des Pfauen nennt und bis heute existiert. Sie sind weit verstreut, aber zumindest einer, dessen Name Voor ist, scheint noch irgendwo am Nordrand der Hellen Wüste zu leben."


"Ein Überlebender?" unterbrach Jared erneut. "Oder ein Nachfahre?"

"Er ist ein Mensch", sagte Lexi. "Daher wohl eher letzteres. Es gibt einen Teleportkreis in der Stadt Fudschaira am Rande der Wüste, nicht weit von Voors Heimatort und ich habe schon das neue Ritual vorbereitet, das uns direkt dort hin bringen kann. Also, was ist: wer ist dabei?"

"Ich", sagte Nebin zwischen zwei Bissen.  Er war inzwischen beim Vesper angelangt.

Ramar schwieg. Er schien es für überflüssig zu halten, den Mund aufzumachen, um zu bestätigen, was selbstverständlich war.

Leofe schien unschlüssig. Oder hatte sie Angst? Lexi konnte es nicht so recht deuten. Jedenfalls wand die Elfe sich unter dem Blick der Eladrin.

"Gerwin hat mir einmal davon erzählt, wie er durch eine Wüste gereist ist..." Leofe schüttelte sich, offenbar vor Schaudern, aber dann richtete sie sich auf: "Ja, ich komme mit. Wir wissen nicht, wohin Paldemar sich zurückgezogen hat und was seine Pläne sind: vielleicht ist er noch immer eine Gefahr für das Tal. Diese Emrett zu stellen ist unsere einzige Hoffnung, mehr über seine Pläne zu erfahren."

Als letztes richtete Lexi ihren fragenden Blick auf Jared, der mit gerunzelter Stirn dasaß und nachdachte, was offenbar sehr anstrengend war. Jedenfalls wurde sein Kopf ganz rot dabei.

"Ich schulde Euch ja noch eine Summe von zweihundert Gold und unser Vertrag schloss deren Rückgabe ziemlich konkret ein... Ich sehe nicht, wie ich mich da herauswinden könnte, ohne meinen Ruf als ehrlicher Mann zu ruinieren..."

"Denkt an die neuen Handelsmöglichkeiten, die sich in einer solchen Gegend sicherlich finden lassen", versuchte Lexi ihm die Entscheidung zu erleichtern. So unerträglich sie in ihrem jetzigen Gemütszustand sein Geschwafel fand, eines musste sie ihm lassen: mit seinem Rapier konnte er umgehen.

"Ach, Möglichkeiten finde ich eigentlich immer, egal wohin ich reise. Also gut, ich bin dabei. Auf geht's!"

Und so traf man sich früh am nächsten Morgen zu einem hastigen Frühstück, auf dem Nebin beharrte, denn er könne unmöglich auf nüchternen Magen teleportieren, und begab sich dann in Lexis Zimmer, wo sie den Teleportkreis in Form von bläulich glühenden Runen auf den Boden gemalt hatte.

Als alle Aufstellung genommen hatten vollführte Lexi das kurze Ritual. Die Runen begannen auf dem Kreis zu wandern, wobei sich immer mehrere von ihnen gleichzeitig bewegten als wären sie auf eine unsichtbare Scheibe geschrieben die sich drehte. Sieben von ihnen, die gleichmäßig um den Kreis verteilt waren leuchteten am Schluss heller auf, während die anderen verblassten.

"Das ist die Runenkennung des Zielportals." erläuterte Lexi. "Folgt mir ohne zu zögern, das Portal wird nur ein paar Augenblicke offen sein."

Die Fläche innerhalb des Runenkreises begann zu flimmern, dann zuckten die Abenteurer zurück als sich kurz die Illusion einer mannshohen Wasserfontäne bildete, die zurück schwappte und das Kreisinnere als spiegelglatte Wasserfläche zeigte. Darin sah man verschwommen einen abgedunkelten Raum mit ein paar undeutlichen Gestalten am Rand. Lexi trat vor und verschwand.

"Das magische Gewebe das unsere Welt durchdringt ist wie das Adernetz auf der Rückseite eines Blattes." hatte ihr Lehrer Izumis Orloff immer gesagt. "Die Leylinien sind die Hauptadern, aber die Energie verteilt sich von ihnen aus in immer kleinere und kleinere Verästelungen, so dass auch der kleinste Winkel davon durchzogen ist."

Jetzt endlich, ein gutes halbes Jahrhundert später verstand Lexi vollständig was er meinte, denn Dank ihrer feinen magischen Sinne konnte sie spüren wie ihre eigene Essenz in winzige Fünkchen zerlegt wurde, welche die Verästelungen des Gewebes sofort aufsaugten, wie Haarwurzeln das Wasser. Das war etwas ganz anderes als die kleinen Ebenensprünge mit denen sie sich sonst ein paar Meter über das Schlachtfeld teleportierte! Ihre Essenz reiste verteilt in einem unendlichen Strom roher magischer Kraft! Endlose Momente lang fühlte sich Lexi eins mit der Magie und erahnte die großartige Komplexität ihrer Gewebestruktur. Dann hatten die Fünkchen auf wundersame Weise hunderte von Meilen weiter wieder zusammen gefunden und der Zielkreis materialisierte sie.

Sobald Lexi wieder den Boden unter ihren Füßen spürte, schloss sie die Augen. Auf diese Art konnte sie die magischen Flüsse noch etwas länger spüren -- sehen, fast! -- wie diese langsam ihren Körper verließen. Zurück blieb ein Gefühl der Befriedigung und des Bedauerns zugleich: Befriedigung über die unglaubliche Schönheit des gerade Erlebten, Bedauern, weil es vorrüber war. Doch die Erinnerung verblich mit jedem Atemzug mehr und es blieb nur der Verlust, die Sehnsucht, die nicht erfüllt werde konnte: zurückkehren und den Augenblick festhalten, für immer dort bleiben...

Als Lexi die Augen aufschlug, sah sie ein halbes Dutzend Speerspitzen auf sie gerichtet, und darüber grimmige, dunkelhäutige Gesichter, die sie abermals an jemanden erinnerten, an den sie jetzt nicht denken wollte. Überhaupt hatte sie ganz andere Sorgen.

"Eladrin, was habt Ihr hier verloren", herrschte einer der Wachen sie an. "Sprecht rasch oder tretet vor Euren Schöpfer!"
« Letzte Änderung: 11.07.2012, 13:31:26 von Hand of Fate »

Hand of Fate

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #1 am: 13.05.2012, 21:25:25 »

"Ich... warum... also, wir...", stammelte Lexi.

"Kommen in friedlicher Absicht", vollendete Ramar, wobei er vortrat und den Wachen seine geöffneten Hände zeigte. "Ramar Blutregen ist mein Name, Priester des Kord. Entschuldigt unser unangemeldetes Erscheinen, noch dazu bewaffnet, und lasst mich bitte erklären: Wir verfolgen einen gefährlichen Übeltäter und dessen Gehilfin, die in unserer Heimat großen Schaden angerichtet haben und weitere Schandtaten planen. Gerne würden wir mit der hiesigen Autorität in Kontakt treten und die weiteren Gründe und Einzelheiten unseres Vorhabens offenlegen."

Die Mienen der Wachen blieben misstrauisch. "Warum habt Ihr dann eine von der Sorte dabei?" fragte einer, in Lexis Richtung nickend. "Eladrinpack! Das sind doch alles Räuber und Banditen."

"Tatsächlich fragt man sich", sagte ein zweiter in weniger hitzigem Ton, "was Personen aus so unterschiedlichen Völkern veranlassen könnte, sich zusammenschließen. Das findet man normalerweise nur bei Gauklern, Söldnern und Banditen."

"Und Händlern", murmelte Jared, wurde aber durch einen Blick Ramars zum Schweigen gebracht.

"Die von uns Verfolgten stellen eine Gefahr für Mensch, Zwerg, Halbling, Elf und Eladrin in unserer Heimat dar, also haben wir uns zusammengeschlossen, von jedem Volk einer. Darf ich fragen, warum Ihr so schlecht auf Eladrin zu sprechen seid?"

Das würde Lexi auch gern wissen. Ein solch unfreundlicher Empfang war ihr noch nirgends untergekommen.

Die Wachen tauschte Blicke aus, dann nickte einer, worauf der mit der ruhigen Stimme sich wieder an Ramar wandte: "Lasst Eure Waffen hier und Ihr sollt unseren Hohepriester sprechen."

Nachdem alle ihre sichtbaren Waffen abgelegt hatte -- auch Lexi trennte sich schweren Herzens von ihrem neu erworbenen Stab -- wurden die fünf Gefährten in eine nahegelegene Kammer geführt. Dort begrüßte sie ein dünner kleiner Mann, nachdem er einem geflüsterteten Bericht der Wache gelauscht hatte, mit unerwarteter Herzlichkeit.

"Gäste! Wie schön. Kommt herein. Al-Masrin ist mein Name. Ich bin der Hohepriester hier." Seine Stimme war dabei ebenso glatt und ölig wie sein Haar. Sein Schnurrbart war dünn und gezwirbelt, der Kinnbart spitz wie bei einer Ziege. Gekleidet war Al-Masrin in eine weite, sandfarbene Robe und auf der Brust trug er ein Symbol Avandras. Obwohl Demut Lexis Wissen nach nicht zu Avandras Attributen gehörte, war der Mann barfüßig und barhäuptig.

Ramar rückte das Kord-Symbol auf seiner Brust zurecht und stellte sich abermals vor, worauf er seinen Bericht wiederholte, etwas ausführlicher diesmal.

"Sagt Euch der Name Emrett Mazrad etwas?" fragte Ramar schließlich. "Oder auch Paldemar?"

"Tut mir leid", sagte der Hohepriester. "Von beiden habe ich noch niemals gehört."

"In diesem Fall: Kennt Ihr einen Mann namens Voor?" fragte Ramar.

Al-Masrin antwortete nicht sogleich. Zum ersten Mal blickte auch er mit unverhohlenem Misstrauen in Lexis Richtung.

 "Wir erhoffen uns von ihm", fügte Ramar rasch hinzu, "da er ja ein weit über die Grenzen dieses Landes hinaus bekannter Gelehrter ist, dass er uns etwas Genaueres über die Oase sagen kann, in der Emrett ihren Unterschlupf gefunden hat."

Irrte Lexi sich, oder wurde der kleine Mann bei Ramars Worten etwas größer? Jedenfalls zögerte er nicht länger.

"Ja, Voor ist in der Tat ein von allen geschätzter Gelehrter. Er wohnt in einem Dorf südlich von hier. Man kann es in einem Tag erreichen, wenn man reitet oder streng marschiert.  Voor ist wirklich sehr beliebt dort", endete der Mann in warnendem Ton. "Und Eladrin sehr unbeliebt."

"So hörten wir bereits", sagte Ramar. "Darf man fragen warum?"

Woraufhin Al-Masrin von einer Eladrin-Bande berichtete, die schon ein halbes Dutzend Dörfer entlang des nahgelegenen Wüstenrandes überfallen und ausgeraubt habe. Lexi öffnete mehrmals den Mund, um zu protestieren, dass ihre Leute so etwas niemals tun würden, aber schloss ihn jedes Mal wieder. Ihr war klar, dass es unter den Wüstenstämmen ihres Volkes ziemlich rauhe Burschen gab, denen sie das Beschriebene durchaus zutraute. Derweil versicherte Ramar dem Hohepriester noch einmal, dass Lexi keiner der Banditen sei und Eladrin überhaupt da, wo man herkäme, sehr angesehen seien.

"Aber das erschwert uns die Suche natürlich beträchtlich", schloss Ramar, "wenn wir in jedem Dorf misstrauisch beäugt oder gar angefeindet werden. "

Lexi kam eine Idee. "Uns ist auf dem Gang eine Gruppe verschleierter Frauen begegnet", sagte sie. "Was hat es damit auf sich? Verschleiern sich Eure Frauen alle hier?"

"Nicht alle", sagte Al-Masrin. "Hauptsächlich die Höhergestellten, und dann auch nur die Unverheirateten unter ihnen und jene, die einen eifersüchtigen Ehemann zu fürchten haben."

"Also würde ich mit Schleier weniger auffallen als ohne?" vergewisserte Lexi sich.

Der Hohepriester nickte. Die restlichen Formalitäten waren schnell geklärt: wo es Proviant und Kamele zu kaufen gab, wie viel Wasser man pro Kopf mitführe müsse, dass die Gruppe sich unbedingt einen Führer besorgen solle, da man sich in der Wüste schnell verirrte, wenn man sich nicht sehr genau auskannte. "Die Dünen wandern", warnte  der Hohepriester. "Von einen Tag auf den anderen kann die Landschaft völlig anders aussehen."

Zum Schluss gelang es Ramar sogar -- mit einem kaufmännischem Verhandlungsgeschick, dass Jared besser zu Gesicht gestanden hätte als einem Priester des Kords --  den Hohepriester zu überzeugen, ihnen eine Belohnung anzubieten, damit sie den Banditenüberfällen ein Ende bereiteten.

"Denkt nur", sagte Ramar, als der Hohepriester sich noch zierte, "wie gut es sich machen würde für Eure Kirche und Göttin, wenn Ihr sagen könnt, dass Ihr uns ausgesandt habt! Sichert Euch den Ruhm um Avandras Willen!"

So hätte Dastan reden können! Und Ramar war so stolz darauf gewesen, wie viel ihr Kamerad mit der unlauteren Vergangenheit von ihm und Vetter Modsognir gelernt hatte, ohne zu ahnen, dass der Einfluss beidseitig war!

Tatsächlich überzeugte das letzte Argument Al-Masrin so sehr, dass er Ramar 250 Gold auf die Hand zugestand und noch einmal die gleiche Summe nach Erledigung der Aufgabe.

"Wunderbar", sagte Ramar. "Davon sollten wir uns ein paar Kamele leisten können!"

Man verabschiedete sich dankend. Bezüglich der Kamele brachte eine kurze Diskussion Einigkeit: man wollte erst einmal zu Fuß zu Voors Dorf, und die Kamele bei Bedarf dort erstehen. Schließlich kannte man nicht einmal das Ziel der Reise, und womöglich konnte man die Kamele gleich mit dem Führer zusammen mieten.

"Die suchen doch etwas", sagte Jared. "Etwas bestimmtes. Voor vielleicht?"

Er sprach nicht von Kamelen, wie Lexi nach einigem Nachdenken klarwurde, sondern von den Eladrin. Zur Antwort erhielt er nur Schulterzucken.

Schweigend brach man auf. Schweigen herrschte auch während der Mittagsrast. Wie der Hohepriester gesagt hatte, kam gegen Abend ein Dorf in Sicht. Die Rauchsäule, die davon aufstieg, bemerkten die Gefährten als erstes.

Hand of Fate

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« Antwort #2 am: 13.05.2012, 21:39:24 »
Echsen sind besser als Hexen -- Nebin Mühlstein

Geknickt stand Nebin vor der Tür des Hauses der Familie Mühlstein. Eine ereignislose Reise lag hinter ihm, nachdem er sich von seinen neuen Bekanntschaften in Fallcrest getrennt hatte. Und er war dankbar dafür, dass es keine weiteren Probleme gab, denn davon hatte er schon genug. Er holte tief Luft und öffnete die Tür. Sein Blick schweifte durch das Zimmer, doch niemand seiner Familie war zu gegen. Einer jedoch musste da sein und Nebin wusste auch genau, wo er ihn finden würde.

Seine Schritte leiteten ihn in den Keller zu einem improvisierten Käfig. In einem Bett lag ein schlafender Halbling und ein Kloß bildete sich in Nebins Kehle, als er an die Zellentür herantrat.

"Bruder - Erling - Wacht auf!"

Der Gefangene drehte sich herum und seine vor Tränen verquollenen Augen fokussierten Nebin.

"Ich konnte euren Seelenstein leider nicht finden, doch es gibt eine weitere Spur. Ich werde bald wieder zurück sein und deine Leiden werden ein Ende haben. Ich verspreche es bei allem, was mir lieb und heilig ist."

Stumm vernahm Erling die Worte des Halblings, schüttelte den Kopf und wandte sich weinend von seinem Bruder ab.

Auch Nebin stiegen die Tränen in die Augen und er rannte so schnell ihn seine Beine tragen konnten aus dem Haus. Er ertrug es nicht, seinen Bruder derartig leiden zu sehen. Er musste schnell nach Fallcrest zurück und hoffentlich waren die anderen dann auch schon direkt zum Aufbruch bereit.

* * *

Der Anblick der Rauchsäule am Horizont löste ein ähnlich hilfloses Gefühl in ihm aus wie ein paar Tage zuvor der Anblick des Bruders. Wieder zu spät! Nebin brauchte gar nicht näher heran, um zu wissen: Voor, der einzige, der wusste, wie man die Oase fand, in der Emrett -- seine einzige Spur! -- sich versteckte, war nicht mehr.

Jedes Mal. Jedes Mal bin ich zu spät!

Das war seit der Begegnung mit der Hexe seine ständige Furcht: dass, falls er Paldemar je würden stellen können, er auch dann wieder zu spät käme. Er malte es sich aus: das hämische Grinsen, welches sich trotz des Rapiers in seinem Leib auf des Magiers Lippen ausbreitete, das röchelnde Lachen, das mehr ein Husten war, als der Mann den ausgesaugten, leblosen Stein erhob und Nebin entgegenhielt, die eigene Hilflosigkeit...

Nebin beschleunigte seinen Schritt. Die letzte Meile rannte er fast -- die vier Großen mussten sich mächtig anstrengen, um mitzuhalten. Alle waren völlig außer Puste, als man endlich vor der rauchenden Ruine am Rande des Dorfes stand.

"Ja, das ist Voors Haus", bestätigte ein Nachbar.

"Was ist hier passiert?" fragte Nebin, worauf andere Nachbarn hinzutraten und widersprüchliche Schilderungen gaben, wobei alle durcheinander redeten. Nebin hörte nur heraus, dass Voor der Dorfälteste -- also so etwas wie ein Bürgermeister -- war und man ihn offenbar entführt, nicht emordet hatte. Und zwar am frühen Mittag.

"Wenn wir uns beeilen, können wir ihrer Spur folgen", sagte Leofe, die seit ihrer Ankunft eifrig den Boden ringsum untersuchte. "Noch ist sie deutlich zu sehen, aber in ein paar Stunden..."

"Habt Ihr keinen Zweitältesten, mit dem wir sprechen könnten?" fragte Nebin. "Wir hätten noch einige Fragen."

Doch anstatt zu antworten wichen die Leute vor ihm zurück. Seine Stimme hatte wohl zu grimmig geklungen und sein Gesicht sah wohl auch entsprechend aus; er konnte seinen Frust einfach nicht verbergen oder den Hass auf jene, die mit der Seele seines Bruders spielten als sei sie ein Sammlerstück oder eine Energiequelle, die man für die eigenen Zwecke anzapfen und verbrauchen dürfe.

Ramar kam ihm zur Hilfe. "Hohepriester Al-Masrin hat uns geschickt, den Überfällen ein Ende zu bereiten." Wieder hielt der Zwerg sein heiliges Symbol hoch.

Darauf wurden sie zu einer alten Frau geführt, die sich als Hadjar vorstellte. Nebin überließ dem Zwerg das Gespräch, da Ramar offenbar auf diese Leute besonders vertrauenserweckend wirkte. So erfuhren die Gefährten rasch, dass der Angriff offenbar gezielt Voor gegolten hatte, denn ansonsten war kaum jemand zu Schaden gekommen. Es gab keine Toten, nur einige Leichtverletzte.

Nebin knurrte verächtlich: in einem Halblingsdorf wäre das nicht passiert, dass jemand aus ihrer Mitte -- der Bürgermeister gar! -- entführt wurde, während alle anderen wie die Hühner auseinander stoben: Nein, man hätte Mistgabel und Sense geschnappt, Schleuder und Nudelholz, und hätte sich zur gewehrt. Unter Halblingen hielt man eben zusammen!

"Wir hatten gehofft", sagte Ramar, "Voor könne uns etwas über eine bestimmte Oase erzählen. Der Orden der Pfauen soll früher dort gelebt haben. Wisst Ihr etwas davon?"

"Aber ja", erwiderte die Alte. "Die Oase der Vögel! So nenne ich sie. Voor hat mir oft davon erzählt und ich habe es oft genug mit eigenen Augen gesehen: Vögel kommen von überall her -- von weit her! -- und fliegen in Richtung der Oase. Voor hat noch manch andere phantastische Geschichte erzählt --  von Vögeln so groß wie Kamelen! -- aber ich weiß nicht, was ich davon glauben darf. Er selbst ist dem Ort noch niemals nähergekommen als ich. Es soll sehr schön dort sein, aber Schönheit ist oft gefährlich."

"Das habt Ihr gut gesagt!" stimmte Jared ihr zu. "Aber dennoch muss ich es wagen! Ich bin nämlich Ornithologe. Ich muss diese Vögel sehen!"

"Orni-was?" fragte Nebin. "Ist das ansteckend?"

"Das ist jemand, der Vögel beobachtet und hinterher Bücher darüber schreibt", sagte Jared mit erhobener Nase. "Ich kann schreiben. Glaubt nur nicht, dass ich es nicht könnte..."

"Wir bräuchten noch Reittiere und einen Führer", unterbrach Ramar das Geplapper. "Könnt Ihr uns jemanden empfehlen? Wir würden auch nach Voor Ausschau halten und ihn, so irgend möglich, befreien."

Das freute die Alte sehr. "Mein Sohn kann Euch führen! Amed, komm her!"

Amed schien nicht sehr erfreut über den Auftrag, doch er widersprach der Mutter nicht. Kurz darauf stand man beim Kamelhändler.

Die reichen ja bis in den Himmel, diese Viecher! Tatsächlich hätte Nebin unter ihrem Bauch durchmarschieren können, ohne auch nur den Kopf zu neigen.

"Ich habe gehört, Kamele sollen ziemlich böse beißen", sagte Jared.

"Ich will ein Pony", sagte Nebin.

Der Kamelhändler schaute verwirrt: "Was ist das, ein Pony?"

"Etwas in meiner Größe", knurrte Nebin.

Der Händler strahlte. "Da hätte ich auch etwas! Kommt mit!" Und er führte Nebin etwas weiter nach hinten, wo in einem Verschlag ein halbes Dutzend pony-große Echsen träge im Sand lagen und nur ab und zu blinkten oder mit der Zunge schnalzten.

"Man benutzt sie eigentlich für Lasten", erklärte der Händler. "Meine Kinder reiten manchmal darauf, die jüngeren zumindest. Allerdings sind die Tiere es gewohnt, an einer Leine geführt zu werden oder stur dem Vordermann zu folgen. Sie lassen sich nicht lenken wie ein Pferd, schlechter noch als ein Kamel. Ihr müsst halt zusehen, dass Ihr immer hinter jemandem herreitet."

Nebin blieb vor einer Echse stehen, deren Gesichtsausdruck ihn an seinen Onkel Alfie erinnerte. "Die nehm ich", sagte er.

Wenig später war man unterwegs, und Nebins Laune besserte sich. Seine Echse ritt sich ganz famos. Tatsächlich würde er sagen, dass er es von allen am besten getroffen hatte. Lexi, die rechts hinter ihm ritt, hatte sich den Schleier vom Gesicht gerissen, welches bemerkenswert grün war, und unterdrückte mühevoll ein Würgen. Auf der anderen Seite hatte Leofe beide Arme um den Hals des Kamels geschlungen und schien sich kaum im Sattel halten zu können, so schlecht ging es ihr. Auch Jared und der Zwerg sahen nicht sehr glücklich aus. Kein Zweifel: Nebin hatte das beste Reittier von allen erwischt!

Er beschloss, sie "Exi" zu nennen.

Die ersten zwei Tage verstrichen heiß, aber ergeignislos. Am dritten Tag hatte sich selbst die zerbrechliche Eladrin an ihr Kamel gewöhnt, zumindest schien es Nebin als sei der Grünstich aus ihrer blassen Haut gewichen. Aber vielleicht war die jetzige Farbe auch nur Sonnenbrand? Er hatte sich gerade dabei ertappt, dass er ein fröhliches Liedlein pfiff, da kam die Elfe von einem ihrer kurzen Kundschafter-Ausflügen zurück.

"Da vor teilt sich die Spur", berichtete sie atemlos. "Eine Hälfte ist die Düne hinauf, die andere links an ihr entlang!"

Worauf alle aufgeregt durcheinander redeten. War es eine Finte? Wenn ja, worin lag die Absicht? Welcher Spur sollte man folgen? Geradeaus oder links? Führten die beiden Spuren womöglich hinter der Düne wieder zusammen? Jared sah gar zum Himmel auf und fragte: "Sieht irgendwer Vögel?"

Nebin schnaubte. Während man sich hier über Vögel unterhielt, wälzte daheim sein Bruder sich in den schlimmsten Alpträumen. Jeder Augenblick zählte! Nebin sah die Ankunft in der Oase schon vor sich: aus der Ferne musste sie mit ansehen, wie diese Emrett sich auf einen der Riesenvögel schwang und darauf mitsamt Nebins letzter Hoffnung davonflog...

"Geradeaus", entschied er und ritt los, ohne auf Zustimmung zu warten. Von wegen, seine Echse könne nicht vorneweg laufen: wunderbar ging das!

Dass er etwas näherliegendere Sorgen hatte, bemerkte Nebin erst, als neben ihm die Elfe und die Eladrin mit einem Aufschrei von ihren Kamelen sprangen. Ein weiterer Hinweis war der Pfeil, der ihm in der Schulter steckte. Als Nebin sich hektisch umsah, bot sich folgendes Bild.



Und schon waren die zwei Krummsäbelkämpfer heran und hieben von links und rechts auf ihn ein, während die Bogenschützin von der Kuppe der Düne aus zwei Pfeile auf einmal verschoss! Nebin nahm die Zügel seiner Echse fest in eine Hand, den Rapier in die andere, und stürzte sich ins Kampfgewühl.

Exi schlug sich grandios. Wie wendig sie war, wie flink und dabei so gelassen, ja todesmutig! Egal, wie laut jemand neben ihr schrie, wieviel Blut ihr ins Gesicht spritzte, wie sehr es nach Feuer und verbranntem Fell oder Haaren roch, Exi erschreckte nichts davon. Um ihn herum blökten die Kamele in Panik und gingen durch -- der angeheuerte Führer übrigens auch --  aber Exi behielt einen kühlen Kopf. Sie glitt durch das Gemenge wie ein Fisch durch das Wasser. Nebin war so fasziniert, dass er auf kaum etwas achtete, außer dass er ab und an einmal halbherzig nach einem feindlichen Schädel schlug. Ha, ein Kriegspony könnte es nicht besser!

Seine Kameraden kämpften alle vom Boden aus. Keine gute Idee, fand Nebin. Als Leofe zum Beispiel die Düne erstürmen wollte, um die Bogenschützin zu stellen, purzelte sie auf halber Strecke wieder hinunter und landete vor seinen Füßen. Also vor Exis Füßen. Auf Exi wäre das jedenfalls nicht passiert! Derweil prügelte Ramar sich mit... Kamelen? Oha, Jared hatte recht gehabt: die Viecher konnten beißen! Und treten. Ersteres würde er Exi sicherlich aus beibringen können. Und mit ihrer langen Zunge müsste sich doch auch etwas machen lassen, vielleicht, dass sie einem Gegner damit die Waffe aus der Hand schnappen könnte...?

Zwei der Kämpfer und mindestens ein Kampfkamel waren zu Boden gegangen, als die Bogenschützin sich in einen privaten kleinen Sandsturm hüllte und davonflog, worauf Ramar den letzten Überlebenden zur Kapitulation überreden konnte. Der Mann schluchzte angesichts seines am Boden liegenden, blutüberströmten und jämmerlich röchelnden Kamels.

"Warum habt Ihr uns angegriffen?" herrschte Ramar ihn an.

"Warum habt Ihr uns verfolgt?" fragte der Gefangene zurück.

Da trat Jared vor und zeigte auf Lexi. "Unsere Anführerin hat von Euch gehört und wollte fragen, ob sie sich Euch anschließen kann. Sie ist nämlich eine von Euch." endete er an Lexi gewandt, die genug Geistesgegenwart besaß um ihren Schleier zu heben.

"Sie sieht nicht aus wie wir", sagte der Gefangene. Nebin überlegte lange, was er damit meinte. Für ihnen sahen die Großen alle gleich aus. Vielleicht war die Haut des Mannes ein wenig dunkler als Lexis, meinte er das? Und seine Augen waren blau, ihre aber grün.

"Sie kommt von weither und kennt noch niemanden hier", sagte Jared. "Deshalb sucht sie ja Anschluss an ihresgleichen."

"Und was ist mit Euch?" fragte der Mann.

"Wir folgen ihr", sagte Jared schlicht.

"Aber warum habt Ihr uns dann angegriffen?"

"Haben wir doch gar nicht", warf Ramar ein. "Ihr habt uns angegriffen und keine Möglichkeit gelassen, zu erklären!"

Nebin dauerte das alles zu lang. "Sag uns endlich, wo euer Lager ist, oder ich hebel dir mit meinem Messer die Zähne einzeln aus!"

"Hört nicht auf ihn", sagte Jared. "Er hat die letzten zwei Mahlzeiten verpasst."

Leofe trat vor. "Je schneller du uns sagst, wo wir Eure Anführerin finden, damit wir uns Euch anschließen können, desto eher kann ich mich um dein verletztes Kamel kümmern. Ich kenne mich mit Tieren und deren Pflege aus. Entscheide schnell, sonst ist es zu spät."

Da waren sie wieder, die schrecklichen Worte: zu spät!

Zu Nebins Erstaunen und Erleichterung hatte Leofes Argument den Mann aber überzeugt. Nun konnte er gar nicht schnell genug alles ausplappern, was er wusste. Das war nicht viel, aber immerhin konnte er ihnen eine Richtung weisen und auch bestätigen, was Nebin längst geahnt hatte: dass nämlich Emrett die Söldner bezahlte, und zwar -- und das war eine neue Information, die zeigte, dass Emrett und Paldemar noch immer an dem gleichen Plan arbeiteten, in welchem sie von Lexis alter Truppe unterbrochen wurden -- um bestimmte magische Gegenstände zu stehlen. Zum Schluss verriet der Mann ihnen auch noch, wo sie die Kamele seiner Kundschafter-Kameraden finden konnten.

Man beschloss, ihn laufen zu lassen. Die Bogenschützin war eh entkommen und somit jedwede Hoffnung dahin, die Eladrin zu überraschen. Leofe kümmerte sich um das Kamel, während Jared und Ramar die durchgegangenen Tiere einfingen und Nebin die Taschen der Toten durchsuchte. Er fand, neben halbvollen Wasserschläuchen, drei Edelsteine und eine versiegelte Schriftrolle, die er alle auf einen Haufen legte.

Einer der Toten trug ein Amulett, das dem um Nebins eigenem Hals sehr ähnelte, aber doppelt so gut gearbeitet war und auch hübscher glänzte. Das schnappte er sich und hängte es sich um. Die beiden Amulette klimperten bei jedem Schritt, den er tat. Nein, das ging so nicht. Er war doch kein Ziege, der man eine Glocke um den Hals band, damit man sie besser wiederfand. Und wie sah das überhaupt aus, zwei Schutz-Amulette übereinander, als sei er ein Hasenfuß! Wo er doch eh genug Mühe hatte, von den Großen als Bedrohung ernst genommen zu werden. Also runter mit dem neuen, dann das alte auf den Haufen geschmissen, und das neue wieder an!

Jared hatte den Tausch bemerkt. "Ein Schutzamulett?" fragte er hoffnungsvoll.

"Ja, nimm es dir", sagte Nebin. "Bei deiner Größe brauchst du sowas, du wirst sonst zu leicht getroffen." Wie das blutig zerfetzte Hemd des Händlers bewies.

Zufrieden mit der Ausbeute stapfte Nebin zu Exi zurück. "Und dich nehme ich auch mit, wenn ich wieder nach Hause reise. Besser als jedes Pony!"

 "Das wird nicht gehen", mischte Leofe sich ein. "Das Klima bei uns ist viel zu kalt. Echsen sind Kaltblüter."

Nebin sah das Problem nicht: ein Kaltblüter, so klang es für ihn, sollte sich doch in der Kälte besonders wohlfühlen! Außerdem gab es viele Echsen, wo er herkam. Eidechsen.

"Das kriegen wir schon hin", sagte er. "Und wenn Exi friert, bekommt sie meine Decke, nicht wahr, Exi?"

Exi schnalzte zustimmend mit der Zunge. Nebin streichelte sie gerührt.

Als sie kurz darauf wieder unterwegs waren, pfiff Nebin vergnügt vor sich hin und dichtete dabei. Was reimte sich auf Echse? Natürlich Hexe! Ha, wie das passte! Die weiteren Worte kamen wie von allein. Er sang sie laut zu der Melodie eines bekannten Wanderliedes, das wie ein Kampfmarsch klang, wenn man es nur energisch genug hinausschmetterte:

"Nach dem Kampf mit der Hexe
Stieg der Held auf seine Echse
Und ritt durch die Wüste, über Wellen aus Sand
Bis er den Seelenstein seines Bruders fand.
Darauf Paldemar für den Diebstahl büßte.
Auf seiner braven Echse zog der Held dann nach Haus
Und machte auf dem Rückweg noch hundert Orks den Garaus."


« Letzte Änderung: 11.07.2012, 13:29:14 von Hand of Fate »

Suilan

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« Antwort #3 am: 14.05.2012, 09:58:12 »
Ein Fisch aus dem Wasser -- Leofe

Nach drei Tagen Ritt in der Wüste ging es Leofe nicht mehr ganz so schlecht. An das Schaukeln des Kamels hatte sie sich gewöhnt, Melora sei Dank, aber dafür hatte sie seit ihrem Sturz Sand bis in der letzten Falte ihrer Kleidung. Egal, wie sie auf ihrem Kamel hin- oder herrutschte, etwas scheuerte immer. Ihren Führer hatten die Gefährten nicht wiedergefunden, also trug Leofe jetzt die alleinige Verantwortung, dass man später auch den Rückweg fand. Doch so sehr sie umherspähte, sie konnte nirgends ein verlässliches Merkmal in dieser Ödnis finden! Letzte Nacht hatte sie den Sternenhimmel studiert, doch auch er war fremd und verwirrend. Und jetzt, in der Mittagssonne, gab es weit und breit weder Schatten noch Deckung. Die Spur blieb weiterhin gut lesbar, aber ihr berittener kleiner Trupp wirbelte eine Staubwolke auf, der ihr Kommen bis zum Horizont ankündigte. Da war es fast egal, dass die Bogenschützin entkommen war.

Der aufgewirbelte Sand geriet außerdem in die Augen, Nase und selbst den Mund, egal wie fest man die Lippen zusammendrückte. Und diese Hitze! Die Luft war kaum zu atmen, so heiß und trocken und staubig war sie. Es war noch viel schlimmer als in Gerwins Erzählung! Und dabei gab es Menschen, die freiwillig hier lebten! Nicht nur Menschen -- denen waren ja die seltsamsten Dinge zuzutrauen -- auch Eladrin!

Leofe schauderte und beugte sich tiefer über ihr Kamel, als könne der dürre Hals ihr Deckung geben. Hinter ihr ritten die Gefährten mit hängenden Köpfen, vermummt wie Lexi, und niemand sprach. Es war überhaupt nichts zu hören außer dem gelegentlichen Blöken eines Kamels oder dem Zungenschnalzen der Echsen. Normalerweise liebte Leofe die Stille, aber dies war eine tote Stille. Was würde sie für ein Vogelzwitschern geben!

Die schlimmste Mittagshitze war vorbei, als am Horizont die Oase auftauchte. Die Eladrin redete was von Luftspiegelungen und Trugbildern, das Leofe nicht so ganz verstand, sodass sie nach einiger Zeit auch nicht mehr zuhörte. Die Augen zusammengekniffen und mit der Rechten beschattet, spähte sie angestrengt nach vorn.

"Da kreisen Schatten über der Oase", sagte sie. "Wenn das Vögel sind, müssen die riesig sein, dass ich sie von hier aus sehen kann. Die scheinen fast so etwas wie Patrouille zu fliegen. Wer weiß, wie gefährlich die sind. Vielleicht sollte ich besser voran schleichen."

Das Angebot hatte sie etwas unüberlegt gemacht. Schleichen? Was red ich da. Es gibt nirgends Deckung. Und die anderen müssten schon ziemlich weit zurückbleiben, um nicht gesehen zu werden. Ach, ich bin einfach nicht in meinem Element hier. Fisch, bleib in deinem Wasser!

"Ich komme mit", sagte Jared. "Ich kann auch gut schleichen."

Leofe sah ihn ungläubig an. So ein Stadtmensch wie er musste sich hier doch noch mehr aus seinem Element fühlen als sie. Auch war sie es gewohnt, allein unterwegs zu sein oder mit Gerwin, auf den sie sich blind verlassen konnte. Aber Jared? Was konnte ein Händler wie er -- oder wohl doch eher ein Halunke --  schon von der Pirsch wissen? Und wenn er entdeckt wurde, dann säße sie mit drin im Schlamassel!

Andererseits, ein Rapier, Dolch und Bogen sind besser als ein Bogen allein...

"Ja was, glaubt Ihr mir etwas nicht?" rief der Mensch empört. "Ich sage Euch doch, im Schleichen hab ich große Übung! Erwischt worden bin ich jedenfalls noch nie."

Wenn das stimmte, dann hatte er mit Sicherheit noch nie versucht, sich an eine Elfe anzuschleichen! Menschen waren so laut und tolpatschig, dass man sie für gewöhnlich schon von einer Meile aus anmarschieren hörte!

Immerhin trug Jared nichts, was in der Sonne glänzte, wie die anderen drei, und er hatte sich in Voors Dorf, wie Leofe auch, sandfarbene Kleidung zugelegt -- nicht grün wie Lexi oder blau wie Ramar oder kunterbunt wie der Halbling.

Warum fällt es mir nur so viel leichter, einer Eladrin, einem Zwerg oder einem Halbling zu trauen als einem Menschen? Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, dass einer von ihnen mich einmal schlimm belogen oder im Stich gelassen hätte, wie sollte ich da also zu dem berechtigten Urteil gelangt sei, auf das Wort eines Menschen sei weniger Verlass? Und dennoch, ich komme kaum dagegen an...

"Also gut", sagte sie. "Wir werden es versuchen." Zu den anderen gewandt, fügte sie noch hinzu: "Haltet Euch bereit für den Fall, dass wir in wilder Flucht zurückgerannt kommen."

Und so schlich Leofe mit Jared zusammen in Richtung Oase. Das Schleichen beschränkte sich allerdings darauf, dass die beiden ihre sandfarbene Kapuzen überzogen und bei jedem Schritt versuchten, so wenig Staub wie möglich aufzuwirbeln.

Aus reiner Gewohnheit zählte Leofe ihre Schritte. Kaum 150 waren es, als sie die großen Schatten am Himmel entdeckte, die schnell größer wurden und sich offenbar in gerade Linie auf Jared und sie zubewegten. Vier Stück waren es.

"Wir sind entdeckt!" zischte sie, drehte um und gab Fersengeld. Ein kurzer Blick über die Schulter zeigte ihr, dass Jared nicht weit hinter ihr war. Im Davonlaufen hatte er offenbar auch viel Übung.

So erreichten die beiden ihre Gefährten, bevor die Vögel sie erreichten. Die drei anderen waren schon in Kampfformation. Leofe eilte zu Lexi in die zweite Reihe, während Jared vorn zwischen dem Halbling und dem Zwerg Stellung bezog. Alle Blicke waren auf den Himmel gerichtet. Außer Nebins. Der rief nämlich plötzlich ganz aufgeregt: "Lexi, Leofe, rasch! Ihr müsst die Plätze tauschen!"

Die Vögel waren fast heran, so blieb keine Zeit, nach dem Grund zu fragen. Als ausgebildeteter Kämpfer verstand Nebin sicherlich mehr von militärischer Taktik als eine Waldläuferin oder Magierin, also gehorchten die beiden wortlos.

Dann warteten sie: Leofe mit gespanntem Bogen, der Halbling mit erhobener Armbrust, Jared mit dem Dolch ausnahmsweise in der Rechten, während Lexi bereits die ersten Worte ihres Zaubers murmelte. Ramar stand mit erhobenem Hammer da und fluchte laut: "Ich brauch neue Wurfäxte! Magische. Welche, die zurückkommen. Und weiter fliegen. Oder einen Spruch mit mehr Reichweite. Besser noch einen, der fliegende Feinde auf die Erde und vor meinen Hammer holt!"

Als die Vögel sich Schussreichweite näherten, sah man, dass ihre Körper rot glühten, wie Eisen in der Schmiede, und eine Spur Funken hinter sich herzogen. Dann ging alles sehr schnell: die vorbereiteten Angriffe gingen auf die Vögel los, und die Vögel auf sie. Sie, Einzahl. Will heißen: alle auf Leofe. So kam es ihr zumindest vor. Nicht, dass sie noch etwas davon mitbekommen hätte, wie es den anderen erging: sie sah nichts mehr außer Feuer, spürte nichts mehr außer Feuer, hörte, roch und schmeckte nichts mehr außer Feuer.

Dann war es vorbei.  Außer den Schmerzen. Sie lag am Boden. Neben ihr rief Lexi aufgeregt: "Das sind Kometenschweifvögel, über die habe ich schon einmal etwas gelesen. Niemals hätte ich es mir träumen lassen, sie einmal mit eigenen Augen sehen zu dürfen!"

Also darauf hätte Leofe gern verzichten können. Ihr waren Amseln und Rotkehlchen lieber.

Und das gerade war nur sein Streifschuss? dachte sie mit Schaudern. Schnell sprang sie auf und schickte dem Angreifer zwei Pfeile hinterher.

Treffer! Doch der zweite ging vorbei. Überhaupt war Jubel fehl am Platz, denn als sie sich wieder umdrehte, sah sie schon den nächsten Vogel zum Sturzflug auf sie ansetzen. Diesmal -- vielleicht, weil sie schon wusste, was kam -- schien alles viel langsamer zu gehen. Jedenfalls blieb Leofe Zeit genug, um zu bemerken, dass der Vogel sich bei seinem Sturzflug immer mehr zur Weißglut aufheizte und die Funkenspur hinter ihm zu einem Schweif anschwoll: fast hätte sie wie Lexi die Schönheit des Anblickes bewundern können. Fast. Immerhin hatte sie über diese Betrachtung vergessen, in Panik zu geraten. Ruhig wartete sie, bis sie das Weiße in den Augen ihres Angreifers sah, und warf sich dann zur Seite. Der Vogel rauschte über sie hinweg. Sie aber jagte ihm einen Pfeil und einen trotzigen Triumphschrei hinterher.

Es war ein sehr einsamer Triumphschrei, denn der Kampf lief gar nicht gut für die Gefährten. Außer Leofe hatte niemand eine wirksame Waffe gegen fliegende Gegner. Der Halbling schien besonders frustriert: er fletschte die Zähne, als wolle er gleich vor lauter Wut in seine kleine Armbrust reinbeißen. Und Ramar schwang unter fürchterlichem Gefluche seinen Hammer durch die leere Luft. Da endlich gelang es Lexi und Jared, je einen der Vögel abstürzen zu lassen, und sofort stürzten die drei Männer sich mit ihren Rapieren und Hämmern darauf. Einer der beiden Vögel erhob sich nicht mehr, den zweiten holte Leofes Pfeil aus der Luft, kaum dass er sich wieder dorthin erhoben hatte.

Schon besser! dachte Leofe gerade, als sie zum zweiten Mal getroffen wurde.

Wenn Ramar nicht gewesen wäre, Leofe wäre nicht wieder aufgestanden. Nur sein Heilzauber war es, der ihr die Kraft gab, sich wieder in den Kampf zu stürzen. Dennoch hätte sie später nicht sagen können, wie es ihnen gelang, die letzten beiden Vögel vom Himmel zu holen: alles war verschwommen vor Schmerz.

Als es endlich vorbei war, lagen sie alle auf dem Boden, erschöpft und stöhnend. Jared wimmerte besonders laut, obwohl er am wenigsten abbekommen zu haben schien: voller Entsetzen starrte er auf seine verbrannten Hände. Nur der Kord-Priester schleppte sich mühsam von einem zum nächsten und lete ihnen die Hand auf. Bei jedem blieb er eine Weile sitzen, um neue Kraft zu schöpfen. Erst zum Schluss versorgte er sich selbst. Leofes Achtung vor dem Zwerg stieg.

"Sag, Nebin", presste  Leofe zwischen zwei mühevollen Atemzügen hervor, "warum war es vorhin eigentlich so wichtig, dass Lexi und ich den Platz tauschen?"

"Ja, aber das liegt doch auf der Hand!" rief der Halbling. "Oder ist es dir nicht aufgefallen? Wir hatten uns in einer Handformation aufgestellt: Jared der Mittelfinger, Ramar der Daumen, ich der kleine Finger, aber Lexi stand auf dem Ringfinger-Platz und du auf dem Zeigefinger. Das gehört doch genau andersherum! Merk dir das bitte!"

Leofe sagte nichts dazu.

"Vielleicht wäre es besser, wir zögen bei Nacht weiter", schlug sie vor.

"Au ja!" rief Jared. "Die brennenden Vögel sieht man nachts bestimmt besonders gut! Jedenfalls wird ihr Leuchten uns die Richtung zeigen."

"Aber es sind nicht die einzigen Vögel dort", warnte Lexi. "Thurrja erwähnte, dass sie die verschiedensten Arten beobachtet habe, wie sie dorthinziehen. Und es gibt viele Vögel, die nachts besser als bei Tag sehen."

"Ich habe auf meinem kurzen Erkundungsgang noch eine zweite, kleinere Oase in der Nähe der ersten entdeckt", sagte Leofe. "Genau da führt auch die Spur der Söldner führt hin. Vielleicht sollten wir es erst einmal dort probieren? Mit etwas Glück finden wir dort Hinweise, wie man sich gefahrlos der großen Oase nähern kann, oder können einen der Söldner schnappen und verhören."

Ihr Vorschlag wurde einstimmig angenommen.

Kurz darauf schlichen Jared und sie wieder voraus.
« Letzte Änderung: 17.05.2012, 16:26:17 von Suilan »

Suilan

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« Antwort #4 am: 14.05.2012, 09:58:51 »
Allein steht man immer vorn -- Jared Fitzroy

Jared wusste nicht, wie es passieren konnte, dass er nun schon zum dritten Mal ganz vorn stand. Beim ersten Mal, Voranschleichen mit Leofe zusammen, hatte er sich ja angeboten. Warum? Nun, er war sich in den letzten drei Tagen ziemlich nutzlos vorgekommen, vielleicht hatte er sich selbst und den anderen etwas beweisen wollen.

Eigentlich war es zuerst auch nur so dahergesagt gewesen, doch je mehr die Elfe sich zierte, um so mehr war sein Ehrgeiz entfacht worden. Und obwohl er sein Angebot schon kurz darauf bereut hatte, mischte er im darauffolgenden Kampf zu seiner Überraschung schon wieder ganz vorne mit, was er sich nur wie folgt erklären konnte: dass er die Vögel auf seiner Flucht schon im Nacken gespürt hatte, dass er sich vor lauter Angst, sie seien schon heran, umgedreht hatte, anstatt weiter bis zur hintersten Reihe zu laufen. Doch wie ließ es sich erklären, dass er jetzt schon wieder vorpirschte, nur mit der Elfe zusammen, was schon einmal schiefgegangen war, und diesmal gar auf ein Söldnerlager zu? Und warum lief die Elfe, die so viel flinker zu Fuß war als er, zehn Schritt hinter ihm?

"Muss das sein, dass Ihr hinter mir herlauft?" fragte er.

"Wenn wir hintereinander statt nebeneinander laufen, entdeckt man uns weniger leicht", erwiderte Leofe.

"Das versteh ich schon, aber könntet nicht zur Abwechslung Ihr mal eine Weile lang vorneweg marschieren? Schließlich seid Ihr die mit den scharfen Augen!"

"Danke, aber ich seh ganz gut von hier hinten."

Den Spruch musste er sich merken. Es war schon komisch, warum er sich als einer von zweien so viel exponierter vorkam, nur weil er vorauslief, wo er doch normalerweise ganz allein unterwegs war. Allein war man ja quasi immer der vorderste. Eigentlich müsste es doch ein beruhigender Gedanke sein, jemanden zur Rückendeckung dabei zu haben. Vielleicht stammte sein ungutes Gefühl auch nur daher, dass es hier einfach keine Deckung gab. Er hätte doch darauf bestehen sollen, dass auf Einbruch der Nacht gewartet wurde!

"Runter!" befahl Leofe plötzlich. Sofort warf Jared sich auf den Boden, während sein erschrockener Blick dem Himmel galt: Kamen da schon wieder solche Vögel an?

Doch der Himmel war leer. Was Leofe vor ihm entdeckt hatte waren Zelte, die noch vor der eigentlichen Oase in einer Senke zwischen vereinzelten Bäumen standen. Ein kurzer Austausch von Blicken reichte zur Verständigung: schon robbten die beiden lautlos näher, wobei sie sich so gut es ging hinter einer flachen Sandwelle versteckt hielten. Der Klang mehrerer Stimmen ließ sie innhalten. Vorsichtig hoben sie die Köpfe, um über ihre spärliche Deckung zu spähen. Jared zählte drei große  Zelte und ein kleineres etwas abseits. Um ein Lagerfeuer in der Mitte standen oder saßen drei Wachen. Sie schienen irgendwas zu rauchen, und zwar aus einer komischen Apparatur, die an Alchemistengerät erinnerte: eine bauchige Flasche, mit einem Schlauch verbunden, der in einem Mundstück aus Zinn endete. Eigentlich sahen die Wachen nicht sehr wachsam aus...

Dummerweise ließ sich von hier aus schlecht sagen, für wie viele Kämpfer das Lager ausgelegt sein mochte. Die Zelte mochten für zwei oder für sechs Leute gedacht sein -- woher sollte man das wissen, wie dicht die Eladrin in diesem fernen Land ihren Truppen packten? Hinter dem kleinen Zelt standen die Bäume auch wesentlich dichter und die eigentliche Oase begann: wer weiß wie viele Zelte oder gar Gebäude sich darin verbargen. Andersherum mochte ein Teil der Truppen auch unterwegs sein. Oder sie lagen alle in ihren Zelten und verschliefen die Nachmittagshitze. Herumrätseln half da nichts.

"Wir müssen noch etwas näher ran", flüsterte Jared der Elfe zu. "Damit wir besser abschätzen können, mit wie vielen Gegnern zu rechnen ist."

"Gute Idee", raunte Leofe zurück. "Ich warte dort drüben auf dich und halte dir den Rücken frei."

Und schon sah Jared nur noch ihre Fußsohlen, als Leofe nämlich den Weg zurückrobbte, den sie beide gekommen waren. Sein Mund klappte ein paarmal auf und zu, dann schluckte Jared, dachte kurz nach, kam zu keinem Ergebnis, und zuckte mit den Schultern. Ich war bisher doch immer allein unterwegs, warum sollte mir das etwas ausmachen?

Er kroch also alleine weiter, immer in Deckung der Bodenwelle, bis er zu einer Stelle gelangte, von der aus er die Wachen nicht mehr sehen konnte -- und sie ihn also auch nicht -- da ein Zelt genau zwischen ihnen lag. Jetzt mussten die Wachen nur lange genug sitzen oder stehen blieben, wo sie waren...

Das Herz schlug Jared bis zum Hals. Nicht das Alleinsein war das Problem, sondern das Fehlen jedweder Deckung. Die wenigen Bäume in Reichweite waren seltsame Dinger: aus ihren haarigen, krummen Stämmen ragte nicht ein einziger Ast, nur ganz weit oben fand sich ein Büschel mit länglichen Blätter. Unterholz gab es schon gar nicht. Bin ich eigentlich lebensmüde? Die Frage kam zu spät.

Die Stimmen der Wachen waren jetzt so nah, dass er jedes einzelne Wort hätte verstehen können, wenn er ihre Sprache gesprochen hätte. Jared drückte sich noch dichter an den Boden. Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Seine Hände zitterten, während er nach den Schnüren tastete, mit deren Hilfe die Zeltplane an der Bodenplane festgebunden war. Dank Meister Blutregen waren seine Finger nur noch leicht steif, die Haut nur noch ein wenig wund und rosa, aber sie taten wieder ihre Pflicht. Die Vorstellung war zu schrecklich gewesen, für den Rest seines Lebens mit steif vernarbten, gar verkrümmten Händen herumlaufen zu müssen -- wie nur hätte er seinen Lebensunterhalt bestreiten sollen! Wenn er schon mit fast gesunden Händen ganz schön an diese Knoten zu kämpfen hatte.

Als der Knoten endlich gelöst war, hob er die Plane vorsichtig an: nur so hoch, dass er darunter hindurchspähen konnte. Er sah einen vermummten Eladrin auf dem Boden liegen, offensichtlich in tiefen Schlaf versunken. Etwas wagemutiger schob Jared seinen Kopf ganz ins Zelt. Nun konnte er sehen, dass es ingesamt vier Schlafplätze gab, aber nur der eine besetzt war. Schnell zog Jared den Kopf wieder zurück und verknotete die Planen wieder so, wie er sie vorgefunden hatte. Danach kroch er rückwärts den Weg zurück, den er gekommen war, wobei er seine Spur so gut es ging mit beiden Händen verwischte. An der Bodenwelle angelangt, betrachte er sein Werk: da sollte man wirklich nicht so leicht auf die Idee kommen, dass hier ein Mensch hier entlang gekrochen war. Zufrieden mit sich kroch er Leofe hinterher.

"Also, die großen Zelte scheinen für vier gedacht zu sein", berichtete er. "In dem, wo ich reingeguckt hab, lag aber nur ein Schläfer. Zwischen den hinteren Bäumen habe ich keine weiteren Zelte entdeckt. Schlimmstenfalls wäre also mit dreizehn Gegnern zu rechnen, aber das kleinere Zelt sieht so aus, als wäre es für den Anführer gedacht, dann wären wir schon auf höchstens zehn runter. Wenn aber die anderen Zelten auch unterbesetzt sind, weil der Rest auf Raubzug ist, dann kämen wir realistischerweise auf sechs bis acht Gegner."

"Was, warum hast du dir den Schläfer nicht gleich geschnappt? Wir brauchen doch einen zum Verhören?" fragte Leofe.

"Ja, wie stellst du dir das denn vor, das hätte doch Krach gemacht! Vor Entrüstung duzte Jared sie zurück. "Seine Kumpane standen doch gleich daneben. Also, wie hätte ich das bitteschön bewerkstelligen sollen?"

"Einfach eins überziehen! Das kann doch bei einem Schlafenden nicht allzu schwer sein! Oder du hättest ihm wenigstens die Kehle durchschneiden können. Das hätte keinen Krach gemacht und wir hätten schon einen Gegner weniger gehabt."

Jared starrte sie mit offenem Mund an. Er hatte gar nicht gewusst, dass Elfen so blutrünstig waren!

"Also, Ihr scheint mir noch niemandem die Kehle durchschnitten zu haben" -- das hatte Jared allerdings auch noch nicht, und der Gedanke, jemandem im Schlaf auf diese Art zu ermorden, machte ihn schaudern -- "wenn Ihr meint, dass hierbei das Opfer nicht noch röcheln könnte. Außerdem hatte ich bloß den Kopf unter der Plane durchgesteckt. Beim Versuch, mich durch die schwere Lederplane zu schieben, hätte das ganze Zelt gewackelt, und auf der anderen Seite standen gleich die drei Wachen. Außerdem hätte ich damit  vollendete Tatsachen geschaffen, und das ganz ohne Absprache mit den anderen, das hätte denen wohl kaum geschmeckt! Nein, also, wir wurden als Späher vorgeschickt, unsere Aufgabe ist es, mit Information zurückzukehren, damit alle zusammen einen Plan schmieden können. Und was hätte Lexi erst gesagt, wenn ich Eldadrin im Schlaf meuchel!"

"Ausflüchte", sagte Leofe. "Ein elfischer Scout hätte keinerlei Schwierigkeiten gehabt, unbemerkt in das Zelt einzudringen. Hast du den Mund am Ende doch zu voll genommen? Skrupel sind bei diesen Banditen jedenfalls nicht angebracht, Eladrin hin oder her. Erst haben sie ein halbes Dutzend Dörfer mit Unschuldigen überfallen, dann uns in einen Hinterhalt gelockt. Nicht einmal Lexi hat gezögert, ihnen ihre tödlichsten Zauber entgegenzujagen. Übrigens habe ich sehr wohl schon einmal jemandem die Kehle durchschnitten: da kommt kein Laut mehr. Und worin besteht bitteschön der Unterschied, ob es im Schlaf oder im Wachen geschieht? Tot ist tot."

An dieser Stelle versuchte Jared, die Elfe in ihrer ungewohnt langen und hitzigen Rede zu unterbrechen, erreichte damit aber nur, dass sie lauter sprach:

"Für deine Kameraden aber macht es sehr wohl einen Unterschied: nämlich, dass sie eine größere Chance hätten, den Kampf heil zu überstehen. Ach, aber wozu red ich nur? Als Städter bist du halt doch verweichlicht und schreckst zurück vor dem, was getan werden muss. Weder Jäger noch Raubtier denken sich was dabei, ihre Beute von hinten oder aus der Ferne zu erlegen und sich dabei das schwächste oder unachtsamste Tier auszusuchen, was meistens die Jungtiere sind. Die Natur ist eben grausam!"

Und so ging es noch eine Weile hin und her. Jared hätte bereits wenig später nicht mehr sagen können, was er der Elfe eigentlich geantwortet und wie lange ihr geflüstertes Streitgespräch gedauert hatte. Alles, was er wusste, war, dass er sich robbenderweise auf dem Weg zurück zum Zelt befand.

Aber Kehle durchschneiden kommt nicht in Frage! Bewusstlos schlagen, ja. Rauszerren, mit ein bisschen Glück. Verhören, kein Problem. Aber die Kehle durfte jemand anders ihm durchschneiden, Jared würde niemanden daran hindern!

Der Schläfer wachte nicht auf, als Jared sich unter der Plane hindurch, und fast ohne es zum Wackeln zu bringen, ins Zelt wand; er wachte auch nicht auf, als Jared sich über ihn beugte und den Dolch zog; und eigentlich konnte man es auch nicht Aufwachen nennen, was er tat, als der Knauf auf seinen Schädel niedersauste -- aber einen fürchterlich lauten Grunzlaut brachte er doch noch zustande.

Die Wachen verstummten sofort. Man lauschte. Man sprang auf. Man fragte den Kameraden, ob er auch etwas gehört habe. Das alles geschah keine vier Schritt von Jared entfernt, und nur eine Plane lag dazwischen, die ihm plötzlich sehr dünn vorkam. Noch konnte er die Verwirrung der Wachen ausnutzen, aber nur, wenn er sofort handelte. Wohin? Nach hinten raus? Nein, da verlöre er unnötig Zeit, bis er sich abermals zwischen den Planen hindurch gequetscht hätte, und wozu die Mühe? Nach hinten raus gab es keinerlei Deckung. Also ab durch die Mitte! Angriff war die beste Verteidigung.

Frauen bringen einem doch nichts als Ärger ein! dachte Jared, als er sich aus dem Zelt und auf die Wachen stürzten. Je schöner die Frau, desto größer der Ärger! dachte er, als er auf den vordersten einstach. Und die Elfe ist schon verdammt hübsch! fiel ihm auf, als er die Beine in die Hand nahm und um sein Leben rannte.

« Letzte Änderung: 04.07.2012, 18:47:09 von Suilan »

Suilan

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« Antwort #5 am: 14.05.2012, 09:59:23 »
Vorsicht erspart den Heiler (und der Heiler hat einen Hammer) -- Ramar Blutregen

Ramar wurde unruhig. Der Mensch und die Elfe waren längst überfällig. Was, wenn sie in einen weiteren Hinterhalt geraten waren? Zu zweit hätten sie da keine Chance. Verflucht, er hätte die beiden nicht noch einmal allein vorpirschen lassen, nicht den Söldnern hinterher, welche dank der entflohenen Bogenschützin doppelt vorgewarnt waren!

Ramar spähte erneut über die Kuppe der Düne, hinter der Lexi, Nebin und er mitsamt ihren Echsen und Kamelen sich versteckt hielten -- weder Mensch noch Elfe waren in Sicht.

"Mir gefällt das nicht", sagte er. "Da muss etwas passiert sein."

Er winkte Nebin zu sich und band mit dessen Hilfe den Kamelen die Vorderbeine zusammen. Bei Pferden reichte das aus; hoffentlich auch bei Kamelen. (Die Prozedur schien allerdings eine neue Erfahrung für die Tiere zu sein; sie wehrten sich mit Bissen und Tritten.) Dann stand er etwas ratlos vor den beiden Echsen, deren Beine sich zu weit seitlich des Körpers befanden, als dass man sie zusammenbinden könnte. Andererseits lagen die Tiere derart träge in der Sonne, dass man nicht fürchten musste, sie könnten sich in absehbarer Zeit aus eigenem Antrieb bewegen. Notfalls müsste der Halbling auf einem Kamel mitreiten.

"Kommt", sagte er zu den beiden Gefährten und stapfte Jared und Leofe hinterher.

Sie hatten die dritte Düne erklommen, als sie eine Elfe in fliegendem Galopp auf sich zuhalten sahen. Jared war deutlich hinter ihr, keine zehn Schritt vom feindlichen Zeltlager entfernt, drei Verfolger ihm dicht auf den Fersen.

"Wusst ich's doch!" schimpfte Ramar und lief los.

Was hat Jared da im Lager verloren? Sag bloß, er hat versucht, sich allein dort einzuschleichen? Bei Kord, sind denn alle Menschen lebensmüde? Dastan hätte es genauso gemacht, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wie er dort mit dem Leben wieder herauskommen wollte, sollte man ihn entdecken! Und dabei ist Jared mir bisher als umsichtig, eher sogar übervorsichtig vorgekommen. Mehr als vier Tage reisen wir nun schon zusammen und ich habe ihn erst zweimal heilen müssen. Welch Teufel mag ihn da geritten haben? Hatte er am Ende die elfische Dame mit seinem Mut und Geschick beeindrucken wollen? Auch das kannte man ja von Dastan!

Ramar legte noch einen Zahn zu. Vermaledeiter Sand! Wie machte Leofe das nur, dass sie über den Sand zu fliegen schien, ja, ihre Füße den Boden kaum berührten? Er selbst sackte bei jedem Schritt bis zum Knöchel ein oder die Füße rutschten ihm, jetzt da er noch schneller lief, nach hinten oder zur Seite weg. Dem Halbling neben ihm ging es nicht besser. Als sie die Elfe erreichten, war Ramar bereits schweißgebadet.

"Wieviele?" fragte er, doch Leofe kam nicht zur Antwort: von zwei Pfeilen getroffen, schrie sie auf. Der eine Pfeil hatte sie nur gestreift, doch der zweite steckte tief in ihrer Wade. Ein dritter bohrte sich in Ramars Oberarm; er brach ihn ab. Die Schüsse kamen aus der Krone eines Baumes, der links neben den Zelten stand. Kämpfte in diesem unheiligen Land denn niemand vom Boden aus?

"Ihr und Lexi, kümmert Euch um den Schützen im Baum dort links!" rief er Leofe hinterher, die bereits weitergehumpelt war. Dann hielt er weiter auf Jared zu. Dessen Verfolger ließen von ihm ab, als sie Ramar und Nebin heranstürmen sahen, und verschanzten sich zwischen den Zelten.

Ramar gefiel das nicht. In den Bäumen um das Lager herum mochte sich ein halbes Dutzend Bogenschützen versteckt halten und wer weiß wieviele Säbelkämpfer konnten noch aus den Zelten hervorspringen.

"Wieviele?" fragte er nochmals, als sie sich Jared näherten.

"Zwischen sechs und acht", keuchte Jared. "Aber einer ist schon außer Gefecht, ein zweiter verletzt."

"Kümmert Euch um den oder die Bogenschützen!" wies er Jared an. Das ließ dieser sich nicht zweimal sagen, denn im gleichen Augenblick zischten zwei Pfeile dicht an seinem Kopf vorbei. Ramar sah sich gehetzt um. Verflucht nochmal, wo ist der Halbling hin?

Nebin hatte nicht auf Ramar gewartet. Er stand bereits zwischen den Zelten, von vier Gegnern umstellt, und schwang seinen kleinen Zahnstocher im Kreis herum wie ein orkischer Berserker seine Streitaxt -- ohne dabei auch nur annähernd den gleichen Schaden zu verursachen. Das hielt den kleinen Mann nicht davon ab, wüste Beschimpfungen und Drohungen auszustoßen. Unter gegnerischen Säbelhieben duckte er sich einfach hinweg. Der Halbling hat nicht nur Appetit wie zwei Große, sondern auch Mut!

Schnell sandte Ramar, nach einer kurzen Anrufung Kords, eine Glaubenslanze auf einen der vier Gegner Nebins -- sie verfehlte. Also nahm Ramar die Beine wieder in die Hand, doch er hatte kaum die halbe Strecke zurückgelegt, da sprang ein fünfter Gegner von rechts hinter einem Zelt hervor. Ramar blieb nicht einmal Zeit, seinen Hammer herumzureißen, da sauste der brennende Säbel seines Angreifers bereits auf ihn herab, traf erst die Schulter, wo die Klinge -- Kord sei Dank, sonst wäre der Arm nicht mehr zu gebrauchen -- an den zur Verstärkung angebrachten Schuppen abglitt, und fuhr dann weiter hinab, die Ketten der Rüstung durchtrennend, einmal schräg über seine Rippen. Und zu allem Überfluss versengten die Flammen der Waffe ihm dabei auch noch Haut und Bart.

Fast wäre Ramar zu Boden gegangen. Er konnte es nicht fassen, was da vor ihm stand: eine zierliche Eladrin, vermummt von Kopf bis Fuß, aber ganz eindeutig eine Frau. Sie schrie ihren Männern Anweisungen zu, von denen Ramar nur ein paar Brocken verstand, weil er die Worte aus Lexis Mund schon gehört hatte.



Wenn Modsognir jetzt hier wäre, könnte ich mich heilen. Aber ich bin nunmehr der einzige Heiler und wer weiß, wen ich noch von des Todes Schippe reißen muss. Da hilft nur eins: Zähne zusammenbeißen und durch!

"Für Kord!" brüllte er. Sein Hieb ging vorbei, denn die Eladrin wich flink zurseite und traf ihn von dort aus auch gleich noch ein zweites Mal mit ihrem Säbel.

Inzwischen blutete Ramar stark; Kräfte und Sinne begannen ihm zu schwinden. In Gedanken durchlebte er die Erinnerung an einen ähnlich glücklos verlaufenden Kampf. Nein, ein zweites Mal werde ich es nicht zulassen! Derweil war Nebin noch immer umzingelt, der Bogenschütze saß noch immer auf seinem Baum, und hier im Lager standen Freund und Feind hoffnungslos durcheinander, sodass Lexi keinen ihrer wirkungsvolleren Zauber würde einsetzen können.

Da  hörte Ramar plötzlich ein lautes, tierhaftes Knurren, das aus seiner eigenen Kehle zu kommen schien. Kord oder Gruumsh, einer von Euch steh mir bei: dieser hier muss sitzen! Und Ramar ließ den Hammer -- nun auch in Flammen gehüllt -- auf die Eladrin niederkrachen.

Knochen splitterten, als er traf. Die Anführerin wankte und wich vor ihm zurück; ihr Säbel, den sie zuvor zweihändig geführt hatte, hing schlaff in ihrer Linken. Nebin, der einen seiner Gegner gefällt hatte und sich von den übrigen zu lösen versuchte -- offenbar, um Ramar zu Hilfe zu eilen -- verpasste der Eladrin einen Stich im Vorbeigehen. Jared, der von irgendwoher aufgetaucht war, wollte ihr hinterher.

Ramar rief beide zurück: "Halt, wartet!" Sie hatten die vier Feinde, mehr durch Glück als Geschick, auf einen Haufen manövriert: Lexi würde sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollen! Tatsächlich erschien, kaum dass der Befehl seine Lippen verlassen hatte, eine schwarz wabernde Wolke vor Jareds Nasenspitze. Der Mensch prallte mit einem Aufschrei zurück, wurde dabei aber übertönt von einem mehrstimmigen Schmerzensschrei aus dem Inneren der Wolke.

Ramar machte sich bereit, auf den ersten Gegner, der die Wolke verließ, eine Glaubenslanze loszulassen, wobei er selbst auf gebührenden Abstand zu dieser ging. Nebin und Jared dagegen blieben direkt an deren Rand stehen und stocherten blindlings hinein, ohne groß etwas zu treffen. Ramar öffnete den Mund, um die beiden zu warnen, da sprangen auch schon zwei der Eladrinkämpfer aus der Wolke hervor, zauberten sich groß, und schubsten dabei Jared und den Halbling kopfüber hinein. Die beiden schrien vor Schmerz und, so schien es Ramar, vor Überraschung.

Was, sie hatten das nicht kommen sehen? Ein Blinder hätte es nicht übersehen können. Hatten die beiden etwa nicht zugehört, als Lexi ihre Kampfzauber erklärte? Was nützte es, dass Lexi ihre Zauber so geschickt plazierte, wenn ihre Kameraden dies nicht ausnutzten? Von der schützenden Nebelwand während des Hinterhaltes hatte auch nur Leofe Gebrauch gemacht, und nun stolperten Mensch und Halbling geradewegs in die nekromantische Wolke!

Wenn wir diesen Kampf überleben, werde ich taktische Übungen anordnen. Das Zusammenspiel muss besser werden. Daran hat es ja schon einmal gehapert, auf unserer unsäglich missglückten Flucht. Ja, den koordinierten Rückzug müssen wir unbedingt üben, nicht nur den koordinierten Angriff, sonst läuft beim nächsten Mall wieder der eine zu schnell davon, während der andere zu lange zögert. Warum ist mir die Idee nicht schon früher gekommen?

Ramar wartete ungeduldig, dass die beiden wieder herauskamen und versuchte derweil, so gut es ging, die beiden Eladrin zu beschäftigen. Leofe unterstützte ihn dabei, was bedeuten musste, dass der gegnerische Bogenschütze erledigt war. Doch nicht Jared und Nebin verließen die Wolke als nächstes, sondern die Anführerin. Anstatt ihren Männern zu helfen, rannte sie schnurstracks an ihnen vorbei, auf das etwas abseits liegende kleine Zelt zu.

Oh nein, sie wird doch nicht den gleichen Trick wie die Bogenschützin beherrschen und einfach 'davonwehen'? Was, wenn sich ein Teleportkreis in dem Zelt befand? Sie darf nicht entkommen!

Ramar rannte ihr hinterher. Alle Vorsicht fallenlassend, riss er die Plane vom Eingang.

Seine Befürchtungen trafen nicht ein. Weder gab es in dem Zelt einen Teleportkreis noch Verstärkung noch eine irgendwie geartete Fluchtmöglichkeit. Statt dessen fand er die Anführerin im verzweifelten Versuch, die hintere Zeltplane durchzuschneiden. Als sie ihn bemerkte, hob sie nicht etwa den Säbel, sondern ließ ihn sinken.

"Ergebt Ihr Euch?" fragte Ramar.

Statt einer Antwort hielt die Anführerin ihm ihre Waffe mit dem Griff voran entgegen.

"Gut", sagte Ramar. Endlich klappte einmal etwas. "Dann kommt mit und befehlt Euren Männern, sich ebenfalls zu ergeben. Die Dame zuerst." Er deutete auf den Ausgang. Die Eladrin gehorchte wortlos, und Ramar folgte ihr.
« Letzte Änderung: 26.10.2012, 15:19:44 von Suilan »

Suilan

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« Antwort #6 am: 14.05.2012, 10:00:07 »
Als Ramar sich mit seiner Gefangenen den Mannschaftszelten näherte, befanden sich seine Kameraden in aufgeregter Diskussion.

"Lebt Deiner noch?" fragte Nebin.

"Nein", antwortete Jared. "Ich dachte, Ihr hebt einen auf, Ihr hattet doch drei!"

"Die beiden hier sind auch tot", jammerte Lexi.

Leofe kam von der anderen Seite des Lagers herbeigelaufen. "Die Bogenschützin ist auch tot! Der Sturz vom Baum hat ihr den Rest gegeben."

"Ha!" rief Jared triumphierend und verschwand im hintersten Zelt, nur um kurz darauf mit enttäuschter Miene wieder aufzutauchen. "Ich dachte, wenigstens der, den ich im Schlaf bewusstlos geschlagen habe, wäre noch am Leben, aber die Wolke muss auch hier gewesen sein."

"Schaut mich nicht so an!" zischte Lexi. "Als ich die Wolke gezaubert habe, standen noch vier von ihnen und es ging um unser Leben!"

"Das lief ja überhaupt nicht nach Plan!" seufzte Leofe. Dann stemmte sie die Arme in die Seite und schalt Jared: "Wenn du nur von allein auf die Idee gekommen wärst, dir den schlafenden Kerl gleich zu schnappen!"

Jared klappte den Mund ein paarmal auf und zu, stieß dazwischen heiße Luft aus, und ruderte bei all dem hilflos mit den Armen.

Wäre Modsognir hier, er hätte diesem albernen Streit sofort ein Ende bereitet. Irgendwie hatte der Paladin immer die richtigen Worte gefunden, um Leute mit den unterschiedlichsten Interessen und Temperamenten dazu zu bringen, am selben Strang zu ziehen. Wer würde von nun an diese Aufgabe übernehmen? Lexi, bei aller Freundschaft, konnte nur mit anderen Gelehrten gut reden; Leute von normalem Verstand hängte sie zu schnell ab oder beleidigte sie gar unabsichtlich. Die drei Neuen dagegen hingen zu sehr ihren eigenen Interessen an, als dass sie diese von sich aus dem Wohl der Gruppe unterordnen würden. Besonders der Mensch natürlich. Wie Menschen es überhaupt schafften, funktionierende Gemeinschaften zu bilden, wenn jeder von ihnen an sich selbst zuerst dachte, war und blieb Ramar ein Rätsel. Nur in einem Orksstamm ging es eigensüchtiger zu!

Nun gut, ich habe schon einmal, wenn auch mit Modsognirs Hilfe, einem Menschen Gruppensinn beigebracht, gar etwas zu gut vielleicht! Also liegt es von nun an bei mir, die Gefährten beisammen und auf dem rechten Weg zu halten!

Leofe bemerkte Ramar als erste. "Melora sei gepriesen!" rief sie erleichtert. "Da lebt noch eine!"

Melora, Kord, Avandra, Gruumsh -- wer von den vieren mag uns gerade beigestanden haben? Hat Kord oder Gruumsh meine Hand geführt bei dem Schlag, durch den das Schlachtenglück sich wendete? Und warum hat Kord mich die beiden Male vorher nicht erhört? Habe ich meinen Gott am Ende gar beleidigt, als ich den Ruhm dieser Mission für ein paar Handvoll Gold Avandra zu überlassen versprach? Da frag ich mich doch: wer hält mich auf dem rechten Weg jetzt, da Modsognir es nicht mehr kann?

Lexi und die drei Neuen kamen näher und sahen Ramar erwartungsvoll an.

Normalerweise hätten sie, er selbst eingeschlossen, Modsognir auf diese Art angeschaut, worauf der Paladin dann die Anführerin ausgefragt hätte. Oder, wenn sie sich bockig zeigte, wäre Dastan mal für kurze Zeit mit ihr hinter dem nächsten Zelt verschwunden oder hätte ihr etwas ins Ohr geflüstert, und plötzlich wäre ihre Zunge so locker gewesen wie die eines alten Klatschweibes!

Aber so wie mich alle anstarren, bleibt das in Zukunft auch an mir hängen! An wem auch sonst? Lexis Vorstellung von unangenehm deutlicher Sprache ist: "Das sehe ich aber anders!" oder "Da müsst Ihr Euch wohl irrren!" Jared dagegen quatscht gern und viel, doch zum Verhör taugt das nichts, es sei denn, der Gegner plaudert schließlich seine Geheimnisse aus, nur damit der Mensch endlich den Mund hält! Nebin dagegen scheint schon die rechten Handgriffe und Drohungen zu kennen, doch einen Halbling nimmt niemand auf den ersten Blick ernst...

Ramar räusperte sich und wandte sich an die Anführerin der Eladrin, die sich auf Nachfrage als Thurraya vorstellte. Jetzt, da sie allein war, zeigte sie sich äußerst kooperativ und zivilisiert. Im Nu hatte Ramar ihren Auftraggeber und Auftrag, und die ungefähre Stärke ihrer Truppe erfahren. Etwas weniger willig zeigte sie sich bei den Detailfragen: "Wie und wo können wir diese Emrett finden?" und "Ist Voor auch dort?" und "Wie kommt man schadlos in die große Oase?" und "Wieviele Helfershelfer arbeiten noch für sie?"

Auf all das antwortete Thurraya ausweichend. Ja, Emrett hause am Rande der Oase. Ja, Voor habe man bei ihr abgeliefert. Und außer den Eladrin arbeiteten noch irgendwelche Feenwesen für die Frau; schnell seien die Viecher, Flinklinge hießen sie wohl, und sie wären es, die Emretts nächsten Auftrag zu den Söldnern trügen. Nein, sie selbst wisse nicht, wie man unbeschadet zur Oase käme -- die Flinklinge suchten sie hier auf. Emrett selbst ließen die Vögel in Ruhe, auf Befehl der Sphinx.

"Sphinx?" fragte Ramar. "Was für eine Sphinx? Befehligt etwa diese die Vögel, nicht Emrett?"

"Genau", sagte Thurraya. "Ihr findet sie südlich der Oase, auf der Anhöhe. Ich habe sie noch nicht gesehen, aber sie soll Kopf und Flügel eines Ibis und den Leib eines Löwen haben. Emrett hat eine Abmachung mit ihr, dass sie am Rande der Oase unterschlüpfen kann, ohne dass die Vögel sie belästigen. Was sie der Sphinx im Gegenzug versprochen hat, weiß ich nicht."

Als Ramar das Gefühl hatte, man habe alles erfahren, was sie sich realistischer Weise erhoffen konnten, kam der schwierigste Teil des Verhörs: was sollte mit der Eladrin geschehen. Sollte man sie laufen lassen, selbst anheuern oder umbringen? Er fragte sie direkt.

Thurraya lachte überrascht, dann wurde sie ernst. "Anheuern könnt Ihr mich gern, aber nicht, solange Ihr hinter Emrett her seid. Es ist eine Sache, aus einem Vertrag auszusteigen, weil man besiegt wurde und zu viele seiner Truppen verloren hat, eine ganz andere aber, sich gegen den ehemaligen Auftraggeber zu wenden. Das werde ich auf keinen Fall!"

Bei dem Wort "Vertrag" trat Jared vor. Ramar nickte ihm zu. Sollte er etwas dazu sagen; das war ja sein Fachgebiet.

"Also wäre es möglich, einen Vertrag über Euren Abzug auszuhandeln?" fragte Jared. "Dass Ihr und Eure Männer uns zwar nicht helft, aber auch nicht in den Rücken fallt? Oder war Verteidigung gegen Eindringlinge Teil Eurer Abmachung mit Emrett?"

Die Eladrin nickte erst, dann schüttelte sie den Kopf. "Nein, das war kein Teil davon. Sie fühlte sich sicher im Schutz der Vögel. Nur für die Raubzüge, da brauchte sie uns."

"Und Ihr habt keine bestimmte Zeitspanne vereinbart oder eine bestimmte Anzahl versprochen, für jeden Raubzug wird neu verhandelt?" frage Jared.

Die Anführerin nickte.

"Ja, dann bin ich dafür, einen solchen Rückzugsvertrag auszuhandeln, damit wir Euch am Leben lassen können. Ich bin nämlich gegen sinnloses Blutvergießen. Besonders Frauen bringe ich gar nicht gern um oder sehe dabei zu."

Der Mensch warf einen zustimmungsheischenden Blick in die Runde, und erhielt allgemeines Nicken zur Antwort.

Die Details des Abzuges erwiesen sich dann allerdings als weitaus schwieriger zu verhandeln. Thurraya hatte noch Trupps unterwegs, deren Rückkehr sie unbedingt an Ort und Stelle abwarten wollte. Dann allerdings könne es geschehen, dass inzwischen ein Flinkling mit einem neuen Auftrag ankäme: wenn sie diesen aber ablehne, müsse sie damit rechnen, aus dem Lager vertrieben zu werden.

Jared schien das Problem nicht sehen. "Tut doch einfach so, als würdet ihr ihn annehmen!" schlug er vor. "Ihr müsst nur eine entsprechende Klausel in den Vertrag einbauen. Etwas wie: 'Sollten widrige Umstände uns nicht daran hindern, werden wir Euch in spätestens einer Woche den gewünschten Gegenstand überbringen.' Und bis dahin sollten ja wohl die restlichen Leute angetrudelt sein, sodass Ihr zusammen abhauen könnt!"

"Kommt nicht in Frage", sagte die Anführerin. "Unehrliche Verträge sind mir ein Greuel! Das ist schlimmer noch als ein offener Vertragsbruch, weil es auf dasselbe hinausläuft, aber bereits im Vorhinein so geplant ist."

Donnerwetter, die Eladrin hatte Ehre im Leib. Sie weigerte sich, ihre Auftraggeberin zu belügen, auch als Ramars Gefährten vor lauter Verzweiflung und Frustration über ihre Weigerung überlegten, dass man sie in diesem Falle doch umbringen müsse, schweren Herzens zwar, aber welch Wahl blieb ihnen?

"Sonst hetzt Emrett sie und ihre restlichen Kämpfer uns doch noch auf den Hals", sagte Lexi unglücklich.

"Aber wenn ihre zurückkehrenden Kämpfer hier niemanden mehr vorfinden", pflichtete Jared ihr händeringend bei, "dann werden sie sich wohl in Sicherheit bringen und wieder ins Feywild verschwinden, oder wo auch immer sie hergekommen sind."

Das ist eine Lösung. Die sicherste. Wir haben auch noch keinerlei Versprechungen gemacht, die wir damit brechen würden, und trotzdem: die Charakterstärke der Frau ist zu bewundern! An einer Person wie Emrett war diese Art von Loyalität zwar vollkommen fehl am Platze, aber Thurraya wird wohl kaum in deren Pläne eingeweiht seien -- sie kann nicht wissen, welch verderbte Personen sie da unterstützt!

"Habt Ihr denn keinen Rückzugsort mit Euren Mannen vereinbart?" fragte Ramar. "Einen Ort, von dem Emrett nichts weiß -- im Feywild vielleicht? -- an welchem sich Eure Truppen einfinden sollen, falls es unvorhergesehene Schwierigkeiten gibt? Könntet Ihr nicht dort auf sie warten?"

Die Eladrin wirkte zunächst überrascht, dann erleichtert, dann stieß sie sich mit der Hand vor den Kopf. "Ja, einen solchen Ort gibt es! Dass ich nicht selbst daran gedacht habe. Ich war so fixiert darauf, auf keinen Fall jemanden zurückzulassen. Ich habe schon genug Schwestern und Brüder verloren!"

Die fünf Finger der Hand tauschten betretene Blicke.

"Wir hätten ja gerne gleich verhandelt", murmelte Jared, "aber wir wurden sofort in einen Hinterhalt gelockt."

"Dann ist alles besprochen?" fragte Ramar.

Thurraya streckte ihm die Hand entgegen. "Ja, es ist abgemacht."

Ramar schüttelte ihre Hand, dann gab er ihr den Säbel zurück. Ohne ein weiteres Wort verschwand die Eladrin zwischen den Bäumen.

"Braucht jemand Heilung?" fragte Ramar. Nur Leofe meldete sich.

Einerseits bin ich jetzt der einzige Heiler, dachte er, während er zunächst die Elfe, dann sich selbst versorgte, andererseits scheinen die drei Neuen -- und auch Lexi, seit dem Fiasko in Paldemars Turm -- wesentlich vorsichtiger zu sein. Dastan hat für je drei Hiebe, die er austeilte, einmal laut nach dem Heiler geschrien. Wenn aber der Heiler nicht ständig zum Heilen gebraucht wird, dann bleibt ihm doch tatsächlich zwischendurch auch einmal Zeit, mit dem Hammer zuzuschlagen. Seit ich ihn von Murkelmor erbeutet habe, bin ich noch nicht dazugekommen, ihn auszuprobieren, erst jetzt!

Dennoch hätte Ramar gern darauf verzichtet, auch auf den eigenen Kampfesruhm, wenn er nur seine drei alten Kameraden zurückhaben könnte. Nicht einmal in Steinheim waren Modsognir und ich zusammen; immer und immer wieder haben wir es aufgeschoben, weil wichtigeres zu tun war...

"Also, wohin geht's?" unterbrach Jared seine Gedanken. "Zur Sphinx?"

"Was sollen wir denn da?" fragte Nebin.

"Verhandeln. Wenn Emrett mit ihr verhandeln konnte, können wir es auch. Dann hätten wir es nur noch mit Emrett und den Feenwesen zu tun, aber unsere Ruhe vor den Vögeln!"

"Ich glaube nicht, dass das so einfach geht!" widersprach Lexi. "Sie wird wohl kaum mit uns verhandeln wollen, wenn sie erfährt, dass wir hinter Emrett her sind."

"Warum nicht? Ich bezweifle, dass sie ein besonderes Interesse an der Dame hat. Solange wir etwas bieten können, dass für sie von Interesse ist, warum sollte sie nicht mit uns verhandeln wollen?"

"Kommt nicht in Frage", sagte Nebin. "Wir haben eh schon viel zu viel Zeit hier vertan. Wenn wir uns jetzt auch noch mit Sphinxen verquatschen, kommen wir wieder zu spät!" Und er pfiff nach seiner Echse, die ihnen tatsächlich gefolgt war, und trieb sie an. "Exi, los, gleich sind wir am Ziel!"

Ramar konnte ihm gerade noch hinterherrufen: "Denkt an die Kamele! Wir müssen erst zu den Kamelen zurück!"

Dann seufzte er. Das würde keine leichte Aufgabe sein, diese Leute auf demselben Kurs zu halten!
« Letzte Änderung: 29.05.2012, 15:25:50 von Hand of Fate »

Suilan

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #7 am: 14.05.2012, 11:09:54 »
Nicht schon wieder Vögel! -- Lexi Leshanna

Sie ritten noch nicht lange in Richtung der großen Oase, da tauchten am Himmel abermals vier große Punkte auf, die sich ihnen pfeilschnell näherten.

Oh bitte, dachte Lexi. Lass es nicht wieder Kometenschweifvögel sein. Davon habe ich in diesem Leben schon mehr gesehen, als mir lieb waren!

Geschwind stellten sich die fünf Gefährten in der bewährten Handformation auf, wobei Lexi und Leofe darauf achteten, diesmal den "richtigen" Platz zu erwischen -- Nebin kontrollierte dies mit einem Blick über die Schulter. Dann wartete man mit gezogenen Waffen und vorbereitetem Zauber auf das Nahen der Vögel. Trotz zusammengekniffener Augen konnte Lexi noch immer nicht erkennen, ob sie wie Magma glühten -- rot waren sie jedenfalls.

Vielleicht hätten wir doch lieber versuchen sollen, mit der Sphinx zu verhandeln. Eine Sphinx habe ich noch nie gesehen. Es gibt auch kaum Traktate dazu. Da könnte ich mir einen Namen mit machen, würde ich ein solches veröffentlichen!

Dann waren die Vögel heran: blutrotes Gefieder und messerscharfe Krallen und Schnäbel, aber kein Feuerschweif. Der Name "Blutfalke" drängte sich Lexi in den Sinn, sie konnte sich aber nicht mehr daran erinnern, ob und wo sie einmal über solche etwas gelesen hatte. Vielleicht sind es Blutfalken, vielleicht auch nicht; wenn nicht, so scheint es mir dennoch der passende Name zu sein!

Es schien, als hätten Lexis Kameraden auch mit Kometenschweifvögeln gerechnet, jedenfalls entlud sich eine Begrüßungssalve auf die Vögel, welche der Redewendung "mit Kanonen auf Spatzen zielen" präzedenslose Anschaulichkeit verlieh.

Es wurde ein Gemetzel. Die Blutfalken hatten von Anfang an keine Chance. Das einzige, an das Lexi sich später noch als bemerkenswert erinnern sollte, war Jareds Gesichtsausdruck, als dieser sich heldenhaft in die Flugbahn des vordersten Falken warf, um die Damen zu schützen, die beiden Damen sich aber heldenhaft vor ihn warfen und den Falken mit einem Eispfeil und zwei normalen Pfeilen aus der Luft holten, sodass er in einer Fontäne aus Blut und Sand direkt vor Jareds Füßen aufschlug.

Schade eigentlich, dachte Lexi, als sie über das Schlachtfeld blickte, auf dem die vier Vögel dahingemetzelt lagen, dass wir die Vögel töten müssen. Ich würde sie viel lieber erforschen und die Magie dieses Ortes ergründen. Was zieht die Vögel hierher?

Aber Forschung erschien ihr im Augenblick nicht mehr so wichtig: es zählte nur, Emrett zu finden und durch sie Paldemar. Und dann sollte er für alles büßen...

Inzwischen hatten die anderen die Reit- und Lasttiere zusammengesucht und drängten zum Aufbruch. Lexi zwang ihre düsteren Gedanken in den Hintergrund und kletterte auf ihr Kamel. Einen komischen Anblick mussten sie abgeben, so wie sie alle mit zum Himmel erhobenem Blick dahinritten -- wären sie zu Fuß unterwegs, sie würden fortwährend stolpern. Zum Glück sind die Kamele nicht so paranoid wie wir. So ritt man für geraume Zeit, ohne dass sich ein Vogel blicken ließ. Lexis Gedanken, die in der eintönigen Landschaft keinerlei Inspiration fanden, glitten bald wieder ab. Energisch hielt Lexi sie jedoch von der Vergangenheit ab und lenkte sie stattdessen auf die Gegenwart.

Leofe und ich ergänzen uns im Kampf ganz prima. Als Elfe besitzt sie wohl, auch wenn sie selbst das Zaubern nie gelernt hat, eine natürliche Affinität zur Magie, ein intuitives Verständnis für deren Wesen und Wirken. Jedenfalls geht sie auf meine Zauber ein und nutzt sie optimal aus.

Was man von Jared und Nebin nicht gerade sagen konnte. Entweder waren die beiden tatsächlich so langsam von Begriff, oder sie hegten ein Misstrauen gegenüber von Magie, das sich nur schwer überwinden ließ. Jared wich gar vor Lexi zurück, immer wenn sie sich auf einen Eiszauber vorbereitete, geradeso als fürchtete er, dessen Ziel zu werden.

Habe ich ihn derart erschreckt, neulich im Halbmond? Er wirkte gar nicht sehr erschreckt im weiteren Gespräch. Ich war allerdings nicht sonderlich aufmerksam an dem Tag. Wenn ich es recht bedenke: er scheint mich tatsächlich zu meiden. Im Nachtlager sucht er sich stets einen Platz, der meinem diametral entgegengesetzt ist. Und der Versuch, die Bögen, die er tagsüber um mich herum macht, mathematisch zu beschreiben, würde jeden der Geometrie verschriebenen Gelehrten in die Verzweiflung treiben! Und im Kampf sieht Jared besonders unglücklich aus, nicht wenn der Feind auf ihn zustürzt, sondern wenn ich dicht hinter ihm stehe -- den Hals wird er sich irgendwann noch verrenken, so oft, wie er nervös über die Schulter blickt!

Nebin dagegen stellte sich einfach mitten in die Feinde und zuckte nicht einmal zusammen, wenn links und rechts von ihm Zauber einschlugen; er ignorierte sie einfach. Als hielte er sich für unverwundbar.

Schade, dass er partout nicht über seinen Bruder reden möchte. Die Sache mit dem Seelenstein würde mich schon sehr interessieren. Wie ist es dazu gekommen? War dies seit der Geburt so oder wurde die Seele ihm irgendwann gestohlen? Wie wirkt es sich auf den Bruder aus, keine Seele zu haben, statt dessen gar einen Dämon im Leib zu tragen? Ist das überhaupt noch der Bruder? Was macht eine Person aus? Was würde ich dafür geben, den Bruder kennenzulernen, gar ein wenig studieren zu dürfen. Wenn wir den Seelenstein finden, vielleicht darf ich Nebin nach Hause begleiten. Was für Kenntnisse ließen sich gewinnen!

Und Antworten auf Fragen, die Lexi, nein, die jeder denkende Mensch, der sich für die existentiellen Fragen des Lebens interessierte, sich stellte: Was genau war die Essenz eines Lebewesens und wo manifestierte sie sich: im Körper oder der Seele? Die Erinnerungen, das Weltwissen, die prägenden Erlebnisse: wie und wo fügten sie sich zusammen zu einer Person? Wenn die Seele nicht die Summe all dessen war, was dann? War sie es aber, welche Rolle spielte dann das Gehirn, das immerhin -- darin war die Wissenschaft sich einig -- Sitz der Sprache, Gefühle, Sinneseindrücke und allem Gelernten war? (Uneinigkeit herrschte dagegen darüber, wie es mit der Magie stand: Seelenmacht oder Geisteskraft? Aber dieser Frage nachzugehen führte unweigerlich dazu, sich im Kreis zu drehen, und davon wurde Lexi schwindelig.) Wenn Nebins Bruder statt Seele einen Dämon in sich trug, benahm er sich dann wie ein Dämon? Oder wie ein Halbling? Und was würde das eine beweisen, was das andere? Interessant auch die Frage nach dem Wissen: Konnte der Dämon auf die Erinnerungen seines Wirtskörpers zugreifen? Oder nach der Sprache: redete er Abyssisch?

Aber ein Interesse an solchen Überlegungen könnte ich nicht einmal Ramar gegenüber eingestehen. Ich vermisse Leoril!

Leofes Warnschrei schreckte Lexi aus ihren Gedanken. Die Elfe und die drei Männer waren bereits abgestiegen. Hastig tat Lexi es ihnen nach. Ein einzelnes Zelt zwischen Palmen war aufgetaucht, und davor wartete auch schon das Begrüßungskommando in Form zweier gedrungener, dornbewehrter Kreaturen.

Aus dem Zelt aber drang Flötenmusik.

Feenmusik! Gefährlich. Bei Feen ist alles Magie: die Musik, das Essen, oft genügt gar ein Blick...

Der Halbling stürmte natürlich vor und wurde sofort umzingelt. Bei zwei Gegnern würde Lexi normalerweise von 'in die Zange nehmen' und nicht 'umzingeln' sprechen, aber in diesem Fall schien letzteres zutreffender, denn die beiden hieben auf den Halbling ein, als seien sie zu viert: egal, wohin der Halbling sich drehte, wen er auch angriff, stets verpasste ihm der Gegner hinter ihm einen fürchterlichen Hieb.

Lexi suchte Deckung hinter eine Palme und verwandelte, als Nebin gerade einmal einen Schritt zur Seite machte, den Boden unter den Gegnern zu Eis; nur einer von ihnen stürzte. Ramar und Jared, die dem Halbling ebenfalls zur Hilfe eilen wollten, wurden abgelenkt vom Auftauchen -- und Verschwinden -- eines kleinen Feenwesens, das sich so schnell bewegte, dass man mit bloßem Auge kaum verfolgen konnte, was es tat. Jared blutete, also musste es ihn angegriffen haben, bevor es wieder hinter dem Zelt verschwand. Leofe hatte ihm einen Pfeil hinterhergejagt, aber ob dieser getroffen hatte, konnte Lexi nicht sagen. Derweil steckte Nebin immer noch dreimal so viel ein, wie er austeilte. Vielleicht wusste er nicht, wie er sich von den beiden Gegnern, die wie vier kämpften, lösen sollte, vielleicht hielt er sich tatsächlich für unverwundbar und war so schnell nicht vom Gegenteil zu überzeugen, aber Lexi befürchtete, dass der Halbling jeden Augenblick zu Boden gehen würde. Dummerweise standen jetzt drei Gefährten ihrem Zauber im Weg.

Ich wollte doch immer schon einmal ausprobieren, ob es möglich ist, eine andere Person zu teleportieren...

"Haltet durch, Nebin!" rief sie.

**Beschreibung, wie Lexi Nebin zwischen den Feinden wegteleportiert. Wenn ich mich recht erinnere, war dies das erste Mal, dass sie so etwas probiert hat?**

Kaum wurde der Platz zwischen den beiden Spriggans frei -- sie blickten noch recht verwirrt umher auf der Suche nach dem Halbling -- da sprang Jared durch die Bresche, um hinter die Gegner zu gelangen und einen von ihnen mit Ramar in die Zange zu nehmen. Einer der Spriggans schlug nach ihm, mehr instinktiv als gezielt, und traf auch. Jared schrie auf, doch sein Angreifer ebenso, denn Jareds Rüstung hatte einen gleißenden Blitz auf ihn entladen. Gleich darauf bückte sich der Mensch und warf dem Spriggan eine Handvoll Sand ins Gesicht, während er ihm gleichzeitig seinen Rapier in die Seite rammte. Lexi sah noch immer tanzende helle Punkte vor ihren Augen.

Ich habe doch gleich gedacht, die Rüstung des Menschen sieht elfisch aus, trotz der vielen Verzierungen, die offenbar er selbst darangenäht hat und nur ein Mensch als Verzierung bezeichnen würde. Wo hat der gute Mann nur eine elfische Rüstung her? So leicht geben Elfen ihre magischen Werke nicht aus der Hand, nicht für Geld und schon gar nicht einem Menschen. Geschenk, Diebesgut oder Erpresserlohn? Vielleicht frage ich ihn besser nicht; die Wahrscheinlichkeit, dass seine Antwort mich enttäuscht, ist zu groß.

Dann kam der Flinkling wieder um die Ecke gehuscht, doch diesmal hatte der Mensch auf ihn gewartet: er warf ihm den Rapier zwischen die Füße. Das Feenwesen stolperte, fing sich, und humpelte dann so schnell es konnte -- und das war gar nicht mehr schnell -- in den Schutz des Zeltes zurück. Der Rapier flog in Jareds Hand zurück. Der Mensch sah ein wenig erstaunt aus.

"Falsche Hand", murmelte er.

Ramar schien gleichzeitig zugeschlagen zu haben, denn der Spriggan wankte und fiel zu Boden.

Lexis Seufzer der Erleichterung erreichte niemals ihre Lippen. Am Himmel tauchten vier Punkte auf, die schnell näherkamen. Gleichzeitig änderte im Zelt sich die Flötenmusik.

"Nicht schon wieder Vögel!" stöhnte sie.
« Letzte Änderung: 26.10.2012, 15:12:58 von Suilan »

Leofe

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #8 am: 18.05.2012, 23:02:47 »
Wütend stach der Flinkling nach Jared, aber dieser wich behende aus. Trotz ihrer Beinverletzung wirbelte die kleine Feenkreatur herum und Jared traute seinen Augen kaum, als sie hakenschlagend um die Ecke des Zeltes und außer Sicht lief. Kurz darauf erklang aus dem Zelt eine andere Flötenmelodie, die aber zumindest Jared zu seiner Erleichterung nichts anhaben konnte.

Nebins Rapier wirbelte weiter durch die Lüfte und traf die neben ihm stehenden Angreifer mehrmals, was ihren ohnehin bereits geschundenen Körpern noch weiter zusetzte.
"Los, sucht Deckung unter den Palmen!" rief der Halbling seinen Kameraden zu, während er selbst den ersten Schritt in Richtung eines schützenden Baums machte.
         
Die Rotkappen-Spriggans bluteten aus vielen Wunden, waren aber so in Rage dass sie dies gar nicht wahrzunehmen schienen. Sie droschen grölend weiter auf den Halbling ein. Einem von ihnen gelang es, mit seiner unnatürlich vergrößerten Faust einen Treffer zu landen, der Nebin zu Boden schickte.
       
Erneut rammte Ramar seinen Hammer in die Seite der Feenkreatur. Der Hammer ließ die Rippen krachen und die Kreatur fiel mit einem Aufschrei zu Boden, keuchte, zuckte noch kurz und blieb dann tot liegen.

Ramars Blick fiel auf den dicken Halbling, der gerade einen heftigen Hieb einstecken muss und zu Boden gefallen war.
"Halte durch Nebin! Kord schenkt Dir Stärke und Zuversicht!"

Sofort erschien um den Halbling lichter roter Nebel der in die Wunden eindrang und frisches rosa Fleisch zurückliess.

"So! Jetzt zu Dir, Flötenheini!"

Ramar ging zu dem Zelt und blickte sich darin um.

Leofe legte zwei Pfeile gleichzeitig auf und ließ sie fliegen. Je ein Pfeil schlug in einen der heran stürzenden Vögel ein.
Ein dritter und ein vierter Pfeil verließ Leofes Bogen und durchlöcherte den kleinen Mann mit der Riesenfaust. Dieser ging daraufhin leblos zu Boden. Dann suchte sich die Elfe Deckung vor den Vögeln unter der Palme die auch Lexi als Deckung nutzte.

Die Blutfalken kreischten wütend auf, und der Geruch des Blutes der über dem Kampfplatz wogte schien sie noch zusätzlich wild zu machen. Vier von ihnen stürzten sich auf die beiden Frauen, wobei einer von Lexis Froststrahl ausgebremst wurde. Leofe verschwand kurz in einem Wirbel aus Klauen und Flügeln, schien aber relativ unbeschadet wieder daraus aufzutauchen. Einer der Falken wählte den bequemer zu erreichenden Jared als Ziel, aber der reagierte schnell und schlug den heransausenden Vogel mit dem Rapier zur Seite.
« Letzte Änderung: 18.05.2012, 23:03:01 von Leofe »
Danke, aber ich seh ganz gut von hier hinten.

Leofe

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #9 am: 21.05.2012, 14:51:04 »
Drei der Falken sausten dicht über Jared hinweg und dabei so achtlos, als sähen sie in ihm keinerlei Gefahr. Zu viert stürzten sie sich auf die beiden Damen, vor denen sie offenbar den größten Respekt hatten.

"He, und was bin ich? Ein Kaktus?"

Sein Dolch war schon unterwegs, als er dies rief, und traf den vordersten Vögel genau zwischen den Flügeln.

Als Ramar das Zelt betrat sah er den Satyr, eine in seinen Augen lächerliche Mischung aus Ziege und Mensch. Er spielte gerade auf seiner Panflöte eine Variation der belebenden Melodie die kurz zuvor schon zu hören gewesen war. Der von Jared verletzte Flinkling schien dabei aufzublühen und bewegte sich wieder viel schneller der Satyr sagte etwas auf Elfisch und winkte dem Kleinen, dann stürzte er sich an Ramar vorbei durch den Zelteingang nach draußen. Der Flinkling folgte und stach dabei noch zweimal nach dem Zwerg, aber die Rüstung lenkte die Hiebe ab.

Lexi trat einen Schritt zurück und badete drei der Falken in gleissendem Licht, was zwei der Tiere benommen zurück ließ. "Wir könnten hier hinten etwas Hilfe gebrauchen!" rief sie den anderen zu.

Nebin nahm sich Lexis Ruf zu herzen und rappelte sich vom Boden auf. So schnell ihn seine kleinen Füße trugen stürmte er auf einen der Vögel zu und rammte diesem sein Rapier in den Rücken. Einige Feder vielen zu Boden und das riesige Tier machte inzwischen einen ziemlich gerupften Eindruck.

Ramar gelang es gerade noch dem davonrennenden Satyr einen Hieb in die Seite zu geben, als auch schon der Flitzer heransprang und auf ihn einstoch. Doch konnte dieser die Rüstung nicht durchdringen.
"Was willst Du mit Deiner Gabel? Zwerge sind aus Stein!" Als er wegsprang sah Ramar eine Lücke in der Verteidung zu sehen, doch bis er seine Hammer in die richtige Position gebracht hatte um zuzuschlagen, war der Flitzer schon wieder weg.

"Rein, raus" brummelte Ramar "Bleibt stehen damit ich Euch eins auf die Zwölf hauen kann!!" Wütend stürmte Ramar wieder aus dem Zelt und sah wie Jared und Leofe unter dem Baum die Vögel beharkten. Gut das das keine Feuervögel waren

Ein Strahl rötlichen Lichtes löste sich aus dem Heiligen Symbol als Ramar unter die Bäume trat. Doch der Strahl ging vorbei und konnte keine Schaden anrichten.

Die Blutfalken stoben auseinander und krallten dabei nach verschiedenen Mitgliedern der Hand, bevor sie in den Baumkronen in Deckung gingen. Lexi stieß einen Schrei aus als sie sich im letzten Moment mit ihrem Schildspruch vor dem wieder aufgetauten Vogel schützen konnte. Leofe hatte weniger Glück und bekam eine tiefen Klauenwunde ab, die übel blutete.
Danke, aber ich seh ganz gut von hier hinten.

Leofe

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #10 am: 24.05.2012, 21:41:28 »
Jared duckte sich, als zwei der Falken dicht über seinen Kopf hinwegbrausten, glaubte schon, Krallen oder Schnabel im Nacken zu spüren, doch beide Vögel hielten auf Leofe zu. Gleich darauf schreckte er vor dem Schatten eines dritten Vogels zurück, der sich auf den Halbling stürzte.

Ich brauche Deckung. Da vorn, der Baum, rasch! Moment mal, bringt das überhaupt was? Die Vögel stürzen sich ja von allen Seiten auf uns, wieviele sind's überhaupt? Vier oder gar fünf? Die flattern schneller durcheinander, als man zählen kann. Nein, da lohnt es sich nicht, sich hinter den Baum zu stellen, die können trotzdem noch von zwei Seiten an mich ran...

Dummerweise hatte sein Körper dieser Diskussion nicht gelauscht und war der ersten Eingebung gefolgt, und so stand Jared zu seiner großen Verwunderung direkt vor der Palme und sein Dolch, mit dem er auf einen der beiden Vögel gezielt hatte, die noch immer die Magierin umschwirrten, steckte zitternd im krummen Stamm.

Inzwischen gab der Satyr Fersengeld, obgleich er eigentlich keine Fersen hatte, sondern Hufe. Er rannte hinter dem Flinkling her, der schon die dichtere Vegetation um die Oase herum erreicht hatte und gerade lachend zwischen den Büschen verschwand.

Zwei Pfeile gruben sich in das Fleisch eines der Vögel der zu Leofes Erstaunen sich immernoch in der Luft halten konnte.
Dann nahm sie Deckung hinter dem Zelt.

Ramar zielte auf den Blutfalke und ein dünner roter Strahl löste sich aus seinem Heiligen Symbol. Wie erstarrt blieb der Falke in der Luft stehen und der Strahl pumpte immer mehr Energie in den Vogel bis er mit einem lauten Krächzen explodierte und Innereien und Blut sich über die Palme ergoß.

"Blutregen" murmelte Ramar vor sich hin.

Beglückt von dem Erfolg zielte der Kordpriester auf einen anderen Vogel, der gerade umherflog. Erneut bildete sich eine rötliche Lichtlanze und pumpte den Vogel mit Energie voll. Als der Vogel kurz vor dem Zerplatzen war gelang es ihm noch hinter den Stamm zu flüchten und das rote Licht hinterließ einen tiefen Schnitt in der Palme, bevor der Strahl abbrach.

Mit dem ganzen Blut um sie herum waren die Blutfalken jetzt richtig in ihrem Element. Kreischend sausten sie aus den Palmwipfeln auf die Abenteurer herab, sie verfolgten Leofe sogar um das Zelt herum. Sowohl Lexi als auch Leofe bekamen hässlich blutende Klauenwunden ab.
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Leofe

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« Antwort #11 am: 24.05.2012, 21:43:30 »
Wie zur Antwort schmetterte Lexi dem davon fliegenden Vogel Baphonets Schrei hinterher. Das Tier wurde mit voller Wucht getroffen, überschlug sich in der Luft und stürzte wild flatternd ab.

Ein Gegner am Boden: Ha, nichts wie drauf! Jared sprang in wenigen Sätzen heran, fuchtelte dem um sich schnappenden Falken mit seinem Rapier vorm Schnabel herum und stieß ihm, als er noch nach rechts schnappte, die Klinge von links in die Seite, dass das Blut nur so spritzte. Der saß!

Leofe bedankte sich bei dem Vogel mit zwei Pfeilen die in die linke und die rechte Seite des Gefiederten fuhren. Dann ging sie im Zelt in Deckung und späte durch den Stoff nach weiteren Gegnern.

Nebin stürzte sich auf den am Boden liegenden Vogel und gab diesem den Rest, bevor der Blick des Halblings wieder in den Himmel wanderte.
         
Mißtrauisch beäugte Ramar das Palmendickicht. Er würde warten bis die Falke ihr Versteck in den Wipfel der Bäume verlassen würde.

Da war einer! Erneut verließ ein roter Strahl das Heilige Symbol des Priesters. Doch die Kreatur lies sich blitzschnell über seinen rechten Flügel abfallen und konnte so dem Strahl entkommen.

Zwei der Falken flogen der gefährlichen Bogenschützin hinterher, wagten sich aber nicht in das dunkle Zelt hinein sondern stürzten sich stattdessen völl überraschend auf Ramar. Oder nahmen sie ihm seine Lichtstrahlen übel? Doch der Zwerg reagierte schnell und nutzte den Palmenstamm als Deckung, was den Angriff beider Vögel vereitelte. Auch Nebin musste den Krallen eines angeschlagenen Vogels ausweichen.
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Leofe

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #12 am: 24.05.2012, 21:45:11 »
Aus dem Dunkel des Zeltes flogen zwei Pfeile wovon einer dem Vogel am nächsten zu Leofe durch den Flügel schoss.
Dann stürmte die Elfe aus dem Zelt und verschwand kurz darauf hinter demselben.

Was der Flinkling kann, das kann ich auch, dachte Jared und lief hinter die Hütte, um sich zu verstecken, sprang aber gleich lautlos wieder hervor und ließ seinen Dolch auf den Vogel los, der gerade in Lexis Richtung flatterte. Treffer und tot!

Ramar duckte sich hin und her um einen guten Blick auf den komischen Vogel zu bekommen. Da! Ramar sprach ein hastiges Gebet an Kord und bat um seine Feinde zu verbrennen. Und Kord erhörte Ramar und eine rote Lichtsäule fegte aus heiterem Himmel auf den Blutfalken herab. Laut quickend stürzte der Vogel von seinem Ast herab und konnte sich gerade noch eine Ebene tiefer auffangen. Trotzdem wirkte der Vogel schon schwer angeschlagen.

Dann sprang Lexi hinter ihrer Palme hervor und lief zu den beiden Palmen, in denen sich die Vögel versteckt hielten. Sie sandte eine Donnerwoge in die Wipfel, die außer einem Regen aus Datteln auch einen zerschmetterten Blutfalken herabstürzen ließ. Aber auch der andere ließ ein paar Federn.

Der Blutfalke revanchierte sich mit einem schrillen Schrei und stürzte sich auf die Eladrin, aber Lexi konnte ihn mit ihrem Zauberstab zur Seite schlagen.
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Leofe

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #13 am: 24.05.2012, 21:45:57 »
Kaum war der Vogel wieder in seinen Baum geflogen warf Lexi eine zweite Donnerwoge hinauf. Der Falke kreischte auf als er zurück geworfen wurde und dabei an Höhe verlor.

Leofe schlich mit gespannter Sehne hinter dem Zelt vor, doch zu ihrer Überaschung blickte der Falke ihr entgegen.
Nichts desto Trotz feuerte Leofe zwei Pfeile ab und beide trafen den Vogel.

Begeistert und mit erhobenem Rapier rannte Jared auf den Vogel zu, den Lexi fast auf den Boden geholt hatte, musste allerdings erkennen, dass er ihn nicht erreichen würde, ließ darauf den Rapier sinken und hob den Dolch -- und verfehlte den Vogel weiter, als ein Ork einen Halbling werfen konnte.

Nebin nahm sich nun noch den letzten verbleibenden Falken vor. Seinem Rapier hatte der Vogel nichts entgegenzusetzen und im nächsten Augenblick lag der Kopf des Falken auf dem Boden.
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Nebin

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[IC] Interlude 2 - Die Oase des Goldenen Pfauen
« Antwort #14 am: 24.05.2012, 22:25:37 »
Nebin ließ seinen Blick über den Ort des Kampfes wandern - Schlachtfeld wäre ein zu starkes Wort, dacht er. Dennoch fühlte er sich genötigt einen Kommentar abzugeben:
"Puh! Diese kleinen Biester können ganz schön hartnäckig sein. Nicht dass mir diese Erkenntnis neu wäre..."

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