Trotzdem die nervtötende Schiffsglocke Taeren unsanft aus rum- und erschöpfungsbedingt sehr tiefem Schlummer reißt und lärmend auf seinen gewohnt katernden Schädel eindröhnt, ist er bereits beim Aufstehen bester Laune. Die Müdigkeit mag man ihm bestimmt ansehen, sie macht ihm auch zu schaffen, denn er spürt sie in jeder Zelle seines Körpers.
Selbst der Zwieback kann ihn nicht verstimmen, auch wenn er sich langsam mal nach irgendetwas Gescheitem und zudem auch Genießbarem sehnt. Die Hoffnungen stehen gut: Überall verkünden Mitglieder der Crew, dass heute ein Festtag sei, und reden und freuen sich darüber. Das kann nur ein gutes Zeichen sein. Ein Mastentreffen bedeutet meist ein Festmahl - und Rum bis zum Umkippen!
"Arrr, wenn diese fischbäuchigen Hohlköpfe in der Kombüse das nicht schon wieder versauen!", denkt Taeren und spült diesen negativen Gedanken gleich mit seiner morgendlichen Rumration weg, die ihm, in seinem sowieso schon trunkenen und zudem von seinen körperlichen Aktivitäten des gestrigen Tages geschwächten Zustand, wieder einmal ordentlich berauscht.
[1]Der gestrige Tag... Aye, der ist nach Anlaufschwierigkeiten ein guter, sehr guter Tag gewesen, und Taeren erinnert mit einem vieldeutigen Grinsen im Gesicht daran, während er den Rest seiner Portion Zwieback knabbert und diese mit den letzten Schlucken Rum hinunterspült. Erwähnenswert ist vor allen Dingen das ausgelassene Feiern seines Sieges über die Riesendumpfbacke Eulenbär mit der versauten Tilly Brackett, sinniert der Taldan so vor sich hin. Mit solchen Säuen treibt Taeren es nämlich mit ausgesprochenem Vergnügen.
Taeren hätte nicht geahnt, dass er nach Conchobhars Gerüchtestreuerei so bald ein Weib an Bord finden würde, das sich ihm bereitwillig hingibt. Natürlich hätte er nicht aufgegeben und jede Gelegenheit benutzt, eine der Frauen zu sich zu locken, doch dass sich ihm sogar eine an den Hals schmeißen würde... Das ist neben den hundert Goldsegeln von Plugg, deren Gewinn der Schuft jetzt ihm Nachhinein auch mit Schadenfreude betrachtet (denn neben der Euphorie hat dieses ebenfalls guttuende Gefühl gestern keinen Platz gehabt), auf jeden Fall die Schlägerei gegen Eulenbär wert gewesen! Taeren wird es genießen - er ist sich nämlich sicher, dass Tillys Verlangen nach ihm noch nicht gestillt ist. Seins nach ihr ist es zumindest nicht.
Was Taeren nun mit dem gerüchteverbreitendem Gnom anstellt, weiß er nicht genau. Er erinnert sich daran, dass dieser ihm das Leben gerettet hat - nachdem der Wicht dafür gesorgt hat, dass er überhaupt in diese missliche Lage gekommen ist. Conchobhar und sicherlich jeder andere an Bord der Wurmholz hätte wohl, genauso wie Plugg, sein eigenes Leben darauf verwettet, dass Eulenbär Taeren in dem Zweikampf zu Mus stampfen würde. Der Gnom hat bestimmt damit gerechnet, dass Plugg sein Schoßtier auf Taeren hetzen würde, als er durch Tritt des Taldans mit überschwänglichem Drama zu Boden gegangen ist. Also ist es im Grunde genommen ein Mordversuch gewesen.
Das nimmt Taeren Conchobhar in der Tat übel, das macht noch nicht einmal ein Heiltrank wieder richtig wett! Zusammen mit den Lügen... Taeren spürt wieder Hass in sich aufsteigen, aber er beschließt, abzuwarten, ob Conchobhar weitere Schritte gegen ihn unternehmen würde. Dann würde er vielleicht noch einmal seine Chance bekommen, dem Knirps seine Meinung wortwörtlich einzubläuen.
Würde nach seinem Sieg gegen das Untier jemand wagen, die Fäuste gegen ihn zu erheben? Taeren vermutet, dass ihn die Piraten dann einfach mit mehreren Helfern packen, festhalten und einfach totschlagen würden - oder dass Plugg das mit seiner neunköpfigen Katze erledigen würde.
Nein, vermutlich ist es am besten, den Gnom dann ohne Gewalt fertigzumachen, sollte dieser weiterhin aufmüpfig sein. Dunkel, in den Tiefen seines alkoholumwobenen Gedächtnisses, erinnert sich der Taldan plötzlich wieder an den Gedanken, der ihm gekommen war, während gestern Abend er wutentbrannt auf Conchobhar zugewankt war, der sich wohl gerade mit dieser langohrigen Taklerin hatte zurückziehen wollen:
"Ich kenne dein Geheimnis, Winzling. Und es würde dir nicht gefallen, wenn ich dein jetziges Weib und auch noch deine ersehnte Gespielin gegen dich aufbringe!"Ein fieses Grinsen schleicht sich auf Taerens Gesicht.
Aye, er ist in der Tat heute gut gelaunt.
Zuversichtlich macht er sich auf an Deck, als das Frühstück beendet ist - ist dabei jedoch etwas wackelig auf den Beinen und muss sich hier und dort festhalten oder abstoßen, um nicht gegen die Inneneinrichtung der
Wurmholz zu laufen.
Arbeiten muss er heute nicht, Besmara sei Dank! Ein Festtag mit Arbeit ist undenkbar für den Taldan, aber das Entern zu lernen - oder, in Taerens Fall, zu
üben -, scheint ihm ein lustiges Spiel zu sein. Ist zwar die Tatsache, dass er eigentlich gehofft hat, man würde ihn nach seinem glorreichen Triumpf nun anders behandeln als die restlichen Frischlinge, für ihn ein kleiner Wermutstropfen, reiht er sich trotzdem guter Stimmung neben seinen Kameraden ein.
Lediglich die Ausrüstung, die ihm vor die Füße geworfen wird, betrachtet er wirklich kritisch. Was soll er damit anfangen? Die Kleidung, die Riaris Krine ihm so herzlich anbietet, aber auch die gepolsterte Stoffrüstung lässt er unbeachtet. Er hat seine Kleidung und seinen Seefahrermantel und sein Kopftuch und seinen Dreispitz - sieht das denn etwa nicht piratig genug aus? Außerdem wäre es ihm lieber gewesen, man hätte ihm sein eigenes Entermesser wiedergeben anstatt dieses mitgenomme Stück Schrott, das jemand wie Eulenbär wohl als Brotmesser verwenden würde. Aber es ist besser als (offiziell natürlich) überhaupt keine Waffe zu tragen, also nimmt er das rostige Entermesser an sich und steckt dieses in die Schlaufe seines seit seiner unfreiwilligen Anheuerung leeren Schwertgurts.
Taeren kommt Riaris Krines folgenden Befehlen nach, steigt zu ihr ins Beiboot und hilft beim Rudern. Als er dann gefragt ist, sein Können unter Beweis zu stellen, steht er freudig (aber schon wieder wankend, diesmal wegen des Alkohols
und des wackelden Boots) auf, schnappt sich einen Enterhaken und wirft.
Aufgrund der Verkettung der Umstände, die seinen Körper in den jetzigen, eigentlich beklagendwerten Zustand gebracht haben, geht Taerens Wurf etwas weiter als es nötig gewesen wäre - aber der Enterhaken findet Halt an der Reling, als der Taldan ihn in Position zurrt.
[2]Dann jedoch ist er flink wie sein Frettchen - oder eine der Ratten an Bord, die, wie Taeren weiß, allzu schnelle kleine Biester sind -, als er am Seil auf die
Wurmholz zuklettert
[3] und hält sich selbst dann fest, als die Crew ihn mit Gegenständen bewirft und diese ihn auch treffen.
[4]Ins Wasser fällt er nicht und dafür ist er auch einigermaßen dankbar, denn als wahrer Seemann ist er kein sonderlich guter Schwimmer und wäre vermutlich sogar abgesoffen, bei seiner grozügigen Ration Rum im Blut, die er zuvor in sich hineingeschüttet hat.
[5]Wieder mit einem siegreichen Grinsen im Gesicht, auch wenn dieses bei Weitem nicht so euphorisch ist wie das nach seinem Kampf gegen Eulenbär, klettert Taeren schließlich über die Reling und steht wieder an Deck des Schiffes.