Blut für Tezca - Teil 4:
Die nun durch die Verletzung am Arm, schwer verwundete Schamanin taumelt einen Schritt nach Hinten und versucht den Schmerz mit zusammen gekniffenen Zähnen zu ignorieren. "Gleich wird Tlacatl den Stadtherren in seiner Gewalt haben dann werde ich Mutter um Heilung bitten." versucht sich Necahual in Gedanken selbst zu beruhigen.
Als sie wieder etwas Übersicht gewonnen hat, ist sie froh, dass keine weiteren Krieger in ihrer direkten Nähe sind und so beginnt sie ihren Schmerz in die Macht der Gedanken fliessen zu lassen und diesen in Form von Furcht an den Krieger zurück zu geben.
Vor den Augen des Kriegers scheint Necahual an Größe und Fürchterlichkeit zu gewinnen. Ihre Augen starren ihn durchdringend an, ihre Krallen und das Blut an ihrem Arm vesprechen Schmerz und Tod. Der erst so tapfere Mann lässt einen Schrei hinaus, dann wendet er sich ab und sprintet die Treppe hinab und verschwindet panisch wieder in der Menge, was ihm den Spott der anderen Wächter einbringt, die sich gerade durch die Menge zur Pyramide kämpfen.
Mit grimmiger Zufriedenheit sieht Mirrasshi, wie ihr Gegner vor ihr zusammen sinkt. Wieder presst sie die Breitseite ihrer Klinge gegen ihr Gesicht, dieses mal unter das andere Auge, wodurch ihre blutige Kriegsbemalung vervollständigt wird. Doch verliert die Hin keine Zeit. Der Sohn Tezcas scheint zwar seinen Angreifer von sich abgewendet zu haben, doch hatte dieser ihn schon stark verletzt gehabt. Dass er nun in die Menge flieht rettet ihm wohl das Leben. Also wendet sie sich dem letzten noch auf der Pyramide verbleibenden Gegner zu, dem Herrn der Stadt, der von Yaotlchone offenbar schon zu Boden gerungen wurde. "Gut gemacht!", lobt sie ihn und läuft mit gezückten Dolchen so schnell sie kann auf ihn zu, um ihn im Kampf zu unterstützen.
Tlacatl kann nicht glauben, was er Yaotlchone dort rufen hört. "Habe ich einst auch so Törrichtes gerufen?" Tlacatl schrickt zusammen als Bilder seiner Vergangenheit auftauchen, Männer und auch Frauen, die verblutend zu seinen Füßen liegen und ihr Leben, sich noch immer an es klammerd in Schmerz und Leid, aushauchen. Wie er sie so massakriert wie Mirrasshi den Wächter niedersticht. Tlacatl sieht sich in Yaotlchone, laut brüllend, das Tepoztopilli hoch erhoben und Worte zu Tezcas Ehren auf Zunge.
Es lähmt ihn solange, dass Mirrasshi und Yaotlchone vor ihm beim Stadtherren sind. Es ist zu spät die Situation mit wenig Blut vergießen aufzulösen. Wie soll er gleichzeitig seine Gefährten beschützen und auch den Priester, der ihren Tod will, vor seinen Gefährten beschützen? Sie geben sich ihrer Wut hin und Tlacatl ist zu langsam. Ihm bleibt nichts mehr, als zumindest sein Versprechen zu erhalten und seine Gefährten zu beschützen. Wie soll er sie schützen, wenn sie den Stadtherren umbringen? Wird die Bevölkerung vor Furcht innehalten oder sie erst recht opfern?
Tlacatl spürt, wie seine Intuition sich schon längst entschieden hat. Seine Beine setzen sich in Bewegung, weg von Yaotlchone und Mirrasshi, die er in ihrem, auch in seinem alten Wahn, nicht aufhalten kann. Er spürt, wie seine Hand sich öffnet, als er an der Treppe ankommt. Er lässt den Dolch vor sich fallen, während er sich vor seine Gefährten stellt, den nahenden Wächtern entgegen. Er kann nichts mehr für den Stadtherren tun, nur für seine Schicksalsgefährten. Der Hüne verschränkt die Arme und sein Blick wird zu einer steinernen Maske, als er über die nahenden Wächter schaut. "Es ist vorbei!", ruft er ihnen kühl entgegen und starrt auf sie herab. Auch sie werden nichts mehr für ihren Herren tun können.
Es überrascht Kaska nicht das Tlacatl sich vor sie drängt, doch schockiert ist sie als dieser seine Waffe fallen lässt. Sie konnte nur zussehen wie die Wachen weiter auf sie alle sammt zustürmen und hoffen, dass die Worte des Hünen vor sich diese stoppt. Doch falls diese es nicht tun würde ihnen ein pfeil entgegen fliegen um sie auf dem Weg zu stoppen.
Aus der Menge in der soeben erst der Wächter verschwunden ist, löst sich nun ein Jaguarkrieger. Einer jener heiligen Kämpfer Zaltecs, die sich in das Fell eines Jaguar hüllen und angeblich auch die Form eines solchen Tieres annehmen können. Bewaffnet ist er ebenfalls mit einer Obsidianklinge und einem Schild.
Als er sich kampfbereit nähert, reckt er seinen Schild auch sogleich als ein Pfeil von Kaska herangeflogen kommt und fängt diesen ab, was ihn in seiner Bewegung verlangsamt. Schließlich tritt Tlacatl auf die Stufen der Pyramide und richtet seine einschüchternden Worte an alle, die es wagen sich zu nähern. Der Jaguarkrieger verharrt an Ort und Stelle, auch wenn er den Herrn der Stadt nicht erblicken kann, so ist ihm klar, dass dieser sich in der Gewalt der fremden Angreifer befindet. "Wenn ihr ihn auch nur anrührt werde ich deinen Leib zerschmettern und dein Herz Zaltec darbieten." droht er Tlacatl im Gegenzug, macht aber keine Anstalten anzugreifen.
Indessen erwacht der Herr der Stadt langsam aus dem kurzen Schlummer in welchen ihn Necahual geschickt hat. Als er Yaotlchone und Mirrasshi mit erhobenen Waffen neben sich erblickt, bleibt er liegen und hebt als Zeichen der Aufgabe die Hände in die Höhe. Zitternd und mit vor Schreck geweiteten Augen erwartet er sein Schicksal. Hatte die Wildling ihren Blutdurst bereits gestillt, oder würde sie Tezca weitere Opfer darbringen?
Als Mirrasshi bemerkt, dass der Stadtherr erwachen wird, hält sie ihre Klinge am ausgestreckten Arm dessen Gesicht entgegen, wodurch jene nur einen Fingerbreit vor seinen Lippen verharrt. "Ihr", funkelt sie ihn drohend an, sobald er die Augen öffnet, "werdet jetzt vor eurem Volk eure Lügen widerrufen. Dann werde ich euch nicht die Zunge heraus schneiden, bevor ich euch töte." Bei ihren letzten Worten zuckt Mirrasshis Dolch noch einmal gefährlich dicht vor, so als wolle sie ihre Drohung gleich jetzt wahr machen. Anschließend zieht sich die Hin jedoch wieder einen Schritt zurück, um dem Mann Gelegenheit zum auf stehen zu geben.
Ungläubig stellt Necahual fest, dass Tlacatl das Schicksal des Stadtherrens in die Hände der Wildling und Yaotlchones legt und so hofft sie fest darauf, dass sich der jüngere Bruder aus Lopango gegen diese ungezähmte Furie durchsetzen kann.
Der Mann hatte die Worte der Wache gehört. Zwar fand er es immer noch unverschämt, daß dieser ihm Befehle gab und nicht der Herr der Stadt oder ein Priester, aber eigentlich war es auch egal.
Sie waren gekommen, um geopfert zu werden!
Mit einem fröhlichen Lächeln begab er sich auf die Spitze der Pyramide zum Opferplatz und setzte sich dort nieder. Interessiert verfolgte er das Treiben der anderen Geisteropfer, die mit ihm in die Stadt gekommen waren.
Warum konnten sie die Aussichtslosigkeit ihres Tuns nicht erkennen?