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Autor Thema: WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben  (Gelesen 26196 mal)

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Ein

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« am: 13.06.2007, 20:39:51 »
So, wie Ein die Welt vergessen hat, und dazu ist er keiner weiteren Anregung bedürftig gewesen, so hat die Welt auch ihn vergessen. Von dem Moment an, als er den Kriegsgeschmiedeten herangerufen hat, ist alles stehengeblieben.
Selbst der abrupt stoppende Zug hat es versäumt, den jungen Mann von den Beinen zu reißen, und nun käme er damit zu spät.
Ein findet nur einen Kriegsschauplatz vor. Die mechanischen Soldaten sind überwunden und liegen zu einem Haufen zusammengekehrt, sodass das erste, was er in Abwesenheit jeder Menschenseele tun muss, das Erklimmen des Totenberges sein muss, und sich mit dem Speer in der Hand der Einbildung aussetzen, er habe alle diese Krieger niedergestreckt. So abwegig, meint er, ist das nun auch nicht, da immerhin alle Vorgänge in seiner Erinnerung verloschen sind.
Erst, als er der Nachahmung verschiedenster Gemäldefiguren, die ähnliche Berge Besiegter unter sich hatten, überdrüssig ist, wird ihm bewusst, dass er allein ist.
"Ist jemand hier? Ich hätte gerne... ein Wasserglas", erkundigt er sich zaghaft, die Anwesenheit anderer Wesen mehr fürchtend als hoffend. Überhaupt sind es Worte, die er nur aussprechen kann, da er weiß, dass niemand ihn hört.
Außerdem wirken die Räume etwas enger. Er steckt zwar den Speer ein, postiert sich aber mit dem Gesicht zu den Gefallenen, denn ob sie wirklich erschlagen worden sind, kann er diesen nicht ansehen. Nun könnte es also sein, dass sie sich erheben, in dem Moment, da er ihnen den Rücken zukehrt, und ihm Messer hineinwerfen, oder andere grausige Szenen könnten sich ergeben.
Er hockt sich in eine Waggonecke, von der aus er alle der Räuber im Blick hat.
"Xim? Daal Garden? Ihr seid natürlich kein Pferd..."
Seine Entschuldigung hallt ihm so bedrohlich in den Ohren, dass er beschließt, nicht weiter mit denen zu reden, die wahrscheinlich längst nicht mehr da sind. Nicht einmal die vergangene Zeit kann er ermessen. Was ist, wenn Tage vergangen sind und die Leichen neben ihm schon so lange hier liegen? Sie verwesen natürlich nicht.
Der Vampir kann an Schwäche des Alters gestorben sein. Sogar der, denn die, die Vampire für unsterblich erklären, wissen nicht, ob nicht nach so vielen Jahren, wie sie sich selbst nicht einmal vorstellen können, auch die Vampire sterben. Und just so viele Jahre mögen gerade eben vergangen sein.
Unvergänglich ist nur eine, so beharrlich er sie auch herausfordern mag, und wie viel Zeit auch in die Länder geflossen sein mag: Es ist Abend, die Sonne ist untergegangen - es gibt sie noch - und damit bricht die Stunde für ihn an, die er seiner geliebten, selbstgewählten Widersacherin widmet.
Er versteckt sich vor der Welt, die ihn eine Weile vergessen hat, hinter vor das Gesicht gehaltenen Händen, schließt aber die Augen nicht und lässt vor diesen je einen Spalt zwischen den Fingern, um nicht die Kriegsgeschmiedeten aus dem Blick zu verlieren.
Selbst, als er sich befreien will und sein zerknittertes, leeres Papier hervor holt. Er muss es auf die Knie klemmen, gehalten von einem Ellenbogen, denn auch der Stift fordert eine freie Hand, und mit der anderen muss er sich schützen.
Es ist ungemütlich und bedrückend, diese Haltung, aber er beginnt, etwas aus sich herauszuschreiben, das kein Gedicht an die Liebe ist.

Hat ein Mann, es erst einmal soweit kommen lassen, dass sich Berge von Trümmern vor ihm häufen türmen, selbstgeschaffen oder fremdgewirkt – die Ursprünge verblassen -, er aber selbst nicht die Kraft dazu hat, sie fortzuschaffen, oder dieser Mangel an Kraft gar der Grund ist, weshalb sich die Trümmer erst getürmt haben, denn es ist auch eben so gut möglich, dass sie es selbst getan haben, sich aufgetürmt, dann ist es nur allzu gut vielleicht durch Ausnutzung des männlichen Kraftmangels, dann ist es.................... kann es gerne so sein, dass die Trümmer in sich selbst also die Gnade verspüren, eine Gnade mit dem Kraftlosen, dem sie sich entgegengebaut haben, zu schnell, zu heftig, sodass nun eine Art der trümmerlichen Reue durch sie fährt und sie beschließen, sich höchstselbst durch eigene Triebkraft davonzuheben und eine Erlösung Abbauung fördern, die der Kraftlose also schon ersehnt hat, denkbar auch mit kecker Berechnung erwartet hat, dass die Trümmer zuerst nachgeben und vom Mitleid besiegt werden.
Dadurch wäre der Mann aber Kraft Sieger und alles nichtig, denn er hätte sie schlussendlich mit seiner Kraft besiegt, die nicht zu besitzen oder verloren zu haben er nur als Gauklerspiel inszeniert hat, worin ja wieder eine eigene Kraft liegt, Aktion und auch ein gewisses Vermögen von Wasserbüffelhörnern[/s] ............., die ihre Brandmarkung erst mit glühendem Eis....................



Auch mit Ende der bedeutenden Stunde ist Ein nicht wohler. Fürwahr hat er einiges dort fertiggebracht, auf die leere Seite, nun fehlt der wüsten Ansammlung an Gedanken aber der Verstand, der sie denken könnte.
Hinter Fingerschlitzen nimmt er den Leichenturm ins Visier, tastet sich mit der anderen Hand an der Wand entlang und hilft seinem Körper wieder aufwärts. Als er dabei abrutscht, muss er nun auch die andere zu Hilfe nehmen, um nicht zu stürzen, und siehe da, er selbst stürzt nicht – zu Boden -, und die Kadaver stürzen nicht – zu ihm. Er muss sich nicht unbedingt verstecken.
Von brausender Idee erfüllt verfällt er wieder in die Anfangsgebärde und besteigt den Berg aus Metall. „So“, sagt er ohne großen Sinn, stärkt sich diesmal aber durch die widerhallenden Worte, die er selbst in die Welt gebiert, und auf die die Wände ihm antworten. Damit sind sie schon mächtiger als der geschriebene Unfug, denn der ist ungehört geblieben. Oder nur unbeantwortet.
Er klopft mit dem Speerschaft gegen und auf Metallschädel, besiegt die Besiegten mit seinem Blick und ist mit einem Satz vom Kadaverturm herunter.
Denn sind sie nun alle tot, ist das sein Zug. Jeder Raum, jedes Abteil gehört ihm, und alles, was ihm noch daran gefallen mag.
Der Vampir allein gefällt ihm, und auch den hat er vielleicht längst ohne sein Wissen zerstört.
Er beginnt die Suche. Die ersten Meter noch rückwärts laufend, um die Augen immer auf dem Schrotthügel halten zu können, dann aber vorwärts und ungebremst, will er den gesamten Zug durchmessen. Das ist so eine Visitation, die er wohl vornehmen muss, bevor alles ihm zugeeignet wird, und damit auch der Vampir, ob untot, ob an Schwäche durch vorüberziehende Millennien oder durch Äxte im Hirn zerschmettert.

Gorislava Daal Garden

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #1 am: 15.06.2007, 00:08:02 »
Nicht sosehr die geworfenen Speere der Halblinge fürchtend, vielmehr von einer schwer begreiflichen Angst erfasst, den Vampir, um dessenwegen sie sich auf diese rasante Jagd eingelassen hat, enwischen zu lassen, hastet Gorislava über das offene Feld, hinein in die schützende Umarmung der Waldschatten. Wenn sie ehrlich ist, dann bereiten ihr auch die Flüglerreiter doch schon Unbehagen - auf einen Speer in ihren Eingeweiden ist sie noch lange nicht erpicht.

Das wilde Flattern ihres Mantels kommt zum Erliegen, sobald die Gruppe sich am Rand des Gehölzes sammelt. Die Karrn fährt sich mit der lebendigen Hand durch das ebenfalls zur Ruhe gekommene, volle Haar und schultert daraufhin ihren Bogen; ihr Blick jedoch huscht suchend und wachsam durch den Baumbestand.
"Wo beim Spötter ist er nun hin?," verleiht die Rächerin ihrer Ungeduld Stimme, als ihre Anstrengungen, den Flüchtigen auszumachen, zu nichts führen. Erst dann betrachtet sie ihre zeitweiligen Gefährten genauer - und stellt stirnrunzelnd fest, dass nicht alle anwesend sind. "Ein?"
"Seid ihr wohlauf?," erkundigt sie sich über das Befinden ihrer Begleiter, vielleicht aus purer Höflichkeit, vielleicht aber auch, weil ihr noch einiges an Herzensgüte eigen ist. "Und...wo ist eigentlich dieser Ein abgeblieben? Hat ihn jemand gesehen? Oder hat er beschlossen, die Angelegenheit für sich hierbei bewenden zu lassen?"

"...und Khyber alleine weiß, warum ich es eigentlich nicht getan habe. Was soll's. Dieser Lucan hat meinen Weg gekreuzt, er hat den Fireden von Zarinas Seele in die Ferne rücken lassen... Grund genug, ihm Buße aufzuerlegen, oder etwa nicht? Für dich, meine arme geliebte Schwester!"

Irgendetwas gleitet geräuschlos durch das Unterholz, ganz in der Nähe - ist es Gorislavas Unlicht gewordener Albtraum, der fast nie von ihrer Seite weicht?
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Ein

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #2 am: 15.06.2007, 06:58:38 »
Zugbesitzer zu sein, ist ein recht zwiespältiges Vergnügen.
Ein kann natürlich belegen, dass dies sein Vehikel ist, nur ohne Fahrgäste - deren Abwesenheit er sich durch einen rasenden Lauf bis zum vordersten Wagen versichert hat - ist auch das wenig wert. Selbst durch die Lande fahren, die eigene Strecke festlegen, das ist, den Schienen gefluchter Dank, nicht möglich. Sie führen immer an die selben Orte wieder zurück, und vorwärts nur für eine unbedeutende Weile.
"Kannst du mich verstehen?", äußert er zweifelnd eine Frage an das Schaltpult des Zugwagens. Enttäuschenderweise ist es keines der lebenden Konstrukte, wie der Xim Goldschuh oder seine abgelehnten Brüdern und Schwestern. So bleibt es auch still, als er fordert "Fahr zu!" und zur Unterstützung an himmelhoch ragenden Hebeln und niederen Druckknöpfen hantiert.
Wahrlich, seine Situation bringt ihn selbst zum Lachen. Auch all die irren Ideen, auf die sie ihn bringt, tragen dazu bei. Jedoch, niemand hier, der ihn schelten würde für sein Tun. Und er will alles tun, um den Vampir und die Mitreisenden einzuholen. Wenn so ein Zug die Zeit für ihn anhalten und für die anderen weiterlaufen lassen kann, wieso soll er sie nicht auch gänzlich zurückschieben können?
"Los! Bring mich zurück!", fordert er energisch und zerbricht mit einem Fußtritt einen Hebel.
Still.
Gegen diese perfide Technik kann er nur Machtlosigkeit verspüren und nimmt seinen alten, angestammten Platz vor dem Führerhäuschen ein, um dort zu schlafen.
Er hofft auf eine antreibende Traumbegegnung, letztlich vergebens.

Am nächsten Morgen ist er noch immer der Gestrandete, das bemerkt er mit dem ersten Blick aus seinem Zug heraus. Er hat wilde Natur um sich und sein Fahrzeug. Noch etwas länger, und sie wird sie sie beide zusammen verspeisen, mit Ranken umweben und schwere Blüten auf den Waggons wachsen lassen, bis es derer so eine Unmenge geworden sind, dass sie den Zug in die Erde hineindrücken und niemand mehr davon erfahren wird, was hier einst geschehen ist.
Bis dahin wird er verhungert sein. Es obliegt ihm, einen Weg zu finden, den Zug unter Kontrolle zu bekommen und mit seinem Willen dorthin zu steuern, wo er den Vampir finden kann. Dort findet er gewiss zugleich auch die anderen.
Weilenweise lässt er die Füße aus den Abteilfenstern baumeln und sucht nach Essbarem, wie es streundenden Hunden üblich ist.
Als er nichts findet, entschließt er sich zerknirscht dazu, seinen Zug allein zu lassen und etwas Essbares zu erjagen.
Erst, wenn er einen Bart hat, ist er wirklich der Gestrandete. Er rasiert sich vor einem Abteilfenster, während ihm die Füße heraushängen; ein sehr gefährliches Unterfangen, aber die Kraft, die Füße herunterzunehmen, will er sich aufsparen.

Ein übler Tag ist es nicht. Er entdeckt es, als er von dem gewaltigen Riesenraupentier auf den Schienen absteigt, seinen Mantel vor der Morgenkühle zusammenrafft und einen Spaziergang in den Wald unternimmt.

Brottor

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #3 am: 15.06.2007, 10:05:29 »
So eilig wie die Nase der zum Wolf gewordenen Waldfrau dem Geruch des Untoten folgen kann, so schnell zieht die Gruppe aus wundersamen Leuten durch den Wald.

Die Spur des gejagten ist geradlinig. Von Minute zu Minute wird der Wald weniger dicht und der Boden feuchter. Nach weniger als einer geschätzten Stunde des hastigen Laufens erkennen die Abenteurer den Grund hierfür. Ein See erstreckt sich vor ihnen. Der Boden ist aufgeweicht von den starken Regenfällen die in dieser Gegend gewöhnlich sind zu dieser Jahreszeit.

Die Fährte macht nun einen Knick und folgt dem Ufer des Sees. Weiter folgen die Abenteurer durch das Halblicht. Dann ist in der Ferne ein Gebäude auszumachen.



Spuren und Fährte enden aprupt am Seeufer in Richtung der seltsamen Piramide.

Aufgrund der Lichtverhältnisse beschliessen die Verfolger einige Stunden zu ruhen. Bei Tageslicht will man überlegen wie man den See überquert - denn der Vampir braucht Schutz vor dem Licht und das er die Piramide aufsucht um diesen zu erhalten erscheint den Abenteurern als sicher.
So hofft man dass man ihm unter dem Segen der Sonne aufspüren wird und ihm keine Fluchtmöglichkeit bleibt.
"Stärke und Weisheit sind kein Widerspruch, sondern der Weg zur Gerechtigkeit"

Ein

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #4 am: 15.06.2007, 11:20:45 »
Pilze sind das, was Ein in dieser ausgefallenen Situation am meisten möchte. Wenn er schon in der Wildnis sitzt, dann will er wenigstens Pilze sammeln wie ein Waldeinsiedler. Nicht zuletzt deshalb hat er sich von der Göttin eine Magie verleihen lassen, die ihn Gift erkennen lassen kann.
Damit fühlt er sich brillant gewappnet für alles, was da kommen mag.
Er durchkämmt das Buschwerk auf der Suche nach Pilzen, denn die Pilzsuche ist genau das, das er gewollt hat. Dass er keine findet, macht ihm weniger aus.
Wacker schlägt er sich durch Spinnennetze, feuchte Sträucher und Dornengestrüpp, denn das alles gehört schließlich zum Waldeinsiedlersein dazu. Etwas will er dann doch die Logik zurückholen, und ganz ohne Beute nicht zu seinem Zug zurückkehren müssen: Er folgt dem aufgeweichten Boden, auf dem er die Pilze gedeihen vermutet.
Dabei verliert er die Zeit, den Ort aus dem Blick, und erreicht irgendwann ein friedliches Seeufer, in dessen Mitte ein gewaltiger Tempel. Verblüfft und völlig eingenommen lässt er ihn auch nicht mehr aus den Augen, als er am Ufer weiter entlangläuft, bis seine Füße schließlich gegen etwas stoßen, und seine Faszination jäh unterbrochen wird, als er um das Gleichgewicht kämpfen muss.
Mit der Stiefelspitze hat er versehentlich eine Rüstung gestreift, die so vollständig ihren Träger umgibt, wie er es bisher nur einmal erlebt hat – er erkennt den Gnom aus seinem Zug, und an dessen Seite all die anderen, deren Suche er unbewusst vollzogen hat.
Damit geht es weiter. Ohne den Zug. Er schleicht sich etwas abseits der Gruppe und setzt sich in einen Thron aus Moos. Bis sie erwachen werden.

Xim Goldschuh

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #5 am: 15.06.2007, 11:42:59 »
"Ah, Ein, schön dass ihr noch dabei seid." sagt Xim leise, als er aus dem Schatten eines Baumes hervortritt. Als Kriegsgeschmiedeter fällt ihm wie immer die Aufgabe zu, die Nachtwache zu übernehmen. "Ich hatte euch in der Hitze des Gefechtes im Zug aus den Augen verloren, aber euer Zauber hat mir sehr geholfen. Habt Dank! Nun ruht euch ruhig aus, wir werden bei Tagesanbruch den See überqueren, um den Vampir in seinem Schlupfloch zu stellen."

Gorislava Daal Garden

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #6 am: 15.06.2007, 22:10:54 »
Gorislava hat etwas abseits der Gruppe ihre Schlafmatte ausgerollt. Der Rucksack, unter dem die abgelegten Rüstungsteile halb im Moos vergraben liegen, dient ihr als Kopfkissen, während der dunkle Umhang die Rolle der Decke übernimmt. Säbel, Bogen und Köcher liegen nur wenige Zoll von der ruhenden Karrn entfernt, hinter ihrem Rücken ragt ein uralter Eichenbaum in die Höhe, der verhindert, dass man sich gut von hinten an sie heranschleichen kann.

Um den Baum herum strömt unablässlich ein Schatten, der noch finsterer ist als die Nacht. Wie ein Wasserschwall hebt und senkt er sich in seinen kreisenden Bewegungen, ganz im Takt zu Gorislavas Atem. Von Zeit zu Zeit bäumt er sich leicht auf - wenn die Rächerin sich im Schlaf unruhig zu regen scheint, und fällt wieder in seinen regelmäßigen Rhythmus, sobald sie aufhört, sich zu bewegen.
Eins Näherkommen bemerkt die Schlafende nicht. Zumindest zeigt sie keinerlei Reaktion, als der Heiler unerwartet, vor allem für sich selbst, ins Lager der Gruppe poltert.
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Ein

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #7 am: 16.06.2007, 07:42:09 »
"In meinem Zug habe ich schon genug geschlafen. Wieviele Tage sind eigentlich vergangen?", erkundigt Ein, überrascht von der fehlenden Überraschung ob des unerwartet auftauchenden Kriegsgeschmiedeten.
"Und dort soll der Mann wohnen?", fragt er, als wäre überhaupt nichts geschehen, indem er mit einer schlaffen Hand in Richtung des Bauwerkes weist. Schließlich lässt er sich hintenüber ins Moos stürzen, mit hinter dem Kopf verschränkten Armen. Es liegt sich viel gemütlicher als in seinem zur ewigen Rast verdammten Fahrzeug, und die Sterne werden nicht verdeckt.
Zu den Seiten hält er Ausschau nach den Gefährten, und ist erst beruhigt, als er auch Gorislava dort liegen sieht, zusammen mit dem Zaubertier an ihrer Seite.
Er wird sich noch einmal entschuldigen müssen, hat sie ihn doch am Abend im Zug sicher nicht vernommen.
"Wenn die Sonne aufgeht, vollziehen wir ein Ritual, um unsere Waffen zu segnen", beschließt Ein und hebt einen Arm aufrecht zum Himmel, als wolle er sich einen Stern herunterstehlen.
"Ihr habt doch außer diesem Bogen nichts bei Euch; womit kämpft Ihr wirklich?"
Zu gut erinnert Ein sich daran, wie im Heer alle Bögen verbrannt und den Besitzern zur Strafe für das Mitführen dieser Waffen ihre Arme gebrochen wurden.

Xim Goldschuh

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #8 am: 16.06.2007, 18:27:37 »
"Tage? Was meint ihr damit? Seit wir zuletzt gesprochen haben, sind in etwa.." - Xim stockt für einen Atemzug - "...vier Stunden und vierundzwanzig Minuten vergangen. Sehr lange könnt ihr da wohl nicht geschlafen haben, zumal wir fast 54 Minuten bis zu diesem Rastplatz gelaufen sind." Im Geiste macht Xim einen weiteren Strich hinter seine "Kamerad Ein nicht mit kritischen Entscheidungen betrauen"-Strichliste. Er hat schon andere vergeistigte Priester und Magier getroffen, aber dieser hier schießt den Vogel ab. Vielleicht hat er in einem Traum mehrere Tage verlebt? Xim kann sich immer noch nicht richtig vorstellen, wie das mit dem Träumen funktioniert, obwohl nach blutigen Schlachten frühere fleischliche Kameraden teilweise sehr lebhaft über Träume berichtet hatten. Fast so, als hätten sie diese tatsächlich durchlebt. Xim ist sich ziemlich sicher, dass es für Weichhäuter unter Umständen schwer sein kann, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden.

"Wie dem auch sei, wir vermuten der Vampir hält sich derzeit in dieser Zikkurat auf - ob er dort wohnt wissen wir nicht. Und als Nahkampfwaffe benutze ich dies hier, wie euch vielleicht schon aufgefallen ist." Wieder ein Strich auf der Liste. Xim drückt mit der linken Hand ein paar versteckte Knöpfe an seinem rechten Unterarm, und mit einem metallischen Zischen schält sich seine Rechte aus dem mächtigen, stachelbewehrten Kriegshandschuh. Dessen Faust ist fast doppelt so groß wie die ihn haltende. "Ich fürchte für Menschen ist diese Waffe nicht so geeignet." Nachdenklich betrachtet Xim seine rechte Hand, die deutlich weniger Schrammen hat als seine linke. "Hallo! Wie lange habe ich dich schon nicht mehr gesehen?" sinniert er.

Ein

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #9 am: 17.06.2007, 09:14:38 »
Durch Ein geht ein Ruck und er sitzt wieder aufrecht. "Nur vier Stunden?", ist seine erschrockene Frage. Bevor er Zeit zur Antwort gelassen hat, hat er sich allerdings schon wieder besonnen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ihn die Stunden betrogen hätten. Er wird wieder ruhig, nimmt das Geschehen hin und wirft seine Frage mit einer Handbewegung fort. "Ah, vier Stunden..."
Oder die Zeit hat ihren Betrug wettgemacht, indem sie die ihm gestohlenen Stunden nun auch von anderen genommen hat und sie so wieder auf gleichem Niveau leben dürfen.
Mit wechselndem Interesse sieht er die Waffe des Kriegers an, und schüttelt den Kopf. "Das ist wohl keine Waffe."
Er bezweifelt, dass die Ewige ihren Segen geben wird für einen gewaltigen Handschuh, wenn zur gleichen Zeit auch zu Klingen, Äxten und Speeren.
So nimmt er sich zusammen und trottet durch den weichen Untergrund zum Goldbeschuhten hin. Er hat immerhin noch eine andere Magie bereit.
"Aber für diese Beschwörung ist das nicht so wichtig."
Indem er einiges von seiner himmlichen Macht opfert, ruft er Nachtschwaden aus seinem Mantel, die aus Kragen und Ärmeln herausdringen, um sich zu einem schweren Dunst zu verbinden und erst kurz vor dem gepanzerten Kriegsgeschmiedeten sich wieder aufzuteilen und durch die winzigsten Löcher in sein Räderwerk zu schlüpfen. Sie wirken dort wie eine Antriebsmaschine, indem sie jeder Bewegung des Eisenmanns in seinem Innern folgen und zu größerer Wucht verhelfen, als zuerst gedacht.
"So...", murmelt Ein, als der Nebel nicht mehr selbst sichtbar ist, und er legt sich zurück auf seinen Thron.

Xim Goldschuh

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #10 am: 17.06.2007, 21:04:19 »
Xim fühlt die vertraute Kraft des Stärkungsspruches durch seine Kunstmuskeln fließen. "Hmm, ich danke euch! Das wird sicher helfen." sagt er mit einem Nicken zu Ein.

Als der Morgen graut, beginnt Xim die Kameraden mit sanften Tritten zu wecken. "Aufstehen, Kameraden, wir haben viel vor. Ich schlage vor wir bauen ein kleines Floß für Ausrüstung und Kleidung, wer möchte bläst sich einen Wasserschlauch zur Schwimmunterstützung auf, ich hänge mich unten an das Floß, und wir schwimmen hinüber. Bei einem meiner Feldzüge hat ein Druide bei ähnlicher Gelegenheit tote Bäume in Lastkanus umgeformt - Goda, könnt ihr das zufällig auch?"

Ein

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #11 am: 17.06.2007, 22:18:11 »
Als es Morgen wird und der Kriegsgeschmiedete seine abenteuerlichen Ideen äußert, weckt er bei Ein nur Kopfschütteln. "Druiden?"
Er ist sich nicht sicher, ob das ein böser Spaß auf Kosten der Wandlerin ist, oder, ob Xim in der wilden Frau tatsächlich eine solch mächtige Hexenkünstlerin erwartet. "Ein Floß aber, ja, das könnte etwas werden", stimmt er zu.
Ihn drängt es aber, denn der Sonnenaufgang ist der Zeitpunkt, seine Kraft zu nutzen.
Auf dem aufgeschwemmten Boden findet er festen Stand und stützt sich auf seinen Langspeer. Als die ersten Sonnenstrahlen gierig über den Horizont lecken, konzentriert er sich darauf, die Nacht in der Waffe zu bewahren. Die Sonne erleuchtet sein eigenes Haar, die ganze Gestalt, wie es ihr zu tun angestammt ist. Nur der Speer wirft keinen Schatten, und entweder sind die Lichter des Himmelskörers nicht mächtig genug, ihn zu beleuchten, oder die Waffe schluckt die Helligkeit einfach. Er bleibt so dunkel, wie er es zur Zeit gewesen ist, als die Sonne vom Horizont heruntergestiegen ist.
Angespornt durch den Erfolg, wagt Ein, den Schutz vor dem schwächenden Morgen auch auf die Waffen der anderen auszudehnen. Denn am Tag ist die Nacht mächtiger, wo sie bestehen bleibt.
Sein erstes Tun ist anschließend der Besuch der unheimlichen Kriegerin und ihres dunklen Tieres.
Steht auf, wir bauen uns ein Floß und segeln damit zum Horizont“, verkündet er und bietet ihr zum Aufstehen die Hand an, wie er es von Lira’el erlebt hat.

Gorislava Daal Garden

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #12 am: 18.06.2007, 17:43:54 »
Mühsam öffnet Gorislava die Augen, als das unbarmherzige Morgenlicht sich zwischen ihre  Lider bohrt und den Geräuschen des Tages den Weg in ihren Geist bahnt. Mühsam erwacht sie aus unruhigen Träumen, deren lange anhaftenden Überreste zu vertreiben sie sich keine Mühe gibt. Mühsam gibt sie sich Erinnerungen hin, die von Gestern und Vorgestern künden, und von Lucan, dessenwegen sie von der Reise nach Karrnath abgewichen ist.

Der wirbelnde Schatten verzieht sich zu einer müden Schliere, die mehr einer schläfrigen Hauskatze ähnelt denn einem blutrünstigen Panther, und sickert langsam an den Wurzeln des mächtigen Baums entlang, unter dem die Rächerin sich schlaftrunken vom weichen Waldboden drückt.
Mitten in der Bewegung stockt sie, und starrt die Gestalt über ihr an, als wäre ihr ein Gespenst erschienen. "Ein? Wo zum Henker kommt Ihr auf einmal her? Was für ein Floß? Horizont?" Für die Karrn ist es noch zu früh am Morgen, was die Poesie anbelangt. "Also schön, wir wollen diesen Teich ruhmreich besegeln," erkennt sie schließlich und seufzt; dann ergreift sie abrupt die Hand des Heilers und lässt sich aus der sitzenden in eine stehende Position helfen.
"Willkommen zurück," meint sie zu Ein und wendet sich daraufhin ebenso abrupt von ihm weg, um zum See herunter zu marschieren und sich dort vor der Wasseroberfläche hinzuknien.
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Ein

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #13 am: 19.06.2007, 08:08:33 »
"Danke", ist Eins einziges Wort und Gedanke, den er für sich selbst formulieren kann, bevor die Daal Garden wieder verschwunden ist. In plötzlicher Erinnerung aber rennt er ihren Weg noch ein Stück nach und ruft "Ihr verzeiht mir doch die Angelegenheit mit dem Pferd?", ohne aber auch darauf eine befriedigende Antwort zu erwarten.
Statt nun Lira'el und auch dem Professor aufzuhelfen - Xim wird sie wecken -, wagt er sich an die Auseinandersetzung mit der Dunkelkatze und streckt nach ihr die Hand aus - an die Stelle, an der sie eben noch, die Nacht über sich aufgehalten hat. Nun ist sie weg.
Das Unwissen um die Konstruktion eines Floßes macht er dadurch wett, dass er sogleich im Wald unauffindbar wird und zwischen Morgentau nach trockenem, totem Holz sucht, das gewiss für das Vorhaben des Kriegsgeschmiedeten benötigt wird.

Gorislava Daal Garden

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WotVB[IC-2] Kapitel 2: In die Enge getrieben
« Antwort #14 am: 19.06.2007, 21:26:46 »
Gorislava hat sie soeben vor dem See niedergelassen, um die Hände ins kühle Wasser zu tauchen, sowohl die fleischerne als auch die metallene. Während das Nass in kleinen Rinnsalen vom geschmiedeten Gliedmaß heruntersickert, führt die schalenförmig gehaltene lebende Hand es zum Gesicht der Karrn, die nicht anders kann, als die kleine Erfrischung als angenehm zu empfinden.
Den kurzen Moment, der beinahe die Bezeichnung 'harmonisch' verdient hätte, setzt Eins plötzlicher Nachruf ein Ende. Gorislava dreht den Kopf zu dem Heiler um, ihre Brauen heben sich ob des Unverständnisses. "Ich fürchte, ich kann Euch nicht folgen," tut sie es kund, nicht wirklich geneigt, gleich nach dem Aufwachen ein Rätsel lösen zu müssen. "Komischer Kauz..."
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