Ernüchtert und müde verlässt Sarelo mit seinen Mitermittlern den Friedhof, ein ort der Ruhe und der Trauer, der duch die schrecklichen Verbechen zerrüttet wurde. Auch der Professor ist enttäuscht über die magere Ausbeute, die sie am heutigen Abend vollbracht haben. Die Gruppe ist freilich noch nicht richtig eingespielt, und er sieht hierin auch den Grund für ihre Probleme, wahrliche Fortschritte machen zu können. Jedoch ist dies nur ein Abend, und der nächste Tag könnte ganz anders aussehen.
Die Parade, welche die Ermittler aus unmittelbarer Nähe miterleben dürfen, jagd Sarelo einen Schauer über den Rücken, der so eiskalt wie die karrnische See selbst ist. Fast fröstelt er, als er sich wieder entspannt, doch Unbehagen macht sich ebenso breit in seinem Herzen. Er als Denker und Wissenschaftler hatte schon immer tiefste Ehrfurcht vor der Macht der Gruppe, besonders damals in den Zeiten des Krieges. Die tosenden Stimmen der Karrn scheinen ihn zu jagen, und traurige Erinnerungen kommen wieder in ihm hoch.
Für den Sieg bis in den Tod!
Besoners nach den jüngsten Erfahrungen, die die Gruppe dank dem Totengäber erleben durfte, findet Sarelo die dargebotenen Lieder etwas ironisch. Sicherlich keine der fünf Nationen konnte im Zusammenhang mit dem letzten Krieg ernsthaft nur im entferntesten von einem Sieg sprechen. Das große Königreich war zerfallen und die Thronfolger zerstritten, das konnte auch der mehr oder weniger zweifelhafte Packt der Thronfeste nicht verschleiern. Neue Nationen haben sich emporgetan, darunter eine Nation wie Droaam, bevölkert von Monstren und angeführt von Vetteln. War das ein Sieg für das einstige Galifar? Für den Sieg in den Tod...oder in das ewige Dahinvegetieren als alkoholabhängiger, stotternder Totengräber. Ein Vers, den man nach Sarelos Empfinden durchaus noch einfügen könnte in den Kollektivgesang der Bevölkerung.
Mit blankem Schwert bis in den Tod!
Ja, so kennt er die Karrn, seine ehemaligen Landsleute, die ihn in seiner Jugend fast ein wenig zu prägen vermochten. Schon immer hat er sich gefragt, woher die große Militärnation Karrnath eigentlich ihren Charakter hatte, was genau sie zu dem gemacht hat, was sie war. Aundair, seine eigentliche Heimat, schien ihm im Vergleich hierzu völlig fremd zu sein, und so schien es ihm auch damals, bei seiner Rückkehr nach Arcanix. Jetzt wieder hier zu sein und gleich eine erartige Manifestation dessen mitzuerleben, was Karrnath ausmacht, ist zugleich erschütternd und schockierend, aber auch irgendwie vertraut und erfrischend. Zuordnen kann Sarelo seine Gefühle jedenfalls nicht, und so betrachtet er wohl interessiert, aber auch distanziert das militärische Spektakel der Parade, als sein Blick auf Camille fällt. Ob seine Differenzen mit dieser Frau mit seiner eigenen Vergangenheit zusammenhängen könnten? Könnte er ihr allein deswegen abgeneigt sein, weil sie eine Karrn war? Alles, was sein Leben so nachhaltig geprägt hat, hatte sich einst in Karrnath abgespielt, und scheinbar belastet es Sarelo um vieles mehr, als er sich selbst hätte eingestehen wollen. Es muss doch einen Weg geben, es herauszufinden!
Sarelo konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Der rote Rauch schien ihn vergiftet zu haben, aber die verhüllte Gestalt lachte nur, und der graue Umhang zuckte auf ihrem Brustkorb umher, als würden von innen kleine Tentakel gegen ihn stoßen. Sarelo konnte es nicht mehr zurückhalten, und er spuckte einen Schwall erbrochenes gegen ie mit Moos bedeckte Höhlenwand neben ihm, welcher langsam seinen Weg gegen Boden suchte. Das Hallen des donnernden Lachens wurde lauter und dröhnte in Sarelos Ohren. Fast meinte er, wahnsinnig zu werden und das bewusstsein zu verlieren. Er sah die Gestalt nur noch schemenhaft. Sie stand nun vor blauem Licht und führte ihn weiter hinab in die wirren Gänge Khybers.
"Bah, du schwächlicher Elf. Dein Körper ist wohl zu schwach für das Ganze! Wir sollten ihn einfach fressen!", grölte eine ekelerrende Figur, die auf die beiden wartete. Schweißt lief von Sarelos Stirn über seine Nase bis an seine Oberlippe, wo er sich sammelte, um tropfenweise auf den glitschigen Boden zu fallen. Sein Blick war getrübt und verklärt, er wusste nicht mehr, ob das, was er sah, Wirklichkeit oder Halluzination war. Blitzschnell zischte eine fleischige, mit Pusteln übersähte Hand aus dem Umhang seines Führers hervor, und packte die Figur am Hals. Er zerquetschte ihn regelrecht, und grünes Blut lief an den entsetzlich entstellten Klauen des Wesens herab, welches seinen Arm immer weiter ausstreckte, die Figur immer höher hob, bis es sie gegen die Wand drückte.
"Halte...dein...idiotisches Maul!", zischte es auf daelkyri. "Oder ich werde dich bei lebendigem Leibe schälen und dich deine eigenen Gliedmaßen abnagen lassen, beim Drachen der Tiefe...Er ist...wichtig!"
Sarelo verrollte die Augen. Ein weiterer Strahl Erbrochenes landete auf dem Boden vor ihm. Dann brach er zusammen, und seine Sinne schwindeten hinfort.
"Wir sind da!", flüstert Sarelo wie zu sich selbst. Sie stehen endlich vor dem Ghallanda Gasthaus, und schon hört er die leis gezupfte Harfe von innen. Vorfreude überkommt ihn, und sein Herz füllt sich wieder mit Wärme. Sarelo ist durchaus beeinruckt von der Ausführung der Zenerie, die Haus Ghallanda, sicherlich in Zusammenarbeit mit Haus Phiarlan, hier umgesetzt hat. Eine solch kunstvolle Inszenierung für einen Auftritt einer Bardin hätte er in dieser Stadt gar nicht erwartet, aber umso entzückter ist er nun.
Auch er wünscht Camille und Vulgad eine angenehme, ruhige und erholsame Nacht, wobei er sich fast sicher ist, dass nur ersteres zutreffen könnte. Er erwidert daraufhin Talens blick, etwas unsicher, was von ihm erwartet wird. "Ach, ich will Euch beide wahrlich nicht stören, ihr habt Euch doch etwas Zweisamkeit verdient", sagt er abwinkend und hält wie Joanne Ausschau nach einem geeigneten Plätzchen für sich. "Ich werde mir noch ein Glas Wein genehmigen und dann auch schon mein Zimmer aufsuchen. Die Arbeit als Professor kennt meist keinen Feierabend, leider!"