"Menschliche Spuren?"
Die Malar-Anhängerin zögerte, dann schüttelte sie ihren Kopf.
"Das macht keinen Sinn. Die Träume sprachen von Bestien, monströse Kreaturen. Sie sollten Diener des Großen Jägers sein, oder ihm zumindest bekannt sein, aber sie sind neu. Malar selbst kennt sie nicht."
Sie stand auf, offensichtlich unruhig, und machte es nun Ronga gleich, indem sie ebenfalls durch den Raum lief. Dabei hatte sie offenbar völlig vergessen, dass sie den Halbling noch Momente zuvor als Gefahr betrachtet hatte.
"Die Geister haben uns gesagt: Es werden mehr. Diese Kreaturen könnten sich zu einer ernsthaften Bedrohung entwickeln."
"Die ganze Welt?"
Kays Stimme überschlug sich fast, als sie plötzlich aufsprang - viel schneller, als es eine Frau in ihrem Alter können sollte. Gleich darauf kniete sie sich wieder neben den Elfen.
"In was bist du da geraten, junger Elf? Bist du der Verantwortung gewachsen, dass deine Handlungen das Schicksal der ganzen Welt beeinflussen könnten?"
Dann schüttelte sie ihren Kopf.
"Ach, was rede ich. Du hast Yika gesehen. Sie zeigt sich niemandem, der nicht würdig wäre. Ich denke, du bist auserwählt, mein Junge. Was ziemlich interessant ist, wenn man bedenkt, dass du den Platz eines anderen eingenommen hast, der eigentlich hätte auserwählt sein sollen. Die Zusammenhänge sind mir noch nicht ganz klar."
Plötzlich griff sie nach Beldins linker Hand. "Die Steine! Die hätte ich fast vergessen. Sieh nur!"
Auf seinem Handrücken hatte sich ein Symbol gebildet: Ein fast weißer Kreis, in dessen Mitte sich zwei der Symbole fanden, die Beldin zuvor auf Kays Runensteinen gesehen hatte.
"Hm, hm. Das ist wenig. Du neigst zum Chaos, zur Freiheit, und auch zum Guten. Das wussten wir bereits. Schade, ich hatte auf mehr gehofft. Wo sind die anderen..."
Sie hob Beldins Hand hoch, drehte sie um, blickte sich auf dem Boden um, konnte die verbliebenen zwei Steine aber nirgendwo finden.
Dann wanderte ihr Blick zu seiner anderen Hand. Sie griff danach, betrachtete stirnrunzelnd den Handrücken, auf dem nichts zu erkennen war, und drehte die Hand des Elfen dann unsanft um.
Dort, auf der Handinnenseite, war ein weiteres Symbol zu erkennen - ein schwarzer Kreis, in dessen Mitte sich die Symbole wiederfanden, die auf den übrigen zwei Runensteinen gewesen waren.
"Ha!" rief Kay aus, und sprang sofort wieder auf. "Ich wollte es kaum glauben, aber ich denke, ich hatte von Anfang an recht! Das Streben nach Ordnung, verschmolzen mit dem Bösen. Es ist auf deiner Hand, es ist ein Teil von dir. Jarek... zerfressen von Rache, sagtest du? Oh, ja, das passt."
Sie kicherte, und wieder bekamen ihre Augen diesen seltsamen Glanz.
"Die Steine sprechen deutlich. Als Jarek war die Seele anfangs dem ähnlich, wie du heute bist, doch die Ereignisse haben ihm die Hoffnung geraubt, und er hat alles umgekehrt, ist böse geworden. Und starb. Und dann... Beldin, DU bist Jarek. Du bist ein Wiedergeborener."
Nachdem die Kellnerin gegangen war, wandten sich die drei Ermittler dem verdienten - und äußerst schmackhaften - Essen zu.
Sie waren beinahe fertig mit ihren Speisen, als Eretria plötzlich erstarrte. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht, und ihre Augen wurden gläsern. Sekundenlang blieb sogar ihr Atem stehen...
"Glaubst du wirklich, ihr könntet IHN aufhalten, Tochter der Sonne?"
Der Stachel des Skorpions hatte sie ganz unvorbereitet getroffen, und Eretria spürte, wie sich das Gift vom Nacken rasend schnell wie brennende Säure in ihrem Körper ausbreitete.
"ER ist hier, um euch zu holen, so wie es vorgesehen war! Alles fügt sich..."
Die Stimme, die entfernt an ein kleines Kind erinnerte, war grausam verzerrt, und hätte das Gift nicht ihren gesamten Körper gelähmt, hätte alleine die Unmenschlichkeit dieser Stimme ausgereicht, ein Schütteln durch den Körper der Priesterin zu jagen, ganz zu schweigen von dem schnellen, rhytmischen Klackern der Skorpione, die auf sie zukrabbelten...
"Gebt euch in SEINE gütigen Hände, und er wird alle belohnen, die stark genug sind... ihr müsst nur den Tod willkommen heißen..."
Die Welt wurde schwarz, und Eretria spürte, wie das Leben ihren Körper allmählich verließ.
"Ihr werdet die Stadt nicht verlassen!" hörte sie die Stimme wie aus weiter Ferne hysterisch schreien. "Wenn ihr die Stadt verlasst, erwarte ich euch schon. Und dann werdet ihr nicht SEINE Gnade erfahren!"
Dann kam Eretria wieder zu Bewusstsein. Sie atmete tief ein, und ein Husten schüttelte ihren Körper.