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Autor Thema: Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht  (Gelesen 91761 mal)

Beschreibung: Die Geschichte

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Elias Ch'Ame

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Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht
« am: 29.11.2009, 11:17:49 »
Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht

Die Maschen des Netzes

"Ein Auge auf den Gefährten, ein Auge auf den Gegnern - und man hat alle Feinde im Blick." Elias Ch'Ame vormals Gotteskind aka Sami aka Milan aka ein paar Verschollene

Elias Ch'Ame

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Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht
« Antwort #1 am: 30.11.2009, 18:01:28 »
Dorgen Gilmarik - Kleriker des Lathander
4.Eleint 1374 TZ, Kurz vor Sonnenaufgang


Dorgen war eine Stunde vor Sonnenaufgang in einem Einzelzimmer im Gasthaus „Zur Lindwurm-Schildwache“ erwacht. Das Zimmer war nicht groß, aber komfortabel eingerichtet. Das Bett war am gestrigen Abend für ihn frisch bezogen worden. Es war weich - fast schon zu weich, nach seinem Empfinden - und gemütlich gewesen. Nach der Reise von Marsember aus, an der Küste entlang bis Wheloon war es jedoch genau das Richtige gewesen, um zur Ruhe zu kommen. An der, dem Bett gegenüberliegenden, Wand stand ein Tisch, auf dem eine Schüssel mit frischem Wasser platziert worden war. Vor dem Tisch befand sich noch ein Stuhl, auf dem Dorgen einige seiner Sachen abgelegt hatte. Neben den Tisch hatte man noch eine verschließbare Truhe gestellt. Der kleine Schlüssel für das stählerne Schloss an der Truhe befand sich an einem Bund mit einem größeren, massiven Exemplar - dem Zimmerschlüssel.
Einen Moment lang hatte er sich orientieren und sich den vergangenen Tag durch den Kopf gehen lassen müssen. Er war am späten Nachmittag des dritten Eleint in Wheloon angekommen, einem friedlich anmutenden Städtchen. Das Erste, was Dorgen aufgefallen war, waren die im Licht der untergehenden Sonne glänzenden, grünen Dächer. Es gab kein noch so kleines Häuschen, das nicht mit einem solchen Dach verziert war. Die Stadt war erfüllt von dem Lärm rumpelnder Wagen, die von Osten auf dem Weg des Mantikor nach Westen Waren transportierten, von den Geräuschen arbeitender Hände, die damit beschäftigt waren, die ohnehin recht ansehnlichen Häuser noch zu verschönern, und von den Rufen der Handwerker, ihrer Frauen und ihrer Kinder, die Dorgen mit offenen Mündern anstarrten, weil sie nicht allzu oft solch prächtige Rüstungen wie Dorgens sahen.
Dorgen war eine Weile durch die Stadt gelaufen, um einen Eindruck zu gewinnen, nicht nur von der Stadt selbst, sondern auch von ihren Bewohnern. Es gab einige Läden, die gleichzeitig als Wohnungen fungierten und deren Türen offen standen, so dass man ihren Bewohnern bei der Arbeit zu sehen und zu gleich erahnen konnte, wie einfach sie teilweise lebten. Sie waren jedoch zumeist so beschäftigt, dass sie Dorgen nicht einmal bemerkten. Andere Einwohner, die ihm entgegen kamen, starrten ihn unverhohlen und misstrauisch an, die meisten aber grüßten ihn freundlich mit einem Lächeln auf den Lippen.
Am Abend war er am Ufer des Lindwurmlaufs spazieren gegangen, hatte auf den Sonnenuntergang gewartet, der aufgrund des alternden Jahres inzwischen zeitig begann und umso schneller beendet war. Nach Sonnenuntergang waren mehrere Männer mit Laternen durch die Stadt gezogen und hatten an Häuserwänden befestigte Laternen entlang des Wegs des Mantikors und größerer Straßen entzündet. Selbst nach Einbruch der Dunkelheit waren die geschäftigen Geräusche nicht verebbt. Dorgen hatte einen der Männer gefragt, wo er ein Gasthaus finden könne, und er war an das „Lindwurm-Schildwache“ verwiesen worden.
Dorgen fuhr sich kurz über das Gesicht, bevor er damit begann, sich auf den Tag vorzubereiten. Als er kurz vor Sonnenaufgang in den Schankraum trat, waren die beiden Schwestern Baerill und Asanta bereits dabei, die Tische zu reinigen und das Frühstück für ihre Gäste zuzubereiten. So wie Dorgen es am gestrigen Abend aufgeschnappt hatte, waren die beiden Schwestern seit dem Fortgang ihres Vaters die Eigentümerinnen des Gasthauses. Allerdings konnte Dorgen noch immer nicht recht glauben, wohin Buldegas Mhaerkoon gegangen war: ausgerechnet nach Arabel, von dem aus so viele Menschen nach Wheloon geflüchtet waren. Und warum? Um dort ein Gasthaus zu errichten. Dorgen schüttelte lächelnd den Kopf. Aber vielleicht war ein Gasthaus ja auch genau das, was Arabel knapp drei Jahre nach dem Ende der Goblinkriege gebrauchen konnte.
Das Angebot Baerills, ihm ein Frühstück zu bringen, lehnte Dorgen ab. Stattdessen begab er sich auf den Weg zum Lindwurmlauf, um den Sonnenaufgang zu betrachten. Die Männer, die am Vorabend die Laternen entzündet hatten, löschten sie nun wieder, während Dorgen seinen Weg dem Licht entgegen weiter ging.
Wenige Stunden später stand Dorgen vor dem Wachhaus, das aus zwei Gebäudeteilen bestand, die durch einen kurzen Mittelgang miteinander verbunden waren. Der südliche Teil hatte nur kopfgroße, vergitterte Fenster und war von vier Wachen in Purpur umstellt. Das Gefängnis schien demnach direkt an das Wachhaus angeschlossen. Dorgen wandte sich der doppelflügligen, massiven Holztür des zweiten Gebäudeteils zu. Er war unsicher, ob er einfach eintreten sollte, denn einen Türklopfer gab es nicht. Gerade, als er eine der Wachen, die den Gefängnisteil umstellten, fragen wollte, lief eine Frau in den Mittvierzigern an ihm vorbei. Ihr Haar war zu einem langen, braunen Zopf geflochten, ihr Körper, der zum größten Teil unter einem schlichten Kleid in einem blassen Rotton verborgen war, war rundlich, aber keineswegs korpulent. Ihr Gesicht zeigte helle, wache Augen, eine kleine, wohlgeformte Nase und volle Lippen. Ja, Dorgen wäre geneigt gewesen, sie als schön zu bezeichnen, wenn nicht dieser wutverzerrte Ausdruck über ihrem Gesicht gelegen hätte. Sie stieß schwungvoll einen Flügel der Tür auf und trat ungefragt ins Wachhaus. Dorgen beschloss diese Einladung zu nutzen und den Purpurdrachen endlich seine Hilfe zu entbieten, die dieser Tage, an denen Lathanders Scheibe oft von Wolken - gefüllt mit den Tränen der Götter - verdeckt wurde, überall gerne angenommen wurde.


Fabulon - Späher aus dem Hochwald
4. Eleint 1374 TZ, Sonnenaufgang


Vier Tagesreisen lagen hinter Fabulon. Er blickte gen Norden, während zu seiner Rechten langsam Lathanders Scheibe ihren herbstlich-müden Gang über das Firmament begann. Arabel - es schien Ewigkeiten her, seit er die Stadt erreicht hatte. Er schloss kurz die Augen, dachte an den Königswald und an jene, die von dort vertrieben worden waren. Er hatte gehofft, sie in Arabel wieder zu treffen, sie zu finden, zu sehen, dass es ihr gut ging, doch seine Hoffnung war enttäuscht worden. Stattdessen hatte er nur erfahren, dass viele beim Einfall der Horden, und zu einem guten Teil auch schon zuvor, geflohen waren, viele in Richtung Süden in eine kleinere Stadt namens Wheloon. Ob seine Schwester sich unter den Flüchtlingen befunden hatte, hatte er nicht in Erfahrung bringen können. Der Weg nach Wheloon war ein Weg der Hoffnung, die letzte, die er noch hatte, sie wieder zu sehen.
Die Nacht hatte er auf einem der zahlreichen Hügel des Umlandes verbracht. Er atmete tief durch. Als die Sonne das Land in warmes, orangenes Licht tauchte, drehte sich Fabulon gen Süden und blickte direkt auf die Stadt, in der er sie wieder zu treffen hoffte. Wheloon war noch gute zwei Wegstunden entfernt, doch aufgrund seines erhöhten Standpunktes konnte er die Stadt gut überblicken. Auf dem Lindwurmlauf, dem er nun seit vier Tagen folgte, waren immer wieder Schiffe in die eine oder andere Richtung an ihm vorbei gezogen. Wie er nun sehen konnte, schien Wheloon einer der Umschlagplätze zu sein. Etwas weiter östlich der Stadt erregte jedoch noch etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Dichter Nebel zog über einen großen Landstrich hinweg, vor dem man Fabulon eindringlich gewarnt hatte - der Weite Sumpf. Er ließ seinen Blick nicht lange auf dem Nebel verweilen. Er war nicht sein Ziel. Stattdessen schulterte er seine Sachen, überprüfte, ob er nichts an seinem Ruheplatz vergessen hatte und als die Sonne jeden ihrer Strahlen über den Horizont erhoben hatte, setzte er einen Fuß vor den anderen in Richtung Wheloon.
Zwei Stunden später verlangsamten sich seine Schritte. Aufmerksam lief er auf sich windenden und den natürlichen Erhöhungen und Senken folgenden Straßen entlang. Es gefiel ihm, dass man der Natur nicht Einhalt gebot, sie begrenzte und veränderte, sondern stattdessen im Einklang mit ihr - soweit das Menschen möglich war - baute. Über ihm waren graue Wolken aufgezogen, doch sie vermochten es nicht, das Licht Lathanders auszusperren. Fabulon bewunderte die grünen Dächer der Häuser, die im Sonnenlicht schimmerten, als wären sie mit Hunderten von frischen Tautropfen besetzt. Er blieb stehen. Unwillkürlich war er seit dem Morgen auf den höchsten Punkt der Stadt zugelaufen, einem kleinen Hain auf einem Hügel. Nun blickte er vom Hain hinab auf die Stadt und glaubte einen kurzen Moment, dass die Stadt aus Bäumen bestünde, die glänzende, frische und gesunde, grüne Kronen trugen. Aber dieser Moment war schnell vorüber. Vielleicht sehnte er sich auch zu sehr nach seiner Heimat. In der Umgebung der Stadt gab es zwar zahlreiche, kleine Wäldchen, aber im Vergleich zum Hochwald waren das nur karge Baumgruppen, die die Bezeichnung Hain oder Wäldchen gar nicht verdienten. Aber was erwartete er? Niemals war es irgendwo schöner als in der Heimat, sagte man das nicht so? Außerdem war er ja auch nicht hier, um ein lauschiges Plätzchen zu finden. Er wollte heraus finden, wo seine Schwester war, ob sie überhaupt noch lebte. Er atmete tief durch, genoss den Wind, der frisch und wohltuend durch die Stadt zog und betrachtete den Hain, dessen Grenze er nun unbewusst überschritt. Es war ruhig. Der Lärm der Stadt, der bisher zu ihm durchgedrungen war, verebbte. Und doch war er keineswegs allein. Viele Menschen gingen schweigend auf den angelegten Pfaden spazieren, ein paar junge Tunichtgute lagen auf den hellen, kleinen Flecken, die winzige Lichtungen bildeten, aber auch sie wagten es nicht, lauter als ein Flüstern zu sprechen. Doch es hing keineswegs Trübseligkeit über dem Ort. Jeder, dem Fabulon begegnete, lächelte. Er hatte den Eindruck, als wären sie vollkommen zufrieden und auch er selbst fühlte sich ein wenig von dem Kummer und der Last seiner Reise befreit. Wenn sie tatsächlich bis nach Wheloon gereist war, wenn sie es geschafft hatte, dann war sie bestimmt auch hier gewesen. Er lauschte den unterschiedlichen Vogelstimmen und entdeckte einen kleinen Schrein im Herzen des Hains. Einst war er vermutlich ein kleiner Turm gewesen, aus hellgrauen Steinen gemauert. Doch dieser war längst eingefallen. Kreisförmig angeordnet stand nur noch eine mannshohe Mauer, die immer wieder von Stellen unterbrochen wurde, an denen die Steine bis zum Grund des weichen Waldbodens eingefallen waren. Durch eine dieser Lücken erblickte Fabulon einen Altar, der aus denselben Steinen gemauert war. Er war schlicht und schmucklos, aber auf seltsame Art ergreifend. Pflanzenranken schlängelten sich an ihm empor, ohne aber den Altar in Besitz zu nehmen und die steinerne Oberfläche, auf der an jedem kurzen Ende des rechteckigen Gebildes eine kleine, hölzerne Schale - gefüllt mit klarem, glitzerndem Wasser - stand, war unbedeckt. Vor dem Altar stand ein älterer Mann. Sein Haar war kurz geschnitten und kohlschwarz, nur die Seiten waren leicht ergraut. Er trug einfache Gewänder, die ihn an einen Priester erinnerten, aber es war kein Symbol eines Gottes erkennbar. Noch mehr aber überraschte es Fabulon, als der Mann eine kleine Phiole aus seinem Talar zog, sich kurz umsah und einige Tropfen bläulicher Flüssigkeit in eine der Wasser gefüllten Schalen träufelte. Er lächelte dabei unergründlich.


Arion - Paladin im Namen Torms
4.Eleint, Eine Stunde nach Sonnenaufgang


Müde schleppte sich der Mann auf seinem Ross durch die windigen Straßen der Stadt. Alles hatte er auf sich genommen, um endlich mit Regentin Alusair sprechen zu können. Aber bisher war ihm dieser Wunsch verweigert worden. Aufgrund der vergangenen und aktuellen Ereignisse war sie viel zu sehr damit beschäftigt, Cormyr zu regieren und eindringende Feinde im Schach zu halten. Auch das Befehligen der Purpurdrachen war keine einfache Aufgabe. Eine solche Streitmacht musste koordiniert werden. Ganz klar, dass sie da nicht unbedingt ein Ohr für einen Mann hatte, der in eine Stadt wollte, in der ihn nur der Tod oder das Verschwinden im Chaos erwarten konnte. War es überhaupt eine gute Idee, Tilverton betreten zu wollen, nach allem, was mit der Stadt geschehen war? Aber er musste erfahren, was dort vor sich ging und was aus seiner Familie geworden war. Er konnte doch nicht einfach so weiter leben, ohne über ihr Schicksal Bescheid zu wissen. Warum ließ man ihn nicht einfach ein? Es war doch sein eigenes Leben, das er riskierte.
Sein Blick wurde verschwommen. Er hätte in der Nacht eine Rast einlegen sollen, auch um seines Pferdes Willen, das mittlerweile den Kopf hängen ließ. Irgendwie musste er sich verschätzt haben, hatte er doch geglaubt, die Stadt noch am späten Abend erreichen zu können. Aber vielleicht kam die Müdigkeit auch nicht von seiner langen Reise, vielleicht kam sie eher von der zunehmenden Hoffnungslosigkeit, endlich mit Alusair sprechen zu können. Nun war er hier, weil er glaubte, dass ihm dieser Auftrag dabei helfen könnte, endlich bei ihr vorsprechen zu dürfen. Torm stand ihm bei, hatte ihm auf seiner langen Reise immer beigestanden. Aus dieser Erkenntnis schöpfte er neue Kraft. Er hob den Kopf und konnte so endlich sehen, in was für eine Stadt er gelangt war. Wheloon, so hatte man ihm in dem Brief mit dem Auftrag geschrieben, war eine jener Städte, die den Angriff der Horden vor einigen Jahren einigermaßen heil überstandenhatte und seither erblühte. Das Besondere an der Stadt aber sei, dass es die einzige Stadt in Cormyr war, die einen Tempel der Mutter der Magie hatte. Angeblich war er neu erbaut worden, erst wenige Wochen alt. Arion hatte den Auftrag erhalten, sich den Tempel anzusehen und den Priestern seine Hilfe anzubieten, falls sie in diesen ersten Monaten Hilfe gebrauchen konnten. Auch wenn Torm der einzig Wahre war, so war es nicht schlecht, sich mit den Vertretern anderer Götter gut zu stellen, vor allem wenn man auf einer ähnlichen Seite kämpfte, wenn es auch nicht ganz die gleiche war. Arion war sich nicht sicher, warum man ausgerechnet ihn für diese Aufgabe ausgewählt hatte. Ja, er konnte mit Menschen umgehen, er hatte sich stets durchgebissen und einen langen Weg hinter sich. Er hatte sich seinen Platz hart erkämpft. Aber diplomatische Beziehungen knüpfen? Solche Aufgaben waren ihm eher weniger zuteil geworden. Dennoch wollte er im Namen seines Gottes und seiner Kirche alles daran setzen, um den Auftrag auszuführen und zu einem glücklichen Abschluss zu bringen.
Er ließ den Blick schweifen, bewunderte die schönen Straßen und Gassen, die gepflegten Häuser, sah ab und an den lachenden und scheinbar vollkommen unbeschwerten Kindern beim Spielen zu. Hier war alles in Ordnung und er konnte wohl mit Stolz behaupten, dass er auch seinen Teil - wenn er vielleicht auch klein war - dazu beigetragen hatte, dieses Land wieder sicherer zu machen. Aber jedes Glied in der Kette war wichtig, zerbrach nur eines davon, hatte man auch das Ganze nicht mehr. Er lächelte und fühlte seine alte Stärke und Zuversicht zurück kehren. Dennoch: Er musste sich ein wenig ausruhen und auch seinem treuen Gefährten Ruhe gönnen. Es war früh am Morgen, wenn er ein Gasthaus fand und sich ein wenig zur Ruhe legte, dann konnte er am Mittag oder am Nachmittag immer noch zum Tempel aufbrechen. Er wollte gerade einen beschäftigten Handwerker fragen, ob er ihm helfen könne, ein Gasthaus zu finden, bei dem er auch sein Pferd abstellen konnte, als er einen kleinen Jungen am Straßenrand sitzen sah. Er weinte und rieb sich das Knie, unter dem ein wenig Blut hervor quoll. Drei andere Jungen, kaum älter als er, standen im Halbkreis um ihn herum.
“Heulsuse, Heulsuse!”
“Geh doch zu deiner Mami, du Weichei!”
“Ja, oder zu deinem Papi und hilf ihm beim Schöpfen der Latrinen!”
Arion fiel auf, dass die drei anderen Jungen sehr gut gekleidet waren. Der Junge aber, der am Boden saß und weinte, hatte schmutzige Sachen an, die ihm zudem zu klein waren. Sein Gesicht war ebenso schmutzig, doch seine Tränen reinigten die roten Wangen. Der Junge blickte zu Boden und machte nicht den Anschein, als wolle er sich gegen die drei Anderen wehren. Nein, er schien es aufgegeben zu haben. Er schien sich aufgegeben zu haben.
« Letzte Änderung: 04.12.2009, 23:29:17 von Gotteskind »
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Fabulon

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« Antwort #2 am: 05.12.2009, 09:04:48 »
Vorsichtig trat der Elf näher und blickte sich an diesem Ort genau um. Er wollte den Mann nicht stören, doch irgendwie war auch seine Neugier geweckt, was es mit diesem Ort auf sich hatte und was der Mann hier tat. Schnell versuchte Fabulon einen Blick auf das Fläschchen zu erhaschen, aus dem der Mann die Flüssigkeit in das Wasser träufelte[1].

Dann entschied der Elf sich doch, ihn anzusprechen.
"Die Götter zum Gruße. Sagt, was ist das hier für ein Ort?", fragte der Elf.
 1. Spot: 26

Dorgen Gilmarik

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« Antwort #3 am: 05.12.2009, 11:32:34 »
Dorgen streicht noch einmal den Wappenrock über seiner Rüstung glatt und rückt den Rucksack auf seinem Rücken zurecht an dessen Seite seine Tartsche und seine Armbrust baumelten. Anschließend tritt er auf die langsam wieder zufallende Tür zu und hält sie mit der linken Hand auf. Ebenso gemächlich geht er in den Raum hinein und sieht sich erst einmal einige Zeit um. Seiner Erfahrung nach waren die Ritter in Purpur immer die beste Anlaufstelle in einer Stadt, sofern es keinen Tempel des Morgenfürsten gab, um herauszufinden, wo die Dienste eines Morgenbringers von Nöten waren. Das war schließlich der eigentliche Grund warum er her gekommen war, damit er die Gnade Lathanders auch hier in Weloon verbreiten konnte, nachdem er auf seiner Reise von Marsember aus hierher bereits alles getan hatte was er konnte um die Leiden, die der Drachenzorn hinterlassen hatte, zu lindern.
Die Augen des Klerikers suchen neben einem verantwortlichen Purpurdrachen auch nach der Frau, die so ungestüm hineingestürzt war, wobei er allen, deren Blicken er begegnet, mit einem freundlichen Lächeln zunickt und sie grüßt: "Möge das Licht Lathanders euch leiten."

Elias Ch'Ame

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« Antwort #4 am: 05.12.2009, 20:34:31 »
Fabulon konnte erkennen, dass in der Phiole eine bläulich-klare Flüssigkeit war. Er hatte so etwas schon einmal gesehen. Die Phiole selbst jedoch war unbeschriftet und so war es schwer für ihn zu erkennen, um was es sich dabei handelte. Als er den Mann ansprach, fuhr dieser herum und versteckte sofort die Phiole hinter dem Rücken. Er sah Fabulon irritiert an und war scheinbar noch irritierter, als er bemerkte, dass es sich bei ihm um einen Elf handelte. Doch er fing sich recht schnell, wobei er jedoch die Arme und die Hände auf dem Rücken beließ.
"Auch Ihr sollt im Namen der Götter gegrüßt sein. Ihr habt mich ein wenig erschreckt", keuchte der Mann etwas atemlos. Aber dann stöpselte er die Phiole eilig zu und steckte sie zurück in seine Tasche. Als er aufsah, prangte ein breites Lächeln in seinem Gesicht. Er tat ein paar Schritte auf Fabulon zu und neigte kurz den Kopf. "Ihr befindet Euch hier im Göttlichen Hain. Genauer gesagt direkt vor dem Schrein des Haines, gewidmet dem Vater der Bäume, Silvanus. Ich darf wohl mit Fug und Recht behaupten, dass dies der schönste Ort unserer ohnehin schönen Stadt Wheloon ist."

Als Dorgen das Wachhaus betrat, konnte er nur wenige Schritte tun. Im Eingangsbereich hatte sich eine zwanzigköpfige Gruppe Purpurtragender versammelt und wartete darauf, Befehle zu erhalten. Aber der Befehlshaber war schwer beschäftigt und zwar mit der Frau, die Dorgen gerade vor der Tür gesehen hatte. Ihre Stimme schwoll empfindlich an, während sie sich einem hoch gewachsenen Mann näherte, der einen dunkel gefärbten Plattenpanzer trug, darüber die Farbe der Drachen. Der Mann war vielleicht in Dorgens Alter, die Haare waren kurz geschoren und zeigten ein helles Braun. Er wirkte wie der klassische Soldat, wie jemand, der sein Leben in der Armee verbracht hatte und unmöglich an einer anderen Arbeitsstelle denkbar war. Trotz allem schien er freundlich zu sein, auch als die Frau ihn anschrie und sich auf die Zehenspitzen stellte, wobei es ihr auch so nicht gelang, mit ihm auf einer Augenhöhe zu sein.
"Du hast gesagt, du kümmerst dich um ihn, Verres! Aber ich habe seit drei Tagen nichts von dir gehört! Und er kommt auch nicht von allein nach Hause! Hast du überhaupt schon einen Finger krumm gemacht, um Amnic zu finden? Hast du?"
Der Soldat hob die Hände, um sie der Frau beruhigend auf die Schultern zu legen, doch ihr Gesichtsausdruck verriet, dass er das besser nicht tat, so dass er ihr abwehrend die Handflächen entgegen streckte.
"So beruhige dich doch, Mela. Wir haben zurzeit eine Menge zu tun. Außerdem kennst du doch Amnic, er wühlt in jedem herunter gekommenden Keller nach seinen Schätzen. Wahrscheinlich hat er eine wahre Büchergrube irgendwo gefunden und..."
"Und was? Amnic würde nie solange fort bleiben, ohne mir Bescheid zu sagen! Du wirst jetzt sofort jemanden abstellen, der nach Amnic sucht, hast du das verstanden?"
Die Frau stemmte die Hände in die Hüften und sah den Soldaten erwartungsvoll an, der nicht wusste, was er tun sollte. Als Dorgen seinen Gruß ausrichtete, sahen die Soldaten und auch Mela zu ihm. Die Frau drehte sich zu Dorgen um, musterte ihn und meinte dann: "Möge das Licht Eures Gottes sein Licht zu dem Ort lenken, an dem sich mein Mann verkrochen hat!"
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Dorgen Gilmarik

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« Antwort #5 am: 06.12.2009, 12:49:27 »
Dorgen verneigt sich freundlich als sämtliche Anwesenden ihn anblicken und wendet sich dann an die Frau und den Anführer der Purpurdrachen, deren Namen scheinbar Mela und Verres lauteten: "Lathanders Licht leuchtet all jenen, die darum bitten und fähig sind es zu erkennen. Verzeiht das ich so hereinplatze und euch unterbreche; ich bin Dorgen Gilmarik, Morgenbringer aus Marsember, und ich bin hier um meine Dienste anzubieten. Die Jünger des Morgenfürsten tun was sie können um das Leid in unserer Heimat zu lindern, weshalb ich mich auf die Reise nach Weloon gemacht habe um zu sehen, inwiefern meine Dienste hier eine Hilfe sein könnten."
Eine Zeit lang sucht der Kleriker nach Rangabzeichen auf der Ausrüstung des Purpurritters, bevor er einfach so fortfährt: "Es hat ganz den Anschein als gäbe es hier einiges zu tun und auch wenn ihr sicherlich unternehmt was ihr könnt, so ist mir bewusst, dass die Männer in Purpur bei weitem nicht zahlreich genug sind um alle Probleme die es in unserem Königreich gibt zu lösen. Erlaubt mir also euch mit Rat und Tat zu unterstützen auf dass Cormyr wieder ein klein wenig sicherer und glücklicher wird."
Dorgen lächelt den Rittern und der wütenden Bittstellerin freundlich zu, während er auf eine Reaktion ihrerseits wartet.

Fabulon

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« Antwort #6 am: 06.12.2009, 14:10:00 »
"Ein dem Silvanus geweihter Ort? Das hätte ich nicht erwartet", erklärte Fabulon, wobei sich seine Miene aufhellte. "Ja, das ist ein wahrlich schöner Ort", fügte der Elf noch hinzu und versuchte, sich die Ungeduld aufgrund der ihm auf seiner Zunge brennenden Fragen nicht anmerken zu lassen. Wenn Fabula hier in Wheelon war, dann würde sie gewiss von Zeit zu Zeit diesen Ort aufsuchen oder zumindest aufgesucht haben. Vielleicht wusste der Mann etwas über sie oder kannte sie sogar. Es war seine letzte Hoffnung.
Dennoch, etwas hielt den Elf davon ab, seine Fragen direkt zu stellen. Ein kleines Glöckchen hatte ob des Verhaltens des Mannes in seinem Hinterkopf geläutet um ihn zur Vorsicht zu mahnen. Was war das für eine Phiole, die der Priester so auffällig unauffällig in der Hand hatte verschwinden lassen wollen? Fabulon wurde den Verdacht nicht los, den Mann bei einer Missetat überrascht zu haben, zumindest aber war er sicher, dass er etwas zu verbergen hatte. War dies am Ende überhaupt ein Priester Silvanus'? Er trug kein heiliges Symbol. Hatte das etwas zu bedeuten?

"Sagt, Vater, erzählt mir doch von Silvanus und von der Geschichte, dieses Ortes. Ich würde außerdem gerne etwas spenden", erklärte der Elf, gespannt darauf, ob der Mann ihm und seinen Fragen ausweichen würde.

Thon

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« Antwort #7 am: 06.12.2009, 14:32:54 »
Arion nähert sich bis auf ein paar Schritte der Gruppe Jungen, steigt dann gemächlich vom Pferd, damit die Kinder ihn bemerken. Langsam nähert er sich der Gruppe, greift dabei seinen Schild und schiebt das Schwert an seiner Seite in die richtige Position.
An die drei gutgekleideten gewandt:

“ Verschwindet hier!“

in seiner Stimme liegt seine gesamte Autorität als Streiter Torms und erfahrener Krieger aus den Goblinkriegen. Danach widmet er seine gesamte Aufmerksamkeit dem Jungen am Straßenrand. Mit beruhigender Stimme redet Arion nun mit dem kleinen Jungen:

“Kennst du dich hier aus? Ich suche einen Gasthof, wo ich unterkommen kann. Ich bin neu hier und kenne die Gegend nicht, vielleicht kannst du mir oder deine Familie weiterhelfen, wo wohnst du denn?“

Mit diesen Worten versucht Arion erstmal das Eis zu brechen und das Kind zu beruhigen. Auf dem Weg zu seinem Zuhause redet Arion weiterhin mit ihm und versucht ihn aus seinem Schneckenhaus zu befreien und zu beruhigen. Ihm fehlt Selbstbewusstsein und das versucht Arion ihm zu vermitteln, in dem er ihm von sich erzählt, wie er als Sohn eines armen Schmiedes aufgewachsen ist und sich dann dem Glauben an Torm zugewandt habt, um in seinem Namen für die gute Sache zu kämpfen. Wenn Arion seine Aufmerksamkeit vollständig habt, versucht Arion in ihm den Wunsch nach Selbstfindung zu wecken, wo liegen seine Stärken, was kann er gut, was würde er gerne machen?
« Letzte Änderung: 06.12.2009, 16:47:34 von Arion »

Elias Ch'Ame

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« Antwort #8 am: 06.12.2009, 18:12:10 »
Verdan - Mit Ilmaters Fäusten
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Im Licht des neu erwachenden Tages betrat der junge Mönch die Stadt, die in Lathanders Strahlen leuchtete. Bewundernd beobachtete Verdan die einzelnen Schattierungen der grünstichigen Dächer und stellte verblüfft fest, dass jedes Dach einen anderen Ton Grün aufzuweisen hatte. Staunend lief er durch die sich gemächlich windenden Straßen, die schon am frühen Morgen vor Betriebsamkeit strotzten. Ein, zwei Mal huschten Kinder an ihm vorbei, betrachteten ihn kurz mit einer Mischung aus Verblüffung und Staunen und verschwanden dann in einern Nebenstraße. So ließ sich der Mönch eine Weile durch die Menge tragen, bis er sich darüber bewusst wurde, warum er eigentlich hier war. Er wollte doch den Tempel aufsuchen. Nur hatte er nicht die geringste Ahnung, ob es in Wheloon überhaupt einen Tempel des Gebrochenen gab oder nicht. Als er den Kopf ziel gerichtet hob, um sich umzusehen, stand er vor größeren Gebäudekomplex. Dieser bestand aus einem normalen Wohnhaus, über dessen Tür ein gusseisernes Schild befestigt war und einem kleineren, aber langegestreckten Gebäude, das an eine Art Lagerhaus erinnerte. Auf dem gusseisernen Schild prangte der sorgfältig gravierte Schriftzug "Zur Laterne", darunter verkündete ein etwas schwer lesbarer, kleinerer Schriftzug "Bootshaus". Als Verdan einen Blick durch die sauberen Fenster - sie waren sehr sauber, wie er feststellte - warf, entdeckte er einen kleinen Schrankraum, von dem jedoch mehrere, offen stehende Türen in weitere Räume abführten. Eine Tür an der westlichen Wand war jedoch groß und besaß zwei Flügel. Sie schien zu dem Nebengebäude zu führen. Vielleicht war das Gasthaus ja eine Möglichkeit heraus zu finden, wo er hier einen Tempel finden konnte.
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Elias Ch'Ame

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« Antwort #9 am: 06.12.2009, 18:54:58 »
Dorgen - Im Wachhaus
Der Soldat, den die Frau mit Verres angesprochen hatte, sah Dorgen abschätzend an. "Sicher, mein Herr, auch wenn die Purpurdrachen ihr Möglichstes tun." Er überlegte kurz, dann schob er Mela sanft beiseite, die sofort seine Hand weg schlug, und trat vor Dorgen, dem er die so eben geschlagene Hand entgegen streckte. "Ein Morgenbringer ist uns hier stets willkommen, Herr Gilmarik. Mein Name ist Korporal Verres Medain. Ich leite das kleine Grüppchen, was Ihr da hinten seht. Unser Wachposten umfasst allerdings eine Einheit von hundertfünfzig Männern. Und trotzdem, Ihr habt Recht, wir haben immer viel zu tun und sind manchmal nicht dazu in der Lage, jeder Kleinigkeit nachzugehen." Er sah nach hinten zu der Frau, die wütend die Arme vor der Brust verschränkte. "Ähm, Euer Angebot kommt mir doch sehr gelegen. Hättet Ihr kurz Zeit? Ich würde gerne mit Euch sprechen, aber zuerst muss ich noch meine Leute einteilen." Er drehte sich um, teilte die zwanzigköpfige Truppe in vier Gruppen ein und schickte sie zu verschiedenen Örtlichkeiten. Nur ein Soldat blieb über, mit dem der Korporal sich leise unterhielt, bevor er sich Dorgen wieder zuwandte. In der ganzen Zeit starrte die Frau den Kleriker an, sah ab und an zum Korporal und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. "So, würdet Ihr mich nach oben begleiten? Dann können wir alles in Ruhe besprechen." Da trat die Frau vor. "Und was ist mit mir?" Der Korporal räusperte sich. "Geh nach Hause, ich schicke dir gleich jemanden vorbei." Mela riss kurz den Mund auf, entschied sich dann aber dazu, dass es wenig Sinn machte, weiter zu protestieren, da sich der Korporal schon Dorgen zugewandt hatte und warf die Tür lautstark hinter sich ins Schloss. Der Korporal atmete auf. "Wenn das noch einen Morgen länger so geht, dann kündige ich", seufzte der Korporal und deutete dann auf eine versteckt liegende Treppe. "Bitte. Lasst uns in meinem Arbeitszimmer reden."

Fabulon - Beim Schrein des Silvanus im Göttlichen Hain
Der Mann lächelte sanft und hob abwehrend die Hände. "Oh nein, nein, junger Freund, eine Spende tut wirklich nicht Not. Die solltet Ihr jenen zu kommen lassen, die sie benötigen und davon gibt es reichlich auf unserer schönen Welt, nicht wahr? Aber es freut mich, dass Ihr Euch so für Silvanus interessiert und gern werde ich Euch etwas über den alten Mann erzählen. Bitte, lasst uns doch Platz nehmen. Meine Beine werden mitunter etwas schwer, wenn ich solange stehe. Und nehmt ruhig etwas von dem Wasser. Es ist frisch und wird Eure Geister stärken." Der Mann ging zu einer Bank, die gleich neben der Lücke im Mauerwerk stand, so dass Fabulon sie gar nicht gesehen hatte. Er ließ sich darauf nieder und begann, ohne auf eine Reaktion des Elfen zu warten, zu erzählen: "Silvanus ist, wie Ihr sicher unzweifelhaft erkennen könnt, ein naturverbundener Gott. Hm, ich glaube sogar, dass gerade Elfen zu Göttern beten, die ihm nicht fern sind. Silvanus schätzt jede Art der Natur, vor allem aber jene, die ungezügelt, ungebändigt ist, denn es gibt nichts Schlimmeres, als dass sie Schranken erhält, denn wir alle leben in der Natur, sind eins mit ihr, mit ihr verbunden, schränken wir sie ein, trifft das auch auf uns zu." Der Mann schloss kurz die Augen. "Was diesen Ort, diesen Schrein, hier betrifft, wurde er vor vielen, vielen Jahren angelegt. Der Göttliche Hain existiert schon deutlich länger, auch wenn er noch nicht lange so heißt und einst einmal ein wilder Ort war. Dann eines Tages wurde er beschnitten, Menschen bauten hier und nutzten die Natur schamlos für sich aus. Aber die Natur schlug zurück und bekam wieder, was ihr gehörte. Einer der von Menschenhand errichteten Türme fiel in sich zusammen und im Laufe der Jahre entstand dieser Kreis. Mein Vater errichtete eigenhändig aus den zusammen gefallenen Steinen diesen Altar zu Ehren des Silvanus, auf dass dieses Fleckchen Natur nie mehr erobert werde. Bis heute ist das nicht geschehen und die Leute unserer kleinen Stadt sind damit sehr zufrieden. Sie kommen oft hierher, um auszuruhen, um zu entspannen, einen Spaziergang zu machen und der Hektik ihres Alltages zu entfliehen. Und wenn Ihr heiraten wollt, so ist dies der perfekte Ort dafür, junger Freund." Der Mann lachte heiser. "Das Schönste aber ist, dass alle gemeinsam darauf achten, den Ort so zu belassen wie er ist, ihn nicht zu verschmutzen und Vater Silvanus zu ehren." Er sah Fabulon wieder unergründlich lächelnd an und machte einen äußerst zufriedenen Eindruck.

Arion - Am Gasthaus "Zur Lindwurm-Schildwache"
Als Arion vom Pferd stieg und auf die drei Jungen zu kamen, wichen diese aus, rannten ein Stück davon und beobachteten die Szene aus ein paar Metern Entfernung. Sie tuschelten miteinander über den seltsamen Fremden, der sich um den schäbigen Latrinenjungen kümmerte. Der Junge selbst blickte auf zu dem Fremden und sofort rannen weitere Tränen über sein Gesicht. Trotzdem hörte er die Worte Arions an und schien sich dadurch ein wenig zu beruhigen. Allerdings sprach er kein Wort. Erst als Arion endete, stand er auf und wischte sich mit dem schmutzigen Ärmel über das Gesicht. "Ihr seid ein Streiter des Herrn Torm?" fragte der Junge, nun da seine Neugier geweckt war. "Mein Vater sagt immer, der Herr Torm sei gerecht und hilft jedem, egal wie viel Gold er hat." Dabei sah der Junge zu den drei Knaben hinüber, die ihn geärgert hatten und jetzt gelangweilt von der Szene davon liefen. "Mein Vater ist grad bei den Damen Mhaerkoon, um die Latrinen vom Gasthaus auszuschöpfen. Da kann ich Euch hinbringen." Dann lief der Junge an Arions Seite los und bestaunte erst einmal das große Streitross. "Das ist ein schönes Pferd", verkündete er, bevor er weitererzählte. "Mein Vater ist Latrinenschöpfer. Eigentlich hat er mal Tischler gelernt, aber dann waren schwere Zeiten und weil er nicht mehr wusste, wie er unser Essen bezahlen sollte, da hat er gestohlen und dafür ist ihm die Hand abgeschlagen worden. Und jetzt kann er hier nirgends mehr arbeiten, außer als Latrinenschöpfer mit dem alten Kirjes zusammen. Deshalb lachen uns alle aus. Aber Vater sagt, dass das ja auch gemacht werden muss und außerdem ist es eine sichere Goldquelle, denn auf die Latrine müssen wir alle mal, richtig?" Nach einigen Minuten gelangten die Beiden zu einem großen und gepflegten Gebäude, über dessen Tür ein Schild an der Mauer befestigt war, auf dem stand: "Zur Lindwurm-Schildwache". An der Außenmauer standen zwei Männer mit einem Karren, gezogen von einem Maultier. Sie luden Eimer, gefüllt mit übelriechender Flüssigkeit, auf den Karren. Einer von ihnen lehnte sich mit einem verkürzten Arm gegen die Mauer. Die Hand fehlte. "Vater, Vater, der Mann hier ist ein Streiter des Herrn Torm!" rief der Junge und lief zu seinem Vater hinüber, der den Kopf hob und Arion musterte. "Der Gerechte mit Euch. Hoffe mein Sohn hat Euch nicht belästigt."
« Letzte Änderung: 06.12.2009, 18:57:12 von Gotteskind »
"Ein Auge auf den Gefährten, ein Auge auf den Gegnern - und man hat alle Feinde im Blick." Elias Ch'Ame vormals Gotteskind aka Sami aka Milan aka ein paar Verschollene

Dorgen Gilmarik

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Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht
« Antwort #10 am: 06.12.2009, 19:12:45 »
Dorgen nickt ruhig und wartet ab bis der Korporal alle Angelegenheiten geklärt hat und sieht zu, wie die Militärs ihren Aufgaben zugeteilt werden. Während er aufrecht stehend in dem Wachhaus wartet, mustert Dorgen noch einmal gründlich seine Umgebung und sein Blick bleibt auch für längere Zeit an der wütenden Frau hängen. Allerdings ist bevor er noch etwas sagen kann Korporal Medain bereits mit seiner Arbeit fertig und wendet sich wieder an Dorgen. Dieser lässt auch die neuerliche Unterbrechung durch Mela, die wohl nur durch ihre Sorge um Amnic, wer auch immer das sein mochte, getrieben wurde, lässt der Morgenbringer mit stoischer Ruhe über sich ergehen.
Nachdem die Tür sich mit einem lauten Knall geschlossen hat, antwortet der Priester schließlich dem Korporal: "Glaubt mir, ich habe in Marsember Männer getroffen, denen es noch schlechter als euch ergangen ist, obwohl sie alles taten, was sie konnten. Doch genug von fernen Orten und Geschichten, geht vor an ich werde euch folgen."
Mit einer knappen Geste verdeutlicht Dorgen, dass er ohne zu zögern die Treppe hinauf folgen würde und setzt auch schon dazu an sich zu ihr zu begeben.

Kami

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Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht
« Antwort #11 am: 06.12.2009, 19:41:09 »
Ohne lange nachzudenken betrat Verdan das ordentlich aussehende Gasthaus durch die Vordertür und machte sich darauf gefasst den
Wirt zu grüssen und etwas Wasser zu bestellen.

Elias Ch'Ame

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Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht
« Antwort #12 am: 07.12.2009, 14:29:56 »
Dorgen Gilmarik - Im Wachhaus

"Wenn Ihr Mela jeden Tag seit einer Woche ständig vor Euch stehen hättet", murmelte der Korporal, lächelte dann jedoch. "Aber Ihr habt Recht. Mir wären zehn zänkische Weiber lieber als eine zweihundertköpfige Goblinhorde, die über die Stadt her fällt." Er ging voraus die Treppe hinauf, die zu einem dunklen Flur führte. Nur wenige Strahlen Lathanders drangen durch ein winziges Fenster am Ende des Flurs und beleuchteten vier abführende Türen. Der Korporal öffnete die erste Tür zu seiner Linken und wartete, bis Dorgen und der andere Soldat eingetreten waren. Das Arbeitszimmer des Korporal war schlicht und spartanisch eingerichtet. Auf den blanken Holzbohlen standen zwei Regale zu beiden Seiten des großen Fensters, das den Raum zumindest groß und hell wirken ließ. Die Regale waren mit verschiedenen Pergamentrollen und vereinzelten Büchern angefüllt. In der Mitte des Raumes stand der wuchtige Schreibtisch des Korporal, auf dem so viele Pergamente lagen, dass von der Oberfläche des Tisches nichts mehr zu sehen war. Irgendwo unter den Papieren konnte Dorgen noch ein Tintenfass und zwei Federkiele erkennen. Vor dem Schreibtisch standen zwei Holzstühle, dahinter ein gepolsterter Stuhl, der aber ebenso wenig komfortabel aussah. "Bitte setzt euch", forderte der Korporal Dorgen und den Soldaten auf, bevor er sich selbst auf seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen ließ. Ihn schien das Durcheinander überhaupt nicht zu stören. "Ach, bevor ich es unhöflicherweise vergesse, das ist Justes, einer meiner Männer. Ich möchte, dass er Euch bei dem begleitet, worum ich Euch gleich bitten werde. Falls Ihr denn dann noch immer gewillt sein werdet, mir zu helfen." Der Soldat nickte Dorgen zu. "Ihr seid in Wheloon ganz neu, nicht wahr? Dann will ich Euch kurz mal etwas über unsere Stadt erzählen. Es ist friedlich hier, und das ist nicht zuletzt auf die Arbeit der Purpurtragenden zurückzuführen. Wir haben nach dem Angriff auf Arabel viele Flüchtlinge bei uns aufgenommen. Einige sind geblieben, andere sind weitergezogen. Es gab immer wieder mal Probleme, Prügeleien, handfeste Streitigkeiten, nichts, was angesichts der Größe der Stadt, von Bedeutung wäre. Aber seit dieser elende Tempel steht und wir ständig mit neu ankommenden Pilgern übervölkert werden, gibt es immer häufiger Ärger. Und dann ist da Mela." Der Korporal stützte sich schwer mit den Ellenbogen auf den Tisch und zerknitterte die Pergamente, als er sich zu Dorgen vorbeugte. "Mela Basult. Sie ist eigentlich eine ganz nette Frau, eine gute Freundin meiner Mutter. Sie ist mit Amnic Basult verheiratet, unserem Buchhändler und Antiquar. Ein unkomplizierter, aber manchmal etwas vorschneller und lauter Geselle. Jedenfalls treibt sich Amnic öfter mal irgendwo in irgendwelchen Ruinen rum, um irgendwelche großen Schätze der Literatur zu bergen. Ich kenne mich damit nicht aus, aber ich weiß, dass er dadurch schon öfter in Schwierigkeiten geraten ist. Ruinen sind eben nicht die sicherste Umgebung." Wieder machte er eine Pause und schüttelte den Kopf. "Jedenfalls ist er seit gut eineinhalb Wochen verschwunden. Mela hat daraufhin mit mir gesprochen und mich gebeten, dass ich nach ihm suche, aber ich habe alle Hände voll zu tun. An sich würde ich auch nichts unternehmen, der Kerl ist wahrscheinlich irgendwo in ein Buch vertieft, aber eineinhalb Wochen sind nun doch eine lange Zeit und ich kann Mela nicht ständig vertrösten. Darum wollte ich Euch bitten, ob Ihr nicht einmal mit ihr reden könntet. Vielleicht seht Ihr Euch mal seinen Laden genauer an und findet heraus, wo es ihn hin verschlagen hat. Justes würde Euch auch begleiten. Ich muss mich noch um zwei weitere Vermisste kümmern, sonst hätte ich Euch begleitet. Selbstverständlich würde ich Euch für Eure Hilfe entlohnen." Endlich holte der Korporal wieder Luft und sah Dorgen erwartungsvoll an.

Verdan - Im Gasthaus "Zur Laterne"

Als Verdan eintrat, schlug ihm ein angenehmer Duft nach frisch gekochtem Tee entgegen. Hinter der Theke des Gasthauses stand ein Mann mittleren Alters und schulterlangen blonden Haaren, der aufsah, als Verdan herein kam und ihn ebenfalls freundlich grüßte. "Guten Morgen, mein Herr. Willkommen in der Laterne! Ein Wasser, aber sehr gern, oder möchtet Ihr vielleicht lieber einen Tee? Er ist frisch gebrüht und noch ganz warm." Er kam hinter der Theke hervor und ging zu einem Tisch in der Nähe des Tresens. Dort zog er einen Stuhl zurück, den er Verdan anbot. "Und vielleicht etwas zu essen? Meine Mägde sind gerade dabei, das Frühstück zuzubereiten. Wir haben ganz frisches Weizenbrot gebacken, dazu gibt es Wurst - das Schwein, das für die Zubereitung gebraucht wurde, wurde gestern erst geschlachtet - und Käse aus frischer Milch." Hoffnungsvoll sah er Verdan an. Im Gesicht des Mannes zeigte sich ein strahlendes Lächeln. Aus einer der offen stehenden Türen trat eine junge Magd, die sofort herein eilte, ein Stück hinter dem Mann stehen blieb und scheinbar darauf wartete, eine Bestellung zu bekommen, der sie nachgehen konnte. Das Kleid der Magd, aber auch die Kleidung des Mannes waren ebenso sauber und gepflegt wie die ganze Einrichtung. Hier schien der Gast wirklich König zu sein und ebenso empfangen zu werden.
"Ein Auge auf den Gefährten, ein Auge auf den Gegnern - und man hat alle Feinde im Blick." Elias Ch'Ame vormals Gotteskind aka Sami aka Milan aka ein paar Verschollene

Kami

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Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht
« Antwort #13 am: 07.12.2009, 15:25:26 »
Erstaunt von der Freundlichkeit des Mannes konnte Verdan nicht umhin zurück zu lächeln.
"Ein Wasser reicht völlig aus, vielen Dank der Herr." verneinte Verdan.
Doch dann dachte er plötzlich daran, wie lang es her war, dass er frischen Käse genossen hatte. "Ach nun euer Frühstück hört sich
Geschmackvoll an, ich hätte doch gerne etwas Weizenbrot mit Wurst und Käse."

Auf sein Essen wartend sprach Verdan den Wirt an: "Wie sie sicher bemerkt haben bin ich neu hier in dieser Stadt. Sagen sie,
auf welchem Weg finde ich denn den Tempel werter Herr und um was für einen Tempel handelt es sich denn?"
 

Dorgen Gilmarik

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Die Chronik der einsamen Wanderin Mitternacht
« Antwort #14 am: 07.12.2009, 17:15:54 »
Dorgen lässt sich langsam auf dem Holzstuhl nieder, nachdem er seinen Rucksack abgesetzt und daneben gestellt hat, was ein leise Knarren des Holzes hervorruft, da es zusätzlich zum Gewicht des Mannes auch die Last der schweren Rüstung tragen muss. Durch die dicken Stahlplatten hindurch spürt der Kleriker nicht allzu viel von dem Stuhl und so kümmert ihn die mangelnden Polster nur wenig. Nicht dass es ihn interessiert hätte, wenn er sie hätte spüren können, schließlich war er nicht auf einer Urlaubsreise sondern mit dem Bestreben nach Weloon gekommen die Situation vor Ort zu verbessern. Stumm lauscht der Morgenbringer den Ausführungen des Korporals und nickt Justes ebenfalls begrüßend zu, als Verres Medain seinen Namen nennt. Sobald sein Gegenüber schließlich geendet hat, nickt der Priester ein weiteres Mal: "Ich werde euch mit Freuden unterstützen und umgehend mit Mela sprechen. Doch lasst mich zuvor noch einige Fragen stellen: Ihr sagtet Amnic treibe sich des öfteren in Ruinen herum, gibt es davon viele in der Umgebung? Und falls ja kennt ihr ihren Ursprung? Außerdem erwähntet ihr weitere Verschollene, könnten die etwas mit Amnics Verschwinden zu tun haben? Ich will nichts beschwören und wenn hier ein reger Verkehr besteht, so mag es auch sein, dass sie einfach nur gegangen sind um andernorts ihr Glück zu suchen, allerdings muss ich sagen, dass Melas Reaktion für mich ein deutliches Indiz dafür ist, dass Amnic nicht einfach nur die Zeit über einem Buch vergessen hat, sondern unter Umständen in ernsteren Schwiergikeiten steckt."

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