Die klinge Grombils zuckt so schnell hoch, dass sie Ansuz fast aus der Hand fliegt. Nur eine Handbreit vor der Kehle des jünglings verharrt sie, über und über mit Blut und Gedärm bedeckt. Die Hand, die sie hält, zittert ebenso wie sein restlicher Leib.
"Schweig! Sprich nicht von ihnen! Und nie, niemals wieder erwähne Seinen Namen!"
Sein Blick muss irr sein, als sei sein Geist verwirrt und toll. Er hat keine Kontrolle mehr, weder über Körper noch Geist. Es ist, als sei er rationaler Beobachter in einem anderen Körper als dem seinigen, bloß Spectator eines absurden Schauspiels.
Er spürt, wie heiße Tränen seine Wangen herabfließen. Seine Muskeln zittern, während sein Herz sich anfühlt, als wolle es durch die Kraft seiner Schläge den Käfig seines Brustkorbs zerschlagen. Blut tost gleich der reißenden Ströme des Gebirges durch seine Adern.
Er rührt sich keinen Millimeter, steht einfach wie eine Statue herum. So sehr er sich auch bemüht, nichts rührt sich. Eine gewisse Dumpfheit hat sich in seinem Geist ausgebreitet, als läge sich ein Teil seiner Selbst zum Schlaf nieder. Längst sieht er nichts mehr. Alles verschwimmt im Schleier seiner Tränen.
Es beschämt ihn absurderweise, vor den Menschen Schwäche zu zeigen. Als habe er nicht wesentlich größere Schande auf sich geladen. Als sei er nicht bedeckt von den Eingeweiden anderer Zwerge, Kinder des Großen Geists und Söhne der Berge selbst.
Er steht einfach da und starrt den Menschen an. Um sie zu retten hat er sich selbst aufgeben müssen. Sie sind kaum mehr als Bestien, kopflos, schwach und ohne Disziplin. Was ist ihr Leben im Vergleich zu dem seiner Brüder?
Und doch sprechen sie die Zunge, die von Gipfel zu Gipfel tönt und bis selbst in die glühenden Wurzeln der Gebirge reicht. Mehr als das, Zwerge scheinen ihnen weder fremd noch feind zu sein. Vielmehr kennen sie ihren Patron und ehren ihn mit den Worten, die er zu verstehen vermag.
Ansuz blinzelt und öffnet den Mund. Ein zutiefst gequälter Laut dringt hervor, ähnlich dem eines verendendem Hirschs. Er knickt ein wenig ein, lässt den Kopf für einen Moment hängen. Kraftlos senkt er die Axt, bevor er zurückstolpert und gegen die Wand der Hütte fällt. Mit leerem Blick sackt er daran herab.
Krämpfe schütteln ihn, während er um seine Brüder, Isvar Atli, Dol Alarun und den Geist selbst weint. Voller Scham verbirgt er das Gesicht hinter seinem Panzerhandschuh. Nur undeutlich registriert er, wie er sich dadurch selbst mit fremden Blut beschmiert.
Die Axt lässt er fallen. Er will sie nicht mehr halten. Zu viel Blut hat sie bereits vergossen.
Selbst der Schinder ist vergessen.
Es gibt nur noch jenen furchtbaren, körperlichen Schmerz, der sich gleich einem tollwütigen Wolf in sein Herz gräbt.