Von den Aranea:
Hinter dem Schleier der Realität liegen unzählige andere Existenzen, jede ein Kosmos für sich. Niemand, nicht einmal die weisesten und verständigsten Kreaturen des Multiversums, überschauen ihre Vielfalt. Es sind Myriaden, zahlreicher als alle Sterne.
Die Materielle Ebene ist bloß eine von vielen und liegt in nur einem von mehreren Multiversen, die zusammen das All, das Omniversum bilden.
Dementsprechend gering ist die Anzahl der Ebenen, die (in)direkten Einfluss auf die Welt und ihre Einwohner nehmen. Eine davon ist das Reich Unter dem Hügel, auch Feenlande oder Anderswelt genannt.
Von dort stammen die Scharen der kapriziösen Feen und ihrer tierischen Gefährten. Angeblich sind sie bereits seit Geburt der Welt ein Teil von ihr, der behütet und fördert, aber auch zerstört und sabotiert.
Es ist selbst beim einfachen Volk bekannt, dass die Feenlande von zwei Gremien regiert werden, die sich diametral gegenüberstehen, soweit das bei so wankelmütigen Wesenheiten möglich ist. Die eine Fraktion verkörpert die Vitalität und Lebensfreude ihrer Art, die andere Grausamkeit und Willkür. Zwischen ihnen vermitteln die Riesen, eigentliche Herrscher in dieser Dimension jenseits von Raum und Zeit.
Nur selten ereignet sich dort etwas, das unmittelbare Konsequenzen für die grobstoffliche, materielle Welt hat. Wann diese eintreten, folgt scheinbar keiner inneren Logik. Geschieht etwas in genau diesem Augenblick in der Anderswelt, kann es in der Realität der Naturgesetze bereits vor 200 Jahren Früchte getragen haben oder erst drei Millenien in der Zukunft liegen.
Vor etwa 3.000 Jahren, zum Ende des Zeitalter des Staunens, taucht plötzlich eine neue Gattung auf, Kreaturen, die nie zuvor jemand erblickt hat. Die Überlieferungen dieser Zeit berichten mit erstaunlicher Häufigkeit von plötzlich allerorten auftauchenden Spinnenkreaturen, die ohne Verstand zu sein scheinen.
Die vorhandenen Quellen stehen weder in räumlichen noch thematischen Bezug zueinander, äußern sich aber alle ähnlich. Die aus dem Nichts erschienenden Geschöpfe schienen böswillig zu sein, wurden vielleicht aber auch nur als solches bezeichnet, klagen die meisten Berichte doch bloß Viehdiebstähle an.
Man befragte Riesen und Drachen gleichermaßen nach diesen Absonderlichkeiten, die nachts mit viel zu vielen Augen aus dem Gestrüpp funkeln. Besonders die großen Kulte der damaligen Zeit verlangen lautstark Erklärungen und entwarfen eine Unzahl an Herkunftsmythen, die das Erscheinen der Arachniden aus dem Nichts erklären sollten.
Bald schon gab es in jedem Kulturkreis Fabeln und Märchen über sie. Während sich die Riesen ausschwiegen, machte der eine oder andere Drache vage Andeutungen, die auf eine Verknüpfung mit der Feenwelt hinwiesen.
Bereits etwa zweihundert Jahre später gibt es nur noch vereinzelte Quellen, die entweder einen Rückgang der Population oder einen Rückzug in unbesiedelte Gebiete erahnen lassen. Genaueres sei den Archäologen überlassen, die in abgelegen Höhlen Wandmalerein betrachten und in Flussbetten nach alten Artefakten suchen.
Tatsache ist, dass die noch 200 Jahre zuvor unbekannten Wesen so schnell wieder verschwanden, wie sie kamen.
Seitdem lässt sich historisch eine nur allmählich aufsteigende Sichtungskurve feststellen. Alle paar Jahrzehnte lässt sich etwas Neues zu den Spinnenwesen finden, die an den Rändern der Zivilisation eine eigene, faszinierende Kultur geschaffen zu haben scheinen.
Es schien bereits nach wenigen Dekaden zu ersten Handelsbeziehungen gekommen zu sein, ein eindeutiger Umschwung gegenüber der zuvor gewählten Isolation. Die Gründe für weder das eine noch das andere sind nicht bekannt.
Die inzwischen Aranea getauften Kreaturen begannen bewiesenermaßen, aktiv nach Lebensraum zu suchen, der sie näher in Kontakt mit anderen Spezies brachte. Noch immer hat der Großteil der Quellen einen negativen Unterton, obwohl es anscheinend nicht zu kriegsähnlichen Auseinandersetzungen kam.
Es klingt mehr nach Völkerwanderungen als koordinierten Heerzügen. In keiner der erhaltenen Schriften tauchen sie als Invasoren auf, wenn auch oft genug als dunkles Omen.
Nachdem sie sich weit voneinander entfernt vorgefunden hatten, mussten die Aranea ungeheure Strecken zurücklegen, um als Spezies zueinanderzufinden. Dabei hinterließen sie überall ihre Spuren, die heute Aufschluss über ihre damalige und gegenwärtige Kultur geben.
Durch die Nachforschungen verschiedener Druidenzirkel ist inzwischen bekannt, dass sie exakt dem Verlauf der globalen Ley-Linien gefolgt sind, als sie ihre frühesten Siedlungsgebiete zugunsten neuer Gestade verließen.
Nach mehreren Jahrhunderten der Wanderungen hat sich eine Bevölkerungsverteilung gebildet, wie sie heutertags nahezu ohne Veränderungen fortbesteht. Dementsprechend wenig hört man nach ihren Wanderungen von den Aranea, die erst wenige Generationen zuvor noch zu Massenpanik, Verdrängung ganzer Ethnien und religiösen Schismas unter den damaligen Reichen geführt hatten.
Nach einer Weile verschwanden sie in den Köpfen der meisten Menschen in das Reich der Legenden. Wenn mal eine gesichtet wurde, erntete der ängstliche Erzähler nur Spott.
Zwar gab es in regelmäßigen Abständen Scholare, die sich mit ihnen und ihrer Lebensart auseinandergesetzt haben, aber auch die gaben bald enttäuscht auf.
Aufzeichnungen über ihre Erlebnisse sind rar gesät und verstauben irgendwo in den Bibliotheken der Heimatlande. Der Großteil betrifft die erstaunliche Affinität zur Zauberei, die ihnen innewohnt.
Es ist keine einzige Aranea bekannt, die nicht über inherente Zauberkräfte verfügt. Selbstverständlich wurden nicht alle beim Wirken irgendeines Spruchs beobachtet, aber die komplexe Magie, die ihre Kommunen vor ihren Nachbarn verbirgt und selbst Kreaturen wie Drachen fernhält.
Herausstechenstes Merkmal ihrer arkanen Begabung ist die Fähigkeit zum Gestaltwandel.
Bereits in jungen Jahren wählen sie eine Hybridform aus ihrer ursprünglichen, arachniden Gestalt und einer humanoiden Spezies, die ähnliche Ausmaße hat. Meist orientieren sie sich an den Ethnien, die an ihre Kommunen grenzen.
Am seltensten werden kleinwüchsige Kreaturen wie Goblins oder Halblinge als Vorbild genommen. Am häufigsten orientieren sie sich an Menschen und Orks.
Ob sie ihre Entscheidung bewusst oder instinktiv treffen ist unbekannt. Ebenso drängt sich die Frage auf, inwieweit sie diese Gabe manipulativ einzusetzen wissen. Mehr als ein Agitator hat bereits verkündet, ganze Landstriche würden im Geheimenvon ihnen kontrolliert.
Bisher würden für solche abenteuerlichen Thesen keine Beweise erbracht, die nicht als Fälschungen entlarvt werden konnten. Wie üblich sind die Scholare gezwungen, zu spekulieren.
Die einzig umfassende Studie über die Aranea wurde von den Firopolischen Akademien angestrengt, nachdem sich die Präfektur vom Hegemonium losgelöst hatte.
Unter anderem fanden sie heraus, dass es eine direkte Verbindung zwischen der Konzentration an Feen in einem bestimmten Gebiet und der historischen Präsenz der Aranea in selbigem gibt.
Wo immer sich die Feen über die Jahrtausende versammelt haben, fogten ihnen die Spinnenwesen auf den Ley-Linien nach.
An mehreren Orten, die sie mit hoher Wahrscheinlichkeit passiert haben, wurden Heiligtümer gefunden, die einem animistischen Naturglauben entsprungen zu sein scheinen.
Darstellungen von Spinnen und komplizierten Netzmustern überwiegen. Oft findet sich das Bild eines über riesenhafte Gestalten thronenden Arachniden. Erhaltene Opfergaben belegen eine Fixierung auf psychoaktive Substanzen in ihren Ritualen.
Leider sind keine verständlichen Schriftzeugnisse erhalten geblieben, obschon einige der Firopolesen behaupten, jene netzartigen Kratzspuren seien eine Art von Runen oder Zauberzeichen, wenn man so will.
Die Gesellschaft der Geometer hat postuliert, es handle sich um hochkomplexe mathematische Botschaften, die es zu entschlüsseln gelte. Bisher sind sie in ihren Studien wenig vorangekommen.
Trotz der offensichtlichen Suche nach sylvanischen Wesenheiten finden sich in den Huldigungsstätten kaum Hinweise auf Feen, lediglich eine schwache arkane Reststrahlung, die auf ihre vergangene Anwesenheit hindeutet. Beide Arten zeigen deutliche Anzeichen der gegenseitigen Anziehung, auch in den heutigen Tagen. Dennoch gibt es mehr als genug dokumentierte Kämpfe zwischen ihnen, einige von desaströsem Ausmaß.
Hierbei soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Plünderstraße, die das östliche Hegemonium von den Fernen Landen und der Zeitlosen Wüste trennt, einst ein stabiler Übergang war und erst durch eine Schlacht zwischen Aranea und den Kohorten der Anderswelt in drei Teile zersplittert wurde. Damals waren noch hunderte Meilen entfernt arkane Lichter am Himmel zu sehen.
Was die Gründe für den Konflikt waren ist nicht bekannt, da niemand, der etwas darüber wissen könnte, zu sprechen bereit ist.
Einzig klar ist, dass die Spinnenwesen bereits zuvor in die Fernen Lande immigriert sind. Aus diesem Grund wird spekuliert, dass es sich um einen Grenzkonflikt gehandelt haben könnte; höchst unwahrscheinlich, bedenkt man die anarchistische Ader, die allen Feenvölkern zu eigen ist.
Die Folgen des kataklysmischen Ereignisses sind bis in die Gegenwart zu spüren. Besonders unter den Goblins der Plünderstraße kommt es regelmäßig zu seltsamen Mutationen. Unter anderem leben dort inzwischen blauhäutige Exemplare, die über seltsame Geisteskräfte zu verfügen scheinen.
Es regnet Frösche, Regenbogen entstehen mitten in der Nacht und manchmal schweben die allgegegenwärtigen Felsen, als wären sie leicht wie ein Stück Papyrus. Der Wind trägt sie viele hundert Meilen weit, bevor sie herabstürzen und irgendetwas unter sich begraben.
In den Tiefen der Spiegelseen, entstanden durch ein Paar herabstürzender Meteroiden, sollen sich wundersame Dinge und Kreaturen verbergen, die niemals eines Menschen Auge erblickte. Die dortigen Locatha sind noch enigmatischer als anderswo.
Nach der Schlacht des Fallenden Sterns gab es keine größeren Auseinandersetzungen zwischen Feen und Aranea, soweit es die Historiker betrifft. Sie berufen sich vor allem auf die herrschenden, friedlichen Verhältnisse im größten bekannten Siedlungsgebiet der Arachniden, dem riesigen Seidenwald im Osten der Fernen Lande.
Allgemein scheinen Aranea abweisend und scheu; sie vermeiden den Kontakt zu den meisten anderen Spezies, soweit es möglich ist. Die einzige Ausnahme bilden Feen.
Nur eine verschwindend geringe Anzahl an Individuen wissen von den Wundern zu berichten, die inmitten der stillen Wälder, die diese Kreaturen bevorzugen, zu finden sind. Es mag mehr geben, denen unter ihnen zu wandeln erlaubt war, aber die schweigen über das Erlebte.
Der Hauptgrund, warum sie noch nicht ausführlicher studiert worden sind ist jedoch eher ihr ungemein schlechter Ruf, an dem auch Jahrhunderte des Handels nichts geändert haben.
Die Gründe für dafür sind vielfältig. Erstens stammen sie größtenteils aus Gegenden, die als verwunschen und von übelmeinenden Geistern heimgesucht gelten. Zweitens ist ihre Gabe, ihre Gestalt verändern zu können, eine beängstigende Vorstellung für die meisten empfindungsfähigen Lebensformen. Drittens sind es meist sehr junge und unerfahrene Spinnlinge, auf die man trifft. Sie haben kaum Lebenserfahrung und reagieren deshalb oft aggressiv auf Annäherung.
Das gemeine Volk ist froh, sie nicht in der Nähe zu wissen. Finden sie doch einmal eine ausgesaugte Hülle vor, dann beten und jammmern sie tagelang.
Lediglich Scholare wie die Firopolesen bemühen sich um Einsicht in die komplexe Kultur dieser Wesen, da sie über eine so bemerkenswerte Affinität zu arkaner Magie zeigen. Es ist kein einziger Fall einer Aranea bekannt, die nicht zaubermächtig gewesen wäre.
Sie verbergen ihre Siedlungen hinter starken Illusionen, die nahezu jeden außer die Wissenden täuschen. Wer sie unangekündigt durchbricht, wird nicht eben freundlich empfangen. Schon so mancher Waidmann ist nie von seinen Streifzügen zurückgekehrt.
Dementsprechend überrascht war die firopolische Gesandtschaft über die Offenheit, mit der sie empfangen wurde. Zwar war ihr Aufenthalt kurz und die erworbenen Kentnnisse als regionale Ausprägungen zu verstehen, ihrer Aussagekraft hinsichtlich dem Wesen der Spinnenkreaturen tut das jedoch keinen Abbruch, da sie sich über weite Strecken mit den Berichten aus anderen Ländern deckt.
Es handelt sich um die größte Ansammlung schriftlich niedergelegter Informationen, die jemals über diese Kreaturen angehäuft wurde. Zur Zeit lagert sich in einem der vielen Archive der Akademien.
Die Gesellschaft der Aranea ist stark vom Ideal des unabhängigen Individuums geprägt und glorifiziert den Egoismus als ethischen Imperativ.
Sie sind von Natur aus Einzelgänger und scheuen sowohl den Kontakt untereinander als auch zur Außenwelt. Treffen sie durch Zufall aufeinander, schlagen beide sofort einen anderen Weg ein, für gewöhnlich ohne auch nur ein Wort zu wechseln.
Selbst zum Handel werden sich nie mehr als unbedingt nötig zum Transport der Waren versammeln. Nachdem das Geschäft abgewickelt wurde, versucht sich jeder einen möglichst hohen Gewinnanteil zu sichern und verschwindet dann wieder in den Tiefen ihrer Domäne. Traditionell bekommt der Hersteller den Löwenanteil.
Es scheint einen klar definierten Katalog von Gründen zu gewoben, aus denen sie sich treffen, so auch der Empfang der Firopolesen und ihrer arkanen Gaben. Weitere sind die Paarung, der Krieg, Beratschlagungen, gemeinsame Güterherstellung und bisweilen sogar Austausch von Neuigkeiten bzw. Gedankengängen.
Wenn sie sich zur Kommunikation herablassen, nutzen sie eine komplizierte Zeichensprache, die sowohl ihre Mandibeln als auch sämtliche Glieder miteinbezieht. Linguisten postulieren, es handle sich dabei um die Ursprache dieser Spezies, da aus früheren Tagen keinerlei Berichte über sprechende Aranea existieren.
Erst der Kontakt zu anderen Völkerschaften machte es notwendig, auch verbal kommunizieren zu können. Andere Gattungen erfüllen nicht die anatomischen Voraussetzungen, um sich in ihrer Gestensprache artikulieren zu können.
Dementsprechend unausgereift und begrenzt ist ihre vokalisierte Sprache, für die sie nicht einmal einen Namen haben. Erst in den letzten paar Jahrhunderten ist ein Rückgang von Gestik und Mimik zugunsten des gesprochenen Worts festzustellen.
Im Seidenwald wurde kaum eine Anwendung der Zeichensprache beobachtet, dafür aber genug Reden gelauscht. Die Firopolesen fanden heraus, dass die gesprochene Version praktisch ein vereinfachter Dialekt des Sylvanischen ist und gaben ihr den Namen Arakh.
Nur verschwindend Wenige beherrschen auch die Handelssprache oder das Riesische. Meist sind das Exemplare, die in ihren Kindertagen orientierungslos herumgeirrt und in die Nähe von Humanoiden gelangt sind.
Erstaunlicherweise sind Neugeschlüpfte sofort auf sich allein gestellt. Ihre Aversion gegenüber ihrer eigenen Art ist so groß, dass Aranea nicht einmal die Grundbedürfnisse ihres eigenen Nachwuchses befriedigen. Dementsprechend viele fallen in ihren ersten Stunden einem Raubtier oder irgendeinem Pflanzengift zum Opfer.
Die Odysseen ihrer Kinder scheinen die Eltern nicht zu kümmern. Meist überlebt die Paarung ohnehin nur ein Teil, während der andere geötet und verschlungen wird, meist das inferiore Männchen.
Obwohl kein bekanntes Aranea-Siedlungsgebiet über eine zentrale Führung oder eine erkennbare Gewaltenteilung verfügt, dominieren in ihrer Gesellschaft ohne Zweifel die Weibchen.
Sie sind größer, stärker und aggressiver als das andere Geschlecht. Zwar besitzen sie keine reale Befehlsgewalt, aber gibt ein Weibchen eine Order, folgen ihr die Männchen, und sei es nur, um dem Tod zu entgehen.
Die Weibchen selbst müssen sich lediglich jenen unterordnen, die sich als Diener ihrer Gottheit erweisen, meist durch spontane Wundertätigkeit in jungen Jahren. Solche entfernen sich weitestmöglich von ihren Artgenossen, um eigene Schreine zu errichten, in denen sie den Rest ihres Lebens verbringen. Was sie dort tun, ist unbekannt.
Sie sind die Einzigen, die ein Treffen der gesamten Population einer Kommune einberufen können. Das geschieht nur höchst selten und aus keinem erkennbaren Grund. Zum Beispiel könnte es keines geben, obgleich die Domäne von einem Großbrand heimgesucht wird, wohl aber eines, weil ein bestimmter Baum abgestorben ist.
Da sie keine festen Strukturen errichten und über kein benachrichtigendes Organ wie etwa einen Botendienst verfügen, nutzen die Priesterinnen Netzmarkierungen, die sich überall hinterlassen, wo sie Artgenossen vermuten.
Die Erfahrensten werden sofort reagieren und damit beginnen, im Zentrum ihres Territoriums ein riesiges, hochkomplexes Netz zu spinnen, das von dutzenden kleineren umgeben wird. Dort finden sich nach und nach alle Aranea ein, die nicht gerade auf Wanderschaft sind.
Nur die Ältesten dürfen das Zentralnetz betreten. Die Firopolesen durften nur unter dem am weitesten vom Zentrum entfernten Netz ausharren und schweigend zuschauen.
Die Zusammenkünfte haben keinen Namen. Aranea neigen dazu, Dinge unbezeichnet zu lassen. Deswegen gibt es auch keine Titel. Die gesellschaftliche Position scheint durch Beobachtung erkannt zu werden, vielleicht auch Geruch oder bestimmte Zeichen, die die Heimatländer nicht erkannt haben.
Unberührbar sind einzig die Priesterinnen, alle Anderen leben praktisch vogelfrei. Da es keine geschriebenen Gesetze gibt, wird ein Vergehen wie Diebstahl oder selbst Mord nur geahndet, wenn es jemand selbst in die Hand nimmt. Lediglich in extremen Fällen rotten sich mehrere Exemplare zusammen, um den Soziopathen, der so viel Ärger verursacht, auszuschalten.
Nur zu ihren großen Treffen herrscht Frieden, der noch bis eine Woche danach anhält. In dieser Zeit werden die mühsam gewobenen Netze wieder zerstört. Die Spinnenwesen dulden keine dauerhaften Strukturen. Wer zu lang bleibt, wird angefallen und verspeist.
Das wäre fast den Firopolesen passiert, als sie nach einigen Tagen die Signale der Aranea nicht verstanden und blieben, wo sie längst hätten gehen sollen. Ohne das Fürsprechen einer lokalen Nymphe wären sie getötet worden.
Bedauerlicherweise gelang es ihnen nicht, endlich mehr über die Verbindung zwischen den Kindern des Reichs Unter Dem Hügel und den Arachniden herauszufinden. Ihre Gottheit scheint nichts damit zu tun zu haben, ebenso wenig wie territoriale Konflikte. Beide Seiten ehren die Natur gleichermaßen.
Der Grund für ihre Konflikte und Bünde muss irgendwo in der fernen Vergangenheit liegen. Einzige Anhaltspunkte sind die berüchtigten Weißen Märsche.
Zu seltenen Gelegenheiten zeigen sich die Aranea zu Hunderten, vereint in einem stetig wachsenden Heerbann, der strikt den Ley-Linien folgend durch die Lande zieht. Was im Weg steht muss entweder Platz machen oder die Konsequenzen tragen.
Er wird grundsätzlich von mehreren Riesen begleitet, die ihn ankündigen und gegen ängstliche Herrscher und Lynchmobs verteidigen. Warum sie das tun weiß niemand außer sie selbst.
Die Weißen Märsche richten sich ausschließlich gegen Bewohner der Anderswelt. Meist kommt es zu arkanen Schlachten, die ganze Landstriche verwüsten und die Entstehung von Wesen wie Kampfeswütern, Zorneswinden oder Ruinsängern begünstigen.
Es mag als Glück im Unglück betrachtet werden, dass sie stets aufblühende sylvanische Herrschaften attackieren, bevor sie unter der tyrannischen Führung eines Grünen Prinzen zu mächtig werden.
Es war ein Weißer Marsch, der die Plünderstraße schuf.
Aranea sind mysteriöse Kreaturen, deren Herkunft ebenso im Unbekannten liegt wie ihre Motivationen. Sie scheinen zerfressen von Selbsthass und seelisch ebenso zwiegespalten wie körperlich. Beinahe jede hat sich in ihrer Hybridform eine Art zweite Persönlichkeit konstruiert, die mit ihrer ursprünglichen konkurriert.
Verlassen sie ihre Domänen, nehmen sie grundsätzlich diese Gestalt an, um nicht sofort Ziel von Verfolgung zu werden. Meist sind sie gezwungen, sie praktisch dauernd zu tragen. Dementsprechend komplex und widersprüchlich wird ihr Selbst mit der Zeit.
Niemand weiß genau, wie viele es von ihnen gibt, wo sie leben und wie groß ihr Einfluss auf die etablierten Zivilisationen ist. Angeblich sind sie regelrechte Graue Eminenzen, besonders in den Fernen Landen.
Ob solche Spekulationen einen wahren Kern haben bleibt trotz ihres gestalktwandlerischen Fähigkeit zu bezweifeln, bedenkt man ihre reich dokumentierte Xenophobie und Einzelgängerei.
Es bleibt zu hoffen, dass sich daran nichts ändern, denn wenn sich die Aranea wirklich einmal in den Ländern der Menschen zeigen, bedeutet das selten Gutes.
Volksmerkmale:
+2 GE, +2 CH
Grundbewegungsrate 9m, kletternd 7,5m
Dunkelsicht
Anfangssprachen: Sylvanisch und Arakh
Zusätzliche Sprachen: Handelssprache, Orkisch, Riesisch
Klassenfertigkeiten:
Klettern, Konzentration, Handwerk (Weberei), Entfesslungskunst, Seil benutzen, Springen, Lauschen, Leise bewegen, Entdecken, Wissen (Natur) und Überleben
Klassenmerkmale:
Araneas sind im Umgang mit allen einfacher Waffen und leichter Rüstung geübt.
Sie erhalten ein Talent auf der 1. und eines auf der 5. Stufe.
Ihr Biss, eine natürliche Waffe, verursacht den angegebenen Schaden + ST-Modifikator.
Der SG, um ihrem Gift zu widerstehen, beträgt 10+TW+KO-Modifikator der Aranea.
Ab der 2. Stufe zaubern sie wie ein Stufe 1 Hexenmeister, auf der 4. wie Stufe 2 und auf der 6. wie Stufe 3. Sie bevorzugen Illusionen und Verzauberungen, meiden aber das Feuer.
Auf Stufe 1 können sie bereits eine Hybridenform aus arachnoider Bestie und Humanoidem annehmen, in der sie weiterhin Gift- und Netzdrüsen nutzen kann, aber lediglich eine Bewegungsrate von 9m hat.
Ab Stufe 5 können sie Spinnenfäden verschießen, die regeltechnisch wie ein Netz mit 3m Grund- und 15m Maximalreichweite behandelt werden. Betroffen werden höchstens große Kreaturen. Das Netz hat 6 TP und kann durch Entfesslungskunst SG 13 oder Stärke SG 17 abgestriffen werden.
Die Aranea:
Stufe 1.
1W8 TW, GAB +1, ZÄH +2, REF +2, (2+IN)x4 Fertigkeitspunkte, Talent, +2 GE, +2 CH, Biss 1W4, Gift (1W3 ST/1W3 WE), Hybridform (3/Tag für 1h)
Stufe 2.
2W8 TW, GAB +2, ZÄH +3, REF +3, 2+IN Fertigkeitspunkte, Zauber (Hexenmeister Stufe 1), +2 CH, +2 GE, +1 natürliche RK
Stufe 3.
Biss 1W6, Hybridform (spontan), +2 GE, +2 KO
Stufe 4.
Zauber (Hexenmeister Stufe 2), Gift (1W6 ST/1W6 WE), Grundbewegungsrate 12m, +2 IN
Stufe 5.
3W8 TW, GAB +3, +1 WIL, 2+IN Fertigkeitspunkte, Netz 3/Tag, Talent, +2 WE
Stufe 6.
Zauber (Hexenmeister Stufe 3), Gift (2W6 ST/2W6 WE), +2 KO, +2 natürliche RK
Stufe 7.
Netz 6/Tag, Grundbewegungsrate 15m, +2 CH