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Autor Thema: Im Sog von Kabale und Blut  (Gelesen 47906 mal)

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Symmachus

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Im Sog von Kabale und Blut
« am: 09.03.2014, 18:32:12 »
Ante diem III Idus Martius 710 a.u.c[1] - Mane - Hora Secunda - Tempel der Juno Lucina

Der Feiertag der Juno Lucina[2] war am ersten März begangen wurden. Die Matronalien[3] waren ein Fest, an dem den Neugeborenen, den Frauen und dem Licht gedacht wurde. Eine Fest mit wieder wachsender Popularität, welches mit festlichem Essen begangen wurde und noch vor zwei Jahren den Beginn des römischen Jahres bedeutete. Viel hatte sich in nur zwei Jahren geändert, nicht zuletzt das Jahr selbst, welches auf die Initiative Caesars[4] und unter einem Ausschuss unter Sosigenes aus Alexandria[5] verändert wurde, sodass nicht das Jahr mit dem März, sondern mit dem Januar begann. Freilich mochte es wenig am Alltag der Römer verändern, aber es hatte für die Geschichte sich einiges getan. Eine neue Zeitrechnung hatte begonnen, welche man einst den julianischen Kalender nennen würde[6]. Für manche Bürger jedoch hieß diese neue Zeitrechnung, dass sie sich ihrem Fatum[7] stellen mussten. Dass für sie eine Zeit des Aufstiegs, der Neuerung oder des Untergangs begann. Und es sind jene Gestalten, die wir in der späten Nachlese der Matronalien aufspüren, denen wir das erste Mal begegnen wollen.

Zugegebenermaßen hatten sie kaum etwas mit den Matronalien zu tun, zumindest nicht ihrer Planung und ihrer Durchführung. Sie waren allesamt fern der Organisation dieses Festes. Vielleicht hatten sie es selbst begangen, war es doch typisch, dass dieses Fest so begangen wurde, dass die Männer an diesen Tagen für die Gesundheit ihrer Frauen beteten und ihren Frauen Geschenken überreichten, während diese sich hübsch machten oder so kleideten, dass ihre Männer Lust hatten, in der Hoffnung an diesem Tage ein Kind des Lichts zu zeugen. Vielleicht beteten manche auch dafür, dass ihre Beziehungen und Ehen hielten, andere, dass eine Beziehung überhaupt es möglich wurde. Matronen ließen an diesem Tage ihre weiblichen Sklaven mit Wohltaten versorgen, Lämmer und anderes Vieh wurde zu Ehren der Juno geopfert. Es wurden Blumen der Liebe niedergelegt.
Wer ein Gespür für Symbolik hatte, mochte darüber nachdenken, warum das Fest der Liebe, wenn man es vereinfachen wollte, ausgerechnet am ersten Tag des Monats war, der dem Kriegsgott[8] gewidmet war. Krieg und Liebe war den Römern einfach sehr nahe, mochte man in vereinfachter Art mutmaßen. Doch warum Caesar es gegen einen Monat austauschen ließ, der einem Gott gehörte, dessen hauptsächliches Attribut das Doppelgesicht des Anfang und des Endes war[9], mochte sogar noch mehr Fragen über solche Symboliken aufstellen.

Was sich hier bereits in den Zeitrechnungen andeutete, war eine Frage nach neuer oder alter Ordnung und sie fand ihre Entsprechung in der Politik der Zeit. Während die einen sagten, dass man beim römischen Kalender[10] hätte bleiben sollen und das Jahr mit diesem immer als positiv empfunden Tag beginnen sollte, tauchte Caesar die Gedanken über das neue Jahr, ihrer Meinung nach, in einer Zwielicht über die Ungewissheit der Dinge, die dort dräuen mochten. Es war ein Kampf über die Gewissheit des Alten und die Ungewissheit des Neuen. In diesem Streit über den Kalender verbarg sich auch der Kampf der Republik[11] gegen die neue Diktatur auf Lebenszeit[12], die Caesar im Jahre 710 a.u.c. gewährt wurde.

Wer auch immer ihre Einladungen verfasst hatte, er hatte einen Sinn für Symbolik. Warum sonst hätte er sie im Monat des Mars in den Tempel der Juno Lucina geladen? Sie allen waren aus unterschiedlichen Gründen in den Tempel gekommen, wie verlangt zwei Stunden nach Sonnenaufgang[13]. Sie alle hatte eigentlich keine Chance, sich dieser Einladung zu widersetzen. Zumindest machte es Sinn, sich die Worte der einladenden Person zumindest einmal anzuhören. Sie hatte sich nicht offenbart und doch hatte sie unmissverständlich deutlich gemacht, was auf dem Spiel stand, die Karrieren, das freie Leben, oder gar das Leben der Betroffenen selbst. Wer auch immer es war, er oder sie wussten eine Menge über die Personen, die eingeladen wurden. Die Drohungen waren offen, auch wenn keine Quellen genannt wurden, keine zusätzlichen Informationen gegeben wurden. Wussten auch die anderen davon? Diese anderen Gäste, welche durch die gleiche Tür in den an diesem Morgen leeren Tempel[14] gingen?

Diese Gäste, sie waren nicht alle vom Schicksal Begünstigte, vielleicht war es gar niemand, der hier wahrlich begünstigt war. Wurden sie doch alle in seine so furchtbare Sache hineingezogen, die das Ende der römischen Republik endgültig besiegeln mochte. Aber was erzähle ich, jeder kennt die Geschichte selbst, um die es geht. Jeder kennt zumindest des Ende. Doch wer kann von sich behaupten, die Beginne zu kennen oder alle Beteiligten? Wer kann von sich behaupten, die Gründe zu kennen und die Geschehnisse miterlebt zu haben? Die Zeugen sind längst verstorben und doch wollen wir uns in die Perspektive jener begeben, die dort damals gewirkt haben dürften, um uns nahe an das Gefühl der Geschehnisse zu bringen.

Und so dreht sich diese Geschichte um Aurelia Lucia Licinia, Titus Flavius Nobilior, Lucius Varius Rufus, Lucius Licinius Guirmean, Gaius Sempronius Gracchus und nicht zuletzt um Gaius Iulius Caesar.
Sie alle - bis auf Caesar - stehen an diesem Morgen in dem ungewöhnlich kahlen Tempel der Juno Lucina auf dem Esquilin[15]. Viele der Schnittblumen sind bereits verwelkt und der Geruch trockener Blumen und geronnen Blutes lag schwer lichtdurchfluteten Tempel, mit seinem weißen, an den meisten Stellen nackten Stein, der so hell und leicht schien, um das Gefühl des Lichtes in der leeren Halle noch zu verstärken, das Licht war blendend an diesem Morgen. Die Wände wurden von einem Fries[16] geziert, welches diverse Abbildung der Geburt oder diverse Blumenniederlegungen und Blumen selbst zeigte. Symbolisierte Sonnen strahlten vom Fries herab auf den ganzen Tempel, doch ansonsten war der Großraum leer. Sie war als wären sie für diesen Moment alleine, unter sich. Ein letztes Mal, ehe sie in einen Sog von Kabale und Blut gerieten.
 1. ab urbe condita - Der aktuelle Tag wäre aufgelöst der 13. März 44 v. Chr.
 2. Lucina
 3. Matronalien
 4. Gaius Iulius Caesar
 5. Sosigenes aus Alexandria
 6. Kalenderreform des Gaius Iulius Caesar
 7. Schicksal
 8. Mars
 9. Ianus
 10. Römischer Kalender
 11. Römische Republik
 12. Römischer Diktator - Caesar hält diese Position bereits zu Beginn unseres Spiels. Es ist seine vierte Ernennung zum Diktator.
 13. Temporale Stunden bzw. Roman Timekeeping
 14. Römische Tempel
 15. Esquilin
 16. Fries
« Letzte Änderung: 18.03.2014, 20:16:16 von Symmachus »
"Lebenspendende Sonne, du kannst wohl nichts Größeres erblicken als die Stadt Rom." - Horaz

Aurelia

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #1 am: 09.03.2014, 20:22:20 »
Als die Nachricht im Haushalt des Lucius Licinius eingetroffen war, hatte Aurelia bereits lange ihre Schlafstatt verlassen und den Sklaven die Anweisungen für den Tag erteilt. Sie hatte sich gerade zu etwas Fladen, Milch, Honig und Obst zurückgezogen, als der Bote den Durchlass verlangte. Es hatte einige Unruhe gegeben, denn ein Unbekannter wurde zu einem solchen Zeitpunkt nicht vorgelassen. Als Aurelia dem Lärm nachgegangen war, warf der Bote ihr die Nachricht quasi vor die Füße, ohne ihre Identität zu erfragen, bevor er das Gelände fluchtartig verließ. So wurde Penelope als enge Vertraute angewiesen, die Nachricht zu untersuchen. Als die Griechin keine Falle an dem Schriftstück fand und es las, erlebte Aurelia etwas, was schon lange nicht mehr vorgekommen war. Penelope, ein Ideal der stoischen Lebensführung, erbleichte und schwankte. Ihr erging es kaum besser, als sie die Botschaft übernahm und las: Woher weiß der Absender dies alles? Damit kann er nicht nur mich, sondern auch meine Familie vernichten! Der Appetit für den Rest des Frühstück war vergangen.

So bleibt mir denn keine Wahl. Auch wenn es ihr schwerfiel, hielt sie sich an das, was ihre Mutter und Penelope ihr beigebracht hatten: Selbstbeherrschung, mit Gelassenheit das Los zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Sie beruhigte ihre besorgten Hausdiener, schickte einige zusätzlich zu den üblichen aus, ihr Informationen zu beschaffen. Vielleicht schafft es ja einer, den Boten zu verfolgen. In der Kürze der Zeit konnte sie selbst die Ergebnisse leider nicht mehr abwarten, nur noch den Tagesplan umstellen, damit ihre Anwesenheit nicht mehr notwendig war.

Nur zwei ihrer verschwiegensten Leibwächter nahm sie bis zum Rande des Feldes mit, das letzte Stück ging sie mit Penelope allein. Unterwegs tauschten sie sich über die Vorräte des Haushalts und die Erziehung der Töchter aus, was in Wirklichkeit einen Austausch ihrer Gedanken war, was es mit diesem ungewöhnlichen Treffen auf sich haben konnte. Beiden fehlten die Informationen, um sich einen Reim zu machen. So stiegen sie schließlich schweigend die Treppen zum Tempel hinauf. Die hagere Gestalt der alten Griechin verschwand fast in ihrer Tunika und unter ihrer unscheinbaren Palla, ihr Alter war ihrem vorsichtigem Gang anzumerken. Trotzdem trug sie noch eine Umhängetasche mit Opfergaben für Lucina. Die hochgewachsene Römerin füllte ihre edle Stola vollkommen aus, bedeckte ihr Haupt ebenfalls mit einer Palla und ging zwei Schritte voraus, stolz und aufrecht.

Nach ihrer Ankunft stellte sich Aurelia weit vorne in den Raum und sah sich um, wer noch zugegen war oder kommen würde. An Selbstsicherheit war ihre Haltung kaum zu übertreffen, auch wenn es ihr innerlich ganz anders ging. Knapp hinter ihr bezog Penelope Position und sah sich deutlich unauffälliger um. Beide erwarteten halb, Concitius zu sehen, auch wenn sie von ihm eine deutlich plumpere Herangehensweise erwarteten. Er hätte alles sofort publik gemacht und keine Möglichkeit zur Verhandlung gelassen.
« Letzte Änderung: 10.09.2014, 21:33:05 von Aurelia »

Lucius Varius Rufus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #2 am: 09.03.2014, 22:32:58 »
Varius Schädel brummte, als er das kleine Stück Papyrus zwischen dem Stoff seiner Tunika fand, die er einfach auf den Boden hatte fallen lassen. Wegen des großen Festes hatte er den Hauptteil der Nacht in den Suburae am Fuß des Esquilin verbracht. Die Matronalia kümmerten ihn nie so wirklich. Was gingen sie ihn auch schon an? Er nannte weder eine Gattin sein eigen, noch verspürte er den Wunsch in näherer Zukunft eine zu ehelichen und der kläglich Rest seiner Familie lebte noch immer weit im Süden, sodass es für ihn keinerlei Grund gab sich mit diesem Fest zu befassen.
Er hatte sich also in den vergangenen Nächten für eine andere Art des Feierns entschieden. Die Bilder in seinem Kopf waren verschwommen und lückenhaft, aber vor allem die letzte war eine lohnende Nacht gewesen. Und irgendwann hatte ihm wohl jemand diesen Fetzen Papyrus überreicht. Er las mehrfach die Worte und sie waren nicht wirklich kryptisch. Aber statt sich Sorgen zu machen liefen andere Dinge in Varius' Kopf ab. Er starrte auf das Papyrus und griff dann nach seinem Stilus. Vielleicht hätte er beunruhigt sein sollen, aber er war es nicht. Im Gegenteil, dieser Brief brachte ihm eine Idee, die er niederschreiben musste: Die Worte flossen schnell aus seinen Gedanken, aber am wichtigsten, war der Titel, der sich oben auf der Seite fand: Thyestes
Der ganze Weg zum Tempel der Juno Lucina war beherrscht von diesen Gedanken - kleine Versschnipsel tauchten in seinem Kopf auf, obwohl es noch lange Dauern würde, bis er sie als solche niederschreiben würde. Fürs erste galt es zu entscheiden, was er mit dem Pelopiden[1] anfangen wollte. Seine Arbeit am Gorgonifer war beinahe vollendet und er würde nicht versuchen sich selbst im epischen Sang zu übertreffen. Also blieb eigentlich nur eine Alternative: die Tragödie. Seit Accius' Tod hatte sich niemand mehr wirklich an sie heran gewagt. Es wurde Zeit. In seinem Kopf reifte langsam ein Plan, aber es fehlte ihm noch etwas. Er wollte nicht einfach die Alten kopieren, nicht einfach nur das tun, was vor ihm getan worden war. Er würde etwas neues schaffen, etwas, das nicht nur Accius oder Ennius nicht zu scheuen brauchte, sondern das es wert wäre mit den wahrhaft Großen verglichen zu werden. Aber dazu brauchte er mehr als nur den Pelopiden und seine Geschichte. Er benötigte mehr als das parrocidium[2] und das unsäglich Mahl, er brauchte echte Ränke und echten Verrat. Und der Gorgonifer wollte auch noch vollendet und veröffentlich werden. Rom wartete schon zu lange auf ihn.
Dass er im Begriff war genau in soetwas hinein zu stolpern, erkannte Varius freilich nicht. Dafür war er viel zu sehr mit seinen künstlerischen Überlegungen beschäftigt - und mit seinen Kopfschmerzen. Das Tageslicht tat sein übrigens und so kam Varius mit zusammengekniffenen Augen in den Tempel. Deshalb erkannte er nicht einmal Aurelia, obwohl er schon viel Zeit im Haus ihres Vaters verbracht hatte. Stattedessen suchte er sich eine möglichst dunkle Ecke, weniger um sich vor Blicken sondern mehr um sich vor der Sonne zu verbergen. Tiefer Ränder zierten seine Augen und sein Gewand saß etwas unordentlich, aber das konnte dennoch nicht so recht über sein gutes Aussehen hinweg täuschen. So früh am morgen kümmerte ihn aber nichts außer den Ideen, die neben den katerbedingten Nadelstichen seinen Kopf füllten. Eifrig kritzelte er auf seiner Wachstafel herum, machte sich Anmerkungen zu seinem soeben begonnenen aber auch zu seinem beinahe abgeschlossenen Unternehmen und schien kaum Notiz von seiner Umwelt zu nehmen.
 1. Sohn des Pelops = Thyestes
 2. Verwandtenmord, hier Kindsmord
« Letzte Änderung: 11.03.2014, 23:43:28 von Lucius Varius Rufus »
Iam fero infandissima,
iam facere cogor

Gaius Sempronius Gracchus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #3 am: 11.03.2014, 19:10:04 »
Die Matronalien, wie er diesen Tag verabscheute. Ein Tag an dem er sein dünnes, verabscheuungswürdigen Weib anbeten sollte. Schlimm genug, dass es schon genügend Tage gab an denen er um ihre Gegenwart nicht umhin kam. Einladung zu Feiern in der höheren Gesellschaft zum Beispiel. Gaius Sempronius Gracchus verabscheute seine Frau. Frisches Geld hatte alten Adel geheiratet. Wie so typisch für den alten Adel, war auch die Familie seiner Frau, ein inzwischen verarmter Arm der Familie Fabier, verarmt. Der unerschütterliche Glaube, dass altes Blut genug war um Erfolg zu garantieren. Eine Zeit lang war Gaius für Teile der Kosten aufgekommen. Immerhin hatte es auch ihm genug eingebracht, es hatte ihm einige Türen geöffnet, die ihm ansonsten verschlossen geblieben wären. Aber schnell genug hatte er festgestellt, dass eine Tür offen stand, wenn man sie zum ersten Mal durchquert hatte und so hatte er begonnen, seiner Frau keine exorbitanten Ausgaben mehr zu gestatten. Bereits seit vier Jahren war sie nicht in der Lage ihm ein Kind zu schenken und am heutigen Tag sollte er für sie beten. Er verabscheute seine Frau und sie verabscheute ihn genauso. Wenn er für etwas beten würde, dann dafür von seiner Frau erlöst zu werden, den knochigen Biest.

Hatte sein Tag bereits schlecht begonnen, einfach aufgrund des Datums, wurde er noch deutlich schlechter. Seine Sandalen schluften über den Steinkacheln seines Hauses, während er eine Nachricht in seiner linken Hand zerknüllte. "Was soll das werden?", fragte er sich? Befand sich seine Laune bereits seit Sonnenaufgang im Sturzflug führte diese Nachricht nicht dazu, dass sie sich besserte. Sein Weg führte auf den Esquilin, nicht weit entfernt, aber weit genug um etwas Raum zwischen sich und seine Frau zu bringen, vielleicht hatte diese mysteriöse Nachricht doch sein Gutes.
Seine letzten Schritte führten ihn die letzte Steigung des Berges hinauf bevor er den Tempel sah. Als erstes fielen ihm beiden positionierten Wachen auf. Unwillkürlich ging sein Griff zu dem Lederknüppel in seiner Tunika, schnell vergewisserte er sich, dass er an seinem Platz war. Was auch immer kommen würde, er war nicht hierherbestellt worden um getötet zu werden, da war er sich sicher. Trotzdem war es beruhigend zu wissen, dass er nicht unbewaffnet war. Die Wachen vor dem Tempel beachtete er gar nicht. Seine gesamte Aufmerksamket galt dem Tempel und seinem inneren. Dort angekommen fand er bereits eine Frau und einen Mann vor. Eine Frau, eine Sklavin und anscheinend einen kranken oder Betrunkenen. Fast meinte Gaius den leichten Geruch von gesüstem Wein zu riechen.
Der Betrunkene würde ihm wohl kaum die Nachricht geschickt haben. Blieb noch die Frau mit der Sklavin an ihrer Seite. Selbst wenn sie sich sicher wäre, dass ihr nichts geschehen würde, da sie alle Druckmittel in ihrer Hand hatte, wäre es wahrlich merkwürdig eine Frau der Position zu finden. Seine Erfahrung sagte ihm, dass es wahrscheinlich ein Mann war.

"Gaius Sempronius Gracchus.", knurrte er kurz in die Runde, sollte einer der beiden ihn einbestellt haben oder sogar beide, würden sie schon mit dem Reden beginnen.
« Letzte Änderung: 13.03.2014, 18:41:15 von Gaius Sempronius Gracchus »

Aurelia

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #4 am: 17.03.2014, 12:43:06 »
Nicht lange blieben die beiden Frauen alleine. Als Aurelia die beschwingten Schritte eines weiteren Besuchers vernahm, drehte sie sich ruhig herum, um eine gewisse Überraschung zu erfahren: Lucius Varius Rufus, ein Dichter und häufiger Besucher im Haus ihres Vaters, kam herein und ignorierte sie, um sich hinzusetzen und zu schreiben. Hatte ihn die Muse hierhergeführt? Sie traute ihm nicht zu, derjenige zu sein, der die Fäden zog. Sie wusste ob seiner Gewohnheiten und seinen Fähigkeiten. Sicherlich hatte sie diesen jüngeren Mann gerne schon in die Dienste genommen, Spottverse auf politische Gegner ihrer Familie zu verfassen, und er hatte gute Arbeit getan. Es kostete nicht wenig, um ihn zu finanzieren, aber sie war stets in der Lage gewesen, die Notwendigkeit der Ausgabe überzeugend darzustellen. Als sie diesen Gedanken folgte, wurde ihr plötzlich die wahrscheinlichste Erklärung seiner Anwesenheit klar: Er wäre in der Lage, das im Brief enthaltene Wissen mit größtmöglichem Effekt zu verbreiten. Vielleicht wusste er nicht einmal, wofür er hergerufen worden war. So sah sie sich gezwungen, ihn zunächst ins Feindeslager zu sortieren. Sie machte ein entsprechendes Zeichen an Penelope und wartete auf den wahren Ränkeschmied.

Der nächste, der den Raum betrat, kam Aurelia bekannt vor, doch fehlte ihr der Name. Sie wusste noch, sie war einer Einladung gefolgt und er war einer der neuen Gäste in der Runde gewesen. So lange hatte er seinen Stand noch nicht und seine Vergangenheit sorgte für weitere Vorbehalte. Sie hatte ihm keine große Bedeutung beigemessen und zwar wie über alle Informationen zusammentragen lassen, aber noch nicht für nötig befunden, diese einzufordern. Gerade neigte Penelope sich vor, um ihr etwas zuzuzischeln, da stellte er sich rüde vor. Aurelia streckte sich, ihre Augen verengten sich. Was maßt er sich an? Bei seiner Herkunft sollte er vorsichtig sein! Oder war er derjenige, der dies über mich herausgefunden hat?! Die ungewöhnliche Art, damit umzugehen, könnte vielleicht passen. Aber überraschen würde es mich schon, dann wäre er gewiefter als erwartet... Sie beschließt, es vorsichtig anzugehen.

Sie schiebt ihr Tuch ein wenig zurück über den Haaransatz, um den Blick freizugeben, es bedeckt jedoch weiterhin ihren Kopf. Salve! Mein Name ist Aurelia Lucia Licinia, so euch dies noch nicht bekannt ist. Was führt euch hierher? Wart ihr zuletzt verhindert oder gibt es einen besonderen Anlass?, tut die stolze Römerin mit kräftiger Stimme kund. Ihre Mundwinkel haben sich zu einem Lächeln verzogen, doch hebt sich nur eine Augenbraue. Das andere Auge bleibt klein und zwinkert nicht. So scherzhaft-freundlich Ton und Inhalt des Gesprochenen sind, so deutlich klingt ihr Selbstbewusstsein hindurch. Na, dann bekenne Farbe: Hast du mich eingeladen? Und wenn nicht, was führt dich her?
« Letzte Änderung: 10.09.2014, 21:33:14 von Aurelia »

Symmachus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #5 am: 17.03.2014, 21:36:08 »
Ante diem III Idus Martius 710 a.u.c - Mane - Hora Secunda - Subura[1]

Alle wollten sie etwas von einem. Es war einer der Vorzüge und der größten Nachteile der Position von Macht, von Ansehen, von Würde. Es gab schon immer viel zu tun, viel zu bedenken, viel zu lenken und selbstverständlich war das Herrschen nicht die Kunst, alles selbst zu machen, sondern eine Kunst der Delegation, des Vermittelns und die Kunst, dafür zu sorgen, dass alle ihre Dinge so taten, als hätte man es selbst getan. In jenen Tagen war es jedoch allzu häufig eine Form des Nachteils oder der unangenehmen Pflicht, denn es war wie Quintus[2] schon seinem Bruder Marcus[3] schrieb und seit jeher nicht nur den Ciceros bekannt war: Vor jeder Art von Wahlen versprach diversen Menschen der Nobilität das Blaue vom Himmel und dann tat man dasselbe mit den volksnahen Männern und dann, wenn man eine Wahl oder ein Amt gewonnen hat, suchte man nach kreativen Wegen, diese unüberbrückbaren Widerstände weitestgehend zu versöhnen oder zumindest die aufkommenden Konflikte so in Balance zu halten, dass sie einem bei der Ausübung der Macht nicht weiter behinderten[4]. Gaius Iulius Caesar besaß viele begnadenswerte Talente, doch das Versöhnen von sich ausschließenden Parteien lag naturgemäß auch außerhalb seiner Befähigung. Dennoch hatte er wohl eine persönliche Kraft, eine Form des Charismas, welche manchmal darüber hinwegtäuschte oder zumindest trotz klaffender Schluchten zwischen Vertragspartnern immer wieder reichte, die Gräben kurzzeitig zu überdecken, um sie danach nur noch tiefer wiederzufinden. Und er hatte jede Menge Personen in seinem Dunstkreis, die darauf warteten, dass er Gefallen erwiderte oder sie zumindest so nah an sich herankommen ließ, dass sie von seiner Corona[5] von Macht und Charisma profitierten. Jede Menge Bittsteller, die jeden Morgen warteten oder ihn in ihre Häuser oder nahe des Senates empfingen, damit sie um Belanglosigkeiten bitten konnten oder sich empört, geradezu pikiert zeigten, dass selbst ein dictator perpetuo einem nicht alle Wünsche erfüllen konnte, geschweige denn wollte.

An diesem Morgen war es jedoch eine andere Geschichte. Es war keiner der üblichen Bittsteller, der dort auf ihn wartete und es war keiner der typischen Orte, an denen man auf ihn warten würde. Es war jemand, der sich mit seiner persönlichen Geschichte befasst hatte oder ihn kannte. Es musste jemand sein, der seine Lebensstationen nachvollzogen hatte oder sich gar für eine Zeit auf demselben Weg befunden hatte. Der Treffpunkt war kein anderer als Caesars altes Haus in der Subura, dieses bescheidene, einfache Haus nahe eines Bordells, welches er bezogen hatte, als er aus seinem Exil heimkehren konnte. Das waren gefährliche Zeiten gewesen und dies war manchmal ein gefährlicher Ort. Und es gab höchstwahrscheinlich einen Grund, dass jemand ihn genau an diesen Ort rief.
Und so war es nicht verwunderlich, als Caesar ihn schließlich sah. Seine braunen Augen waren etwas eingesunken und müde, seine Nase zeigte noch immer deutlich seine Verwandtschaft zu seinem berühmten Bruder an. Die Haut war etwas faltiger geworden seit ihrem letzten Treffen, und das dunkelbraune Haar hatte an reichlich grauen Strähnen gewonnen, war an der Stirn etwas schütterer geworden, auch wenn er längst nicht so kahl wie Caesar war. Das steigende Alter machte sich langsam bemerkbar. Sein Rücken war jedoch noch nicht gebeugt und seine Statur zeigte den Stolz eines Mannes, der den Equites[6] angehörte. Er war kein Mann klassischer Nobilität, aber eben auch über einem gewöhnlichen Manne. Und wenn man ihn so mit seinem beinahe sechzig Jahren betrachtete, glaubte man ein Sinnbild eines Eques zu sehen. Irgendwo im Ansehen zwischen soldatischer Tradition, würdevollen, römischen Bürgertum und doch von weniger aristokratischer Herkunft denn ein Julier[7]. Ein Bindeglied zwischen den Besten und den Schlechtesten. Er war etwas kleiner als Caesar, und doch nicht klein gewachsen. Er trug eine schmucklose, weiße Toga und blinzelte in das Licht, aus dem Caesar ihn entgegentrat.

Quintus Tullius neigte den Kopf und lächelte. "Ich weiß nicht, wie man dich angemessen begrüßt." Quintus wusste dies ganz genau, dessen konnte man sich sicher sein. "Aber es freut mich, dich zu sehen, Gaius." Quintus gab Caesar ein Zeichen mit seiner rechten Hand und winkte ihn in sein altes Haus, blieb dann jedoch auf der Schwelle stehen. "Wir müssen reden, mein alter Freund. Mir ist etwas zu Ohren gekommen, was dir gar nicht gefallen wird. Das niemanden gefallen kann." Quintus kniff die Augen zusammen. Um sie herum in der Subura konnte man nicht sagen, dass an diesem Morgen bereits das Leben tobte. Nur hier und da waren einzelne Menschen oder kleine Grüppchen unterwegs. Viele hielten jedoch den Kopf niedrig und wichen weit aus, falls sie sich gewahr wurden, wer dort in ihrem Viertel unterwegs war oder sie grüßten ehrerbietig, oder sie taten so, als hätten sie nichts bemerkt und schlichen oder eilten vorbei. Menschen konnten sich so vielgestalt verhalten, dass es eine Freude war, sie zu beobachten. An Tagen der Triumphen schrien sie alle in Extase, doch wenn sie nicht in der Masse waren, schlichen sie an den Mächtigen mit gebeugtem Haupte vorbei, als würden sie nur für ihre Existenz zur Rechenschaft gezogen werden können.
"Wir haben lange nicht mehr über Krieg geredet, alter Freund. Wie oft haben wir in Gallien[8] darüber geredet? Wie oft haben wir über die gallischen Menschen geredet und über die Centuriones[9] gelacht, die irgendwann im Ernst dachten, die Gallier wären dumme Barbaren[10]." Quintus lachte aufgrund der alten Erinnerungen und wischte sich übertrieben eine Träne aus dem rechten Augenwinkel. Wieder zeigte er einladend auf die Eingangstür des krude verputzten Hauses, dessen tönerner Putz von den letzten Regenfällen einigen Schaden genommen hatte. Es stand scheinbar leer oder war nur spärlich bewohnt. Zu Caesars Zeiten, ehe er Pontifex Maximus[11] wurde und an die Via Sacra[12] zog, hatte es noch deutlich besser ausgesehen, gepflegter. "Dann kam die Sache mit Pompeius[13], was? Seitdem haben wir nicht wieder über Krieg geredet. Als hätte sich der Krieg oder das Wesen des Krieges irgendwie verändert. Dabei haben wir uns doch nur verändert. Wie schnell sowas gehen kann, alter Freund." Sein Augenwinkel war wieder getrocknet. Es lag kein Vorwurf in seinen Worten. "Was hälst du davon, wenn wir wieder damit anfangen? Der alten Zeiten wegen? Lass uns über Parther[14] sprechen und über die verschiedenen Fronten, die so ein Krieg haben kann.[15]" Er lächelte freundlich. Ein Cicero-Gesicht war nicht für Freundlichkeit geschnitten, es sah etwas gequält aus. "Ich falle wieder mit den Armeen ein, verzeihe mir. Wie geht es dir, Gaius?"
 1. Subura
 2. Quintus Tullius Cicero
 3. Marcus Tullius Cicero
 4. Der Bezug ist das Quintus zugeschriebene, wenn auch in der Autorenschaft umstrittene Commentariolum Petitionis
 5. Bezug sind hier die Würdenkränze (Kronen)
 6. Eques
 7. Julier
 8. Quintus war Legat im Gallischen Krieg (58-50 v. Chr.)
 9. Centurio
 10. Vgl. den typischen Ethnozentrismus, der auch für Rom typisch ist.
 11. Pontifex Maximus
 12. Via Sacra
 13. Gnaeus Pompeius Magnus - Der Zusammenhang ist der Römische Bürgerkrieg zwischen Pompeius und Caesar
 14. Partherreich
 15. Caesar war in diesen Tagen in den Planungen zu einem Feldzug gegen die Parther: Malitz - Caesars Partherkrieg
"Lebenspendende Sonne, du kannst wohl nichts Größeres erblicken als die Stadt Rom." - Horaz

Abhay Hepworth

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #6 am: 18.03.2014, 19:39:34 »
Eine konnte Gaius damit schonmal von der Liste streichen. Aurelia... irgendwo hatte er diesen Namen schonmal gehört. Dann traf es ihn plötzlich. Eines dieser furchtbaren Feste zu dem ihn seine Frau geschleift hatte. Eine dieser gähnenden Veranstaltungen. Natürlich war ihm der Zweck dieser Veranstaltungen bewusst. Es ging darum Kontakte zu knüpfen. Doch keiner der Römer vom alten Blut hielt es auch nur für nötig ihn anzugucken. Seine Frau hatte sich ohne Probleme unter die Gäste gemischt. Ihr altes Blut tragend wie Einladung. Fast entglitt ihm sein Gesicht bei der Erinnerung daran, immerhin war er es gewesen, der den verfluchten Arm der Familie seiner Frau vor dem vollständigen Ruin gerettet hatte. Gerade das neue Geld führte aber unweigerlich zu Abneigungen, wahrscheinlich wurde es einfach als Bedrohung wahrgenommen.
Doch so schnell er in seinen Gedanken abgetaucht war so schnell tauchte er wieder auf. Also einer weniger. Einen Moment lang fummelte er an seinem Beutel, der an seinem Gürtel hing, herum. Wenige Augenblicke später zog er die geschriebene Botschaft hervor. Sein Hauptaugenmerk galt dem zweiten Mann im Raum, war er der Verfasser? Würde er sich verraten? "Vielleicht sagt ihr mir was der Anlass ist Domina Aurelia.", stellte er die gleiche Frage einfach zurück. Interessanter war eigentlich der Fakt, dass jemand anscheinend auch etwas in Aurelias Vergangenheit gefunden hatte. Was es wohl war? Ein Giftkomplott gegen ihren Mann? Ein Liaison? Eine Verschwörung gegen einen Senator? Die Möglichkeiten schienen fast unbegrenzt. Insgeheim nahm sich Gaius vor dieser Information nachzugehen.

Gaius Blick richtete sich nun vollständig auf den Mann, der an der Wand lehnte. Er zog eine Augenbraue hoch, hätte er den Anstand sich vorzustellen? Er hatte das Gefühl den Hauch von Wein aus seiner Richtung zu vernehmen? Ein Trinker oder hatte er in der letzten Nacht nur ein Becher Wein zuviel getrunken?

Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #7 am: 20.03.2014, 05:06:21 »
Noch immer überrascht, sah sich Lucicus Licinius Guirmean die Nachricht - die ihn an diesem Morgen gebracht worden war - ein weiteres mal an. Wieder las er die Buchstaben und obwohl alles klar und eindeutig sein sollte, zweifelte er noch immer an deren Bedeutung und den Folgen, die sich daraus ergaben. Diese Informationen konnten nicht nur sein Leben hier in Rom zerstören, sondern ihn auch in Lebensgefahr bringen. Zwar war er einer der besten Gladiatoren - und gleichzeitig der Mann, der dem römischen Volk eine komplett neue Gladiatorengattung, den Retiarius, gezeigt hatte - und nun ein Leibwächter von Aurelia Lucia Licinia, also wahrlich ein Mann der es wusste sich erfolgreich zu verteidigen aber trotzdem fürchtete er um sein Leben. Wer solche Informationen gekommen war, musste mächtige Kontakte und Verbündete haben.

Der stolze Kelte, der in der Schlacht von Gergovia mit nur einem Alter von 13 Jahren gefangen genommen und nach Rom gebracht wurde, hatte seine Herkunft nie versteckt. Erhobenen Hauptes läuft er nicht wie für die Römer üblich in einer Toga durch die Stadt, sondern in einem schlichten Stoffhemd und einer Stoffhose mit einem kräftigen roten und blauen Tartan-Muster. Auch seine sonstige Erscheinung ist die für einen Kelten übliche. Guirmean hat lange, gepflegte blonde Haare und einen fast ebenso langen Bart, die durch Kalk gebleicht und formbar gemacht wurden. Er trägt goldene und kupferne Armreifen und Ohrringe; seine Kleidung wird durch goldene Fibeln zusammengehalten.
Durch seine Weigerung, sich der römischen Kultur vollkommen anzupassen, galt er als Barbar aber das war ihm egal. Noch immer brannte der Hass auf die Römer tief in ihm - sie hatten schließlich seine Familie und einen Teil seines Stammes ermordet und ihn aus seiner Heimat herausgerissen. Doch nie hat er sich gegen die Römer aufgelehnt oder wirklich rebelliert. Es war also verwunderlich, das jemand diese ganzen Informationen gegen ihn in der Hand hatte.

Nichtsdestotrotz war es so. Es blieb ihm also nichts anderes üblich, als sich der Forderung zu beugen. Nachdem sich der ehemalige Gladiator und freigelassene Sklave um seine tägliche ausgiebigen Pflege gekümmert hatte, nahm er seinen Pugio an sich und machte sich auf den Weg, sich seinem Schicksal zu stellen.
Sein Weg führte ihn auf den Esquilin, vorbei an den verwelkten Blumen und dem geronnenen Blut, das ihn an seine Zeit in der Arena erinnerte. Vor dem Tempel blieb er stehen und nahm die Anwesenheit zweier Männer wahr, die er kannte. Es waren Leibwächter Aurelias, der Frau, die ihn gefördert, ihm eine Arbeit abseits der Arena gegeben und ihn dabei unterstützt hatte sich aus seinem Sklavenleben freizukaufen. War sie es, die etwas gegen ihn in der Hand hatte? Sie war definitiv eine der wenigen Personen in Rom, der er Vertrauen schenkte.

Hatte er sich in ihr getäuscht?

Guirmean warf die Fragen beiseite und betrat den Tempel. Zwei Männer und eine Frau befanden sich im Raum. War einer der Anwesenden der Verfasser der Nachricht oder waren sie ebenfalls hierher gerufen worden? Der Kelte hatte keine Lust auf irgendwelche Spielchen. Er wollte direkt zum Punkt kommen.
"Lucius Licinius Guirmean. Mit wem habe ich das Vergnügen? Seit ihr für diese Nachricht verantwortlich?"
Mit diesen Worten wandte er sich an die beiden Männer im Raum und zeigte die Nachricht vor. Aurelia nickte er zu, er konnte sich nicht vorstellen das sie die Verfasserin der Nachricht war.

Lucius Varius Rufus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #8 am: 22.03.2014, 16:23:21 »
Erst jetzt da sich der Tempel langsam füllte und die ersten Worte von den Wänden widerhallten, wurde Varius der anderen gewahr. Das erste, was ihn aufmerksam werden ließ, war der Name "Aurelia Lucia Licinia". Kurz schalt Varius sich selbst, dass er sie nicht sofort erkannt hatte, aber er hatte einfach nicht damit gerechnet ihr hier zu begegnen. All das hier machte für ihn nicht wirklich viel Sinn. Aber zumindest eines verstand er: diese Erfahrung würde seiner Arbeit sicherlich gut tun. Er spürte eine gewisse Vorfreude auf das, was sich hier entwickelte und kümmerte sich wenig um, das, was für ihn selbst auf dem Spiel stand. Eine bessere Charakterstudie als das hier würde er für seinen Thyestes nicht finden können.
Also begab er sich zumindest ein wenig weiter in den Raum hinein, blieb aber noch immer im Halbdunkeln. Denn die Tatsache, dass sein Interesse geweckt war und er seine Aufmerksamkeit jetzt von der Wachstafel in seiner Hand abwandte, änderte nicht daran, dass grelles Licht ihm noch immer Schmerzen bereitete. Varius musterte jetzt die beiden anderen Männer, die eingetroffen waren. Den, der sich als Gaius Sempronius Gracchus vorgestellt hatte, kannte er nicht, da war er sich ziemlich sicher. Aber dieser Wilde kam ihm bekannt vor. Erinnerungsfetzen an wilde Nächte in den Suburae tauchten in Varius' Kopf auf. Dieser Mann war des öfteren dort gewesen und hatte eine ganze Menge Wein mit ihm geteilt. Varius genoss die Gesellschaft mit Männern wie ihm - zumindest, wen er in den Suburae und nicht in den Villae unterwegs war. Die Worte, die er nun an die anderen richtete, kamen schnell zu ihm - auch wenn sein Kopf noch immer pochte. Worte waren sein Feld, hier fühlte er sich immer heimisch, egal an welchem Ort er sich befand: "Salve, boni. Domina, pulchritudo tua, ut solet, omnia in umbras adigit. Nullus bonus est, nisi facies tua diem illuminat. Spero patrem salvere. Multi dies defluebat et me piget domum patris diu abstinuisse."[1] Varius warf Aurelia und ihrer Dienerin ein gewinnendes Lächeln zu und wandte sich dann an die beiden Männer, die danach gefragt hatten, mit wem sie es zu tun hatten: "Lucius Varius Rufus appellor. Forte a me audiverunt."[2] Varius war stolz auf den Ruhm, den er in der kurzen Zeit seines Wirkens unter den Gebildeten Roms bereits erlangt hatte. Dass der Barbar darum wusste, hielt er für eher unwahrscheinlich, aber der andere Mann gebärdete sich zumindest so, als würde er zu diesen Kreisen gehören, auch wenn Varius selbst ihm nie zuvor begegnet, noch von ihm gehört hatte. Dass Aurelia ihn erkannte, dessen war Varius sich sicher. Er hatte so viel Zeit in ihrem Haus verbracht als er zuerst nach Rom gekommen war, dass sie ihn unmöglich vergessen haben konnte. Dafür hinterließ er zweifelsohne einen zu bleibenden Eindruck.
Die Frage nach dem Ursprung der Nachricht überging Varius fürs erste, auch wenn die Worte der anderen darauf hindeuteten, dass keiner von ihnen hierfür verantwortlich war. Es würde also spannend werden und innerlich applaudierte Varius, dass er aus erster Hand erfahren würde, was sich abspielte, statt nur als Zuschauer dabei zu stehen oder in seinen Dichtungen davon zu berichten.
 1. "Seid gegrüßt, gute Männer. Herrin, deine Schönheit stellt wie gewohnt alles in den Schatten. Es ist kein guter Tag, wenn dein Antlitz ihn nicht erhellt. Ich hoffe deinem Vater geht es gut. Viele Tage sind verstrichen und ich bedaure dem Haus deines Vaters so lange fern geblieben zu sein."
 2. "Mein Name ist Lucius Varius Rufus. Vielleicht habt ihr von mir gehört."
Iam fero infandissima,
iam facere cogor

Titus Flavius Nobilior

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #9 am: 22.03.2014, 16:48:52 »
Die Nachricht schockierte Nobilior. Er las sie noch einmal und noch einmal, aber der Inhalt änderte sich natürlich dadurch nicht. Der Verfasser musste etwas mit seiner Organisation zu tun haben. Ein Verschwörer in ihren Reihen vielleicht? Ein ehemaliger Auftraggeber, wenn man so will? Der geheime Assassinen-Orden von Nox, dem er immer noch angehörte, war nicht leicht zu finden. Es kam selten vor, dass jemand sich direkt an ihn wandt. Vielmehr war es so, dass die ganze Sache so ablief, dass sich der Orden ganz subtil an denjenigen wandt, der an ihrem finsteren Handwerk interessiert sein könnte. In der Nacht und im Suff gab es schon mal Ärger und auch ein Blutbad. Manchmal verschwand auch Menschen in einer Nacht spurlos. Nobilior wusste es besser, was mit ihnen eigentlich passiert war. Doch seine Gedanken fokusierten sich dann wieder ganz auf die Nachricht selbst. Er musste an dieser Intrige teilnehmen. Nicht nur er war in Gefahr, sondern auch sein Orden möglicherweise. Die ganze Sache musste aufgeklärt werden.

Aber da war noch eine andere wichtige Angelegenheit, die ihn betraf. Eine Aurelia verheiratet mit  Lucius Licinius wollte ihr Schwager Concitius tot sehen. Doch warum man gerade ihm diesen Auftrag andrehen wollte, war Nobilior nicht so klar. Als er in Rom auf der Karriereleiter immer weiter aufstieg, war einfach kein Platz mehr für sein "nettes Hobby" und "die Jagd". Er war auch zu sehr in den Mittelpunkt mittlerweile gerückt. Seine Jagdinstinkte waren aber wahrlich noch da. Doch er war dicklick geworden mit den Jahren. Er gab sich ohne Frau zu sehr dem guten Essen und manchmal auch dem Wein hin in letzter Zeit. Dabei verabscheute er eine dicke Figur eigentlich. Sie erinnerte ihn an seinen Onkel, der seinen eigenen Neffen im besoffenen Zustand vergewaltigen und auch schlagen wollte. Sein erstes Opfer in sehr jungem Alter, wenn man so sagen will. Die Schatten formten ein Schwert und dieses Schwert kam überraschend tödlich zum Einsatz, während die Schatten auf seinem Nox-Geburtsmal pulsierten. Für die Tötung wurde Nobilior aus den verschiedensten Gründen nie verurteilt, doch der Orden wurde auf ihn aufmerksam. Doch Nobilior rieß sich wieder aus diesen Gedanken. Das hier und jetzt war wichtiger. Die Sache mit Aurelia musste auf jeden Fall warten. Die Annahme einer Tötung war eigentlich beim Orden Formsache bzw. sollte es sein. Aber er hatte den Auftrag der Tötung dieser Frau noch nicht angenommen. Er hätte seinen Kontaktleuten aus alten Zeiten am liebsten die Kehlen aufgeschlitzt. Denn das wenige, was sie ihm über Aurelia sagten, hätte er bestimmt auch auf der Straße durch ein unauffälliges Schwätzchen erfahren. Und dafür hatte er am Vortag geschlagene drei Stunden in der Nacht investiert bis diese Gestalten endlich Zeit für ihn hatten. Aber tatsächlich krümmte Nobilior seinen Kontaktleuten kein Haar. Er war Meister der Selbstbeherrschung- wenn es nicht gerade um gutes Essen oder Wein ging- und außerdem könnten sie bei anderen Personen durchaus nützlicher sein. Hoffentlich würde am morgigen Tag nicht auch noch etwas anderes schief gehen. 

Das Fest zu Ehren von Lucina verabscheute Nobilior jedenfalls zu tiefst, auch wenn er sich äußerlich nichts anmerken ließ. Frauen, Geburt und vor allem Licht damit konnte Nobilior nichts anfangen. Er hat wenig Erfolg bei Frauen, die Geburt betraf ihn nicht und die Nacht und die Dunkelheit waren die Zeit des Handelns. Wieviele Opfer hatte er schon des Nachts in dunklen Gassen getötet? Es waren für wahr schon einige als er jünger war. Aber er musste am hellichten Tag zu diesem Tempel und dem Treffen. Verkleidung würde dabei nichts nützen oder bestenfalls nur kurz verwirren, so dachte Nobilior jedenfalls. Er selbst musste kommen und in seiner wahren Gestalt. Für einen Senator nichts ungewöhnliches, für einen Assassinen allerdings schon. Zwei Herzen schlugen in seiner Brust. Und so trieb er gerne seine Spielchen. Konnte er das noch: Sich vorsichtig anschleichen in den Schatten vereinzelter Häuser? Ganz leise gehen? Er versuchte es jedenfalls und er nahm einige Stimmen bei dem Tempel bei seiner Auskundschaftung wahr, aber auch einige Wachen.[1] Die Wachen waren nur für einige Momente unaufmerksam und bald musste Nobilior sein Schleichen in Richtung des Tempels beenden sonst würde er ziemlich auffallen. Was er aber hörte fast mit den Ohren eines Luchses war ganz interessant. "Dass sich Gaius Sempronius Gracchus so offen vorstellt, ist ganz ungewöhnlich. Hat er etwas mit der 'Einladung' zu tun? Und ist es wirklich Zufall, dass ausgerechnet Aurelia unter den Personen ist? Ist das vielleicht eine Falle? Oder vielleicht doch nicht? 'Lucius Licinius Guirmean' sagte die andere Person. Hat doch Gaius Sempronius Gracchus und nicht Aurelia etwas mit dieser ominösen Einladung zu tun? Aber was nützen mir diese ganzen Fragen. Ich war schon in wahrhaft heikleren Situationen. Ich gehe zum Treffpunkt und einfach ganz normal an den Wachen vorbei, was soll es."     
Und so ging ein dicklicher Mann (schwarzes Haar und braune Augen) mit einer weißen Toga und einer Tunika mit einem Lorbeerkranz und einer Lacerna- eindeutig als Schmuck- an den Wachen einfach so vorbei. Darunter trug er ein sagenumwobenes Material, dass so leicht wie eine Feder war, aber den härtesten blanken Stahl abwehren konnte. Es war unauffällig und vielleicht unterschätzte so mancher Gegner die Wehrhaftigkeit von Nobilior. Ihn schienen die Wachen nicht großartig zu kümmern. Außerdem mussten sie ihn grüßen und nicht er sie.

Als Nobilior sich dem Tempel gänzlich näherte, bemerkte er eine Gestalt im Halbdunklen, die das Wort ergriff. Es war Varius. Doch so froh war er nicht ihn zu entdecken. Dieser verdankte ihm zwar sein Leben, so wie sich die Situation für Nobilior darstellte, aber er wusste zu viel von seinen Fähigkeiten gut zu schleichen, sich trotz nicht allzu großer Helligkeit gut zu recht zu finden und der Mann blutete nach Nobiliors Angriff, obwohl man auf dem ersten Blick bei ihm keine Bewaffnung erkannte. Aber so einem Schreiberling würde er nichts tun. Nobilior hoffte, dass Varius nichts mit dem Brief in irgendeiner Form zu tun hatte. Zumindest machte er nicht den Eindruck. Er hielt aber Varius nicht von seiner Rede ab. Die Worte lenkten etwas von seiner Abwesenheit ab. Aber dann platzte Nobilior doch einfach in die angespannte Situation, die auch Varius nicht entschärfen konnte seiner Meinung nach. Jetzt erst konnte Varius seinen einstigen Retter erblicken und er war nicht mehr hinter seinem Rücken. Diejenigen, die sich mit Politik auch nur ein bisschen auskannten, würden Nobilior wohl auch erkennen. Er war in der Öffentlichkeit dafür bekannt sich für Fairness und Gerechtigkeit einzusetzen im Senat, aber im großen und ganzen verhielt er sich doch unauffällig, wann immer es ihm möglich war. Der Senator grüßte die Anwesenden wortlos mit seiner Hand. Viel wichtiger war aber: Was würde wohl Gaius Sempronius Gracchus jetzt antworten?
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« Letzte Änderung: 22.03.2014, 16:52:30 von Titus Flavius Nobilior »

Gaius Iulius Caesar

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #10 am: 22.03.2014, 23:47:04 »
Es war ein merkwürdiges Gefühl sich nach so langer Zeit wieder durch die Gassen Suburas zu bewegen. So lange schon war er nicht mehr in diesem Teil Roms  gewesen und wenn doch, dann nur zwecks Durchreise und nicht weil er hier noch Geschäfte zu erledigen hatte. Dabei hatte er den Ort seines Neubeginnes in Rom nicht absichtlich gemieden - im Gegenteil, er hätte sich liebend gern einige Augenblicke genommen, sich noch einmal hier umzusehen, hier wo alles seinen Anfang genommen hatte.
Auf eine gewisse Art und Weise war es damals eine glückliche Zeit, zwar nicht leicht aber doch einfacher. Sulla[1] hatte ihn genötigt seine Frau Cornelia[2] zu verlassen, da sie die Tochter seines politischen Gegners Cinna[3] war. Selbstverständlich hatte er, Caesar, abgelehnt, deshalb aber auch in den östlichen Provinzen vorerst im Exil leben müssen. Trotz des Ruhmes den er während seines Exils im Osten erlangen konnte, war er bei seiner Rückkehr nach Sullas Tod nur ein weiterer junger Aristokrat der sich als Ankläger einen Namen zu machen versuchte. Weit entfernt von jeglichem imperium[4], ja nicht einmal Mitglied des Senats, dafür jedoch nicht ohne Ehrgeiz.

Wenig zielstrebig, seine Aufenthalt auskostend, bewegte er sich durch die noch immer vertrauten Straßen Suburas, seine Liktoren[5] im Schlepptau. Die Bewohner machten einen Bogen um sie herum, oder sprangen schleunig beiseite, wenn sie ihn erst spät erkannten, immerhin trug er eine eher gewöhnliche Kleidung in nur wenig bunten Farben.

Die Republik war durch Sulla also wieder hergestellt, so sagten sie zumindest alle, doch tatsächlich war nur die alte Freude am Stillstand war wieder da und durch die endlosen Proskriptionslisten[6], war die Republik ihrer größten und wichtigsten Männer beraubt worden. Zu allem Überfluss hatte es nicht einmal den Versuch gegeben diese Verbrecher, die sich an dem Besitz der Proskribierten gütlich getan hatten und die Lister immer weiter gefüllt hatten, einer Strafe zuzuführen. Gaius hatte sich in diese Situation nicht einfügen wollen, sie nicht hinnehmen wollen. Zwar war seine Familie zu dieser Zeit vergleichsweise arm, aber dennoch gehörten sie den Iulii an, einer der ältesten und angesehensten Familien im römischen Adel, die ihre Herkunft auf Venus[7] selbst zurückführte. Genauso wenig wie er sich vor Sulla hatte beugen wollen, so sah er auch nicht ein, diese Männer einfach gewähren zu lassen und klagte damals also hauptsächlich Sullaner an.[8]

Er ging an dem noch immer erschreckend vertrauten Bordell vorbei und bog in die kurze Gasse ein, an deren Ende sich sein altes Zuhause befand. Dort war er ein Außenseiter gewesen, aber er hatte auch die Vorteile dieses Daseins kennen und nutzen gelernt. Jeder hier war ein Außenseiter, der Unterschied war nur, das Gaius seinen Weg gefunden hatte dieses Schicksal anzunehmen und sich über die Widrigkeiten hinwegzusetzen. Und trotzdem... Ich kann nicht behaupten, heute etwas anderes zu sein als ein Außenseiter.

Als er auf halben Wege Quintus erkannte überkam ihn unwillkürlich Freude und sein Miene, etwas finster geworden, durch die vielen Erinnerungen, hellte merklich auf. Er hatte sich schon gedacht, dass es ein alter Weggefährte sein musste, der ihn hier treffen wollte. Jemand aus der alten Zeit, vielleicht sogar noch vor seinem ersten Consulat[9]. Aber an Quintus hätte er dabei vermutlich zuletzt gedacht - oder zumindest als vorletztes, seinen Bruder Marcus hier zu treffen wäre Caesar noch unwahrscheinlicher erschienen. Doch was konnte Quintus von ihm wollen? Er hielt seit dem Bürgerkrieg stets zu seinem Bruder, der inzwischen einer der einflussreichsten unter den Optimaten[10] war. In der öffentlichen Wahrnehmung stand Quintus oftmals im Schatten seines Bruders - nach Gaius' Meinung, der Quintus nicht nur als Politiker kannte, jedoch nicht immer zurecht.
Doch auch wenn er sich nicht denken konnte, was Quintus im Sinne hatte, so war doch klar, dass von ihm keine Gefahr ausging. Also machte Caesar mit einer knappen Geste dem Anführer seiner Liktoren klar, dass sie hier -  etwas weiter vor dem Haus - auf ihn warten sollten, während er mit ausgebreiteten Armen auf seinen alten Freund zuschritt.

"Quintus Tullius." beinahe hätte er vor ehrlicher Freude über das unverhoffte Wiedersehen gerufen, zwang sich jedoch zu einem immer noch fröhlichen, allerdings halblauten Sprechen - hätte Quintus Öffentlichkeit gewollt, hätten sie sich schließlich auf dem Forum getroffen. "Wenn das keine Überraschung ist. Dich zu sehen erfreut mich nicht minder, mein Freund."
Quintus' Eröffnung schien Caesar nicht weiter zu beunruhigen, in den letzten Monaten und Jahren hatte fast jedes dritte Gespräch so oder auf eine ähnliche Art begonnen und somit hatte er eine gewisse Routine entwickelt, wenn es um den Empfang schlechter Nachrichten ging. Doch dass Quintus dann wiederum von den alten Zeiten zu reden begann, verwunderte Gaius dann doch ein wenig. Zwar freute er sich und lachte zusammen mit dem Bruder des berühmten Redners, aber ruhte sein Blick nun stets auf seinem Gegenüber und bewahrte trotz allen Spaßes eine konzentrierte Ernsthaftigkeit.
"Ich denke es geht mir gut, Quintus und ich hoffe, dass das auch auf dich zutrifft. Es gibt dieser Tage so viel für mich zu tun, dass mir unsere Zeit in Gallien inzwischen wie Müßiggang vorkommt, aber ich mag mich nicht beschweren. Und außerdem werde ich schon in wenigen Tagen wieder in meinem Element sein. Aber du wolltest ja über die Parther und den Krieg sprechen..."

Caesar machte eine Pause und sah Quintus lächelnd an. Er konnte sich nicht vorstellen, das Quintus ernsthaft mit ihm über einen Krieg sprechen wollte, der beschlossen und - soweit möglich - geplant war. Wenige Tage vor dem Auszug der Truppen und dann auch noch hier in Subura, auf der Schwelle seinen Hauses. Sein Freund konnte nicht darauf hoffen, Gaius' Pläne noch zu beeinflussen geschweige denn ihn von ihnen abzuhalten. Gewiss ging es ihm um etwas Anderes, doch Gaius war ahnungslos. Also ließ er sich nichts anmerken und ging auf Quintus' Wunsch ein und spielte mit.

"Nun gut, nun gut. Ich sehe schon, dass du dich mit Bedenken schlägst, alter Freund. Die ganze Stadt spricht von den Parthern, obwohl die Daker[11] das viel dringendere Problem sind, nicht wahr?
Du hast recht, Quintus. Sie treiben ihr Unwesen in Thrakien[12] und bedrohen darüber hinaus Macedonia[13]. Sie sind vereint unter ihrem König Burebista[14] und wenn wir ihm nicht zuvorkommen, dann wird er uns angreifen. Im schlimmsten Falle genau dann, wenn es mit den Parthern ernst wird. Deshalb wird der erste Schritt sein, die Daker in ihre Schranken zu weisen, so dass sie es nicht mehr wagen werden unsere Grenzen zu missachten und wir uns nicht plötzlich an zwei Fronten unserer Gegner erwehren müssen. Dann ist der Weg zu den Parthern frei. Wir können Rache nehmen für Crassus'[15] Schmach bei Carrhae[16] und unsere Grenzen dauerhaft sichern."

 1. Lucius Cornelius Sulla Felix, Diktator von 82-79
 2. Cornelia, die erste Frau Caesars
 3. Lucius Cornelius Cinna
 4. Imperium
 5. Liktor
 6. Proskription
 7. Venus
 8. Das antike Rom kannte weder Staatsanwalt noch Polizei, deshalb oblagen deren Tätigkeiten der Privatinitiative
 9. Consulat
 10. Optimaten
 11. Daker
 12. Provinz Thrakien
 13. Provinz Macedonia
 14. Burebista, erster König der Daker
 15. Marcus Licinius Crassus
 16. Schlacht bei Carrhae
After the battle is over
And the sands drunken the blood
All what there remains
Is the bitterness of delusion

Gaius Sempronius Gracchus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #11 am: 26.03.2014, 19:02:19 »
Als Gaius Sempronius Gracchus schritte am Eingang ihres Treffpunktes hört dreht er sich kurz um. Es verwundert ihn stark einen Barbaren bei diesem Treffen vorzufinden. Das sich dieser auch gleich als nicht Verschwörer und Schreiber der Nachricht zu erkennen gibt wundert den Halbelfen nicht weiter. Zwar ist auch Gaius nur zur Hälfte von römischen Blut, doch schützt ihn dies nicht davor sowohl die römische Lebensart vollständig angenommen zu haben, sondern er teilt genauso ihre Abneigung gegen die Barbaren. Ungehobelte Menschen, die in zugigen Hütten hausen und versuchen dem kargen Boden abzugewinnen, was dieser herzugeben vermag.

"Gauis Sempronius Gracchus.", wiederholte der Halbelf seinen Namen, während er über die Gefahr nachdachte, die inzwischen Erwuchs. Inzwischen sammelten sich in diesem Raum Leute, deren Schicksal anscheinend mit dem der Aurelia Lucia Licinia verknüpft waren. Der Barbar schien ein Sklave des Hauses gewesen zu sein, zumindest seinem Name zur Folge. Der an der Wand lehnende schien ihr zumindest zugetan. Nahm man ihre Sklavin mit dazu waren bereits drei Andere anwesend, die ihr nahe standen. Gaius versuchte die Gefahr realistisch einzuschätzen, hatte man ihn hierher gelockt? Sicher. Stammte die Nachricht von Aurelia? Vielleicht. Schwebte er in unmittelbarer Gefahr? Er glaubte es nicht. Trotzdem merkte er wie sich seine Muskeln immer mehr verspannten.

"Ein wahrlich ungewöhnlicher Tag für ein Treffen dieser Art.", merkte Gaius an. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass es half ein Gespräch am Laufen zu halten, wenn man Feindseeligkeiten abbauen wollte, oder sie nicht aufkommen lassen wollte.
"Aber anscheinend sind wir alle gleich schlau, niemand hat also eine Idee wer uns hierher bestellt hat?", fragte er obwohl die Antwort offensichtlich war: "Doch interessanter scheint mir fast die Auswahl derer zu sein, die einbestellt wurden.", kommentierte er die Versammlung mit hochgezogener Braue.
« Letzte Änderung: 26.03.2014, 19:02:38 von Gaius Sempronius Gracchus »

Aurelia

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #12 am: 26.03.2014, 21:33:21 »
Aurelias Ausdruck war zunächst ernst geworden, als Gracchus die Rolle vorzeigte. Dann lächelte sie wieder, ohne das ihre Augen sich daran beteiligten: "Ich habe euch keine Nachricht zukommen lassen und hätte sicher auch nicht versäumt, den Absender zu erwähnen. Aber vielleicht kann ich euch helfen, wenn ihr mir einen Blick hinein erlauben würdet?" Gehört er also zu den Herbestellten? Was haben sie wohl gegen ihn in der Hand? Mir würde zwar manches einfallen, aber nichts Vergleichbares mit meinem.

Guirmeans Auftauchen rief ehrliches Erstaunen auf Aurelias Anlitz. Was hat das zu bedeuten? Als er ebenfalls eine Nachricht erwähnte, wurde es nicht klarer für sie. Er wäre normalerweise eine Stütze als unser Klient, doch wenn der Absender auch etwas gegen ih in der Hand hat? In seinem Hass kann er unberechenbar sein. Sie begrüßte ihn dann aber freundlich, als er ihr zunickte:"...ich hoffe, euch geht es gut." Er schien noch nicht gegen sie eingenommen zu sein. Selbst Penelope wagte es, ein kurzes "Salve" zu murmeln.

Endlich trat dann auch Varius hinzu. Seine huldvolle Begrüßung beantwortete sie mit einem kurzen, freundlichem Lachen: "Salve! Eure Worte freuen mich. Meine Ohren dürsten schon lange nach euren Versen, hoffentlich müssen sie nicht mehr lange warten. Meinem Vater geht es den Umständen entsprechend. Sein neuer häuslicher Segen bringt ihm Glück, die Politika ist für meine Geburtsfamilie ein zweischneidiges Schwert. Doch sind die Umstände unseres Treffens ungewöhnlich, hast du diese Herren herbestellt?" Dabei reichte sie ihm die Hand und lächelte einladend, während ihre andere mit einer ausladenden Bewegung auf die Männer wies. Nun komm' schon, schieb' deinen Hang zur Dramatik mal beiseite und bekenne, auf welcher Seite du stehst!

Das Eintreffen des weiteren Mannes ließ sie zunächst wieder in den Hintergrund treten, schließlich musste sie ihn erst einmal einsortieren. Als ihr klar wurde, wer es war und dass ihr Schwager ihr bereits ein wenig von ihm erzählt hatte, schien sich für sie das Rätsel darüber, wer die Einladung ausgesandt hatte, aufzulösen. Die Art und Weise, die Auswahl der Gäste und der Sinn erschlossen sich ihr zwar noch nicht, aber spätestens das Nichtbegrüßen der Anwesenden war ein deutliches Indiz. So kam sie zurück zu ihrer Theorie, dass Varius nur der Verdeutlichung der Druckmittel diente, während der Senator als höchstgestellter im Raum wohl der Initiator war. Um das Schweigen nicht ins unhöfliche auszudehnen, wollte sie gerade die Frechheit der ersten Begrüßung übernehmen, als sich Gaius dessen annahm. Der Inhalt überraschte sie allerdings so sehr, dass sich ihr Blick auf ihn richtete. Weder sie noch Varius oder der Zuletztgekommene hatten erwähnt, selbst eine Einladung erhalten zu haben. Wollte er den Senator brüskieren? Oder wusste er mehr und war gar eingeweiht? Wenn er sich damit verraten hat, sollte ich es nicht anmerken, um besser als Unwissende, leicht zu lenkende zu erscheinen.

Sie ließ sich ihre Unsicherheit nicht weiter anmerken und folgte der Höflichkeit. Sie rückte ihre Palla zurecht, wandt sich dem Ehrengast zu und neigte den Kopf (Penelope tat es ihr gleich, neigte sich nur tiefer): "Seid gegrüßt, Senator Flavius. Euer Ruf eilt euch voraus und eure Anwesenheit ehrt uns. Gibt es etwas, dass ich, Aurelia Lucia Licinia, für euch tun könnte?" Als sie anschließend ihr Haupt hebt, erkennt man mehr und mehr ihr Selbstbewusstsein in ihrer distanzierten, aber nicht feindseligen Haltung.
« Letzte Änderung: 10.09.2014, 21:33:27 von Aurelia »

Titus Flavius Nobilior

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #13 am: 26.03.2014, 22:12:44 »
Nobilior überlegte einen Augenblick lang. Was wenn alle anderen auch hier sind, weil man gegen sie etwas in der Hinterhand hat? Wenn das der Fall wäre und die anderen nicht etwas vorspielen, dann musste Nobilior etwas aufpassen. Es war unvermeidlich, dass die anderen merkten, das auch er höchstwahrscheinlich erpresst wurde und deswegen hierher kam. Aber Nobilior akzeptierte sein Schicksal noch nicht. Es würde ihm Trost spenden das Unvermeidliche wenigstens etwas hinauszuzögern, auch wenn er sich in eine gefährliche Situation begab, das war ihm durchaus bewusst.

Es war aber schon ziemliche Ironie, dass gerade die potentielle Beute eine Diskussion mit ihm anfangen wollte, aber Nobilior war einer Unterhaltung nicht abgeneigt. Er machte den nächsten Zug bei diesem gefährlichen Spiel. Als alle letztendlich im Inneren waren, machte er die Tür schnell zu. Er flüsterte bei geschlossener Tür den anderen zu, als er wieder bei ihnen war: "Was seid Ihr denn bereit für mich alles zu tun? Ich gehe einmal davon aus, dass Ihr Eurem Mann nichts von dem heutigen Treffen erzählt habt, nicht wahr?" Nobilior hatte es mit einem schlauen gegenüber zu tun, das sagte ihm sein Instinkt. Er bluffte etwas, aber das nicht allzu schlecht. Vielleicht sollte ja ihr Mann einfach nicht beunruhigt werden? Ihn interessierte es nämlich brennend wie diese Frau reagieren würde. Es war ein Test des besonderen Assassinen in ihm, der er ja auch war. Innerlich stellte er sich schon einmal darauf ein sich durch Schattenmagie unsichtbar zu machen und von dem Ort des Geschehens zu fliehen, falls er sich doch zu weit aus dem Fenster gelehnt hat und jetzt alle auf einen Mord aus waren. Auch wenn es nicht allzu schlau wäre einen Senator am hellichten Tag umzubringen.
Auffällig war auch, dass Nobilior Aurelia ab und zu nicht direkt anschaute, sondern an eine andere Stelle im Tempel schaute bei der aber offensichtlich nichts war. Jedenfalls nichts Bedrohliches, was die anderen irgendwie wahrnehmen konnten.
« Letzte Änderung: 26.03.2014, 22:13:36 von Titus Flavius Nobilior »

Lucius Varius Rufus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #14 am: 26.03.2014, 22:25:44 »
Varius musterte den Neuankömmling und erkannte ihn schließlich als den Senator, dem er in einer der vielen Nächte in den Suburae in einer eher unangenehmen Situation begegnet war. Bevor er sich jedoch ihm zuwandte, antwortete er mit wenigen Worten auf Aurelias Frage: "Si quam notitiam scriberem, generem scribendi cognosceres. Unicum est."[1] Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen, auch wenn er die Worte aus Überzeugung spricht und sie kaum als Scherz gemeint sind. Sein Stil war einzigartig und erfreute sich in Rom wachsender Beliebtheit. Varius sah keinen Grund diese Tatsache zu verbergen. Eine neue Zeit brach für die Dichtkunst in Rom an. Sein Name und Ruhm würden dank seines Stils bis in die Ewigkeit überdauern.
Den hinzugekommenen Senator grüßte der dichter standesgemäß, indem er seine rechte Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger erhob: "Salve, pater conscriptus. Di te ament. Neptunus caput summa unda non dignius effert. Qua poeta modicus te iuvet?"[2] Varius Worte waren völlig ernst gemeint. Er mochte ein erfolgreicher Künstler sein, aber dennoch wusste er, wo sein Platz war. Männer wie Titus Flavius Nobilior waren es, die seine Kunst finanzierten und ein einziges Wort von Ihnen konnte ihn nach Herculaneum zurückschicken, zurück in die Provinz, wo niemand sein Genie zu schätzen wusste. Schlimmer noch, man könnte ihn an die Küsten des schwarzen Meeres oder in das ferne Gallien verbannen, wo er unter den ungewaschenen und ungebildeten Barbaren schreckliche Qualen erleiden würde, da niemand dort seine Kunst würde zu schätzen wissen. Er hatte schnell gelernt mit diesen Leuten, von denen seine Geschicke abhingen umzugehen und heute würde nicht der erste Tag sein, an dem er diese Dinge vernachlässigte - vor allem, da er noch Großes zu vollbringen hatte und dafür in Rom verweilen musste.
Mehr sagte der Dichter allerdings nicht. Immerhin war Aurelia aus einer ebenso bedeutenden Familie und ihr Vater hatte die gleiche Macht wie Nobilior. Also überließ er die beiden ihrem Gespräch und lauschte lediglich aufmerksam, falls einer von ihnen seine Meinung hören oder seine Hilfe einfordern wollte. Er verdankte beiden viel.
 1. "Wenn ich irgendeinde Notiz geschrieben hätte, hättest du meinen Schreibstil erkannt. Er ist einzigartig."
 2. "Seid gegrüßt Senator. Mögen die Götter euch geworgen sein. Neptun selbst erhebt sein Haupt nicht würdiger aus der Tiefe. Wie kann ein bescheidener Dichter euch helfen?"
Iam fero infandissima,
iam facere cogor

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