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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 116383 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #45 am: 13.09.2014, 19:28:06 »
Rubin zögerte, sah auf das "fliegende Skateboard" und dann zu Harry.

"Der richtige Name ist N'kyuash. Sie stammen, soweit ich es weiß, von hier - von Kurun. Zumindest haben sie hier etwas zu tun. Etwas, das diese Welt, wie ich vermute, in den Untergang führen wird."

Nun stieg Rubin auf sein Gerät, das seine Höhe durch sein Gewicht nicht veränderte. "Ich würde euch durchaus mehr von mir erzählen. Aber versteht bitte, dass ich den Wesen in euch nicht mehr erzählen möchte." Sein Blick fiel wieder auf die Stadt. "Ich habe euch einen ersten Anker gegeben. Alles Weitere liegt bei euch. Wenn ich glaube, euch vertrauen zu können, melde ich mich wieder bei euch."

Plötzlich erhob sich Rubin in die Luft, und flog auf seinem kleinen Fluggerät in Richtung der Stadt - so schnell, dass sein Mantel hinter ihm flatterte. Damit waren Harry und Henry erst einmal wieder allein.
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #46 am: 13.09.2014, 20:32:30 »
Regelrecht überfahren stand Jurij neben der Eingangstür. Das Erscheinen eines Inspektors hieß für Jurij schon nichts Gutes, und dann die Sache mit Reykas Vater. Ihm wurde klar, dass er über Reyka nur wenig wusste. Wie auch, er kannte ihn ja noch nicht lange. Denn noch war er die erste Wahl.
Ein nein konnte er nun nicht mehr anbringen. Mit einem Nicken ließ er dem Inspektor den Vortritt. Was immer der Inspektor wollte, wenn Jurij es überhaupt erfahren würde, so wäre jetzt wohl ein Gespräch mit Reyka nicht mehr so einfach möglich.

Er fragte sich was Reyka wohl dazu bewegt hatte ihn einzuladen. War es was er sagte oder wie er auf den Mann wirkte. Denn viel konnte Jurij nicht erzählen, schließlich kannte er diese Welt kaum und wenn dann nur Büchern. Vielleicht fragte er Reyka nach dem warum, aber nun war erst einmal etwas anderes wichtiger.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #47 am: 14.09.2014, 01:04:02 »
Reykas Vater bat Jurij, in der Eingangshalle zu warten. Das Haus erinnerte Jurij an ein herrschaftliches Berliner Altbau-Haus, aus dem 18. oder 19. Jahrhundert - nur dass es noch nicht so alt war. Hohe, stuckverzierte Decken, ein edler Holzboden, der allerdings bei jedem Schritt ein wenig knarzte, und edle, wuchtige Holzmöbel prägten die Innenräume. Der Flur war gut sechs Meter lang; eine Treppe führte in den oberen Stock, mehrere Türen in weitere Räume.

Der Inspektor wurde in einen Nebenraum geführt, kam jedoch kurz darauf zusammen mit Reyka in den Flur.

"Jurij", begrüßte er seinen jungen Kollegen, "was machst du denn hier?"

Doch Jurij hatte keine Zeit, ihm zu antworten. Der Inspektor nahm das Gespräch an sich. "Dafür habt ihr später noch Zeit. Euer Wachleiter" - dies war der offizielle Begriff für den Wachmann, der einen Neuling in die Gerichtswache einführte - "sagte mir, dass er euch für verlässlich hält. Da wir gerade jeden Mann brauchen, führen wir dieses Gespräch gleich zu Dritt."

Reyka legte eine seiner großen Hände auf Jurijs Schulter. "Tut mir leid, dass du so früh in sowas reingezogen wirst. Das hier wird ein schlimmer Fall."

Inspektor Ferrigan nickte. "Das muss ich leider bestätigen. Der Tempelschänder hat wieder zugeschlagen." Er sah zu Jurij. "Das ist ein Fall, der eigentlich noch geheim gehalten wurde. Zwei Morde gab es bereits. Jemand dringt in einen der Tempel hier im Bezirk ein, und tötet einen der Priester in einem brutalen, rituellen Mord. Aber er tötet nicht einfach nur. Die Leiche wird zur Schau gestellt, eine abartige Szenerie, und ein einzelnes Organ wird dem Körper entnommen und in einer goldenen Schale daneben gestellt. Die Leber beim ersten Mord, eine Niere beim zweiten... dieses Mal... naja... der Darm."

Er seufzte. "Wir wollten eine Panik vermeiden. Haben es geheim gehalten. Aber dieses Mal haben Tempelgänger die Leiche entdeckt. Die Nachrichten verbreiten sich wie ein Lauffeuer. Wir müssen diesen Irren finden, und zwar ganz, ganz schnell."
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #48 am: 14.09.2014, 11:17:33 »
Das Innere des Hauses ließ in Jurij die Sehnsucht nach der Heimat steigen. Auch wenn die Stuckbilder andere Dinge zeigten so erinnerten sie ihn an Zuhause. So in Gedanken an die Heimat versunken, kamen der Inspektor und Reyka zu ihm. Mit einem Lächeln begrüßte er Reyka als der Inspektor das Wort übernahm. Das Vertrauen, was Reyka ihm gelegt haben musste, kam gerade zum rechten Moment. Denn jetzt wo der junge Mann an sich zweifelte, war dieses Vertrauen mehr wert als alle weltlichen Güter, welche besessen werden konnten. Die große Hand auf seiner Schulter tat dabei sein Übriges. Mit traurigen Augen blickte Jurij gerade Reyka an, als der Inspektor auf den Fall zu sprechen kam.

Mit größer werdenden Augen hörte der junge Mann dem Inspektor zu. Rituelle Morde in Tempeln oh Mann war das ein Hammer. Er verstand, warum die Gerichtswache den Fall geheim halten wollte und warum nun alle gebraucht wurden. In seinem Hirn ratterte es derweilen. Denn er erinnerte sich, dass es auf der Erde Kulte gab, die ebenfalls rituelle Morde beginnen oder auch begangen hatten. Meist wurde dabei eine dunkle Gottheit oder der Teufel angerufen.
Sein Blick wanderte beim Denken nach unten. „Warum glaubt ihr es seien rituelle Morde?“ fragte er und hob den Blick. „Aus meiner Heimat kenne ich Geschichten von so etwas aber hier? Entschuldigt, ich kenne mich nicht so gut mit den hiesigen Religionen aus. Gibt es hier eine Religion oder eine Sekte die so ihren Glauben praktiziert?“ Der junge Mann blickte zu Reyka und zum Inspektor. Er hatte ja gerade die Hierarchieebenen durchbrochen und wusste nicht ob es gut oder schlecht war.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #49 am: 14.09.2014, 11:27:29 »
Ferrigan nickte - die Hierarchie schien ihn nicht sonderlich zu interessieren. "Diverse", erklärte er. "Allerdings ist eine dieser bereits selbst zum Opfer geworden. Der zweite Mord fand im Asmodeus-Tempel statt." Er sah zu Reyka. "Es gab ja bereits Pläne der Tempel, mit in die Untersuchungen einzusteigen. Das ist jetzt offiziell. Es gibt eine religionsübergreifende Tempelwache, mit der wir zusammenarbeiten müssen."

Dann fiel sein Blick wieder auf Jurij. "Die Priester haben Spuren magischer Kräfte gefunden, an jedem Tatort. Sie konnten nicht genau feststellen, worum es in diesen Ritualen ging, aber es war dunkle Magie am Werk, so viel steht fest."
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #50 am: 14.09.2014, 13:11:47 »
Dunkle Magie, auf der Erde hätte Jurij es als Unsinn abgestempelt, schließlich gab es dort keine Magie und die Religionen waren reiner Glaube oder ein Weg zur Erkenntnis, aber hier. Hier gab es Magie und die Kraft des Glaubens hatte die Form von Göttern. „Ist das so ungewöhnlich?“ Mit seiner Unwissenheit über die hiesigen Kulturen und Religionen kam sich Jurij richtig dumm vor. In seinem kurz nach unten gerichteten Blick konnten die anderen beiden sehen, dass er sich gerade dumm vorkam. Dann schüttelte er den Kopf. „Entschuldigt die Frage aber will nicht jedes Ritual etwas Besonderes?“ Jurij zeigte an sich die Positionen der geopferten Organe an und dann noch auf die drei größeren fehlenden Organe. „Bis jetzt wurden Organe des Torsos entnommen und rituell geopfert. Das deutet die goldene Schüssel an. Ohne den Grund zu wissen, was bezweckt werden sollte, dass können nur Gelehrte sagen, sind dies nur Vermutungen. Aber wie ihr meintet, sie tappen selbst im Dunkeln. Wenn ich einen Vergleich zu meiner Heimat ziehen darf, fehlen noch mindestens drei innere Organe, der Magen, das Herz und die Lunge, wobei bei uns eher Herz und Lunge als wichtiger angesehen werden. Der Magen kann auch zum Verdauungstrakt gezählt werden und wurde damit schon geopfert. Gab es irgendwelche Symbole die immer wieder gekehrt sind? Wenn ja bezwecken die Rituale ein und das Selbe. Gehören zu einem großen Ritual.“ Er blickte zu Reyka und dem Inspektor. „Asmodeus hatte doch etwas mit Teufeln oder Dämonen zu tun, richtig? Könnten sie dann nicht mehr über so dunkle Rituale wissen, zum Beispiel welches Ritual das Blut von Priestern anderer Religionen benötigt?“ Mehr zu sich selbst fügte er dann noch hinzu. „Wobei ja die Organe geopfert wurden und irgendwie fehlt noch eine Jungfrau oder ein Jüngling, halt das Unschuldige zum Abschluss.“ Er kratzte sich dabei am Kinn, denn er wusste ja zumindest, dass eine Tochter entführt wurde. Sein inneres wollte aber da keine Zusammenhänge bilden, vor allem nicht weil es nur Vermutungen wären.

Dann blickte er wieder zu den beiden Männern, denn ihm wurde gewahr, dass er gerade Wissen über rituelle Morde offenbart hat. Was mochten die beiden jetzt nur von ihm denken? Dabei kannte er es ja auch nur als den Erzählungen über Sekten, Teufelsanbeter und diversen Horrorfilmen. Also hob er schnell die Hände und machte eine beschwichtigende Geste. „Em, in meiner Heimat habe ich mich mit Religionen auseinander gesetzt und bitte seht dies nur als Vermutungen an. Ich kenne mich damit auch nicht wirklich tiefgreifend aus.“
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #51 am: 14.09.2014, 13:48:07 »
"Huh, sagte Harry, während sie Rubin auf seinem Hoverboard hinterherblickten. "He didn't really tell us all that much, now did he? Tut mir leid. Vielleicht wäre es mehr geworden, wenn ich nicht gleich den Revolver gezogen hätte. Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Gut, dass wenigstens du einen kühlen Kopf bewahrt hast, Henry." Er klopfte ihm auf die Schulter.

Dann schnaubte er plötzlich. "Vermeiden wolle er, dass wir 'gefährliche Wissenslücken' haben? Dann hätte er uns verdammt noch mal mehr erzählen sollen! Henry, nicht wahr, du achtest auch schön darauf, was heute nacht mit dir geschieht, weil sie dann an die Macht gelangt. Haha, ich lach mich schepps! Als ob uns das nicht schon aufgefallen wäre. Aber was heißt hier 'darauf achten'? Wehren, das wäre das Stichwort: wie können wir uns wehren? Ein kleiner Tipp in der Hinsicht wäre nett gewesen. Aber wenn er das selbst nicht weiß, dann kann er sich seine Warnung auch an den Hut stecken, da wir eh nichts dagegen tun können."

Harry marschierte ein wenig auf und ab, bis er sich halbwegs wieder beruhigt hatte, dann deutete er in Richtung der weißen Stadt und die beiden machten sich auf den Weg, erst einmal zur Straße, dann auf Terendol zu.

"Gut, was wissen wir also jetzt, das wir vorher nicht wussten? Erstens: Zwei Namen. Tai'Lor, zu dem gehen wir einfach mal, wenn du einverstanden bist. Und N'kyuash, hm... Das scheint mir irgendwas mit Zirkel zu heißen, aber so ganz versteh ich es nicht. Nennen wir sie also mal 'Dunkler Zirkel', wenn's dir recht ist, denn bei dem Wort N'kyuash fällt mir jedesmal schier die Zunge ab.

OK, zweitens kennen wir nun ihr grobes Ziel: nämlich, dass sie ihre Macht zurückerlangen wollen und dass sie danach, oder dabei oder dadurch, diese Welt hier vernichten werden—es sei denn, wir halten sie auf. But hey, no pressure!

Und zuguterletzt wurde uns bestätigt, dass unsere... Gäste alles mitbekommen, was wir erleben, wenn wir wach sind. Oh boy, am I gonna get it tonight! Lasciel won't be pleased with me at all for having talked to this guy... Und wenn sie mich bestrafen will, braucht sie bloß stillzuhalten, während deine[1] mir alle Finger bricht...

Was meinst du, Henry? Habe ich irgendwas vergessen in meiner Aufstellung? Ist dir noch etwas aufgefallen an unserem guten Rubin und seinen 'Erklärungen'? And how are you holding up anyway? You've been awake and on your feet for more than 24 hours now. Und das Gerede über Dämonen und Besessenheit kann dir nicht gefallen haben. Andererseits hast du drei Jahre lang gegen so etwas gekämpft, das macht dich zum Experten. Gesetzt den Fall, Rubin meint dasselbe wie die Leute auf Sankturio, wenn er 'Dämon' sagt..."
 1. Henry, ist das OK, dass Harry hier von einer sie ausgeht, der Schrift und dem zickigen Tonfall ihres Briefchens nach zu urteilen, obwohl du ihm dies noch nicht bestätigt hast und auch überhaupt über die beiden anwesenden Damen noch nicht mit ihm sprechen wolltest? Sonst änder ich's ab zu "deiner oder deine" o.s.ä.
« Letzte Änderung: 17.09.2014, 11:28:58 von Harry Webster »
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #52 am: 14.09.2014, 16:27:35 »
Ferrigan und Reyka sahen Jurij mit immer größer werdenden Augen an, während er erzählte. Insbesondere Ferrigans Blick machte deutlich, was für Fragen er sich über Jurij stellte. Seine Erklärung am Ende schien ihn jedoch ein wenig zu beruhigen.

"Ihr habt... interessantes Wissen. Es gibt wenige, die sich so genau damit auskennen, was für Organe der menschliche Körper hat."

Er räusperte sich, sah zu Boden und anschließend wieder hoch, sein Blick nun wieder freundlich - fast, als hätte er mit dieser Geste die gerade entstandene Stimmung - und vor allem die entstandenen Fragen bezüglich Jurij - fortgewischt. "Wir haben selten Probleme mit Gesetzesverstößen in diesem Land. Die Tempel erhalten einen Teil der Steuern, und die Tempelvorsteher wissen genau, dass damit Schluss ist, wenn die Gesetze ignoriert werden. Das heißt nicht, dass in einem Asmodeus-Tempel keine finsteren Rituale stattfinden. Aber wer daran beteiligt ist, hat dem zugestimmt - aus welchen kranken Gründen auch immer."

Es war deutlich, was der Inspektor von den "finsteren" Religionen hielt. "Aber der Gedanke, dass all das ein größeres Ritual sein könnte, ist durchaus interessant. Ich werde das in die Nachforschungen mit einbeziehen."

Dann wandte er sich an Reyka. "Am besten klärt ihr euren Kollegen ein wenig auf, was die religiösen Hintergründe angeht. In der Zwischenzeit gibt es Aufgaben zu erledigen. Geht zur Wache und holt euch eure Rüstungen, anschließend unterstützt ihr die Zeugenbefragungen. Alle Bewohner in der Nachbarschaft müssen befragt werden, ob sie etwas gesehen oder gehört haben."

Er wandte sich zur Tür, nahm den Griff in die Hand, drehte sich aber noch einmal um. "Die Gemeinschaft der Tempel hat eine gewisse Elenya Ithera als Vertreterin bestimmt. Solltet ihr ihr begegnen, behandelt sie genau so, wie den Großinspektor, der die Untersuchungen leitet. Der wiederum ist übrigens Großinspektor Urok Manard. Aus meiner Sicht der richtige für diesen Fall."

Damit öffnete er schließlich die Tür. "Meine Herren."
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #53 am: 14.09.2014, 17:26:48 »
Jurij verabschiedetet den Inspektor wie Reyka es ihm beigebracht hatte. Als sich die Tür geschlossen hatte, blickte Jurij verstohlen zu Reyka. Ihm war es nicht entgangen wie auch er ihn angesehen hatte und auch wenn Inspektor Ferrigan nicht näher darauf eingegangen war, so fühlte er sich gerade unwohl. Immer noch war es für ihn schwer zu unterscheiden was in dieser Welt Allgemeinwissen war. Schließlich war das Wissen über den Körper für ihn allgemein wissen, sein Wissen um Druckpunkte und wie sie genutzt werden konnten, zählte da schon eher zu nicht so verbreiteten wissen. Bevor noch eine Stille zwischen den beiden sich ausbreiten konnte, ergriff Jurij die Initiative. „Reyka, bitte lass uns in ein Zimmer gehen. Auch wenn etwas anderes befohlen wurde, denke ich du hast Fragen über deinen jungen Schützling die nicht warten sollten. Und“ Er blickte seinen Kollegen fest in die Augen. „Ich war wegen einem Problem zu dir gekommen. Etwas wichtigem. Das Leben einen Mädchen hängt daran.“ Er ballte immer wieder die Hände zu Fäusten, so angespannt war er gerade. „Bitte, den Augenblick haben wir sicher noch.“

Reyka hatte ihm Vertrauen geschenkt und nun musste sich dieser große Mann wohl fragen wer sein Begleiter wirklich war. Das war nicht gut, denn wie bei den Übungen im Karate mussten sich Partner vertrauen. Ansonsten bauten sich Blockaden auf und das wirklich Wichtige wurde aus den Augen verlohren.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #54 am: 15.09.2014, 20:37:26 »
Reyka sah Jurij überrascht an. Er sagte aber nichts weiter, nickte nur, und führte seinen jungen Kollegen in einen Nebenraum.

"Nach der Nachricht von gerade kann es kaum noch schlimmer werden. Also, was ist los?"
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #55 am: 15.09.2014, 20:58:40 »
Henry lief eine ganze Zeit lang neben Harry her und lauschte schweigend seinen Gedanken. Sein Kopf schmerzte von den vielen Informationen der letzten Stunde. Oder genauer: Es waren die Möglichkeiten, dass alles war sein konnte. Er hätte dem ganzen nicht so viel Beachtung geschenkt, doch da Harry dem Fremden offensichtlich glaubte, kam Henry nun auch ins Nachdenken. "Er sagte, dass wir von Dämonen besessen sind." begann er schließlich dumpf, "Es fällt mir schwer, das zu glauben. Du musst wissen, dass die Iren ein sehr abergläubisches Völkchen ist und als solcher wäre ich allzu bereit, an einer Besessenheit zu glauben. Aber ich bin auch zur Hälfte Engländer und als solcher bin ich viel vernünftiger. Es ist nicht, dass ich nicht an Dämonen glaube. Der christliche Glaube kennt Dämonen und in Sankturio habe ich mehr als genug Dämonen gesehen. Aber diese... waren wilde, brutale Kreaturen, die alles und sich selbst ins Chaos stürzen. Ich kann nicht glauben, dass wir besessen sind, weil sich das viel drastischer zeigen müsste."

Er überlegte und schüttelte dann missmutig den Kopf. "Aber nehmen wir mal an... Es würde einfach vieles erklärlich machen, allem voran diese seltsamen Dimensionssprünge."

Henry seufzte. "Und ja, ich fühle da auch etwas seltsames in mir. Es ist kein Kopfschmerz und keine Benommenheit, sondern eher... ein düsterer Schleier, der sich über meine Gedanken legt. Etwas drückt mich nieder und es fällt mir viel schwerer zu denken. Ich frage Dich noch einmal ganz ernsthaft, glaubst Du wirklich, wir sind von Dämonen besessen?" Henry blieb stehen und sah seinen Freund an.
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #56 am: 15.09.2014, 22:52:41 »
Harry schlenderte neben Henry her und passte seinen langen Schritt dem kürzeren und vor allem erschöpfteren des Kameraden an. Als dieser stehen blieb, hielt auch er an.

"Ernsthaft, Henry? Ich kann doch auch nur vermuten. Von Dämonen, die mit ihren menschlichen Wirten durch die Dimensionen springen können, habe ich auch noch nie gehört! Wohl aber, dass es eine Hierarchie unter ihnen gibt, unten die dümmsten und tierhaftesten, an der Spitze aber Luzifer selbst. Vielleicht hat auch jede Welt ihre eigenen Dämonen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Verhaltensweisen, woher soll ich das wissen?

Eine Besessenheit jedenfalls würde erklären, was mit mir in Brückenstadt passiert ist, und es gibt nur drei Arten von Wesen, von denen ich schon gehört habe, die auf diese Weise in einen Menschen fahren können: Geister, Schatten und eben Dämonen. Andererseits geht es mir genau wie dir, Henry, dass ich in zwei Welten groß geworden bin: der magischen meiner Familie, in der Märchen wahr sind und man tatsächlich eine fairy godmother besitzt, und der materiell-wissenschaftlich orientierten Welt der restlichen Menschen meiner Heimat.

Und eine wissenschaftliche Erklärung für einen Teil unseres Problems gäbe es auch, in Form einer Geisteskrankheit namens 'multiple Persönlichkeitsstörung'. Das würde bedeuten, dass sich unser Bewusstsein in mehrere Persönlichkeiten aufgespalten hat, welche abwechselnd die Kontrolle übernehmen und deren Handeln wir nicht als das eigene erkennen und an das wir uns auch nicht oder kaum erinnern. Das könnten tatsächlich auch weibliche Persönlichkeiten sein. Aber es erklärt weder die Sphärensprünge noch was diese Störung ausgelöst hat: ein Fluch, Zauber oder die Sprünge selbst? Und dann... spüre auch ich etwas in mir, selbst wenn ich 'ich' bin, etwas wie eine... Berührung. Dunkel, mächtig, aber manchmal auch—zum Beispiel gerade jetzt—amüsiert. Na ja, und die Sprache, die wir eben benutzt haben, um uns mit Rubin zu verständigen, die habe ich zumindest nicht in der Schule gelernt. Ist das nicht die Bibeldefinition von 'besessen'— in Zungen reden?"


An dieser Stelle hielt Harry das Stillstehen nicht mehr aus und begann, auf und ab zu gehen.

"Wenn du also von mir jetzt und hier eine Antwort haben willst, dann müsste ich sagen: Ja, ich glaube, dass ich von etwas besessen bin. Ihr Name ist Lasciel. Ist sie ein Dämon? Was weiß ich. Vielleicht hat Rubin sie nur "Dämon" genannt, weil er dachte, wir seien zu primitiv und unwissend, um die volle Wahrheit zu begreifen. Jedenfalls ist sie um einiges schlauer als ich und hat einen sehr hinterhältigen Sinn für Humor.
Ach, und sie war schon einmal auf Rubins Welt und hat dort etwas gesucht. Das habe ich irgendwie... gespürt.

Was ich mich frage, ist: Was ist Rubins Interesse bei all dem? Wenn er nicht von hier ist, also kein direktes Interesse hat, diese Welt zu beschützen, und die 'Dämonen' andererseits, wie er behauptet, nicht von seiner Welt stammen, er also auch keine Schuldgefühle deswegen haben kann: warum begibt er sich dann in Lebensgefahr, um uns zu kontaktieren?

Aber lass uns weitergehen, ja? Wenn wir schon in die Stadt und auf die Gerichtswache müssen, dann würde ich es gern hinter mich bringen. Ich hoffe nur, wir werden nicht wieder getrennt. Und dass dieser Tai'Lor mehr weiß als bloß, wie man Hemden näht."


« Letzte Änderung: 16.09.2014, 10:56:39 von Harry Webster »
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #57 am: 16.09.2014, 12:39:58 »
Oh ja, wenn es nur so wäre. dachte sich Jurij. Die richtigen Worte suchend, ließ er den Blick durch das Nebenzimmer schweifen. Die schweren Holzmöbel, der Stuck und sogar die kleinen Staturen, all das erinnerte so an eine Epoche auf der Erde. Wie in Gedanken, ging er zu einen der Stühle hinüber und ließ die Finger über das Holz streichen. „Meine Großmutter liebte diese Möbel. Sie sagte immer, sie sind klar und denn noch schön.“ langsam drehte er sich um und blickte zu Reyka der nun etwa drei Schritte von ihm entfernt war. „Meine Eltern waren nie der Ansicht. Für sie waren immer gerade Linien das Größte. Naja, als Ärzte, Doktoren oder Medici wie auch immer sie hier benannt werden mochten, war das Haus eher zur Repräsentation als zum wirklich wohlfühlen da. Ein Teil meines Wissens über den Körper habe ich von ihnen. Doch war das am Ende nicht der Weg den ich beschreiten wollte.“ Bei Reyka schien das ja etwas anders, er war in die Fußstapfen seines Vater getreten. „Es ist hier in diesem Land so vieles anders und aber auch ähnlich.“ Jurij machte eine Pause und blickte zu der Figur auf dem Tisch. Sie war aus weißem Stein, vielleicht Marmor und zeigte ein sich umschlingendes Liebespaar. Dann schüttelte er leicht den Kopf. „Reyka, frag mich irgendwann über meine Heimat. Jetzt haben wir dafür keine Zeit.“ Langsam legte er eine Hand auf den neben sich stehenden Stuhl. Zuerst strich er über das Holz doch dann umschlangen seiner Finger eine der Eiförmigen Aufsätze, so als ob er sich festhalten müsste. Er senkte den Blick. Seine Stimme wandelte sich von dem eher plauderhaften Tonfall in einen nach Worte ringenden, verunsicherten. „Ich … heute Morgen …“ Er kniff die Augen und schüttelte den Kopf um seine Worte zu sortieren. „Es glaubt jemand, dass ich ein Entführer sei. Ich soll die Tochter eines Lorenz Lanicas mit einer Gruppe namens die Wölfe entführt haben. Bei meinem Leben, ich schwöre dir ich habe weder den Namen Lanicas noch die Wölfe vor heute Morgen gekannt.“ der fester werdende Griff um die Verzeihung zeigte an, da uns das noch nicht alles war. „Als ich heute Morgen aufwachte, lag ein sterbender Mann vor meinem Bett. Er … er war als Kopfgeldjäger hinter mir her. Aus seinen Unterlagen weiß ich das. Ich konnte ihm nicht mehr helfen und niemand hatte mich gehört als ich um Hilfe rief.“ Jurij blickte auf seine für ihn rote Hand. „Ich konnte ihm einfach nicht mehr helfen. Ich weiß nicht einmal wer ihn vor mein Bett gelegt hat. Ich habe niemanden entführt, ich habe ihn nicht getötet. Glaub mir das bitte.“ er hob den Kopf und blickte zu Reyka hinüber. „Reyka, ich muss das Mädchen finden und ihre Entführer. Ich will dich da nicht mit reinziehen aber ich kenne keinen den ich sonst um Hilfe bitten könnte.“
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #58 am: 16.09.2014, 15:01:21 »
Reyka sah den jungen Mann mit immer größer werdenden Augen an. Er ließ sich in einen der schweren Holzsessel fallen. "Das ist ja..."

Er schnaufte, seufzte, sah zu Jurij, auf den Boden, dann wieder zu Jurij. Schließlich stand er wieder auf.

"Wo bist du da nur reingeraten?"

Reyka baute sich vor Jurij auf, eine beeindruckende Gestalt, die Jurij um mehr als zwei Köpfe überragte. "Gibst du mir dein Ehrenwort, als Freund, dass du nichts getan hast?"

Noch bevor Jurij antworten konnte, sprach Reyka weiter. "Lanicas ist ein einflussreicher Mann. Einer der erfolgreichsten Händler in der Stadt. Und die Wölfe... sie gehören zu den schlimmsten Verbrechern, die diese Stadt kennt. Der Abschaum Terendols."
« Letzte Änderung: 17.09.2014, 16:20:00 von Sternenblut »
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #59 am: 16.09.2014, 19:57:24 »
Gerade wollte Jurij daran zweifeln, dass sein Kollege ihm helfen würde. Schließlich zweifelt er selbst an sich. Da baute sich der Mann vor ihm auf. Ohne zu lügen hatte Jurij einen riesen Respekt vor Reyka, und das nicht nur seit dem ein Großinspektor außer Dienst die Tür zum Haus geöffnet hatte. Das dieser Mann jetzt das Wort Freund in den Mund nahm, gab ihm Zuversicht. Soviel zuversicht, dass sein Verstand immer mehr Punkte fand, die ihm sagen ließen, nein ich war es nicht.

Deutlich nickte er, nachdem Reyka mit den Ausführungen über die Wolfe und den Händler fertig war. „Reyka ich gebe dir mein Ehrenwort. Ich habe nichts mit der Entführung und den Wölfen zu tun.“ Er war sich dem wieder sicherer geworden, denn Schlafwandeln. Ha, ja alles was ihm ins Blut gegangen war könnte er dann sicher machen, vielleicht gar besser aber eine Entführung? Nein, dafür müsste er wach sein und nicht schlafend. Dafür braucht es etwas mehr als nur Reflexe. Nein, er konnte es nicht gewesen sein. Das in New York war möglich aber das hier? Jedenfalls sagte ihm das gerade sein Kopf. Er würde immer noch auf Sicher gehen wollen und sich ans Bett fesseln oder ähnliches machen, aber nun auf einmal hörte sich seine angst lächerlich an.

Hastig zog er den Rucksack von den Schultern und holte die Tasche mit den Unterlagen des Kopfgeldjägers hervor. „Hier das hatte er bei sich. Darin ist auch eine Karte mit einem Versteck der Wölfe.“ die Tasche hielt er Reyka offen hin. „Das Versteck ist hier im Tempeldörfle. Wenn wir die Anwohner befragen wegen den Ritualmorden, können wir vielleicht auch Informationen über dieses Verstecke sammeln.“ Es tat so gut zu wissen nicht allein zu sein. Jemanden zu haben, der einem vertraute. „Was meinst du, können wir das machen?“
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