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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 114908 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #270 am: 07.11.2014, 08:41:26 »
Aria nickte. "Ihr habt sicherlich von dem Tempelschänder gehört? Tai'Lor ist der Assistent des Inspektors, der den Fall betreut. Guter Mann, soweit ich das sagen kann." Sie nahm einen tiefen Zug aus ihrem Humpen, und drehte sich dann um in Richtung ihres Aushangs, ohne das Glas wegzustellen. "Wenn ihr was von Nachforschungen versteht, die Tempel haben sich geeinigt, hilfreiche Hinweise sehr gut zu entlohnen. Wir alle wollen dieses kranke Schwein gefasst sehen. Je besser die Hinweise, desto mehr Geld bringt es ein."

Dann sah sie zu Harry. "Wenn ich als Frau mich äußern darf... du bist zwar nicht mein Typ, aber generell brauchst du dir um dein Aussehen glaube ich keine Gedanken zu machen. Es gibt genug Frauen, die dich auf der Stelle mit aufs Zimmer nehmen würden. Und zwar selbst nach... na du weißt schon." Sie zuckte mit den Schultern. "Mehr kann ich dazu noch nicht sagen, ich kenne dich ja kaum."

Sie wandte den Blick von Harry ab, und sah in eine unbestimmte Richtung irgendwo zwischen den Gefährten. "Ich persönlich bin eher der Typ 'wahre Liebe', aber nicht jede Frau ist so kompliziert." Sie lächelte, und nahm erneut einen großen Schluck aus ihrem Humpen.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #271 am: 07.11.2014, 09:52:28 »
"Zurück nach Hause?" rief Harry erstaunt. "Was, ohne dich, Henry? Niemals!" Er nahm einen Schluck Bier und setzte den Krug ab. "Außerdem lege ich keinen gesteigerten Wert darauf mir mitanzusehen, wie meine Heimat in Chaos und Bürgerkrieg versinkt. Du erinnerst dich an unseren ersten Tag in Sima Qians Bibliothek? Nein, ich denke, wir suchen unser Glück besser hier in Terendol."

Fünfundsechzig Millionen Tote! Das waren so viele wie im zweiten Weltkrieg. In einem Bürgerkrieg. Wie konnte es so weit kommen? Wie schafft man so etwas? Wie kann man Bomben über den eigenen Städten abwerfen? Wie... Aber eigentlich hatte Harry sich ja vorgenommen, darüber nicht weiter nachzudenken, sonst konnte er sich gleich in eine geschlossene Anstalt einweisen lassen.

Und so setzte er das Lächeln wieder auf, das ihm kurzzeitig (aber dafür gründlich) entglitten war, und wandte sich an Aria. "Ich danke für das Kompliment und möchte dir im Gegenzug ein Geheimnis anvertrauen. Es verhält sich nämlich so mit schönen Männern: sie wissen, dass sie schön sind, hören es aber dennoch immer wieder gern." Er zwinkerte. "Im Hinblick auf die 'wahre Liebe' jedoch, nun, da hoffe ich für meinen Teil, dass ich ihr niemals begegnen werde: das würde nämlich tragisch enden, für mich in jedem Fall, für sie womöglich auch.

Was ich dagegen liebend gern finden würde wäre Arbeit, und tatsächlich war ich daheim als privater Ermittler tätig und habe so manchen Übeltäter erwischt. Nur kenne ich mich hier in Terendol nicht im geringsten aus. Was kann ein Ermittler schon erreichen ohne jegliche Kontakte und ohne Kenntnis der hiesigen kriminellen Organisationen, Gesetzeshüter oder sonstigen Interessensgruppen? Ja, auch ohne das geringste Wissen über die hiesige Gesellschaft, die Bürger, deren Gesetze und Gepflogenheiten, den ganzen Verwaltungsapparat, wer überhaupt das Sagen hat, wer auf wen welche Art von Einfluss hat, was es hier für Magie gibt... Oh, hell's bells! Nicht einmal meine eigene funktioniert hier so, wie sie soll!"


Oh weh, so in der Aufzählung klang das alles ja noch frustrierender. Da konnte Harry nur noch mit dem Kopf schütteln.
« Letzte Änderung: 14.12.2014, 23:09:49 von Harry Webster »
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #272 am: 07.11.2014, 10:32:05 »
Arias Blick wanderte zwischen Henry und Harry hin und her. "Ich verstehe nur die Hälfte von dem, was ihr zwei so erzählt. Aber eins ist offensichtlich: Ihr kommt von weit her. Und wenn ihr wirklich vorhabt, etwas gegen den Tempelschänder zu unternehmen, und in solchen Dingen ernsthaft Erfahrung habt, helfe ich euch gerne. Natürlich auch, wenn das nur für dich gilt, Harry." Sie umklammerte ihren Krug, und starrte in das Getränk vor ihr. "Wenn ich mir vorstelle, er würde einer meiner Schutzbefohlenen so etwas antun..." Sie schüttelte den Kopf.

"Aber das mit der Magie verstehe ich nicht. Ist die nicht überall auf der Welt gleich? Ich jedenfalls kenne mich nur mit priesterlicher Magie aus, und selbst da weiche ich ja vom Üblichen ab. Arish Tre zeigt sich nicht in spektakulären Zaubern und Wundern. Es schützt uns, wie ein liebevoller Vater, der im Hintergrund aufpasst, gibt uns Zeichen und kleine Hilfestellungen, die die Priester der Götter für gewöhnlich nicht einmal als solche anerkennen."
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #273 am: 07.11.2014, 11:13:10 »
"Oh, Henry hier hat auch drei Jahre lang gegen dämonische Kräfte gekämpft, wahrscheinlich wird er dir nützlicher sein können als ich." Erst jetzt bemerkte Harry, dass Henrys Gesichtsfarbe sich seiner Haarfarbe anzunähern drohte. Hatte er etwas falsches gesagt? Ja, Auntie Trish hätte er wohl besser nicht erwähnt, schon gar nicht im Zusammenhang mit Kleidung. Kein Wunder wurde der arme Henry da rot.

"Priesterliche Magie?" lenkte Harry Arias Aufmerksamkeit schnell wieder auf sich. "Was meinst du damit? So etwas wie Wunderheilungen oder Nahrung für die Hungernden erschaffen oder gar Meere teilen für die Verfolgten und über den Verfolgern wieder zusammenschlagen zu lassen? Das gibt es bei uns daheim nicht außer in, ähm, sehr alten Büchern. Überhaupt ist Magie bei uns selten. Die meisten Menschen wissen überhaupt nicht davon. Nur sehr wenige sind darin begabt, noch weniger erhalten die notwendige Anleitung. Eigentlich nur die, die wie ich in einer Familie von Zauberern aufwachsen.

Warum Magie hier anders funktioniert als daheim? Das verstehe ich auch nicht. Ich bin in Theoriefragen nicht sonderlich bewandert, verlass mich eher auf mein Gefühl... und es fühlt sich einfach alles anders an hier. Die einzige Erklärung, die ich bis jetzt gehört habe, ging irgendwie so: die Ströme daheim seien enger an die materielle Welt gebunden, sodass man dort viel weniger Kraft zum Zaubern brauche. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass ich zu schwach bin, um hier zu zaubern... aber da ich nun einmal von Natur aus eher wenig subtil bin, musste ich mich zuhause immer sehr arg zurücknehmen bei allem, um nicht noch mehr Knall! Bumm! Peng! zu verursachen als eh schon. Das 'einfach loslassen' stelle ich mir da gar nicht so einfach vor. Ich will ja auch nicht über das Ziel hinausschießen. Besser, ich taste mich an das richtige Maß heran..."


Ein kurzer Blick zu Henry zeigte, dass dieser sich inzwischen von der Erinnerung an Auntie Trish im hautengen roten Kleid erholt hatte.

"Doch ich langweile Henry mit diesem Thema. Was kannst du uns denn von dem Fall erzählen? Für unseren Freund Rillfarsell hier kann ich zwar nicht sprechen, der hat vielleicht schon eine andere Tätigkeit in Aussicht, aber wir würden gerne helfen und wenn's nur im kleinen ist, oder, Henry?"
« Letzte Änderung: 07.11.2014, 11:41:40 von Harry Webster »
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Heiliger Boden
« Antwort #274 am: 07.11.2014, 11:56:26 »
Aria nickte bei Harrys Ausführungen, runzelte mal die Stirn, hörte aber sehr genau zu. "Das ist wirklich seltsam. Vielleicht irgendein arkanes oder spirituelles Ereignis in der Vergangenheit, dass die Ströme dort verändert hat. Aber... ich bin auch nicht allzu gut, wenn es um solche Theorien geht." Sie zuckte mit den Schultern. "Was die Priester angeht, am beliebtesten ist natürlich Heilmagie. Da komme ich mit meinen Kräften den Götterpriestern noch am nächsten. Eine offene Wunde zu schließen oder einen Knochenbruch zu heilen, geht mit Magie deutlich schneller, als wenn man es der natürlichen Heilung überlässt. Wenn ihr mich fragt, sind nicht wenige sogenannte 'Gläubige' deshalb Anhänger einer Kirche, weil sie dafür regelmäßig mit ihren kleinen Wehwehchen bei den Priestern auftauchen können."

Sie schnalzte mit der Zunge, und ihr Blick sagte deutlich, was sie von solchen Leuten hielt. "Ansonsten hängt es von der jeweiligen Gottheit ab, welche Kräfte sie gewährt, aber auch von den Vorlieben des einzelnen Priesters. Ich kenne zwar niemanden, der ein ganzes Meer teilen kann, aber die mächtigsten Priester sind durchaus zu beeindruckenden Dingen in der Lage - bis hin zur Beschwörung mächtiger Götterdiener, also Engel und solchen Wesen. Theoretisch könnte jemand mit genug Macht sogar Tote wiedererwecken. Ich persönlich finde, so etwas sollte nicht in der Macht eines Sterblichen liegen, sondern den göttlichen Kräften vorbehalten sein. Aber das ist meine Meinung."

Als Harry sie dann nach dem Tempelschänder-Fall fragte, nahm sie zunächst noch einen großen Zug aus ihrem Humpen, der inzwischen halb leer war. "Der Fall, ja... eine wirklich üble Sache. Drei Morde, jeweils mit drei Tagen Abstand. Er dringt in einen Tempel ein, bisher nur im Tempeldörfle - wobei ich nicht darauf vertraue, dass es dabei bleibt. Er schlägt immer in der Nacht zu, sucht sich ein einzelnes Opfer, und tötet es auf brutale Art und Weise. Den Leichnam lässt er nicht einfach liegen, nein, er macht aus dem Schauplatz eine kranke Inszenierung. Er entnimmt dem Opfer ein einzelnes Organ und stellt es in einer goldenen Schale daneben. Bisher waren es Leber, Niere und Darm. Und es konnten Spuren dunkler magischer Energien an jedem Schauplatz festgestellt werden." Sie sah in die Runde. "Tut mir leid, ich weiß, dass das nicht sehr appetitlich ist."
« Letzte Änderung: 08.11.2014, 10:07:06 von Sternenblut »
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #275 am: 10.11.2014, 19:47:33 »
Henry hatte dem Gespräch zwischen Harry und Aria genau zugehört, doch vorerst nichts gesagt. Er betrachtete die junge, hübsche Frau und gestand sich so etwas wie eine gewisse Sympathie ein. Er mochte ihre forsches Auftreten und dass sie trinken konnte wie ein Ire. Die Art und Weise, wie sie über ihren Glauben sprach, beeindruckte Henry, doch er war sich nicht sicher, was er von dieser Religion halten konnte. Da waren gewisslich Parallelen zum Christentum, genauso wie sie zu Zakarum auf Sankturio bestanden hatten, allerdings mochte er es nicht, dass die "Dreeinigkeit" von ihr als Prinzipien verstanden wurden und nicht als göttliche Personen. Überhaupt verwirrte ihn die gesamte Situation maßlos - und er wagte nicht, darüber nachzudenken, ob nur die Fremdheit der Situation an seiner Verwirrtheit Schuld war. Er würde später mit Harry darüber sprechen müssen.

"Die ganze Sache mit dem Magiewirken ist mir recht suspekt, muss ich zugestehen. Wo ich herkomme, fürchtet man Magie und glaubt sie als Instrument des Bösen. Tatsächlich habe ich schon einige Male erlebt, dass sie das menschliche Herz vergiftete. Oder wie sagt man? 'Macht korrumpiert - absolute Macht korrumpiert absolut'? Nichtsdestotrotz glaube ich an Wunder und gnadenvolle Zeichen des Himmels, wenngleich ich noch nie solche mit eigenen Augen gesehen habe. Ich habe nur in... sehr alten Büchern", Henry sah Harry tadelnd an, "davon gelesen. Ich weiß nicht, ob ich mich daran gewöhnen kann, dass Menschenhände über göttliche Mächte verfügen können."

"Doch zurück zu den Morden im Tempelviertel. Haben jene Organe in Eurer Kultur eine besondere Bedeutung?", fragte er und wich ihrem Blick schamhaft aus. Stattdessen nahm er schnell und wie beiläufig einen Schluck aus seinem Krug.
« Letzte Änderung: 10.11.2014, 20:02:34 von Henry »
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #276 am: 10.11.2014, 20:30:07 »
Aria hörte Henry aufmerksam zu, ihr Blick wich keinen Moment von ihm.[1] Sie nickte ihm zustimmend zu. "Magie ist wie eine universelle Waffe. Ein Schwert könnt ihr nutzen, um jemanden kaltblütig zu töten, oder um jemanden zu verteidigen. Ihr könnt jemandem damit auch Angst machen - um ihn zu unterwerfen, oder um ihn von einer Dummheit abzuhalten. Und ihr könnt mit der Klinge eines Schwertes sogar kühlen, wenn jemand fiebrig ist und ihr nichts besseres zur Hand habt." Sie lächelte wieder, auch wenn ihr Blick durchaus nachdenklich war. "Magie ist ein Instrument. Wir sind es, die sie gut oder böse machen. Wird Magie aber missbraucht, ja, dann kann Schreckliches geschehen."

Sie lehnte sich zurück, und nahm einen weiteren Schluck. "Was Macht angeht, sehe ich es ähnlich. Auch göttliche Macht ist Macht. Aber euren Gott würdet ihr kaum korrupt nennen, oder? Das Problem ist meiner Erfahrung nach, dass vor allem die Leute nach Macht streben, die sie missbrauchen wollen. Diejenigen, die mit Macht umgehen könnten, haben meist gar kein Interesse an ihr."

Dann kam Henry wieder auf die Morde zu sprechen. Aria schüttelte den Kopf. "Ich bin keine Expertin, aber ich wüsste nichts. Mir kommt das Ganze fast wie Opfergaben vor, aber ich weiß nicht, was diese kranken Inszenierungen sollen." Sie zuckte mit den Schultern. "Es ist dunkle Magie im Spiel. Wer weiß. Vielleicht eine Dämonenbeschwörung oder sowas. Ich hoffe allerdings, dass ich falsch liege."
 1. Sense Motive, wer mag
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #277 am: 11.11.2014, 06:15:58 »
Rillfarsell lehnte sich während des Gesprächs entspannt zurück. Es wußte, daß es im Moment in seinem braunen Federkleid und auf Grund seiner Größe kaum auffiel. Dies war schon öfters äußerst hilfreich gewesen.
Hinzu kam, daß die beiden Menschen ein typisches Verhalten, jedenfalls soweit das Feenwesen dies bisher erlebt hatte, ihrer Spezies zeigten. Es war ein Weibchen aufgetaucht; also mußten die Männer sie irgendwie auf sich aufmerksam machen, auch wenn sie dabei das eigentliche Thema nur kurz anstreiften. Kurz piepste es leise amüsiert auf.
Über all diese Themen hatten sie Rillfarsells Arbeitsangebot wohl nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Das betrübte es zwar etwas, aber vielleicht .... ja, vielleicht würde sich herausstellen, daß die Hilfe für den Musiker und der Fall des Tempelschänders doch etwas miteinander zu tun hatten. Götter sahen mehr als sterbliche Wesen! Und die Elfengöttin hatte es zu den Menschen geschickt.
Jedenfalls nahm es einen weiteren Schluck aus seinem Becher und lauschte erst mal weiterhin still dasitzend dem Gespräch.
« Letzte Änderung: 11.11.2014, 06:28:50 von Rillfarsell »

Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #278 am: 12.11.2014, 20:59:01 »
"Oh...!", entfuhr es Henry erschrocken, als Aria eine mögliche Dämonenbeschwörung erwähnte. Er wechselte bedeutungsvolle Blicke mit Harry. Ob er wohl denselben Gedanken hatte, wie er? War es möglich, dass der Tempelmörder die Dämonen beschworen hatte, welche nun Besitz von ihnen ergriffen hatten? "Sag mir schnell, Aria, wie viele Morde sind mitlerweile geschehen? Waren es vier Morde?", fragte er.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #279 am: 12.11.2014, 21:06:01 »
Aria schüttelte den Kopf. "Soweit ich weiß, drei. Es sei denn, es gab irgendwo Vorfälle, die nicht gemeldet wurden." Sie sah Henry fragend an. "Wisst ihr irgendwas?"
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #280 am: 12.11.2014, 21:21:51 »
Während Henry und Aria über Magie sprachen—wobei Aria redlich versuchte, Henrys Vorurteil dagegen zu mildern—machte Harry eine Beobachtung. Er verstand einiges über das Leuchten in den Augen der Frauen. Das Leuchten war normalerweise der Punkt, an dem er selbst den Schlussstrich unter die Beziehung zog und hastig seinen Abgang plante. Arias Augen hatten definitiv das Leuchten in den Augen, welches besagte: vergiss nachher ja nicht, deine Serviette mitzunehmen, sonst kannst du mich nicht anrufen. Und dieses Leuchten war auf Henry gerichtet.

Als Henrys bedeutungsvoller Blick ihn traf, dachte Harry zunächst, ihm wäre dies auch aufgefallen, doch offenbar hatte der Freund zu intensiv über die Morde nachgedacht, um es zu bemerken. Oder er wollte es nicht bemerken.

"Nein, wir sind soeben erst zum Stadttor rein, wir wissen leider gar nichts", antwortete Harry rasch auf Arias Frage. "Ein Dutzend Fragen, damit könnte ich dienen, was leider nur zeigt, wie wenig ich mich hier auskenne. Dämonenbeschwörung wäre auch meine erste Vermutung gewesen. Allerdings kann da, wo ich herkomme—wegen der enger verwobenen Ströme?—jeder Laie mit oder ohne magischem Talent einen Dämon herbeirufen, so er nur den richtigen Namen irgendwoher erfährt und ein paar Kerzen im Kreis aufzustellen vermag. Aber ich nehme an, hier bei euch gehört ein wenig mehr dazu? Das müsste den Kreis an Verdächtigen doch schon sehr einschränken. Wie Henry auf vier kommt, weiß ich nicht. Bei dem einzigen Fall von mehrfacher Dämonenbeschwörung, mit dem ich zu tun hatte, gab es sechs Opfer: eins für jede Spitze eines riesigen Pentagramms, und das letzte sollte in der Mitte stattfinden. Das hab ich gerade noch verhindern können."[1]

Letzteres war frei erfunden. (Eigentlich nicht frei erfunden, sondern aus einer Fernsehserie nacherzählt.) Harry fiel einfach nichts besseres ein, wie man die Henrys Verdacht von vier Opfern erklären sollte.
 1. Bluff=19
« Letzte Änderung: 13.11.2014, 00:05:49 von Harry Webster »
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Heiliger Boden
« Antwort #281 am: 12.11.2014, 21:48:53 »
Aria zuckte mit den Schultern. "Ich hatte nie das Bedürfnis, mich mit Beschwörungen zu beschäftigen. Aber je mächtiger der Zauber, desto größer muss die magische Macht des Anwenders sein. Ein Adept könnte alle Formeln in seinem Besitz haben, abgesehen davon, dass er sie vermutlich nicht verstehen würde, würde ihm schlicht die Macht fehlen, den Zauber zu wirken."
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #282 am: 12.11.2014, 23:14:24 »
Ja, das hatte Harry fast befürchtet. Er hätte da durchaus einen ersten konkreten Verdächtigen, dessen nächtliches alter ego mit Sicherheit genug Macht besäße, aber darüber wollte er lieber erst einmal mit Jurij privat sprechen. Außerdem hatte Rubin andere Besessene erwähnt, die ihre neue Macht ganz toll fanden oder die zu schwach waren, dagegen anzukämpfen. Jedem von diesem wären die Morde zuzutrauen.

"Hm, ja, da werde ich morgen als erstes mal an der Königlichen Akademie vorbeischauen und hoffen, dass jemand von auswärts dort willkommen ist. Am liebsten würde ich mir ja auch den letzten Tatort anschauen, aber das wird wohl kaum erlaubt sein. Doch wenn ich das richtig verstehe, ist dieser Tai'Lor derjenige, dem alle Fakten des Falls bekannt sind und der auch entscheiden kann, mit wem er dies Wissen teilen will. Da wir diesen aber erst heute abend sprechen können... Sag, sollen wir uns nicht derweil über ein weniger grausames Thema unterhalten? Zum Beispiel, was wir unter wahrer Freundschaft verstehen. Mir ist dazu nämlich gerade ein schöner Gedanke gekommen, wie du mit Henry über Magie geredet hast. Oder vielleicht könntest du uns ein wenig die nähere Umgebung zeigen? Das wäre allerdings unverschämt viel verlangt. Du weißt sicherlich besseres mit deiner Zeit anzufangen, als drei zum Stadttor hereingeschneiten Fremden den Fremdenführer zu geben. Das ist übrigens jetzt nicht im mindesten mit dir geflirtet. Wir sind tatsächlich ein wenig verloren hier und würden uns über jeden Hinweis und jede Hilfe freuen, die uns das Einleben erleichtern könnten."

Er warf einen kritischen Blick auf Henry, der zwar nicht mehr ganz so müde aussah, seit Aria Sturmfels sich an ihren Tisch gesetzt hatte, aber dennoch deutlich in den Seilen hing. "Wie sieht's aus, Henry, ein wenig frische Luft? Und vorher auf dem Zimmer alles ablegen, was man in einer zivilisierten Stadt nicht ständig mit sich herumschleppen muss? Oder Aria, sag, gibt es hier bei euch ein Gebräu, das munter macht?"
« Letzte Änderung: 13.11.2014, 11:51:52 von Harry Webster »
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Heiliger Boden
« Antwort #283 am: 13.11.2014, 07:13:04 »
Aria nickte, und sah dabei lächelnd zu Henry. "Es ist zwar kein Wundermittel, und für meinen Geschmack zu süß, aber ich glaube, was Henry braucht, ist eine große Tasse schwarzer Bärentee. Man sagt, den trinken die Bären, um nach dem Winterschlaf wieder wach zu werden."

Sie sah kurz rüber zum Wirt, und rief ihm ihre Bestellung quer durch den Gastraum zu, als dieser kurz zu ihr blickte. Der finstere Blick zweier Männer an dem Tisch der Asmodeus-Priester, die sich offenbar gestört fühlten, interessierte sie nicht weiter.

"Und jetzt der Reihe nach, Harry", setzte sie anschließend wieder an. "Die Akademie hat den Leitspruch: Freies Wissen für ein freies Volk. Und die Leute dort sind mächtig stolz auf ihre ganzen Bücher. Eigentlich nimmt man nur Bürger des Landes als Studenten auf, aber das ist keine offizielle Regel, nur, naja, Gewohnheit. Wenn du den richtigen Skriptor erwischt, und ihm gut zuredest, schreibt er dich als Student ein, und dann kannst du auf jedes Buch in der Bibliothek der Akademie zugreifen. Du hast sogar das Recht, die Einzelexemplare zu lesen. Die Professoren tun gerne so, als wären die nur für sie, aber die Regeln der Akademie lauten anders." Ein leichtes Grinsen erschien in ihrem Gesicht, ganz, als ob hinter ihren sachlichen Erläuterungen eine persönliche Geschichte steckte.

"Tai'Lor ist der Assistent von Inspektor Ferrigan. Er dürfte so ziemlich alles wissen, aber letztlich ist Ferrigan der Kopf des Ganzen bei der Gerichtswache. Auf Seiten der Priester vertritt Elenya Ithera die Tempelgemeinschaft der Stadt. Sie arbeitet sehr eng mit Ferrigan zusammen." Sie sah zu ihrem Aushang, dann wieder zu Harry. "Der hängt aus gutem Grund gerade hier. Behaltet das noch für euch, aber heute Abend sollen Freiwillige gesucht werden, um eine kleine Gruppe Zivilisten zusammen zu stellen, die in dem Fall unterstützen können. Ferrigan hofft wohl darauf, zufällige Talente außerhalb der Gerichtswache zu finden. Wenn ihr es schafft, da reinzukommen, könnt ihr sicher auch an einen der Tatorte."

"Was die Stadt angeht, die kann ich euch gern zeigen. Meine Glaubensschwestern kümmern sich heute um den Schrein, ich selbst wollte mich bei einigen Leuten wegen dieses Falls umhören. Dabei könnt ihr mich gern begleiten, und ich zeige ich euch drei 'Verlorenen' die Gegend, in Ordnung?" Sie lächelte, als sie weitersprach. "Und dabei erzählst du mir deine Gedanken, was wahre Freundschaft angeht, da bin ich mal gespannt."
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #284 am: 14.11.2014, 13:02:14 »
"Ein Freund ist ein Mensch, für den ich mich gefreut habe, für den ich mich gesorgt habe und mit dem ich mich gelangweilt habe.", platzte es aus Henry heraus.
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