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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 116427 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #405 am: 25.01.2015, 10:50:05 »
Als Jurij die Augen aufschlug, lag er in seinem Bett. Es war sein Zimmer, und er war alleine. Nicht nur das, jemand hatte offenbar das Bett repariert oder durch ein anderes ersetzt. Seine Sachen lagen fein säuberlich aufgefaltet neben dem Bett auf dem Boden.

Er fühlte sich erholt. Nur schwach drang die Erinnerung an den Traum in sein Gedächtnis, das Gefühl der Glückseligkeit aber begleitete ihn noch...
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #406 am: 25.01.2015, 10:58:19 »
Henry erinnerte sich, dass sie ein Zimmer für ihn gemietet hatten, aber er hatte keine Gelegenheit gehabt, es sich anzusehen. So war er, als er erwachte, im ersten Moment orientierungslos. Das Zimmer sah Jurijs ähnlich, aber es war anders aufgeteilt.

Seine Sachen lagen neben dem Bett, er hatte offensichtlich nackt geschlafen. Dann sah er ihn. Einen zusammengefalteten, weißen Zettel, gleich neben seinen Sachen auf dem Boden.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #407 am: 25.01.2015, 11:05:26 »
Als Rillfarsell erwachte, wurde ihm recht schnell klar, dass er unter einem Bett lag. Es erinnerte sich: Lilith, oder Henry, hatte ihn mit einem Schlag erwischt. Es erinnerte sich an den kurzen, heftigen Schmerz. Langsam kam Rillfarsell unter dem Bett hervor. Dies war nicht Jurijs Zimmer, auch wenn es ähnlich aussah. Es musste ein anderes Zimmer in der Gaststätte sein.

Das Feenwesen sah sich um. Es war allein. Es trug all seine Sachen bei sich, und es war unverletzt - sogar an der Stelle im Gesicht, die gestern so heftig geschmerz hatte.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #408 am: 25.01.2015, 11:15:20 »
Das erste, was Harry nach dem Aufwachen mitbekam, war ein dröhnender und schmerzender Kopf. Dann stellte er fest, dass das Zimmer, in dem er lag, nicht ganz das war, was er erwartet hatte.

Er lag in einem Himmelbett. Seidentücher fielen von einem fein geschnitzten hölzernen Gestell zu allen Seiten herab. In das Holz waren Figuren geschnitzt worden - humanoiden Gestalten (ja, es waren auch Orks dabei), die sich auf vielfältige Weise liebten.

Ein kühler Windhauch zog durch das offene Fenster in das Zimmer. Unter der dicken, flauschigen Wolldecke allerdings war ihm immer noch warm. Neben sich allerdings hörte er ein leises Seufzen. Eine weibliche Stimme.

Durch die Seidenschleier konnte er den Rest des Raumes nur vage erkennen, doch als er auf die Silhouette neben sich blickte, fiel ihm sofort eines auf: Dort lag nicht nur eine Person, sondern zwei, eng aneinander geschmiegt und so unter der Decke eingekuschelt, dass er nicht viel mehr als blondes, langes Haar erkennen konnte.

Das Einzige, was ihm noch auffiel, waren zwei Nachttische, einer an jeder Seite des Betts.
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #409 am: 25.01.2015, 12:36:16 »
Seufzen. Natürlich seufzte da jemand neben ihm. Er suchte sich ja immer die Damen aus, die am herzzerreißendsten seufzen konnten. Die mit den weichen, runden Gesichtern, dem langen, seidigen Haar, der milchweißen Haut, den mädchenhaften Brüsten, oh holde Unschuld!

Zum Bild der Unschuld passte allerdings nicht die Ornamentik, die Harrys nur langsam scharf werdender Blick auf dem Holzrahmen des Himmelbettes erspähte. Das sah eher aus nach, ähm... und das da... und überhaupt, Orks? Ein erschrockener Blick zur Seite: Nein, definitiv keine Orks. Aber waren es zwei Frauen? Oder lag er hier in einem Ehebett? Jedenfalls gab es zwei Nachttische. Weitere Möglichkeiten gingen ihm durch seinen vor Schmerz pochenden Kopf, gekrönt von einem schrecklicher Verdacht: Wenn Lasciel die beiden gestern abend bezaubert hatte! Wenn der Zauber heute morgen verflogen war! Aber auch für die weniger verfänglichen Möglichkeiten galt: nichts wie weg hier.

Vorsichtig glitt Harry also zur Bettkante, suchte mit fahrigen Fingern nach der Öffnung in dem Seidenvorhang, fand in seiner Ungeduld keinen und hob daher den Schleier an, um sich darunter wegzuducken. Nackt in einem fremden Zimmer stehend, sah er sich in gebotener Hast um. Wo war er hier gelandet? (Wo auch immer, eines war gewiss: dass es sich hierbei ja wohl um eine Strafaktion Lasciels handelte, für was immer ihr gestern an seinem Verhalten nicht gepasst hatte.) Noch während er sich orientierte, suchte er seine überall verstreut liegenden Klamotten zusammen—leise, so glaubte er, allerdings dröhnte sein Schädel derart laut, dass ihm ein Urteil darüber schwerfiel; die Vase auf dem Beistelltischchen, in das er getorkelt war, hatte er zumindest auffangen können, bevor sie zu Boden krachte. Sein Detektivsinn arbeitete derweil auf Hochtouren, interpretierte die Spuren, rekonstruierte daran das nächtliche Geschehen, zog Rückschlüsse auf diesen Ort und die Personen im Bett. Als er genügend Socken, Hemden und Hosen beisammen hatte—und auch seinen Notizblock! Er gab keine Ruh, ehe er diesen nicht gefunden hatte—zog er sich an.[1]

Und wenn bei all dem keine der beiden Gestalten auf dem Bett zu sich gekommen war, würde er sich—nach einem letzten Rundumblick sowie Durchwühlen seiner Manteltaschen, ob er auch wirklich alles beisammen hatte—zur Tür begeben, und leise hindurch... (Außer, sein Detektivsinn sagte ihm, dass es eine ganz schlechte Idee sei, zur Tür hinaus zu gehen, dann würde er lieber das Fenster bemühen...)
 1. Stealth = 10; Perception = 25 (nat. 20!); Profession (P.I.) = 27
« Letzte Änderung: 25.01.2015, 12:50:09 von Harry Webster »
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #410 am: 25.01.2015, 17:11:48 »
Langsam und ruhig setzte sich Jurij auf. Mit total verwuschelten Haaren und einem Blick der sagte, er wolle nicht aufstehen, sah er auf die Ordentlich zusammengelegten Sachen. Der Traum war einfach zu angenehm und sein Geist hingt der Ruhe und des Friendens zuhause zu sein nach. Was sollte er nur davon halten, was konnte er machen. Zusehen und ein einfaches Lebenvorspielen so wie die Dämonen es wollten? Vielleicht, wenn er brav war, würden sie ihm am Ende nach Hause gehen lassen. Mit diesen Gedanken stand er auf und schlurfte, sich am Bauch kratzend, zur Waschschüssel und der Wasserkanne hinüber. Müde blickte er in den Spiegel und fragte sich ob er das war. Ein fauler, verwöhntes Muttersöhnchen das wieder an den Rockzipfel seiner Mutter möchte. Dass dafür sogar auf blutlüsternde Dämonen hörte. Ohne eine Antwort darauf zu erwarten, goss er sich frisches, kaltes Wasser in die Schüssel.

Nachdem er sich gewaschen hatte, begann er damit seine Muskeln zu dehnen. Die Müdigkeit aus ihnen zu vertreiben. Er streckte und reckte sich, machte Schlagübungen und Liegestütze. Meditierte sogar eine ganze Weile bevor er sich anzog. Die Antwort, die er gestern noch so klar sah, war nun verschwommen. Sie hatten jetzt im Moment noch zu wenig Optionen aber vielleicht war es ja zusammen Möglich eine Antwort für alle zu finden.

Als er sein Zimmer verließ, um frühstücken zu gehen, blickte er zurück in den Raum. Es war ein neuer Tag und damit auch eine neue Chance um mehr zu lernen.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #411 am: 25.01.2015, 17:27:32 »
Hinter den seidenen Vorhängen erkannte Harry einen großen Raum, der voll und ganz auf ein Thema ausgerichtet war: Romantik. Rote Seidentücher an den Wänden, Kerzenständer, rote Rosen in langen Glasvasen, und ein großes Sofa mit zahlreichen Kissen schmückten das Zimmer. Eines war für Harry schnell klar: Er befand sich in einem Hotelzimmer. Den Wänden nach vermutete er, dass er immer noch im Portal war.

Die Kleider der beiden Personen im Bett waren eindeutig für Frauen gedacht: Lange, rosafarbene Kleider, Strumpfhosen, lange weiße Damenhandschuhe mit Spitzen besetzt, und so fort.

Auf dem Tisch vor dem Sofa standen zwei leere Weinflaschen, drei Gläser, und drei leere, benutzte Teller. All dies machte jedenfalls nicht den Eindruck einer Bezauberung.
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #412 am: 25.01.2015, 19:12:24 »
Was er sah, beruhigte Harry zumindest teilweise. Wenn er sich im Portal befand, war es weniger wahrscheinlich, dass jeden Augenblick ein mordlüsterner Vater oder Ehemann hereinstürmte. Aber der Reichtum ließ ihn schlucken. Es war nicht gut, sich mit den Reichen in einer fremden Stadt gleich anzulegen, indem man ihre Töchter vernaschte oder diese dadurch verärgerte, dass man sich nach der Liebesnacht wie ein Dieb davonschlich...

Eine Hand an der Türklinke, hielt Harry inne. So hatte er es in Brückenstadt immer gehalten: nichts wie weg. Allerdings hätte ihm dort die Todesstrafe gedroht, wenn er als Nachtbewohner bei Tag erwischt worden wäre. Hier aber befand er sich in keiner unmittelbaren Gefahr. Er stand tatsächlich vor einer Wahl: mache ich es wie bisher und lauf vor allem davon, oder bleib ich da und seh der Sache ins Gesicht? Wer weiß, vielleicht erfahr ich auf diese Weise gar etwas über Lasciel. Was denn? fragte eine spöttische Stimme in seinem Hinterkopf; es klang wie Aleister. Ihren Weingeschmack vielleicht? Bordeaux oder Merlot? Cabernet Sauvignon?

Dennoch trat er ans Bett und schlug den Seidenschleier zurück. Er wollte einen Blick auf die Gesichter der beiden Frauen erhaschen, damit er sie zumindest wiedererkannte, wenn er ihnen nachher beim Frühstück im Schankraum begegnete. Waren die beiden wirklich so wie die anderen Mädchen in Brückenstadt: naiv-unschuldig? Oder waren es zwei verwöhnte Gören und er ihr neustes Spielzeug? Er beugte sich über sie und strich das blonde Haar zurück, wobei er ihnen leise ins Ohr sprach: "Ich muss jetzt los, ihr zwei wundervollen Geschöpfe, schlaft noch weiter."

Er küsste sie beide—die eine auf die Stirn und Nase, von der anderen war nur das Ohr zu sehen—und wartete, ob sie aufwachten und wie erfreut sie über seinen Anblick wären.
« Letzte Änderung: 25.01.2015, 20:08:24 von Harry Webster »
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #413 am: 25.01.2015, 21:36:18 »
Bereits deutlich wacher, machte sich Jurij auf in den Schankraum. Die Sonne war bereits aufgegangen, für Reyka würde bald die Wache beginnen - für ihn, zunächst einmal, nicht mehr. Seine Leidensgefährten warteten auf ihn, und eine ungewisse Zukunft.

Unten angekommen, nahm der Wirt Jurijs Bestellung entgegen. Dabei lächelte er Jurij wissend an. "Ich pflege ja sonst eher die Diskretion, aber eines muss ich sagen, Jurij", leitete er seine Bemerkung ein, "dieser Harry ist ja wirklich ein kleiner Schweinehund. Die beiden Mädels gestern... das war schon eine Nummer, findest du nicht? Ich meine nicht die Tatsache an sich, sondern lauthals damit zu prahlen, dass sie nicht schwanger werden können... sagen wir mal, er hat ein paar Leute kräftig amüsiert, und andere ebenso sehr irritiert."

Seinem Blick nach zu urteilen, hatte sich Zerendarius noch nicht entschieden, wie er selbst Harrys Auftritt finden sollte.
« Letzte Änderung: 26.01.2015, 10:33:33 von Sternenblut »
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #414 am: 25.01.2015, 21:40:10 »
Die eine der beiden jungen Frauen schlief noch fest, und seufzte nur kurz zufrieden, als Harry sie küsste. Die andere, die näher an seiner Seite lag, schlug die Augen auf, und zog die Decke ein wenig nach unten. Sie lächelte ihn an, ein zauberhaftes Lächeln umrahmt von langem, glattem Haar. Sie war vielleicht neunzehn oder zwanzig Jahre alt, und hatte große blaue Augen. Ihre Grübchen machten ihr Lächeln gleich noch etwas zauberhafter.

"Harry", flüsterte sie schlaftrunken, und streckte ihre Hand nach ihm aus. "Geh nicht. Bitte bleib noch. Das waren die schönsten zwei Stunden meines Lebens."
« Letzte Änderung: 25.01.2015, 21:40:35 von Sternenblut »
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #415 am: 26.01.2015, 09:45:49 »
Harry nahm die Hand, die sie ihm entgegenstreckte, und küsste jeden Finger daran einzeln. "Das ist schön, Liebes, so soll es sein", sagte er, während er etwas ganz anderes dachte. Zwei Stunden nur? Für zwei kuschelige Stunden wirft sich ein liebliches Geschöpf wie du an einen Mann wie mich? Herr, schmeiß Hirn vom Himmel! Warum wird die Unschuld nur so sehr von den bad boys angezogen?

Worauf eine andere Stimme ganz tief im Hinterkopf quengelte: Ich will auch einmal zwei so schöne Stunden haben! Dann kamen ihm Ahnah und der dick vermummte Forscher der (Ant?)arktis-Station in den Sinn und er hörte noch einmal Lasciels Worte aus Ahnahs Mund: 'Glaub mir, was du in den nächsten Minuten erfahren wirst, ist mehr wert als das Leben, das du gehabt hättest.'

Oder lieber nicht.

Trotzdem beugte er sich über das Mädchen und küsste sie sacht auf den Mund. Wer konnte es ihm verdenken? Die Menschheit war wegen einer geringeren Versuchung aus dem Paradies verstoßen worden! Er lächelte das Mädchen an—so gut es trotz seiner gotterbärmlichen Kopfschmerzen ging.

"Ne, tut mir leid, ich muss los. Sag deiner Freundin hier noch einen lieben Gruß von mir, ja? Und vielleicht sieht man sich ja wieder... Sag, waren das eigentlich eure richtigen Namen, die ihr mir heut nacht genannt habt? Oder wart ihr inkognito unterwegs auf der Suche nach Abenteuer?"[1]
 1. Bluff = 20; Erfährt Harry ihre Namen?
« Letzte Änderung: 26.01.2015, 18:15:49 von Harry Webster »
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #416 am: 26.01.2015, 09:57:56 »
Henry war ganz benommen und blieb noch eine ganze Weile im Bett liegen. Dass er nackt war, machte ihn schaudern. Es war nun auch ein äußerliches Zeichen, dass er ganz nackt war vor dem Dämon. Im Mindesten war es dieses Zeichen. Henry zwang sich, nicht weiter darüber nachzudenken, was der Dämon sonst noch mit ihm angestellt haben mochte.

Schließlich stand er auf, um sich zu waschen. Fast pedantisch wusch er jede Stelle seines Körpers, geradeso als könnte er nur mit Seife von jedem bösen Einfluss reinigen.

Dann suchte er seine Sachen zusammen und zog sich an. Er wollte in den Schankraum gehen, hielt dann  aber kurz vor der Tür an. "Ob unten schon die Stadtwache wartet?", fragte er sich. "Wird der Dämon irgendein böses Verbrechen begangen haben, von dem ich noch nichts weiß? Werde ich gesucht?" Sein Blick wanderte zu dem gefalteten Zettel, den er bisher bewusst ignoriert hatte.

Sollte er ihn lesen?
War es nicht besser, nicht zu wissen, was der Dämon ihm sagen wollte?

Henry war unentschlossen. Er nahm vorsichtig den Zettel vom Boden auf und steckte ihn in seine Hosentasche. Dann öffnete er die Tür und ging hinunter in den Schankraum, bestellte sich Frühstück und setzte sich zu Jurij.

"Etwas ist letzte Nacht passiert und ich weiß nicht was. War es bei Dir auch so?", eröffnete er dunkel das Gespräch.
« Letzte Änderung: 26.01.2015, 10:01:17 von Henry »
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #417 am: 26.01.2015, 10:26:48 »
Die junge Frau kicherte leise, und hielt Harrys Hand mit ihrer fest. "Schwester", korrigierte sie ihn. "Und wir haben dir unsere richtigen Namen gesagt. Malia und Elissa. Und nein, ich bin dir nicht böse, wenn du nicht weißt, welche davon ich bin. Du hattest gestern schon Probleme, uns Zwillinge auseinander zu halten." Sie kroch nun ein wenig weiter unter ihrer Decke hervor, und entblößte dabei ihren makellosen Oberkörper. Makellos - bis auf eine Narbe an ihrem Bauch, die Harry sofort auffiel. Sie war gute zehn Zentimeter lang, und lag direkt neben dem Bauchnabel.

"Aber wenn du es wissen möchtest, ich bin Malia."

Nun küsste sie seine Hand, wollte ihn ganz offensichtlich länger bei sich halten. "Geh nicht." Sie sah ihn von unten herauf an, zeigte ihm einen spielerischen Augenaufschlag, der ihre Bitte unterstreichen sollte. "Lass mich noch einmal dein sein. Eine halbe Stunde nur, oder ein ganzes Leben... was auch immer du möchtest."
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #418 am: 26.01.2015, 11:59:36 »
"Ein ganzes Leben? Oh Malia!" murmelte Harry. "Ein ganzes Leben kann nicht so schön sein wie die beiden Stunden, die wir heut nacht zusammen verbracht haben. In einem Leben muss es Höhen und Tiefen geben, das ist nun einmal so. Du kennst von mir nur die Höhen, aber glaub mir: meine Tiefen sind so tief, die willst du nicht sehen."

Sein Blick glitt langsam über ihren Körper, verweilte auf ihren Brüsten, streifte dann tiefer und blieb an der Narbe hängen. Seine Hand, ohne dass er es ihr befohlen hätte, strich über ihren Bauch, zeichnete die Narbe nach. In den Schläfen pochte sein Puls mit dem Schmerz um die Wette und auch sein Atem beschleunigte sich. Ob er einfach...? Oh Gott, es war schon so lange her, seit... Und wenn sie eh bereits mit ihm geschlafen hatte, war es ja auch egal, würde ihr Leben nicht noch mehr gefährdet dadurch, dass er noch einmal... Aber ach, er bildete sich nicht ein, das Mädchen beim Liebesakt täuschen zu können, dass er derselbe Mann war wie in der Nacht! Sonst wäre die Versuchung noch größer als sowieso schon.

Mit einem frustrierten Seufzer riss Harry sich los. "Ich würd' ja so gern, aber das Tagwerk ruft. Und du, Malia, tu mir einen Gefallen, ja? Such dir beim nächsten Mal einen lieben, einen guten Mann. Also zumindest, wenn du von deinem Leben sprichst. Für's Leben willst du nämlich einen netten Menschen an deiner Seite haben, und keinen wie mich."

Ein letzter Kuss und Harry war an der Tür. Ein letzter Blick und er trat hinaus.

Draußen im Flur musste er sich erst einmal orientieren. Wo war er? Im besseren Teil des Hauses, ja, nur wo lag der? Aber so groß war das Portal dann auch wieder nicht, dass Harry sich nicht zurecht gefunden hätte. Er suchte sich also seinen Weg nach unten—nebst eines kurzen Umwegs an Zimmer 312 vorbei, um sich das Fläschchen Aspirin aus seinem Kulturbeutel zu schnappen—und betrat den Schankraum so, wie er das Zimmer der beiden Mädchen oben verlassen hatte: das Haar verwuschelt, die Kleidung zerknittert, Damendüfte auf der Haut, der Blick katermüde. Trotzdem entdeckte er Jurij und Henry sofort, die an einem Tisch neben der Theke saßen, und schlurfte zielstrebig auf sie zu.

"Ein Katerfrühstück bitte, wenn es so etwas gibt", rief er dem Wirt unterwegs zu. "Und einen Kaffee."
« Letzte Änderung: 26.01.2015, 13:28:37 von Harry Webster »
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Heiliger Boden
« Antwort #419 am: 26.01.2015, 12:21:04 »
Malia sah Harry sehnsüchtig nach. "Ich würde gerne deine Tiefen erkunden", entgegnete sie ihm, ließ ihn aber schließlich doch gehen. Als er an der Tür stand, sah sie noch einmal zu ihm, strich dabei sanft - einladend - über ihren Körper. "Wenn du es dir doch überlegst, wir gehen noch nicht allzubald nach Hause..."

Als Harry dem Wirt zurief, entgegnete dieser seine Bestellung mit einem kurzen Nicken.[1]

Der Schankraum war bis auf zwei Männer, die auf der anderen Seite des Raumes an einem Tisch saßen, leer. Der Geruch von frisch gebackenem Brot vermischte sich mit dem von Suppe und gebratenem Fleisch - die Küche bereitete sich offenbar auf die bald nahenden Frühstücksgäste vor. Eine junge Frau kam aus der Küche und gesellte sich zu Zerendarius. Sie trug ein langes weißes Kleid mit weitem Ausschnitt und eine schwarze, hinten zusammengebundene Schürze, die wie zufällig unterhalb ihrer hochgeschnürten Brüste endete. Jurij hatte sie schon gelegentlich hier gesehen, eine Barmaid, die Zerendarius aushalf, wenn er besonders viele Gäste hatte.
 1. Sense Motive, sofern Harry genauer auf die Reaktion des Wirts achtet
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