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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 116080 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #435 am: 30.01.2015, 20:57:53 »
In dem Moment öffnete sich die Tür - und Aria kam herein. Sie trug die gleiche Rüstung wie am gestrigen Abend, ebenso wie ihren Kriegshammer. Sie sah sich im Raum um, entdeckte die kleine Gruppe, und nickte ihnen zu. Dann aber wandte sie sich an den Wirt.

"Zerendarius, wisst ihr, dass eure Tür beschmiert wurde? Irgendso ein komisches Gedicht."

Der Wirt runzelte die Stirn, knallte das Tuch in seiner Hand auf die Theke und machte sich auf den Weg zur Tür. "Ein Gedicht? Gehen jetzt schon Poeten unter die Schmierfinken? Verdammt, als hätte ich sonst nichts zu tun."
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #436 am: 31.01.2015, 13:09:24 »
Henry nickte zu dem, was Harry gesagt hatte. Doch er hatte nichts verstanden. Er war mit sich selbst beschäftigt, wollte darüber nachdenken, was er als nächstes tun wollte. Sein kopf blieb aber leer. Innere Leere, Angst im Fall.

Nur um irgendetwas zu tun, kramte er den Zettel hervor, den er heute morgen auf dem Fussboden gefunden hatte. Vielleicht würde er einen Weg aufzeigen - oder ihn völlig verzweifeln lassen.
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #437 am: 31.01.2015, 13:27:45 »
Liliths Nachricht an Henry war deutlich kürzer als Lasciels an Harry.


Henry,

du wirst dich darum kümmern, dass sich Tai'Lor nicht weiter in unsere Angelegenheiten mischt. Mir ist egal, wie du es tust. Tust du es nicht, kümmere ich mich um Aria.

Und noch etwas: Halte dich von den Kindern fern.
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #438 am: 01.02.2015, 10:03:16 »
Als Henry überhaupt nicht auf seine Worte reagierte außer mit einem geistesabwesenden Nicken, gab Harry auf. Offenbar befand sich der Freund am gleichen Ort wie Harry am Abend zuvor. Und obwohl—oder vielleicht gerade weil—Harry aus einer Kultur stammte, in der man ständig gefragt wurde "Do you want to talk about it?" in der irrigen Annahme, durch Reden würde eine Sache besser, wusste Harry, dass das der größte Bullshit war. Jeder Mensch stand letztendlich mit seinen Problemen und Entscheidungen allein da. Niemand, weder Freund, Familie noch Psychiater, konnte einem im Kampf gegen seine inneren Dämonen helfen, ob diese nun metaphorisch waren oder real.

Und so hatten gestern auch nicht die Kameraden, sondern einzig ein Krug Schnaps Harry bei seiner Entscheidung geholfen, ob er sich schlafen legen sollte oder lieber eine Kugel durch den Kopf jagte. Genauso musste Henry jetzt selbst entscheiden, wie er mit dem Verlust der Gewissheit umgehen wollte, ob er damit klar kommen würde, dass er, der sich durch seinen Glauben als errettet wähnte, nun doch womöglich verloren war. Keiner von ihnen konnte ihm dabei helfen. Oder wenn, dann allenfalls eine.

"Hallo Aria!" rief Harry quer durch den Raum. "Schön, dich zu sehen. Was führt dich zu uns?"
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #439 am: 01.02.2015, 10:27:22 »
Während der Wirt nach draußen stürmte, wandte sich Aria nun der Gruppe zu. Sie lächelte, als sie näher kam, antwortete jedoch nicht gleich auf Harrys Frage. Stattdessen blieb ihr Blick einige Sekunden auf Henry liegen.

Dann kam sie am Tisch an, und sah wieder zu Harry. "Guten Morgen zusammen! Ich kann doch die Neuankömmlinge in der Stadt nicht sich selbst überlassen." Sie griff nach einem Stuhl, und sah in die Runde. "Darf ich?"

Als alle nickten, setze sie sich. "Ihr hattet gestern noch eine Menge Fragen, die offen geblieben sind. Und da ich heute fast den ganzen Tag Zeit habe..." Als sie wieder lächelte, fiel ihr Blick erneut auf Henry.
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #440 am: 01.02.2015, 11:11:08 »
Mit hochgezogener Augenbraue verfolgte Jurij das Schauspiel. Wer würde denn etwas an den Eingang schmieren? Bestimmt ein paar Kinder dachte er sich. Er wollte sich gerade den langsam kalt gewordenen Pott Tee zuwenden, welcher neben anderen Getränken für den Morgen auch gebracht wurden, da rief Harry auch schon quer durch den Raum.

Jurij betrachtete die Frau von Oben bis unten, nickte dabei leicht als sie sich zu ihnen gesellte. War das nicht die die er gestern als Gotteskriegerin bezeichnet hatte? „Wir kennen uns noch nicht.“ stellte Jurji freundlich fest. „Mein Name ist Jurji Klee, freud mich sie kennen zu lernen M…“ für einen Moment wollte er das Wirt Miss verwenden, aber dieses gab es ja nicht in dieser Sprache „…Frau Aria. Mit meinen Bekannten hattet ihr anscheinend gestern etwas Spaß. Also nehmt euch ruhig auch etwas zu essen und trinken. Zerendarius kann ja, wenn er wieder da ist, mehr bringen falls es nicht reicht.“
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #441 am: 01.02.2015, 11:30:20 »
Aria antwortete Jurij nun auch mit einem Lächeln. "Freut mich sehr. Danke für das Angebot, aber ich habe schon gefrühstückt." Sie sah sich zur Tür um, durch die Zerendarius' Schimpfen zu hören war. "Übrigens ein echt seltsames Gedicht. Irgendwas von einem heiligen Bund und einer neuen Welt. Ich frage mich wirklich, wer sowas an eine Kneipentür schmiert."
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #442 am: 01.02.2015, 12:56:12 »
"Als Sänger kennt sich unser gefiederter Freund hier bestimmt auch mit Gedichten aus und ist womöglich gar stets auf der Suche nach neuen, je ungewöhnlicher, je besser, hab ich nicht recht?" Harry sah Rillfarsell erwartungsvoll an. "Sollen wir uns das mal anschauen?"

Er erhob sich von seinem Stuhl. Wenn ihm ein Grund eingefallen wäre, aus dem Jurij sich für gedichtetes Geschreibsel an Kneipentüren interessieren sollte—Obwohl ich ja nicht an einen Zufall glaub, dass sowas dort erscheint, kaum haben vier Dämonen hier genächtigt—dann hätte Harry ihn ebenfalls dazu eingeladen. Aber vielleicht war es auch besser, wenn ein "chaperone" bei Henry und Aria zurückblieb.
« Letzte Änderung: 01.02.2015, 13:17:29 von Harry Webster »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #443 am: 02.02.2015, 06:39:15 »
Das Feenwesen hatte das weitere Gespräch zwar interessiert verfolgt, verstand die Menschen aber nicht recht. Was regten sie sich wegen der Bessenheit so auf? Bis sie einen Weg gefunden hatten, sich davon zu befreien, mußten sie damit leben. Es waren ja auch nur ihre Körper, die benutzt wurden. Jedenfalls soweit es das bisher beurteilen konnte. Also brauchten sie sich auch keine Schuld für etwas geben, was ihr Leib tat, wenn der Dämon die Kontrolle hatte.


Als dann Aria auftauchte, wurde es auch gleich spannend.
"Ja, tatsächlich würde ich das Gedicht gerne betrachten, bevor der Wirt es entfernt.
Und auch von mir einen guten Morgen, werte Dame Aria."

Rillfarsell war aufgestanden, als die Frau an den Tisch gekommen war und verbeugte sich bei seinem Gruß.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #444 am: 02.02.2015, 08:06:41 »
"Dann viel Spaß - ein großes Kunstwerk ist das aber meiner Meinung nach nicht."

Während Harry und Rill sich auf den Weg zu Zerendarius machten, wandte sich Aria wieder an Jurij. "Bist du auch neu in der Stadt? Ich habe das Gefühl, dich schon mal gesehen zu haben. Kann mich aber auch täuschen."

Draußen stieß der Wirt einen kreativen Fluch nach dem anderen aus. Harry und Rill beachtete er nicht weiter, während er die mit einem schmalen Pinsel aufgebrachten Worte genauer untersuchte. Dort stand in einer einfachen, gradlinigen Schrift:


Es ist an der Zeit,
seid machtvoll, bereit,
kommet hervor, stets zu Zweit,
stets zu Zweit!

Der heilige Bund, unser heiliger Kreis
Erfüllt mit Macht, bringt er den Preis
Seid machtvoll, bereit
Stets zu Zweit, stets zu Zweit!

Seid Ross und Reiter voller Kraft,
auf dass ihr eine neue Welt erschafft

Stets zu Zweit, stets zu Zweit!

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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #445 am: 03.02.2015, 20:47:31 »
Henry grübelte über dem Brief. Er fand ihn herrisch, direkt und kompromisslos. Die Worte Harrys hallten schwach in seinem Kurzzeitgedächtnis wieder: "... playing on your fears and weaknesses ..." Da war etwas an diesem kurzen Brief, was ihm bedeutsam schien. Er konnte nur noch nicht recht ausmachen, was es war. Der Brief war kurz, sehr kurz. Der Brief wollte einschüchtern. Der Brief wollte Grenzen abstecken. "... You'll have to be fearless, you'll have to be strong ..." Henry las den Brief noch einmal vor seinem inneren Zuhörer. Und da wurde ihm deutlich, dass der Brief tatsächlich Grenzen absteckte. Und dahinter musste es eine Motivation geben.

Und da - unversehens - schöpfte Henry wieder etwas Mut. Oder vielmehr, es war ihm, als schiene ein inneres Licht in ihm auf, dass die Dunkelheit durchdrang, wenn auch noch nicht vertrieb. Aber er hatte es gesehen und er würde ihm folgen. Er murmelte:

"10 Finally, my brethren, be strong in the Lord, and in the power of his might.
11 Put on the whole armour of God, that ye may be able to stand against the wiles of the devil.
12 For we wrestle not against flesh and blood, but against principalities, against powers, against the rulers of the darkness of this world, against spiritual wickedness in high places.
"[1]

Henry blickte auf und sah Aria am Tisch sitzen. "Eine schöne, junge Frouwe", dachte Henry staunend. Und sie lächelte ihn an. Henry lächelte etwas verlegen zurück und faltete schnell den Zettel zusammen, über dem er gebrütet hatte.

"Hallo, Aria.", sagte er. "Heute geht es mir schon besser."
 1. Epheserbrief, 6,9-11
« Letzte Änderung: 03.02.2015, 20:48:03 von Henry »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #446 am: 04.02.2015, 06:22:57 »
Rillfarsell betrachtete das Gedicht und sagte es im Geiste mehrere Male auf, um es sich zu merken.
Dann zupfte es den Menschen an der Kleidung, um ihn dazu zu bringen sich hinabzubeugen, denn im Moment hatte es keine Lust aufzusteigen.
Als Harry sich bückte, flüsterte das Feenwesen ihm zu.
"Erkennst du die Schrift? Meine ist es nicht. Ich schreibe etwas geschwungener mit ungerader Linienführung. Und meine Buchstaben tendieren dazu unterschiedlich groß auszufallen."

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #447 am: 04.02.2015, 12:10:45 »
"Horse and rider, seriously? You couldn't have found a less clichéd metaphor?" schnaubte Harry in seiner Muttersprache, um gleich darauf in die Landessprache zu wechseln: "Was für ein kindisches Gekritzel."

Dennoch zückte er seinen Notizblock, um das Gedicht abzuschreiben. Dabei stutzte er zunächst, als er beim Umblättern Lasciels Postskriptum entdeckte, welches er beim ersten Lesen übersehen hatte. Er schnaubte ein zweites Mal, als er ihre Prahlerei las, sie habe in der ganzen Zeit, da man bereits zusammen sei, noch keine Bezauberung nötig gehabt, um Frauen ins Bett zu kriegen. "And you credit that to your charming personality? You don't think it's got more to do with my roguish good looks?" Harry wollte das Heft schon kopfschüttelnd zuklappen, da erinnerte er sich daran, warum er es hervorgeholt hatte, und übertrug rasch das Gedicht von der Tür. Darunter setzte er noch den Kommentar: Tanar'ri poetry? I'm underwhelmed.

Oh Mann, ehrlich, ich muss echt damit aufhören, ständig das Zwiegespräch mit ihr zu suchen! Abgrenzen? Kein Problem, denn Rubin sagt es sei kinderleicht. Nach ein paar Tagen hätt' man's raus...

Als Rillfarsell ihm am Mantelsaum zupfte, musste Harry fast ein Klappmesser aus dem Stand hinlegen, damit das winzige Feenwesen ihm etwas ins Ohr flüstern konnte. Er wisperte zurück: "Die der beiden Damen ist es nicht, und ich kann mir nicht vorstellen, dass Freund O. dichterische Ambitionen besitzt. Ich tät ja auf Herrn T. tippen. Ich schlag vor, bei unserer Analyse die sprachliche Ebene außen vorzulassen und uns ganz auf den Inhalt zu konzentrieren. Heiliger Bund, Macht, Preis, eine neue Welt... und wenn ich das richtig lese, dann wünschen sie sich Kraft nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Rösser. Ähm, na ja. Gedichtinterpretation ist jetzt nicht meine Stärke, da lass ich mir gern von dir helfen."

Harry richtete sich wieder auf und fuhr mit dem Finger einige der Buchstaben nach. Konnte er erkennen, was für eine Farbe der verkannte Dichter benutzt hatte?
« Letzte Änderung: 04.02.2015, 17:50:52 von Harry Webster »
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #448 am: 05.02.2015, 09:25:09 »
Als Harry die Farbe genauer inspizieren wollte, drehte sich Zerendarius zu ihm um. "Das ist beschissene Kallerennis-Farbe! Götterverfluchte, rote Kallerennis-Farbe. Nette süße kleine Beeren, aber die verteufelte Farbe daraus bekommt man kaum noch weg. Hirnverbrannte Idioten! Warum unbedingt das? Jetzt muss ich diese verfluchte Tür abschleifen und neu streichen lassen! Und bis das organisiert ist, steht dieser Mist an meiner Tür, verfluchtverdammtnocheins!"
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #449 am: 05.02.2015, 09:27:03 »
Aria lächelte Henry an. "Das freut mich zu hören. Du hast aber auch wirklich übermüdet ausgesehen gestern. Verstehe gut, dass ihr früh zu Bett seid."

Sie sah zu der Barmaid, und nickte ihr kurz zu. "Ich nehme doch ein Bier!" Sie sah in die Runde. "Noch jemand etwas?"
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