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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 116445 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #495 am: 04.03.2015, 12:18:33 »
Durch eine Wendeltreppe kamen sie in die weiter unten gelegenen Räume. An den Wänden hatte man abgeflachte Glasbehälter angebracht, in denen wiederum einfach aussehende Steine lagen - nicht größer als eine Kinderfaust, und scheinbar aus gewöhnlichem Material, als hätte man sie von der Straße aufgesammelt. Doch die Steine erstrahlten in einem hellen Licht, und erfüllten sowohl die Treppe als auch die Kellerräume mit einer tagähnlichen Helligkeit.

"Ich gestehe, dass ich euch aus der Ferne beobachtet habe, um euch genauer einschätzen zu können. Trotz unserer etwas unglücklichen ersten Begegnung" - er sah zu Harry - "glaube ich nun, dass es mehr nützen als schaden wird, wenn ich euch mehr erzähle. Aber ihr wisst, dass eure Begleiter mithören. Seid euch darüber im Klaren, welches Risiko ich damit eingehe."

Der zweite Stock machte einen deutlich weniger einladenden Blick als das Erdgeschoss. Die Treppe endete ohne eine Tür und führte direkt in einen Raum, der aussah, als wäre er direkt aus dem Fels gehauen worden. Die Wände waren zwar weitgehend gerade und glatt, doch man hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie zu streichen oder anderweitig zu verzieren. Entsprechend war es hier kühl wie in einer Höhle - obwohl die Luft dafür überraschend trocken war und ihre Atemwege reizte.

Tische und Stühle gab es hier keine. Ein Regal war neben das andere gestellt, mit gerade genug Platz dazwischen, damit eine einzelne Person bequem hindurchlaufen konnte; wollten zwei Personen aneinander vorbei, mussten sie sich seitwärts stellen. Die Regale selbst quollen förmlich über mit Schriften; in Leder gebundene Werke fanden sich hier ebenso wie Schriftrollen, die man pyramidenförmig übereinander gestapelt hatte, Lederumschläge, aus denen lose Zettel herausragten, und sogar einige wenige Steintafeln konnten die Gefährten entdecken. Im Augenblick waren sie hier unten allein.

Die Treppe befand sich etwa in der Mitte des Raums. Rubin deutete nach rechts. "Dort befinden sich weitere Räume mit den besonders schützenswerten Werken. Ich habe hier eine interessante Entdeckung gemacht."

Er führte die Gruppe durch den Raum bis zu den vier Türen, schweres braunes Holz mit verrosteten Eisenbeschlägen. Er ging auf die Tür am linken Rand zu, und zog sie mit einiger Kraft auf - ein leises Quietschen ertönte dabei.
Dahinter befand sich ein gut zwei mal zwei Meter großer Raum, in dem lediglich an den Wänden weitere Regale standen. Die Bücher hier waren jedoch nicht auf engstem Raum aneinander gepresst, vielmehr erhielt jedes Werk einen eigenen Platz, ausgestellt auf einer hölzernen Ablage, um gleich aufgeschlagen zu werden. Der Raum war wie ein kleines Museum für Bücher. Der Geruch von altem Papier, Leder und Staub lag in der trockenen Luft.

Rubin deutete auf ein Werk an der gegenüberliegenden Wand. Es hatte einen roten Lederumschlag, und war gute fünfzig Zentimeter hoch und vermutlich einige tausend Seiten stark. "Der Codex Maela. Eine historische Abhandlung dieses Landes, die viele tausend Jahre zurückreicht."

Nachdem alle den Raum betreten hatten, schloss Rubin wieder die Tür hinter ihnen. Anschließend ging er zu dem Buch und schlug eine Seite etwa in der Mitte auf. "Hier ist die Passage. Sie berichtet von einem Waldvolk, das vor gut achttausend Jahren irgendwo in der Gegend des heutigen Asemna gelebt hat. Der Autor schreibt: 'Die Legende der Finsteren beherrschte das religiöse Handeln dieser Halbe' - Halbe ist ein altertümliches Wort für Halbling - 'und ließ sie allerlei obskure Rituale durchführen, ohne jeden Bezug zu einer bekannten Gottheit. Nur wenige Spuren sind von ihrem Leben noch erhalten, doch scheint es, sie fürchteten die Wiederkehr mystischer Kreaturen, der Kyuash.'"

Rubin wandte sich wieder zu den Gefährten um. "Achttausend Jahre. Und schon damals waren sie für das Waldvolk eine mystische Legende."

Dann, plötzlich, geschah etwas.

Henry spürte es als Erster. Es fühlte sich an, als habe er einen dunkel verhangenen Himmel beobachtet, und auf einmal schien die Sonne durch. Auch Jurij nahm es wahr. Als könne er plötzlich durchatmen, nachdem er wochenlang einen Druck auf der Brust gespürt hatte. Für Harry war es, als würde er mit einem Mal Ruhe finden. Und Rillfarsell hatte mit einem Mal eine Melodie im Kopf. Nichts mystisches - einfach nur ein hübsches, belangloses Lied. Früher hatte er so etwas oft gehabt. Doch nur noch selten, seit er aus der Ersten Welt herausgerissen worden war.

Rubin nickte. "Es ist soweit. Ihr spürt es, oder? Ich habe euch nicht hierher gebracht, um euch aus dem Buch vorzulesen, auch wenn die Aufzeichnungen sicherlich interessant sind. Ich werde euch nicht erklären, wie es funktioniert, aber etwas in diesem Raum sorgt dafür, dass eure Begleiter für wenige Minuten, wie soll ich sagen... wegschlummern. Sie sind noch da, aber sie bekommen nichts mehr mit. Ist die Wirkung vorbei, werden sie gar nicht mitbekommen haben, dass sie etwas nicht mitbekommen haben. Ihr müsst euch einfach nur natürlich verhalten und kein Wort darüber verlieren."

Er sah in die Runde, musterte jeden der Gefährten für einen Augenblick. "Dies ist eure Gelegenheit. Wenn ihr konkrete Fragen an mich habt, stellt sie. Aber nur die Wichtigsten. Wir haben nicht viel Zeit, und ich muss euch im Anschluss auch noch einige Dinge erzählen."
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #496 am: 05.03.2015, 19:25:57 »
Henry blickte zu Aria und fragte sich, ob sie ihm wirklich alles glaubte, was er ihr gesagt hatte. Sie war seitdem schweigsam gewesen, fast wie betäubt. Und ebenso, was würde sein, wenn sie ihm glaubte? Wie naheliegend war nun der Gedanke, alle Verbrechen und alles Böse nun den Dämonen in ihnen anzulasten. Sie würden sich nicht einmal dagegen verteidigen können, denn sie hatten keine Erinnerungen, was die Dämonen nachts trieben. Henry würde nachher noch einmal mit ihr sprechen müssen.

Es war absurd. Aria beschäftigte ihn mehr als Rubin - und das obgleich seine Entdeckung alles oder nichts bedeuten könnte. Auf jedenfalls wusste er eine Menge über die Dämonen und sicherlich mehr als sie. Henry zwang sich, sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren.

"Wir sind nicht die ersten Besessenen, die hier ankommen. Du bist es auch nicht, Rubin. Habe ich recht?" Er wandte sich Aria zu: "Ich glaube, dass Dein Großvater oder einer seiner Vorfahren durch die Dimensionen gereist ist. Das müsste dann mindestens siebzig Jahre her sein."

"Aber das ist jetzt nachrangig. Für's Erste interessieren mich drei Dinge. Wo kommen die Dämonen her? Was haben die Dämonen vor? Und schließlich, wie kann man sie bannen?"
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #497 am: 05.03.2015, 21:41:35 »
Ein Lächeln erschien auf Rubins Gesicht und wurde langsam breiter. "Ein wirklich kluger Mann." Er tauschte mit Tai'Lor ein kurzes Nicken aus, dann sah er wieder zu Henry.

"Ich bin nicht sicher, wie lange das schon geht. Aber nein, ich bin nicht der Erste. Ich kann es aber ungefähr eingrenzen. Hier auf Kurun sprechen wir über einige Monate, nicht mehr." Er sah zu Aria. "Ich bezweifle daher, dass jemand aus deiner Familie betroffen war oder ist." Er lächelte. "Das heißt keinesfalls, dass sie nicht trotzdem durch die Dimensionen gereist sein könnten."

Mit einem Stirnrunzeln, das deutlich zeigte, dass die junge Frau wohl noch zu durcheinander war, um etwas mit Rubins Aussage anfangen zu können, schüttelte sie den Kopf. "Nein, irgendwie glaube ich das nicht..."

Rubin stockte kurz, und nickte dann. Er faltete die Hände hinter dem Rücken zusammen, bevor er weitersprach.

"Nun zu den drei Kernfragen. Woher kommen die Dämonen? Ganz ursprünglich: Aus der Höllenebene, die man den Abgrund nennt, die Ebene des Chaos und des Bösen, der Heimat der Tanar'ri. Der Abgrund wiederum besteht aus unzähligen Unterebenen, die meist von einem Dämonenfürsten beherrscht werden. Unsere Begleiter vereint irgendetwas, sie nennen sich N'kyuash. Und aus irgendeinem Grund sind sie vor langer Zeit" - er deutete mit dem Daumen über seine Schulter auf das Buch hinter sich - "hierher gekommen, nach Kurun. Und sie haben hier einiges an Unheil angerichtet. Dann aber..."
Er schwieg einen Moment, und hob dann entschuldigend die Schultern. "Irgendetwas ist passiert. Sie waren von dieser Welt verschwunden. Meine Vermutung, aber es ist auch nicht mehr: Jemand auf dieser Welt hat sie aufgehalten. Eingesperrt. Gefangen gehalten in einem magischen Gefängnis. Dieses Gefängnis hat lange gehalten, einige Jahrtausende. Aber nun ist es brüchig geworden, und die Dämonen können ihm entfliehen. Und sofern ich mit meiner Hypothese Recht habe, beantwortet das, woher die Dämonen kommen."

Er sah sich unter den Gefährten um, beobachtete ihre Reaktionen mit ernstem Gesichtsausdruck.

"Zur zweiten Frage: Zum Einen glaube ich, dass sie versuchen, das Gefängnis endgültig zu sprengen. Denn eines weiß ich sicher, was dort... in uns ist... das ist nur ein Funken dessen, was diese Wesen ausmacht. Sie sind kaum mehr als wir, nur eben bösartig und mit ein paar mystischen Kräften ausgestattet. Aber eigentlich sind es machtvolle Dämonen, uralt, mit einer Macht, die annähernd Göttern gleich kommt. Ich glaube, der Rest von ihnen steckt noch im Gefängnis. Und das wollen sie wiederhaben. Was sie dann, zum Anderen, damit hier auf der Welt anstellen wollen - keine Ahnung."

Wieder machte er eine kurze Pause. Er faltete die Hände nun vor dem Bauch. "Was Drittens angeht... ich will ehrlich sein: Ich weiß es nicht. Noch nicht. Aber was auch immer die Dämonen schon einmal von dieser Welt vertrieben hat, ob ein Gefängnis oder anderes, es muss möglich sein, das Ganze zu wiederholen - und diesmal endgültig zu machen."
« Letzte Änderung: 05.03.2015, 22:14:36 von Sternenblut »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #498 am: 06.03.2015, 05:50:12 »
Rillfarsell war kurz in der Bibliothek herumgeflogen und hatte sich mit großer Freude die ganzen Schriftstücke angeschaut, die in den unzähligen Regalen darauf warteten, ihr Wissen an Neugierige weiterzugeben.
Aber ihre Aufgabe hier war eine andere und so flog es dann auch zu den anderen zurückgekehrt.
Dort hatte auch es den Neuling, Rubin, aufmerksam betrachtet. Auf dessen Hinweis, er hätte sich zwischen Rillfarsell und einem anderen Neuankömmling entscheiden müssen, winkte das Feenwesen nur beschwichtigend ab und murmelte einige, beruhigende Worte.

Schließlich waren sie in den Keller hinabgestiegen. Rillfarsell war einfach hinterhergeflogen. Auch hier trällerte es begeistert vor sich hin, als es all die Aufzeichnungen sah.
Kurz überlegte es, wieso Rubin so einfach Zugang zu all diesen Räumen hatte. Aber diese Frage würde wohl erst mal warten müssen.
Die Überraschung, die Rubin für sie hatte, war tatsächlich atemberaubend für das Feenwesen.
Auf Henrys letzte Frage hin, meldete es sich dann auch mal wieder zu Wort.
"Es gibt einige einfache Zauber, die den Geist eines Wesens vor Übernahme durch Fremdwesen schützen. Wir sollten einfach eine mächtigere Version dieses Zaubers auftreiben und jemanden finden, der sie sprechen kann. Das sollte das Problem eigentlich lösen."
Auch wenn der Mensch nichts von Magie hielt, sollte er hier wohl ihren Nutzen einsehen können, dachte Rillfarsell.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #499 am: 06.03.2015, 13:16:16 »
Rubin schüttelte den Kopf. "Ganz so einfach ist es leider nicht - auch, wenn es an sich schon schwerer ist, als es klingt. Mein... erster Gefährte hier auf Kurun, er hat genau das versucht. Wir gingen zu einem mächtigen Priester. Sein... Begleiter verließ tatsächlich seinen Körper. Trotz aller Schutzrituale fuhr er in den Körper des Priesters ein, ließ ihn Selbstmord begehen und fuhr anschließend wieder in den Körper meines Freundes. Er gab daraufhin die Hoffnung auf. Sollten..."

Rubin schluckte; seine Stimme zitterte leicht. Es war das erste Mal, dass der sonst so diszipliniert wirkende Mann ernsthaft Emotionen zeigte.

"Sollten wir ihm wieder begegnen, müssen wir ihn als Feind betrachten. Sein Name ist Belarus. Der Name seiner Dämonin Aynaet."
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #500 am: 06.03.2015, 20:35:07 »
Interessiert hatte sich Jurij in den Gewölben, dem Archiv umgesehen. So viele Bücher so viele Sachen und so wenig Zeit. Als Rubin das Alter der legende erwähnte schluckte Jurij. Doch bevor er etwas fragen konnte, breitete sich Rubins Überraschung aus.
Noch überwältigt von dieser lauschte er den Worten der Anderen. Dabei knabberte er Nervös an den Nägeln seiner rechten Hand. Rubins Antworten gefielen ihm, nicht wirklich. „Endgültig, ha. Wenn ich mal vermuten darf, dass dachten sich wohl auch die ersten die gegen sie gekämpft hatten, oder?“ Nun als Rubin den Einwurf der Fee beantwortet hatte, meldete sich Jurij zu Wort. Seine Stimme klang schroff. „Ist das deine einzige Hoffnung die du hast? Dann mach die Augen auf. Du sagst sie sein mächtig, mächtig wie Götter und jemand habe sie gebannt. Ja gut man kann also gegen sie agieren aber da hatten sie wahrscheinlich noch ihre Körper und waren vollständige Dämonen. Jetzt haben wir eine andere Situation. Sie stecken in sterblichen hüllen und können umherspringen wenn wir sie verbannen.“ ein verächtliches Schnaufen war von Jurij zu hören. „Irgendwie hört es sich gerade so an, als müssten wir einen Käfig um uns Bauen. Uns in die dunkelste Finsternis werfen und auf Ewig dort schmoren um sie aufzuhalten.“ Mit der blanken Faust schlug Jurij auf das nächst beste stücken freie Wand ein. Dabei senkte er wütend den Blick. Bei ihm zeigte sich wohl gerade wie frustriert er über die Lage wirklich war.

Als er wieder aufblickte, sah er entschuldigend zu Rubin. „Es tut mir Leid. Der letzte Tag war nicht gerade meiner und von nichts auf tausend gegen ein äonenaltes Monster zu kämpfen, na danke.“ Er schüttelte den Kopf. „Wir sollten uns nicht im Selbstmitleid verliehen. Am Ende sehen wir nur noch mehr Leid und nichts ist schlimmer als einfach nur zuzusehen.“ Bei diesen Worten blickte er kurz zur Fee. „Aber gut, Rubin, können wir unsere Heimat abschreiben? Es wird wohl nicht leicht sein ein Wesen zu finden was uns genau in unsere Welt und dann noch zur richtigen Zeitlinie zurückbringt oder? Eine Priesterin meinte es gäbe da nur ein Wesen, was dies könnte. Das was uns aus unsere Heimat gerissen hat. Meinst du sie hatte Recht?“ Mit festen Blick sah er Rubin eine kurze Weile an. „Aber wir alle können uns den Preis dafür ausmalen. Diese Welt und wohl auch noch weitere opfern für einen sicheren Heimweg. Ha, und am Ende Lachen sie uns nur aus, sagen ja das war das Versprechen und klatschen uns zu Brei. Falls wir aber gegen sie agieren haben wir ja immer noch ein Problem. Tai´Lor hat zwar etwas angedeutet doch von heute auf morgen klappt das auch nicht, oder wie lenkst du deinen Dämon vom Tagesgeschehen ab Rubin?“ Erwartungsvoll blickte er zum Rubin. Es war immer gut von Erfahreneren zu lernen und zumindest hier konnte ihnen Rubin vielleicht gleich helfen.
« Letzte Änderung: 06.03.2015, 20:35:37 von Jurij Klee »
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #501 am: 08.03.2015, 17:08:51 »
Harry fasst sich zur Begrüßung der beiden Männer mit Daumen und Zeigefinger an die Hutkrempe und bildet auf dem Weg in den Keller dann schweigend das Schlusslicht.

Er war alles andere als erfreut, Rubin so unverhofft wiederzutreffen. Auch dessen Auftreten—belehrend, von oben herab, befehlshaberisch—irritierte ihn. Gleich zu Beginn betonte der Kerl abermals, was für ein ach so großes Risiko er einginge, dadurch dass er den Kontakt zu ihnen aufnehme.

Am Ende ist er der Oberdämon, der seine Unterbosse hier um sich versammelt, damit sie besser zusammenarbeiten und er sie schneller für eine Aufgabe bei der Hand hat.

"Was sagtet Ihr, wie Euer Dämon heißt?" platzte Harry daher heraus, als Rubin ihn im Kellerraum dazu aufforderte, doch auch etwas zu fragen. "Und woher wissen wir, dass Ihr nicht längst aufgeben habt wie Euer Freund Belarus und nun auch tagsüber für Euren Begleiter arbeitet? Dass es Eure Idee und nicht die seine ist, uns hier um euch zu versammeln und mit hilfreichen Hinweisen auf die 'richtige' Spur zu bringen?[1] Bitte nehmt mein Misstrauen nicht persönlich. Zurzeit traue ich nicht einmal mir selbst. Sogar im Traum versucht Lasciel mich noch zu manipulieren oder mir Geheimnisse zu entlocken. Und sowohl sie als auch ihr Schwesterlein üben sich bereits fleißig darin, uns zu erpressen, auf dass wir auch im Wachen nach ihrer Pfeife tanzen."

Hierbei sah Harry zu Tai'Lor hinüber und, deutlich länger, zu Aria.

"Doch nehmen wir einmal an, Ihr sagt die Wahrheit, so wären das hier meine Fragen: Wie können wir uns aus dieser Erpressbarkeit befreien? Wie den Dämon aus unseren Gedanken und Träumen vertreiben? Seit drei Wochen befinde ich mich rund um die Uhr im Zwiegespräch mit ihr und habe von daher nicht die leiseste Ahnung, wie ich mich daraus wieder lösen kann. Wie schädlich sind in diesem Zusammenhang die Visionen aus Lasciels Vergangenheit, die mich ständig überkommmen? Aria muss Maezri-th'lei-nicon nur erwähnen, schon seh ich vor mir, wie meine Dame ihm einen Speer durch die Brust jagt und dabei etwas faselt von: 'Wir haben die Saat erschaffen. Aus diesem Boden wird die neue Welt entstehen.' Ein einfaches Nachdenken über ein magisches Problem, schwupp, schon darf ich ihr bei einer Mord- und Sexorgie in meiner Heimat zuschauen. Als könnte sie nicht an sich halten, es mir unter die Nase zu reiben! Oder beim Anblick Eures Handgelenks... ähm, also, dieser... Rechenmaschine an Eurem Handgelenk, da hab ich sie körperlos über Euren Planeten streifen sehen auf der Suche nach irgendeinem technischen Gerät oder Wissen. Das allerdings fand sie nicht ganz so toll, dass ich da einen Einblick bekam, und hat die Vision mit Gewalt unterbrochen. Soll ich diese Visionen nun also eher unterdrücken aus Furcht vor ihrem Einfluss oder aber als Chance der Informationsgewinnung begreifen und entsprechend eifrig weiter verfolgen?"

Er hätte noch mehr Fragen—vor allem zum Silberdrachen, aber auch zur politischen Lage des Landes und inwieweit Dämonen für den bevorstehenden Krieg verantwortlich sein mochten—aber das konnte er notfalls auch später noch fragen, wenn ihre Gäste wieder wach wären.

"Ein Lichtblick scheint mir bei all dem zu sein, dass sie unsere Körper doch etwas dringender benötigen, als sie zugeben wollen, sonst wäre Aynaet nicht wieder in Belarus gefahren, oder? Jedenfalls kann es nicht ganz so leicht sein, Ersatz zu finden, wie Lasciel mir einreden will."
 1. Sense Motive = 15
« Letzte Änderung: 19.04.2015, 16:55:18 von Harry Webster »
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Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #502 am: 08.03.2015, 22:42:32 »
Rubin hörte Jurij und Harry zu, ohne etwas zu sagen, doch wurde seine Miene noch ernster, und seine Wangenmuskeln pulsierten. Er atmete einige Male tief ein und aus, bevor er antwortete.

"Zunächst einmal", sagte er deutlich beherrscht, "ist dies nicht der erste Kampf von Sterblichen gegen weitaus mächtigere mystische Wesen, und nicht der erste, der gewonnen wird. Zweitens stehen wir nicht bei Null. Die Dämonen haben nur einen Bruchteil ihrer Macht. Und sie wurden bereits einmal besiegt, und darauf können wir aufbauen. Und nicht zuletzt: Ja, sie stecken in unseren Körpern, und wir können nicht mit Waffen auf sie losgehen. Aber ich bezweifle, dass wir eine Chance gegen sie hätten, wenn sie körperlich wären. Aber so, wie wir im Moment ihnen ausgeliefert sind, sind sie auch uns ausgeliefert. Wir können sie besiegen. Aber wir müssen uns für den Kampf entscheiden."

Er sah zu Harry. "Ich werde kämpfen. Ich gebe nicht auf, niemals. Glaubt mir oder lasst es, aber ich werde alles tun, was nötig ist, um diese verfluchten Kreaturen aus dem Abgrund zu besiegen. Nicht nur den, der in mir steckt, sondern jeden Einzelnen der N'kyuash."

Harry, der Rubin genau beobachtete, schienen seine Worte ehrlich zu sein. Der Mann war diszipliniert, kontrolliert, doch Jurijs Zweifel und Harrys Nachfrage, ob er die Hoffnung aufgegeben habe, entfachten ehrliche Wut in ihm. Noch immer versuchte er, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten, und doch brachen sie in diesem Moment aus ihm heraus. Sein Gesicht hatte sogar ein wenig rote Farbe angenommen, so sehr hatte er sich erhitzt.

Wieder atmete er ein und aus, schloss einen Augenblick die Augen, und öffnete sie dann wieder. "Es tut mir leid. Aber ich brauche Mitkämpfer, die wirklich dabei sind. Ich verstehe eure Zweifel, an mir und an der Sache, aber ich möchte nicht noch einmal enttäuscht werden."

Er sah zu Harry. "Chernobog. Mein düsterer Begleiter heißt Chernobog. Und zur Frage, wie ich ihn ablenke... nun ja, das ist wohl der eine Punkt, an dem ich euch gegenüber im Vorteil bin. Er interessiert sich nicht für mich. Ich kann tagsüber tun, was ich will, er reagiert nicht darauf. Ich nehme an, er ist der Ansicht, dass ein einfacher Sterblicher ihm nicht in die Quere kommen kann. Was auch immer der Grund ist, ich sehe das positiv."

"Was eure Gedanken angeht, das ist schlicht eine Frage der Selbstkontrolle. Es gibt einfache Tricks. Ein Beispiel: Wenn euch jemand auffordert, jetzt nicht an einen grünen Fisch zu denken, dann denkt ihr auf jeden Fall daran. Versucht nicht, sie aus euren Gedanken rauszuhalten. Versucht, sie in eine andere Richtung zu lenken. Wenn ihr schon an den grünen Fisch denkt, dann konzentriert euch auf das Wasser, in dem er schwimmt. Und dann folgt dem Strom des Wassers, und achtet auf all die Kleinigkeiten darin. Dann verschwindet der Gedanke an den Fisch." Er lächelte wieder. "Anders gesagt, ihr könnt nicht verhindern, an wichtige Dinge zu denken. Aber ihr könnt so tun, als seien sie nicht wichtig. Lasst eure Gedanken schweifen. Das Ganze braucht etwas Training, aber es funktioniert."

Dann sah er zu Aria. "Was die Erpressungen und andere Manipulationen angeht: Das werdet ihr kaum ganz verhindern können. Ob sie nun jemanden bedrohen, der euch lieb ist", er sah sich nun wieder in der Runde um, "oder euch anderweitig zu manipulieren versuchen, ihr könnt nur versuchen, ein Machtgleichgewicht zu erschaffen. Aber dazu müsst ihr eure Begleiter besser kennenlernen, verstehen, was ihnen wichtig ist und was nicht."

Sein Blick fiel wieder auf Harry. "Und damit kommen wir zu den Visionen. Für mich sind es eher... Erinnerungen, die nicht mir gehören, aber das erlebt wohl jeder anders. Was ihr seht, mag erschreckend sein, zuweilen auch abstoßend, aber es ist eine Chance. Dadurch, dass sie gezwungen sind, in euren Körpern zu verweilen, könnt ihr Zugriff auf ihr Wissen erlangen. Ihr könnt sie aushorchen. Und dieses Wissen kann im Kampf gegen die Dämonen von entscheidender Bedeutung sein."

"Übrigens glaube ich nicht, dass du in deiner Vision Maezri-th'lei-nicon gesehen hast. Drachen können alt werden, aber ich glaube, die Geschehnisse stammen aus einer Zeit, bevor dieser Drache geboren wurde. Ich vermute, die Erinnerung wurde eher durch Assoziationen geweckt. Dass in der Erinnerung ein Drache vorkam, heißt nicht zwingend, dass es sich um diesen Drachen gehandelt hat. Allerdings bezweifle ich, dass deine Begleiterin möchte, dass du diese Dinge siehst. Ich würde eher vermuten, dass sie es nicht unter Kontrolle hat. Es fällt ihr schwer, es zu unterdrücken, und deshalb tut sie es nur in Notfällen." Wieder lächelte er, doch diesmal hatte sein Lächeln etwas Hinterhältiges. "Ein klarer Hinweis, genau dort weiterzubohren."

"Was unsere Körper angeht, ich glaube, dass sie uns tatsächlich brauchen. Wir sind vielleicht ersetzbar, aber nicht ohne Weiteres. Sie haben uns ausgewählt, weil wir - aus welchen Gründen auch immer - ihrer Präsenz standhalten können. Das halten nur wenige aus."
« Letzte Änderung: 08.03.2015, 23:20:12 von Sternenblut »
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Harry Webster

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« Antwort #503 am: 09.03.2015, 12:06:12 »
Der Trick mit dem grünen Fisch gefiel Harry. Er musste also gar nicht aufhören, in Gedanken mit ihr zu reden, sondern nur das Gespräch auf belanglose Dinge lenken. Das klang zunächst einmal gar nicht so schwer. Andererseits war er natürlich darauf trainiert—hatte es sich in den letzten Jahren antrainiert—in jeder Situation die wichtigsten Details herauszufiltern, das eigentliche Problem einzukreisen, und sich dann darauf zu konzentrieren.

Er beschloss, Rubin zu vertrauen. Erst einmal.

"Ich habe vor, zu kämpfen, Rubin", sagte er, obwohl ihm die gestrige Hoffnungslosigkeit noch allzu lebhaft in Erinnerung war. "Aus meiner Sicht habe ich nichts zu verlieren, das nicht eh schon verloren ist. Das einzige, was mich von nun an interessiert, ist, soviele Leben wie möglich zu retten oder soll ich sagen: zu verschonen. Ich erwarte nicht, mit dem eigenen davonzukommen. Ebenso ist es mir egal, ob ich meine Heimat je wiedersehe. Ja, wenn es sein muss, werde ich sogar ein 'großer böser Drache', um besser gegen die N'kyuash kämpfen zu können. Nur eines traue ich mir bei allem guten Willen nicht zu und sei es die einzige Möglichkeit, die Dämonen zu besiegen: mich selbst mit ihnen für alle Ewigkeit in ihr Gefängnis einsperren zu lassen. Die Vorstellung ist zu schrecklich, auch wenn man das Wohl einer ganzen Welt auf der gegenüberliegenden Waagschale weiß. Sollte das also jemals der Plan sein, erzählt mir besser nichts davon.

Mit dieser Einschränkung bin ich Euer Mann."
Er streckte Rubin die Hand entgegen. "Das könnt Ihr jetzt glauben oder nicht."
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #504 am: 09.03.2015, 15:42:49 »
Nach Rubins Antwort war Rillfarsell in Gedanken versunken.
Jetzt meldete es sich wieder zu Wort.
"Wenn man sie also austreiben kann, müßten wir nur noch einen Weg finden, ihnen ihr nächstes Ziel vorzubestimmen. Also tatsächlich eine Art Falle, die sie in sich reinzieht. Aus der sie nicht einfach wieder rausspringen können.
Klingt für mich fast so, als wäre das genau das, was ihr, Rubin, beschreibt, wie sie schon einmal besiegt wurden. Sie aus ihrem Gast rauswerfen und in ein Gefängnis saugen.
Wenn so etwa schon einmal passiert ist, könnte es darüber noch Aufzeichnungen geben. Oder alte Legenden, die das Ganze verklärt oder verschlüsselt wiedergeben.
Auf jeden Fall meiner Meinung nach ein Anfang; etwas, das wir zum Ziel einer Suche machen können."

Das Feenwesen sah in die Runde und wartete auf Komentare zu seiner Überlegung.

Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #505 am: 09.03.2015, 19:15:10 »
"Ich bin auch dabei.", sagte Henry. "Ich habe mich entschieden, gegen die Dämonen anzukämpfen. Das Böse darf keine Kraft in der Welt gewinnen. Mir kam da noch ein Gedanke. Wir alle bekommen Eindrücke von den Wünschen und Begierden unserer Dämonen. Sind diese eine Art Kraftquelle für unsere Dämonen? Kann man sie vielleicht schwächen, wenn man sie von ihren Motivationen abschneidet? Aber selbst wenn nicht, sie dürfen ihre dunklen Absichten nicht wahr machen können."
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #506 am: 09.03.2015, 23:14:03 »
Die Faust von der Wand gelöst, hörte Jurij Rubin und den anderen mit verschränkten Armen zu. Wie sicher sich Rubin war und wie verzweifelt er wohl Verbündete brauchte. Jurij wollte ihn nicht so reizen aber geschehen war geschehen. Es schien ja sogar etwas Gutes zu haben. Sie sprachen nun fast alle über ihre Ziele und wie sie die Dämonen abblocken konnten. Beim grünen Fisch musste er leicht Lächeln. Ihm kam diese Übung durchaus bekannt vor. Das Lächeln verflog aber, als Harry über seinen nicht Wunsch sprach. Warum wollte dieser Mann nicht nach Hause? Sein Blick ging fragend zu den Anderen. War es bei ihnen etwa genauso? Wenn war er wohl mit seinem Wunsch alleine.
Den Blick gesenkt überlegte er, was er machen sollte. Alleine würde er nicht gegen einen Dämon ankommen.

Knurrend gab er einige Laute von sich. Er wollte nicht die ersten Worte aussprechen, die ihm in den Kopf gekommen waren. Sehr unschöne Worte über diese verzwickte Situation. „Ich bin auch dabei.“ knurrte er zum Schluss bevor er sich wieder gefangen hatte. „Aber wenn es einen Weg mach Hause gibt, ohne die Dämonen, kann ich nicht versprechen ihn nicht zu gehen. Doch es ist ja eher unmöglich solch einen Weg zu finden.“ er schluckte und wendete seinen Blick zu Rubin. „Das was du vorschlägst hört sich gut an. Es wird schwer aber ist machbar. So zeigen wir ihnen wenigstens nicht unser Ziel.“ dann wanderte sein Blick zu Henry. „Ich denke auch, dass diese Begierden ein Angriffspunkt sind. Vielleicht können wir sie züchtigen aber unseren Körper für sie sauer machen wie Milch für ein Kind? Die Priesterin bei der ich war meinte, dass sie uns nicht aus irgendeinen Grund ausgesucht haben. Ja vielleicht halten unsere Körper ihnen besser stand aber sie meinte etwas, dass mein Dämon etwas an mir gefunden hat. Gefühle die zu ihm passen. Darum sind es wohl nicht nur die Begierden, Gelüste und Ängste der Gäste sondern unsere eigenen Dämonen.“ nachdem er sich leicht auf die Lippe gebissen hatte fuhr er fort. „Ich kenne Obayifo gerade einmal zwei Tage wirklich, von daher glaube ich das er auch an mir kaum Interesse hat. Aber zurückblickend denke ich, dass er Spaß daran hat andere Leiden zu sehen. Das passt auch zu dem was Lilith gestern sagte. Sie meint das Obayifo manchmal Dinge macht um zu sehen was passiert. Wie war das? Er hat in einer Welt einen Kontinent in Finsternis gehüllt nur um zu erkennen, dass er damit den Kontinent von Raum und Zeit abgeschnitten hatte. Als Dank hat er seinen Anhängern leuchtende Hintern verpasst. So ein Drang zur Experimentierfreude lieg mir nicht aber Lilith erzählte auch etwas von einem meiner früheren Leben. Einem Inquisitor der unschuldige Frauen auf den Scheiterhaufen brachte. Vielleicht sind diese gemeinsamen Ansatzpunkte auch auf vergangene Leben begründet.“ Jurij zuckte mit den Schultern. „Wer weiß, aber wenn brauchen wir etwas abgrundtief bösen und perfekt passendes um sie aus uns heraus zu locken. Damit dein Plan aufgehen würde Rill far sell.“
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #507 am: 10.03.2015, 16:12:02 »
"Während ich geschlafen habe und der Dämon die Kontrolle übernommen hatte, fand ich mich in einer dunklen Welt wieder. Der Dämon sammelt Kinder um sich und will sich 'Mutter des Menschengeschlechts' nennen. Es ist offensichtlich eine Rebellion gegen Gott."
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #508 am: 10.03.2015, 16:26:47 »
Harry zog seine ausgestreckte Hand zurück, als sein Arm allmählich lahm und die Geste, die an Rubin offenbar vorbeiging, entsprechend peinlich wurde. Kennt man auf seinem Planeten keinen handshake oder ist er sich zu fein?

In die Runde sagte er: "Mit solchen Spekulationen können wir unsere Gäste auch noch amüsieren, wenn sie wieder wach sind. Jetzt sollten wir uns erst einmal anhören, was Rubin bis dato über sie herausgefunden hat."
« Letzte Änderung: 10.03.2015, 16:27:52 von Harry Webster »
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #509 am: 10.03.2015, 22:02:43 »
Rubin hörte den Gefährten aufmerksam zu, und wer genau hinsah, konnte sehen, wie die Härte aus seinen Augen und seinem Gesichtsausdruck wich. Er schien wieder Hoffnung zu schöpfen.

Als er sah, wie Harry seine Hand senkte, wirkte er fast erschrocken. "Verzeihung... ihr... wolltet die Hände schütteln, richtig? Ich habe bestimmte Gesten einfach noch nicht präsent, die fernab meiner Heimat offenbar weit verbreitet sind." Er lächelte entschuldigend. "Wollt... ähm... ihr das noch nachholen?"

Nach Harrys Reaktion[1] blickte er mit einem zufriedenen Lächeln in die Runde. "Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich mich eure Worte machen. Sechs Monate bin ich jetzt schon auf dieser Welt. Davor bin ich durch fünf andere Welten gesprungen. Für mich eine Spanne von viereinhalb Jahren." Er zögerte. Erst jetzt schien ihm etwas an seinen eigenen Worten bewusst zu werden. "Ein halbes Jahrzehnt, in dem ich bereits gegen die N'kyuash ankämpfe", sagte er mit fast flüsternder Stimme zu niemand Bestimmtem.

Nach einigen Sekunden schüttelte er heftig den Kopf, und sah zu Jurij. "Auch ich möchte nach Hause. Ich würde den Kampf gegen die Dämonen nicht dafür aufgeben, aber... ich vermisse meine Heimat. Ich sehne mich nach ihr. Allerdings glaube ich, das viel größere Problem, als jemanden aufzutreiben, der einen zurückschicken kann, ist vielmehr: In welche Version der eigenen Heimat, und in welche genaue Zeit? Ich habe herausgefunden, dass manche Welten gewissermaßen Unikate sind: Es gibt nur eine Version von ihnen, nur eine richtige Heimat. Es gibt offenbar sogar Welten, für die nur das Jetzt existiert. Keine Zukunft, keine Vergangenheit - und damit keine Zeitreisen, Zumindest in meiner Heimat ist beides anders. Und es gibt Varianten meiner Heimat, in die ich auf keinen Fall möchte." Sein Blick wanderte für einen Moment in die Ferne, dann wieder zu dem jungen Deutschen. "Dennoch verstehe und respektiere ich, was du sagst. Und ich danke dir für deine Offenheit. Es ist wichtig für uns alle, dass wir wissen, woran wir sind."

Dann wanderte sein Blick zu Harry. "Bei allem Eifer, den ich an den Tag legen mag... diese Einschränkung teilen wir."

Schließlich sah er zu Rillfarsell. "Das Ziel unserer Suche, oder zumindest ein Zwischenziel. In der Tat habe ich da bereits etwas. Ich habe Hinweise gefunden, dass die Aktivitäten der N'kyuash bei ihrem ersten Erscheinen hier einen bestimmten Ort als Zentrum oder Ausgangspunkt hatten. Damals wurde dieser Ort in eine Wüste verwandelt. Das Problem ist: Wir wissen nicht, ob es heute noch eine Wüste ist - und wo genau wir suchen sollen. Wir haben eine ganze Welt für diese Suche, und eine besonders große noch dazu." Er sah wieder zu Harry. "Und deshalb sind die fremden Erinnerungen so wichtig: Sie können uns Hinweise geben, die helfen, genau solche Rätsel zu lösen."

Dann sah er zu Henry. "So leid es mir tut, ist das eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich kann nur Vermutungen anstellen. Und wenn ich das tue, vergleiche ich es mit meinen eigenen Träumen und Erinnerungen. Sind sie eine Quelle meiner Kraft? Unbedingt. Aber wäre ich tatsächlich schwächer ohne sie? Oder nur... anders?" Er zuckte mit den Schultern. "Für mich jedenfalls sind diese Dinge eine Quelle des Wissens. Ich möchte auf keinen Fall etwas tun, das mir den Zugang beschneiden würde."

"Uns läuft die Zeit davon", erklärte er, und sah dabei kurz auf seinen Computer. "Bitte beachtet Folgendes. Ihr müsst eure Gedanken an dieses Gespräch unbedingt verschleiern. Die größte Gefahr dafür lauert in euren Träumen. Aber ihr müsst wissen, dass die Dämonen keinen Zutritt zu euren Träumen haben. Ich weiß nicht genau, wieso, aber ich weiß sicher, dass es stimmt. Wenn ihr etwas von den Dämonen in euren Träumen mitbekommt, dann, weil ihr in deren Geist hinübergewandert seid. Gestalten eurer eigenen Vergangenheit, die dämonische Züge annehmen, sind Anzeichen für eine Vermischung: Ihr träumt dann von etwas, das zugleich aus euch und aus dem Dämon kommt. Auch das kann ein Quell des Wissens sein, aber es ist ebenso gefährlich. Ihr müsst lernen, euch bewusst in eure eigene Traumwelt zurückzuziehen. Ich habe das geschafft, in dem ich mir jeden Abend einen Gegenstand genommen habe, auf den ich mich konzentriert habe. Etwas alltägliches, aber einprägsames. Driftete ich ab, habe ich mich an eben diesen Gegenstand erinnert. Er wurde zum Fokus meines Traums. Dadurch fand ich zu mir zurück." Er setzte ein schiefes Lächeln auf. "Belarus allerdings hatte damit nicht immer Erfolg. Es ist ein Ansatz, aber letztlich müsst ihr euren eigenen Weg finden."

"Ein weiterer wichtiger Punkt: Vermeidet Überinterpretation. Wir reden über eine Geschichte, die sich über viele Jahrtausende erstreckt, Wesen, die Milionen Jahre oder mehr alt sind, Ereignisse, die mehrere Welten umspannen. Was passiert, kann im Einzelfall mit für euch naheliegenden Dingen erklärt werden. Wahrscheinlicher aber ist in der Regel, dass es nicht so leicht ist. Arias Vorfahren hatten mit größter Wahrscheinlichkeit keinen Kontakt zu den N'kyuash. Und selbst wenn Lilith gegen den einen Gott rebellieren sollte, an den Henry glaubt, muss das noch lange nicht für die anderen Dämonen gelten. Hinterfragt also eure eigenen Schlüsse. Bleibt kritisch. Ihr könnt Recht haben, aber geht nicht einfach sofort davon aus."

Erneut blickte er auf seinen Computer, und räusperte sich dabei. Vom Reden in dieser Luft hatte er offenbar eine trockene Stimme bekommen. Tai'Lor trat einen Schritt nach vorne.

Im gleichen Moment spürten die Gefährten die... Rückkehr. Die dunklen Wolken waren wieder da, der Druck auf die Brust. Die Getriebenheit in Harrys Herz. Das Verstummen der Musik.

"Die N'kyuash", setzte der Mann von der Gerichtswache an, "müssen also schon vor äußerst langer Zeit nach Kurun gekommen sein. Spuren ihres damaligen Handelns zu finden, könnte der Schlüssel sein, sie zu bekämpfen - zugleich dürfte sich diese Suche als äußerst schwierig erweisen. Wir haben Hinweise auf einen bestimmten Ort gefunden, der für sie von großer Bedeutung war, eine Wüste, aber keiner der uns bekannten Orte auf Kurun entspricht dieser Beschreibung. Dennoch geben wir die Suche noch nicht auf."

 1. bitte bring die in deinem Post kurz ein, aber möglichst so, dass ich nicht nochmal drauf reagieren muss - sonst geraten die Zeitlinien durcheinander  :wink:
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

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