• Drucken

Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 115969 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Jurij Klee

  • Beiträge: 1305
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #645 am: 28.05.2015, 13:01:08 »
Oh je da kam wohl jemand aus einer Zeit, einer Welt, in der Frauen hinter den Ofen gehörten und die Männer hinter dem Schreibtisch. Wo die Grenzen so hart waren, dass nur Frauen Frauen und nur Männer Männer verstanden. Jedenfalls verdrehte Jurij seine Augen über diese altbackene Einstellung. Noch dazu war ja zumindest die Fee weder das eine noch das andere. Sie hatte nicht einmal ein Geschlecht, jedenfalls nichts was eine nicht Fee erkennen würde.
Wenigstens blieb er dieses Mal ruhig. Er verkniff sich sogar eine spitzfindige Bemerkung, dass er anzweifelte Harry sei ein erleuchtetes Wesen. Denn er zumindest hatte seine Freuden und Abgründe noch nicht gänzlich erforscht. Außerdem war einiges Situationsbedingt und konnte noch nicht gewusst werden, wenn die Situation nie eingetroffen ist.

So wartete er nun, immer noch zum Boden blickend, dass Harry seine Antworten bekam. Er selbst hatte schon geantwortet und wollte die Anderen nicht unterbrechen.
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Kara Kulenov

  • Beiträge: 187
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #646 am: 28.05.2015, 18:19:22 »
Kara wollte oft zu einem Wort ansetzen. Aber war wirklich der Grund warum sie schwieg, dass sie den Männern den Vortritt lassen wollte? Jedenfalls sorgte irgendetwas zu Zurückhaltung bei ihr. Nicht bei jedem Thema konnte sie auch so ohne weiteres mitreden, was folgte. Aber Harry sprach sie konkret an und sie reagierte darauf fast sogleich, aber erst wendete sie sich an Aria: "Entschuldigt, dass ich Euch erst ansprach Aria und dann wieder schwieg. Ihr müsst nun etwas verwirrt sein. Es ist kein leichtes Thema. Wenn wir mit Harrys Befragung zu den Ereignissen in der Bibliothek fertig sind, will ich aber all meinen Mut zusammennehmen und es ansprechen."

Dann drehte sich Karas Kopf zu Harry und sie würde ihn nun endlich ansprechen: "Wenn Ihr wollt Harry, dann könnt Ihr auch 'du' zu mir sagen. Ich bleibe da etwas förmlich, weil ich das von meiner Welt so gewohnt bin." Nach nur ein kleinen Sprechpause setzte Kara ihre Rede fort.

"Nun Harry, ich kann Euch sagen, was ich spürte als das Ereignis in der Bibliothek war. Die Quelle meiner Kraft, das Göttliche selbst in mir, zeigte sich klar vor meinem inneren Auge. Worte können einfach nicht so gut das Gefühl beschreiben, was mich da durchfuhr. Ich beschrieb es Euch zuvor als mystische Kraft und das war auch die Wahrheit. Ich dachte immer, ich brauchte meinen alten Glauben für meine Kräfte trotz dem Tod meines Gottes. Aber mir war instinktiv bewusst in der Bibliothek, dass ich einen ganz neuen Weg einschlagen kann, mich verändern kann und trotzdem meine Kräfte behalten kann. Ich behielt ja sowieso nur einen Bruchteil meiner Kräfte als mein Gott starb und jetzt weiß ich auch wieso. Es ist diese mystische Kraft tief in mir, die nur einen Funken zur Entzündung brauchte."

Karas Blick schien bei den folgenden Worten etwas trauriger zu werden: "Ich... ich... ach, es ist nicht leicht Harry darüber zu reden. Wir kennen uns ja nicht gar so lange. Keinen von Euch kenne ich irgendwie näher. Aber lasst es mich so sagen und mich teilweise die Karfen offen auf den Tisch legen: Zu Lebzeiten meines Gottes, als meine Macht am größten war, war ich selbstsüchtig und manipulativ. Ich konnte nicht genug Macht kriegen. Ich verkehrte in den höchsten Kreisen der Gesellschaft, die vom Schattenfürsten und Gott der Diebe geprägt war. Es gab Zeiten, da konnte ich wahre Wunder vollbringen nur durch die Kräfte, die mir mein Gott gewährte. Kryptische Träume hatte ich manchmal von denen ich überzeugt war, dass sie von meinem Gott höchstselbst kamen. Meine Jugend war auch nicht gerade besser als das Erwachsenenalter. Ich verdiente mir mein täglich Brot durch geschickten Taschendiebstahl bei verschiedenen Händlern, die nicht allzu viel Einfluss hatten. Ich war also die Zeit zuvor keinesfalls eine strahlende Heldin und Verfechterin des Guten. Es ist kein Wunder, dass trotz des massiven Machtverlustes durch den Tod meines Gottes, ein Dämon sich in mir offenbar eingenistet hat. Meine Zauberkräfte spiegeln Täschung und Dunkelheit wieder, aber für was ich sie einsetze, ist meine Entscheidung, wenn ich nicht gerade von einem Dämon kontrolliert werde. Reicht Euch das als Information über meine Person Harry? Ich rede nicht so gerne über das, was ich früher war, und musste mich schon dazu zwingen etwas darüber zu erzählen."

Dann urplötzlich ging Karas Blick zu Jurij, der neben Ihr saß und sie sagte: "Die Rumlügerei zuvor tut mir leid, Jurij. Aber ich fühlte mich in einer ungewissen Situation und dann kam es eben zu so etwas."
« Letzte Änderung: 28.05.2015, 18:28:39 von Kara Kulenov »

Henry

  • Beiträge: 139
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #647 am: 29.05.2015, 19:29:52 »
"Ich, also, ich...". murmelte Henry verwirrt, als ihn sein Freund auf jenes Erlebnis hin befragte, dass er in Gegenwart des Fremden gehabt hatte. "Die Strau0enhenne...", so kam es ihm in den Sinn. "Ich war wie die Straußenhenne..." Wie sollte er es seinen Freunden erklären. Aus einiger Distanz wirkte es selbst ziemlich lächerlich und er wusste nicht, wie er seine innersten, tiefsten Empfindungen ausdrücken wollten.

Aber: Wenn es so war, dass Gott in keinen Tempeln wohnte, sondern im Inneren jedes Menschen[1], dann war an diesem Tag der Vorhang seines Herzens gerissen.

Und wieder diese mystische Sprache und wieder große Ratlosigkeit, wie er es Harry erklären sollte.

Henry wurde sich gewahr, dass sein Freund ihn erwartungsvoll ansah: "Nun also, mich hat gar keine dunkle Kraft befallen. Im Gegensatz hatte ich das Gefühl, dass ich zum ersten Mal von jeglicher bösen Kraft gereinigt worden bin, wenn auch nur für ein paar Momente. Es war, als badete ich in göttlicher Erkenntnis. Es war, als hätte ich mich meiner Kleider und meines Körpers entledigt und meine Seele hätte zu schweben begonnen. Ich war frei und in einfachster Weise von einem Frohsinn erfüllt, den ich nicht beschreiben kann. Ich kann es nicht anders sagen, als dass ich mich Gott nahe gefühlt habe, wie der Adam und die Eva als sie noch nackt und unschuldig waren und sie mit ihrem Schöpfer im Paradies wandelten."

Henry schwieg und schlug die Augen nieder. Dann aber erhob er sie und sie hatten einen kraftvollen Glanz. "Der Fremde sprach in der Metapher von Ross und Reiter. In meinem entrückten Zustand habe ich eines begriffen, nämlich dass der menschliche Geist einen Zustand annehmen kann, in welchem er weder das eine noch das andere ist. Es ist, hm, wie soll ich es sagen? Wie in dem Bibelwort: 'Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen'. Es ist - ach da gab es eine Geschichte - es ist als ob man an die Pforte des Himmels klopfte und Gott das Tor einen Spalt breit öffnete und fragte, 'Wer ist es?' Und Du sagst, 'Ich bin es und es verlangt mich, eingelassen zu werden'. Und Gott sagt, 'Es tut mir leid, aber hier im Himmel ist nur Platz für mich. Ich muss Dich abweisen.' Und Du gehst in großer Traurigkeit. Nach einigen Jahren kehrst Du aber wieder und klopfst und es öffnet Gott wiederum einen Spalt breit und fragt, 'Wer ist es?' Und Du antwortest, 'Du bist es!' Und er öffnet voller Freude das Tor und sagt, 'So tritt ein, damit ich zu Hause sein kann'."

"Kannst Du mir überhaupt folgen, mein Freund?"
 1. 
Apg 17 (Anzeigen)
« Letzte Änderung: 29.05.2015, 19:34:31 von Henry »
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Rillfarsell

  • Beiträge: 208
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #648 am: 31.05.2015, 05:33:55 »
Rillfarsell wartete mit einer Antwort an Harry, bis sich auch die anderen zu Wort gemeldet hatten.
"Nun, permanenter Drogeneinfluß würde ich nicht sagen. Aber ja, es hat, wenn man nur diese tirsten Dimensionen kennt, schon ein wenig von einem psychedelischen Trip.
Jedenfalls, wenn man sich im Richtigen Teil der Ersten Welt aufhält.
Da sie ja die Blaupause für alle anderen Welten und Dimensionen ist, gibt es aber auch andere Bereiche, die weniger ..... berauschend sind. Oder eine andere Art von Rausch erzeugen, wenn man auf so was steht.
Wie ich schon sagte, man muß es gesehen haben."


Harry Webster

  • Beiträge: 822
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #649 am: 31.05.2015, 10:23:01 »
"Hm", machte Harry. "Die Menschen unter uns sind sich also einig, dass es ein Moment tiefster Erkenntnis war, fast schon eine Neugeburt, und die Fee hat einen Trip in die Heimat, die 'Erste Welt' getan, aus der, wie wir gerade gelernt haben, alle anderen Welten geboren wurden. Und wir alle haben es als eine gute, gar als eine reinigende Kraft empfunden. Das ist schon seltsam, wenn doch dieser Heilige Boden, wie wir vermuten, aus der Welt der Dämonen stammt. Vielleicht liefert uns das ja einen Hinweis darauf, wo sich dieser in den letzten Jahrtausenden befunden haben muss, beziehungsweise wo sich noch mehr davon befinden könnte. Irgendwas muss ihn ja umgepolt haben, sagen wir die Nähe zu einem hiesigen, mächtigen Heiligtum."

Sein fragender Blick, der bei den Erzählungen der Kameraden durch die Runde ging, ruhte nun auf Aria.[1]
 1. 
@ alle (Anzeigen)
« Letzte Änderung: 31.05.2015, 10:38:47 von Harry Webster »
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Sternenblut

  • Moderator
  • Beiträge: 7375
    • Profil anzeigen
    • Aradan - Stadt der Toten
Heiliger Boden
« Antwort #650 am: 31.05.2015, 14:16:22 »
Aria hielt sich sichtlich zurück, damit die anderen reden konnten. Gleichzeitig beobachtete sie Harry aufmerksam, der offenbar zum Gesprächsführer in der Runde aufgestiegen war. Schließlich wandte sie sich an Jurij. "Drachen sind Individuen... wie wir alle natürlich von seiner Art geprägt, aber dadurch noch lange nicht vorhersagbar. Sie sind eigenständige Persönlichkeiten, wie jeder von uns - nur eben Drachen." Sie zuckte mit den Schultern. "Ich weiß wenig über den Drachen von Asemna. Er lebt in einer großen Burg - nun ja, groß muss sie für ihn auch sein -, mitten in Asemna. Er hat keine politische Position inne, rechtlich gesehen ist er ein Bürger wie jeder andere. Er hält sich an Recht und Gesetz, und ganz sicher würde er niemanden fressen, nur weil ihm derjenige nicht passt - denn das wäre nach dem Gesetz Mord."

Sie überlegte einen Moment, und sprach dann weiter. "Mit dem Pferd wäre Asemna von hier vielleicht fünf Tagesreisen entfernt. Alternativ könnte man zunächst Botschaften mit ihm austauschen - magische Botschaften könnten ihn in einer halben oder einer Stunde erreichen, um überhaupt zu wissen, ob er euch empfängt. Und dann..." Sie zögerte, und sah dann nach oben - als würden ihre Augen die hölzerne Decke durchdringen. "Es zieht ein Krieg auf, oder zumindest könnte es sein. Asemna ist eine so wichtige Stadt, dass man sie schützen wird. Ich bin ziemlich sicher, dass ein oder zwei Flugschiffe dorthin geschickt werden. Vielleicht könnte ich arrangieren, dass man Passagiere an Bord lässt. Die Schiffe wären vermutlich in einem Tag dort."

An Harry gewandt, ging Aria auf seine letzte Theorie ein. "Das ist möglich", erklärte sie, "muss aber nicht sein. Wenn das, was ich vermute, stimmt... der Boden beeinflusst jene in seiner Umgebung so, wie sie ihn beeinflussen. Ein Volk, das auf dem... heiligen Boden lebt, und dabei ein ganz normales Leben führt, sich gegen den einstigen bösen Einfluss zur Wehr gesetzt hat, moralisch weder besonders gut noch besonders schlecht ist: Ein solches Volk könnte, über die Jahrtausende hinweg, die einst dämonische Natur des Bodens neutralisiert haben." Sie sah in die Runde, immer noch nachdenklich. "Ich würde vermuten, dass die Bevölkerung dort eine sehr wilde, vielleicht auch gewalttätige Vergangenheit hat, aber immer zivilisierter wurde. Und dass es über die Jahrtausende immer wieder Berichte von unerklärlichen Wundergeschehnissen gab - mehr als anderswo. Es wird immer wieder Situationen gegeben haben, in denen der heilige Boden... unabsichtlich, unbewusst aktiviert wurde."
« Letzte Änderung: 31.05.2015, 14:17:02 von Sternenblut »
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Jurij Klee

  • Beiträge: 1305
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #651 am: 31.05.2015, 15:25:07 »
Jurij lehnte sich zurück in die Lehne des Sofas. Seinen Blick unbestimmt gegen die Decke gerichtet. Die Nachricht von dem wirklichen Drachen und die Verwerfung von der Befürchtungen des Drachenbluts scheinen eine gute Nachricht zu sein. „Also reden wir mit dem Weisen vom Berg.“ er atmete leicht aus und lächelte leicht. „Warum nicht? Ich denke wir sollten mit dem Drachen reden. Zumindest erst einmal auf die Distanz mit der Bitte um ein Treffen. Dann können wir noch immer weiter sehen.“ Nach diesen Worten beleckte er sich die Lippen. Es erinnerte ihn gerade an Märchen und alte Legenden. Die Suchenden besuchen ein mystisches Wesen um Erleuchtung zu erlangen.

Als es dann wieder um den heiligen Boden ging, hob Jurij die rechte Hand um zu zeigen, dass er etwas sagen wollte. „Eine interessante Theorie Aria und durchaus möglich. Möglicher als Boden aus einer anderen Welt.“ Mit Zeigefinger und Mittelfinger zeigte er auf einen Punkt unterhalb seines Brustbeines. „Wusstet ihr, dass es im Körper Bahnen geben soll, in denen Energie fließt? Hier, etwas unter dem Brustbein ist einer der Knotenpunkte. Drückt man etwas stärker auf diesen Punkt, erleidet der Gegner einen extremen Schmerz. Für einen Moment muss sich sein Körper neu sortieren und dann ist es oft schon zu spät. Es gibt aber auch nicht nur Schmerzpunkte sondern auch welche um Schmerzen zu lösen, dass Jemand seine Müdigkeit verliert oder ähnliches. Aber ohne den passenden Druck, das Wissen um diese Punkte oder auch den Willen des Anwenders passiert nichts. Die Energie, Ki bei uns genannt,  fließt einfach weiter durch den Körper. Neutral sozusagen, nicht angeregt. Was wenn dieser Heilige Boden älter ist als die Dämonen, ein Teil dieser Welt ist. So wie es heilige Orte gibt, an denen die Kraft der Welt stark ist. Dann kommt es doch tatsächlich darauf an, wer dort lebt, wie er die Kraft nutzt. Das würde auch dazu passen, dass der Boden uns aber auch den Dämonen nutzen kann. Der Boden ist neutral, wie die Energie in unseren Körpern, erst durch unser Handeln wird sie hell oder dunkel. Wenn wir also deine Idee weiter verfolgen Aria, suchen wir einen Ort an dem nicht nur gehäuft seltsame Dinge, Wunder passieren, nein er muss auch schon immer besiedelt worden sein. Heilig für die Bewohner dieser Welt. So sehr, dass sie selbst dann zurückkehren wollen, wenn der Ort nur noch eine Wüste ist.“
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Henry

  • Beiträge: 139
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #652 am: 01.06.2015, 18:34:08 »
Henry hob fragend die Augenbrauen. Die ganze Diskussion drehte sich schon wieder um magische und überweltliche Dinge. Wurde hier den nichts mit hartem, ehrlichen Stahl entschieden? Nunja, vielleicht war letzteres auch kein Fehler. Du sollst nicht töten. "Auch wenn es eine wahnwitzige Idee ist, ich denke, wir sollten zu diesem 'Drachen' reisen - und zwar lieber heute als morgen. Zumindestens gibt es in der Wildnis weniger Möglichkeiten für die Teufel, unsere Körper auszunutzen. So denke ich jedenfalls."

Und zu Jurij gewandt fragte er: "Ich glaube, ich bin da nicht ganz mitgekommen. Du meinst also, dass der Heilige Boden wie einer der Druckpunkte funktioniert? Und es käme darauf an, wer in welcher Weise da dran rumdrückt, ja? Was spräche dagegen, das Wort 'heilig' einfach schlichtweg wörtlich zu verstehen? Als heiligen Ort, der Teufel bindet oder löst. Ein Bannsigel sozusagen?"
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Harry Webster

  • Beiträge: 822
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #653 am: 01.06.2015, 19:19:57 »
Harry lauschte Aria mit großem Interesse, besonders ihren Vermutungen bezüglich der Umpolung des heiligen Bodens. Die Sache davor, mit den Drachen, schien ihn eher zu langweilen, besonders als auch Jurij sich weiterhin darauf stürzte.

"Ja, wie stellt ihr euch das eigentlich vor? Wir gehen da hin und was dann? Sagen wir ihm, was mit uns los ist? Dann wird er uns ja wohl kaum Rede und Antwort stehen, wohlwissend, dass unsere Gäste alles erfahren, was wir erfahren. Oder täuschen wir ihn? Wärt ihr dazu wirklich bereit? Ich stell das nur einmal so als Frage in den Raum. Das sollte man sich überlegen, bevor man sich auf eine so weite Reise macht."

Harry runzelte die Stirn. "Was ich übrigens an Deiner Bibelgeschichte vorhin nicht verstanden habe, Henry: wieso sagt Gott denn beim ersten Mal, im Himmel sei nur Platz für ihn selbst, wenn er es sich bis zum nächsten Mal doch längst wieder anders überlegt? Sollte Gott nicht allwissend sein? Dann müsste er doch vorhersehen, dass er demnächst seine Meinung ändert und freundlicherweise einen Tip geben: schau nächstes Jahr noch einmal vorbei. Oder gilt das mit der Allwissenheit nur in Bezug auf uns niedere Geschöpfe, aber nicht, wenn es um ihn selbst geht? Andererseits, wenn man seine erste Aussage 'ist nur Platz für mich' wörtlich nimmt, dann sieht das für mich danach aus, als hätte er beim ersten Mal einfach gelogen. Wie anders willst du erklären, dass plötzlich doch Platz für andere ist? Hat sich der Himmel inzwischen vergrößert? Also, ich weiß, wie ich mich da fühlen würde, wenn mir jemand auf die Art käme, nämlich verschaukelt. Ich glaube fast, ich habe deine Geschichte nicht verstanden", endete er reumütig.
« Letzte Änderung: 05.06.2015, 08:12:09 von Harry Webster »
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Jurij Klee

  • Beiträge: 1305
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #654 am: 02.06.2015, 06:53:06 »
Kopfschüttelnd setzte sich Jurij wieder aufrecht hin. Er fragte sich, warum Harry gerade jetzt eine Glaubensdiskussion anschob. Waren ihn die Optionen ausgegangen oder wollte er Henry wirklich verstehen? Sein Blick wanderte zu Kara, der er noch eine Reaktion schuldig geblieben war. Während sich also Henry und Harry über die Wahrheit, Lüge und das nicht Verstehen der Menschen unterhalten würden, sagte er zu Kara „Jeder hat Masken und Rollen, doch ihr habt es schon gesagt. Am Ende kommt es nur darauf an, was ihr mit euren Fähigkeiten macht. Da wir uns doch eh abgetastet haben, sehe ich keinen Anstoß an der Sache.“

Nach diesen Worten, versank er kurz in sich. Harry hatte war gesprochen. Für den Drachen wäre das der einfachste Weg sie los zu werden, so sie ihm sagten, wer in ihnen hauste. Doch auch sie hatten diesen einfachen Weg vor Augen. Jeder könnte an den nächtlichen Taten verzweifeln, und am Tag versuchen sich selbst um zu bringen. Vielleicht mit genug Fanatismus auch zum Wohle aller, doch vielleicht hatten die Dämonen hier lieber Wirte ausgesucht, welche sich lieber vor ihren Taten versteckten, dagegen agierten oder gar irgendwann sich ergaben. Um die beiden bei ihrem religiösen Gespräch nicht zu stören, blickte Jurij wieder zu Kara. „Ich zweifle daran, dass der Drache so dumm sein wird einfach das Gefäß zu zerschlagen ohne zu wissen wohin die Dämonen das nächste Mal gehen. Aber generell bleibt die Frage was wir ihn sagen. Ein altes Wesen, ob Mensch oder Drache, kann man nur schwer anlügen. Daher sollten wir ihm offen begegnen aber nicht gleich mit der Ganzen erdrückenden Wahrheit ins Haus fallen. Ansonsten haben wir kaum andere Optionen. Außer nun im Dunkeln rum zu stochern, gegen einige der nächtlichen Taten agieren oder uns anderen Dingen wie dem Tempelmörder widmen. Was meint ihr Kara? Was wäre der Weg den ihr gehen wollt.“
« Letzte Änderung: 02.06.2015, 07:36:22 von Jurij Klee »
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Kara Kulenov

  • Beiträge: 187
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #655 am: 03.06.2015, 21:59:00 »
Kara sah Jurij sichtlich an, dass sie grübelte. Sich jedes Wort gut überlegte. Mit einer Stimme, die etwas leiser war, um Harry und Henry bei ihrer Glaubensdiskussion nicht zu stören sagte sie letztlich zu Jurij: "Das Wissen dieses alten Drachen könnte für uns nützlich sein. Wenn wir uns dumm anstellen allerdings auch für die Dämonen. Deswegen müssen wir sehr geschickt mit Worten umgehen. Ich kann die Verhandlungen übernehmen. Es ist wichtig zu täuschen ohne sich wirklich plumper Lügen zu bedienen. Ihr müsst wissen Jurij, dass man nicht unbedingt lügen muss, um jemand anderen auf eine falsche Fährte zu führen. Manchmal kann eine Wahrheit zu einem gewissen Zeitpunkt dazu führen, dass man es in einen falschen Kontext setzt. Der andere Gesprächspartner wollte auch genau dieses Missverständnis bei seinem gegenüber erzeugen. Dann gibt es noch Halbwahrheiten oder allgemeine Aussagen, die an und für sich auch nicht gelogen sind bzw. eine Halbwahrheit trifft ja teilweise eben genauso zu, wie man es sagte. In diesen heiklen Verhandlungen wären meine Angewohnheiten aus der Vergangenheit sicherlich nicht schlecht. Eigentlich wollte ich mich komplett ändern, aber vielleicht wird die alte Kara in einem gewissen Maße doch noch gebraucht, auch ferner Zukunft noch. Und eine Sache ist vielleicht noch wichtig: Ich habe einen großen Nachteil, wenn ich mit dem Drachen rede; ich weiß einfach zu wenig über diese Welt. Egal wie geschickt ich mich anstelle, es könnte trotzdem auffallen und uns das Genick brechen. Würdet Ihr mir Fremden denn überhaupt vertrauen, was die Verhandlungen mit dem Drachen eben betrifft, Jurij?" 
« Letzte Änderung: 03.06.2015, 22:02:21 von Kara Kulenov »

Jurij Klee

  • Beiträge: 1305
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #656 am: 04.06.2015, 21:17:58 »
Mit ausgebreiteten Fingern strich sich Jurij durch die Haare hin und her. „Ein Stein bleibt ein Stein, auch wenn er nicht mehr im Fluss liegt.“ erwiderte Jurij lächelnd. „Jedenfalls sagte dies mein Zenlehrmeister immer. So langsam glaube ich zu erahnen was er damit meinte. Wir können versuchen etwas anders zu sein, aber niemals etwas was nicht unserer Natur entspricht. Ich möchte euren Versuch euch zu Ändern nicht werten, denn das könnt nur ihr. Aber Fähigkeiten die“ er legte seine Hand über sein Herz „tief in uns sind, können wir nicht verleugnen.“ Sein Blick ging zu den anderen drei. Kurz überlegte er bevor er weiter sprach. Laut genug aber nicht so laut als dass die beiden Männer gestört wurden. „Harry und Henry habe ich in meiner Welt kurz getroffen. Sie kenne ich seit jetzt wohl gut zwei Tagen. Die Fee kommt da erst auf ein einhalb Tage und ihr auf vielleicht eine Stunde. Vielleicht außer den beiden Männer zueinander, sind wir uns alle noch fremd. Darum schweifen wir wohl auch noch ab, reiben uns aneinander und testen die Grenzen aus. Ihr seit also nicht weniger Fremd als wir alle unter uns.“ Wieder lächelte Jurij und strach dann weiter. „Ihr spracht davon einem Gott, der nun tot sei, gedient zu haben. Dann seit ihr eine Priesterin, richtig? Schattenfürst, Gott der Diebe mh. Natürlich sagen mir diese Bezeichnungen nichts. Ich denke auch, so wie es sich anhört, waren eure Götter sehr aktiv. So ähnlich wie hier wohl auch. Die Götter auf meiner Welt waren nicht so. Kein Priester, oder gläubige konnte irgendwelche Wunder wirken.“ Er lächelte und kratzte sich an der Wange. „Wobei, das was ich bis jetzt in dieser Welt gesehen habe, da könnte man einen anderen Blick auf die alten Geschichten und Legenden bekommen. Es soll beispielsweise eine Jungfrau gegeben haben, welche von einem Gott den Auftrag bekommen hatte, ihr Volk zu befreien. Sie soll, unter seiner Führung, eine begnadete Kriegerin gewesen sein und sehr Charismatisch. Aber am Ende wurde sie von der verfeindeten Partei gefangen genommen, vor eine kirchliches Tribunal des selben Gottes gestellt und als Hexe verbrannt.“ Sein Blick wanderte zu Henry und dann wieder zurück zu Kara. „Unser Freund Henry kommt nach der Aussprache seiner Muttersprache etwa aus dieser Zeit. Natürlich weiß ich nicht, ob geschichtliche Ereignisse bei ihm und bei mir gleich sind, aber er glaubt eindeutig an den namenlosen Gott, den einzig wahren Gott, mit dessen Sohn Christus, der von den Toten wieder auferstanden und in den Himmel gefahren ist.“ Er atmet tiefer ein, denn der Dämon von Henry hatte ihm ja offenbart, einst ein fanatischer Anhänger dieser Religion gewesen zu sein. Einer der Frauen und Männer der alten europäischen Religionen gejagt hatte oder auch Widersacher der Kirche. „In meiner Welt immer noch eine der fünf Hauptreligionen und bei weiten nicht mehr so radikal wie zu vergangenen Jahrhunderten. Falls ihr aber mehr über Gott, wissen mögt, fragt am besten Henry. Denn auch wenn wir wohl aus der Selben ethnischen Gruppe stammen, bin ich kein Anhänger dieses Gottes.“ jetzt lächelte er wieder „Im Grunde gibt es bei meiner Philosophie keine Götter. Nur Menschen die voran geschritten sind und auf ihrem Weg Erleuchtung erlangten. Die Gläubigen versuchen in ihrem Leben, sich an den Personen ein Beispiel zu nehmen und ebenfalls das Stadium der Erleuchtung zu erlangen.“ Mit diesem Gespräch versuchte Jurij sich die Zeit zu vertreiben, bis Harry und Henry wieder bereit waren über das eigentliche Thema zu sprechen.
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Rillfarsell

  • Beiträge: 208
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #657 am: 05.06.2015, 06:12:35 »
Wieder einmal hielt sich Rillfarsell zurück und lauschte den Gesprächen der anderen.
Es war einfach zu interessant, zuzuhören und so sehr viel über seine Begleiter zu erfahren. Es selbst gab zwar euch ein wenig von sich preis, aber so mitteilungsbedürftig wie zum Beispiel Harry oder jetzt auch Jurij war es dann doch nicht. Dies mochte auf den ersten Blick für einen Barden, der die Aufmerksamkeit genoß, ungewöhnlich sein, aber das Feenwesen befand sich im Moment nicht auf einer Bühne.
Also setzte es sich noch ein wenig bequemer hin, und wartete, wie es weiterging.

Henry

  • Beiträge: 139
    • Profil anzeigen
Heiliger Boden
« Antwort #658 am: 06.06.2015, 14:38:31 »
Henry schüttelte leicht den Kopf. Er hatte das Gefühl, zugleich totmüde und hellwach zu sein. Dies war ein Zustand, wie er ihn nur von früher her kannte, als er nach langen aufwühlenden Stunden der Dämonenjagd nach Hause kam und in jedem Schatten eine dieser gehörnten Bestien vermutete. Aber diesmal war es anders, denn was ihm die Kraft abverlangte, war nicht Angst sondern Ekstase. Sein Körper fühlte sich schwer an und sein Geist kribbelte vor Erregung.

"Harry und ich kennen uns schon länger als zwei Tage.", antwortete Henry. "Wir kennen uns wenige Wochen, die Jahrhunderte andauerten. Wie Aria so schön sagte, man erlebt mit einander an einem Tag mehr als in einem Monat. Man sagte mir, die Zeit sei relativ, würde mal schnell und mal langsam laufen, so wie ein Flusslauf mal schnell und mal langsam läuft. Seit uns die Dämonen befielen, erscheint mir alles tausendmal intensiver als früher. Jede Regung, jedes Ereignis explodiert in Funken von Erfahrungen und Emotionen. Ich bin kaum ein paar Stunden wach und bin schon zum Zusammenbrechen erschöpft. Und gleichzeitig so wach nie noch nie. Ich beginne zu verstehen, dass ich einen Weg eingeschlagen habe, der noch nie betreten worden ist."

"Und noch etwas anderes beginne ich zu verstehen. Nämlich dass ich einen Gott begegnet bin, den ich früher nie gekannt habe. Ich hatte allenfalls einen Schatten gesehen und hielt ihn für meinen Herrn. Mir ist nun dieses Licht erschienen, dass den Schatten erzeugte - und ich bin gleichsam geblendet wie auch erwärmt. Ich beginne zu verstehen, warum Israel seinem Gott keinen Namen gegeben hat. Und selbst das Wort Gott ist nur eine leere und nichtsagende Form, die nur den Blick verstellt. Eben jenes Passpartout, das den Schatten erzeugte, wo ich doch das Licht sehen wollte."

Henry wurde sich gewahr, dass er ins Reden gekommen war. Er fragte sich, wie wirr und unverständlich er klang. Doch er fühlte sich hellwach und von einer Klarheit erfüllt, wie er sie vorher nie gehabt hatte.

"Meine Geschichte entstammt nicht der Bibel, lieber Harry. Es war ein Bild, wie es vor meinem inneren Auge entstanden ist. Und es drückt die größte und heftigste Liebe aus, die ein Mensch empfinden kann. Nämlich die Liebe zu seinem Gott, die so intensiv so stürmerisch und drängend, so trunken vor Sehnsucht und Erfüllung ist, dass es schon fast schmerzt. Es ist eine Liebe, die keinen Unterschied mehr machen will zwischen dem eigenen Ich und dem Gott. Der heilige Evangelist Johannes berichtet uns das Jesus-Wort: 'Ich und mein Vater sind eins'. Ich beginne zu verstehen. Ich beginne zu verstehen..."
« Letzte Änderung: 06.06.2015, 14:53:54 von Henry »
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Sternenblut

  • Moderator
  • Beiträge: 7375
    • Profil anzeigen
    • Aradan - Stadt der Toten
Heiliger Boden
« Antwort #659 am: 06.06.2015, 15:36:28 »
Aria sah mit einer hochgezogenen Augenbraue zu Jurij. "Oh, ich vermute immer noch, dass der Boden aus der Welt der Dämonen stammt, dem Abgrund. Dieser Ursprung würde, nach meinem Verständnis, das, was ich zuletzt gesagt habe, überhaupt möglich machen." Sie zuckte mit den Achseln. "Trotzdem ist es natürlich nur eine Theorie, und es mag auch eine andere Erklärung geben." Sie sah zu Henry. "Auch Henrys Idee ist möglich, und ich bin vielleicht auf der ganz falschen Spur. Nur frage ich mich, ob ein Dämon etwas, das aus unserer Sicht heilig ist, ebenfalls als heilig benennen würde." Sie verzog ihren Mund zu einem schiefen Grinsen. "Meine Erfahrungen mit dämonischer Sprache sind doch eher... begrenzt."

Als Henry dann von seinen Erfahrungen sprach, lächelte Aria sanft. "Für mich klingt das, was du erzählst, sehr vertraut, Henry." Weiter erklärte sie sich nicht, behielt aber ihr Lächeln bei.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

  • Drucken