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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 116472 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #705 am: 23.06.2015, 19:42:16 »
"Wie meinst du das, du hättest es erst sehr spät gemerkt?" fragte Harry. "Euch allen muss es doch genauso ergangen sein, wir waren doch beisammen! Warum sollte mir als einzigem vor lauter Rauch die Luft wegbleiben? Und was redest du da: ich müsse bloß dagegen ankämpfen. Entweder man bekommt Luft oder man bekommt keine."

Er tat ein paar verwirrte Schritte zur Tür hin, als wolle er Jurij folgen, dann hielt er noch einmal inne.

"Überhaupt, was willst du damit sagen: verwirrt und überfordert wie so oft? Wechseln wir uns darin nicht wunderbar ab: mal läufst du gackernd und flügelschlagend im Kreis herum wie ein Huhn, das vom Hahn verfolgt wird, mal ich?"
« Letzte Änderung: 23.06.2015, 21:25:38 von Harry Webster »
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #706 am: 24.06.2015, 06:04:54 »
Die Wachen nahmen Harrys Entschuldigung - wenig glücklich - an, und ließen die Gefährten auf Henrys Bitte hin schließlich allein. So konnten sie noch ein wenig in Ruhe reden, bevor sie sich schließlich auf den Weg nach draußen zu Jurij machten.

Die Straßen waren zwar nicht gerade leer, aber auch nicht so überfüllt, dass sie mit ein wenig Aufmerksamkeit nicht reden konnten, ohne belauscht zu werden.[1]
 1. Heißt konkret, ihr könnt euch auf den Weg machen, dabei aber gern weiter reden, ohne von Passanten belauscht zu werden. Das hilft euch allerdings nicht, sollte die Tenderol-NSA euch abhören  :P
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #707 am: 24.06.2015, 13:46:27 »
Henry schlenderte mit Harry die Straße entlang, ohne eine bestimmte Richtung vorzugeben. Er überließ es Jurij, de"Nein, uns war es nicht so ergangen. Wir sind aus der Bibliothek gerannt und merkten dann, dass Du fehltest. Als ich zurück wollte, um Dich zu suchen, haben mich die Wachen abgehalten. Im nächsten Moment sprangst Du aus dem Fenster, so wie dieser Spinnenmann im Fernsehen."

"Und ja, es ist richtig, dass ich in letzter Zeit auch des öfteren verwirrt und überfordert war. Aber ich habe niemals gegackert und mit den Flügeln geschlagen. Ich werde dann eigentlich sehr still und will es mit mir allein ausmachen."
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #708 am: 24.06.2015, 14:34:17 »
"Ja wie," sagte Harry. "Ihr habt mich in der brennenden Bibliothek zurückgelassen? Kein Wunder musste meine Dame die Sache in die Hand nehmen! Ja, und was dann? Dann seid ihr die ganze Zeit—wie lang ist's überhaupt her?—mit ihr durch die Gegend geschlendert in schönster Eintracht? Das kann ja wohl nicht sein. Also ist sie allein losgezogen und ihr seid hinterher? Oder wie habt ihr mich sonst gefunden? Kommt, jetzt lasst euch nicht alles aus der Nase ziehen! Was hab ich verpasst? Sie ist jetzt unsere Freundin?" Er nickte Richtung Kara. "Und wo müssen wir so eilig hin?"[1]

Verwirrt sah Harry von Henry zu Rillfarsell zu Kara und auch zu Jurij, der sie so eilig irgendwohin zu führen schien, dass sie kaum hinterher kamen, und der Harrys fragenden Blick denn wohl auch nicht sah, außer, er hätte Augen am Hinterkopf.

"Aber es stimmt, Henry, bei dir mache ich mir immer Sorgen, wenn du ganz still wirst. Dagegen hast du mich in einer richtigen Panik noch gar nicht erlebt, dann schrei ich nämlich nur noch: 'Beam me up, Scotty! Now!'"
 1. @ Meister: eine Frage, s. hier
« Letzte Änderung: 24.06.2015, 14:35:22 von Harry Webster »
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #709 am: 24.06.2015, 15:01:07 »
"Was heißt hier zurückgelassen? Du warst plötzlich verschwunden und wir dachten, dass Du einfach schneller warst als wir. Und als Du draußen nicht aufzufinden warst, wollte ich zurück und Dich suchen, wie schon gesagt. In der Bibliothek scheint dann der Teufel von Dir Besitz ergriffen zu haben. Unglücklicherweise heißt das dann auch, dass er über unsere Pläne Bescheid weiß. Und Du weißt davon nichts. Jurij oder Kara sollen es Dir erklären, denn mir selbst klingt das auch noch ziemlich seltsam. Es hat etwas mit uralten Drachen zu tun und so."
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #710 am: 24.06.2015, 15:11:44 »
"Nun ja, ich muss ja wohl das Bewusstsein verloren haben, sonst hätte die... Verwechslung ja schließlich nicht passieren können."

Dennoch wandte er sich jetzt auch explizit an die anderen drei. "Jurij? Kara? Rillfarsell? Irgendwer?
« Letzte Änderung: 24.06.2015, 15:51:39 von Harry Webster »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #711 am: 25.06.2015, 14:34:19 »
Rillfarsell wirkt nachdenklich, als Harry sich jetzt anscheinend wieder unter Kontrolle hat. Oder ist es ein weiterer Versuch seines Dämons, sie in die Irre zu führen? Das Feenwesen kennt diesen Menschen einfach zu kurz, um ihn oder sein Verhalten einschätzen zu können.
Aber wie es selbst gerade gesagt hat, solche Gedanken sind kontraproduktiv.
Stattdessen macht es sich daran, die Moral hoffentlich wieder ein wenig zu stärken.
"Ich bin nicht sehr groß, deshalb habe ich kaum etwas von dem Rauch eingeatmet. Und unter Henrys Umhang hab ich fast gar nicht atmen können.", piepst es dann fröhlich eine kleine Neckerei.
"Aber ich sehe auch wenig Schlimmes daran, daß dein Gast für einige Zeit unter uns war. Unsere Gedanken können sie sowieso lesen, also wird keine Besprechung, die wir führen, ihnen verborgen bleiben. Und das sollten wir als Vorteil sehen. Denn je mehr sie unsere Vorhaben fürchten, desto mehr werden sie dagegen vorgehen. Wenn wir also merken, daß sie nichts gegen uns tun, dann sind wir auf der falschen Spur."
Rillfarsell konnte nur hoffen, daß den anderen nicht der kleine Logikfehler in seiner Ausführung auffiel.

Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #712 am: 25.06.2015, 18:34:55 »
Für Jurij, der missmutig und mit zügigen Schritten voran ging, vertiefte nur kurz seine Gedanken über Harrys Dämon und das Auftreten, was nun offensichtlich länger angehalten hatte als der Dämon aussehen lassen wollte. Nun, das kam halt raus, wenn zwei sich den Körper teilten und weder der eine noch der Andere zur gleichen Zeit den Körper steuern konnte. Aber Rillfarsell hatte auf jeden Fall wahre Worte gesprochen. Es machte nichts aus, wenn der Dämon offen agierte, denn die Dämonen wussten ja was sie machten und dachten.

Tief holte er Luft und ließ die Gruppe um Harry näher kommen, um auf Harrys Aufforderung zu reagieren. „In der Bibliothek habe ich dich geweckt. Dass du da nicht ganz bei dir wahrst, ist nicht aufgefallen, denn heldenmütig hast du dich aufgemacht nach weiteren Opfern des Feuers zu suchen. Hast auch welche gefunden. Dann haben wir unser weiteres Vorgehen in einem Haus besprochen. Momentan sieht es so aus, dass wir einen dreitausend Jahre alten Drachen aufsuchen, ihn natürlich vorher fragen ob wir kommen dürfen und dann wohl heute Abend oder so mit einem Luftschiff zu ihm fliegen.“ recht nüchtern zählte Jurij dies auf. Schließlich waren es vollendete Tatsachen. „Ach und wir sind für den Drachen Wissenssucher, Geschichtsinteressierte. Bis wir eine Antwort haben und los können, kümmern wir uns um meine Probleme.“ Es war offensichtlich, dass Jurij weder das Wort besessen noch Dämon in den Mund nehmen wollte.
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #713 am: 25.06.2015, 22:18:09 »
Nach Jurijs Zusammenfassung, die ebenso knapp wie kryptisch war, schritt Harry eine ganze Weile lang schweigend hinterdrein. Er hatte nichts davon verstanden außer dem einen: Jurij war mächtig stinkig auf ihn. Fast so stinkig wie gestern bei ihrem Zusammentreffen, als er noch dachte, Harry sei an allem schuld.

Aus Henrys Verhalten dagegen wurde Harry gar nicht schlau. Zwar klang der Freund nicht ganz so gereizt wie Jurij, aber ein wenig verschnupft schien er schon zu sein.

Wie distanziert er klingt! Ist er böse mit mir? 'Du musst dagegen ankämpfen... ihnen etwas entgegensetzen... das Böse darf nicht siegen...' Ja, glaubt der gute Henry etwa, ich hätte nicht gekämpft? Hätte das Böse einfach so siegen lassen, hätte ihm nicht alles entgegengestellt, was ich habe? Oder ist er enttäuscht, weil ich offenbar als einziger bei diesem Kampf versagt habe? Mich als derjenige erwiesen habe, der sich am leichtesten von "dem Bösen" beeinflussen lässt, am schnellsten unter dessen Ansturm wegknickt?

"Sie war also die ganze Zeit mit euch zusammen unterwegs, sagt ihr, aber keiner hat gemerkt, dass etwas nicht stimmte?" fragte er kleinlaut. Er sah Rillfarsell dabei an, der von allen die Sache am gelassensten zu nehmen schien. "Sie hat nichts gesagt oder getan, über das ihr euch wundern musstet?"
« Letzte Änderung: 25.06.2015, 22:23:54 von Harry Webster »
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #714 am: 27.06.2015, 11:03:38 »
Das Schweigen, das Harrys Frage folgte, war genauso verlegen wie der Ton, in dem er sie gestellt hatte, oder vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Vielleicht hatte niemand sie gehört. Das war gut möglich, denn er hatte nicht sonderlich laut gesprochen und man überquerte gerade einen lauten kleinen Platz, auf dem sich eine Vielzahl an Volk drängte. Marktweiber priesen die Waren in ihren Handkarren oder Bauchläden an, Kunden feilschten mit ihnen, die Händler der anliegenden Geschäfte hatten ebenfalls Auslagen auf Tischen vor ihren Läden aufgestellt und krakeelten mit den Weibern um die Wette, während Zeitungsjungen, in der Hoffnung ihre Blätter loszuwerden, sich die Kehlen heiser schrieen mit der nicht mehr ganz so frischen Neuigkeit: Kommt jetzt der Krieg? Beim Brunnen aber, den Harry gerade passierte, hatte sich ein Mann aufgebaut und berichtete seiner Zuschauerschar von dem schrecklichen Brand in der Bibliothek.

Harry hielt kurz an, um zu lauschen, dann musste er sich aber schon sputen, um den anderen hinterherzukommen. Wenn Rillfarsell nicht immer mal wieder aufgeflattert wäre, um sich vor dem Gedränge in Sicherheit zu bringen, hätte Harry sie wahrscheinlich schon verloren.

Als Schlusslicht folgte er ihnen also still und ging dabei in Gedanken die Ereignisse in der Bibliothek noch einmal durch. Was der Marktschreier da gerade als "neueste Nachricht des Tages" verkauft hatte, stimmte nur in wenigen Bruchstücken mit Harrys Erinnerungen überein, welche, zugegeben, recht verschwommen waren. Das einzige, an das er sich in aller Deutlichkeit erinnerte, war seine Wut. Was hatte er sich über den Auftritt dieses frechen Andhaka geärgert! Und nicht nur er: Lasciel hatte sich ebenso sehr geärgert, wenn nicht noch mehr. Gemeinsam waren sie explodiert.

Dabei, erkannte Harry plötzlich, dabei sind wir "durcheinander" geraten, im wahrsten Wortsinn! Das folgende hat gar nichts mehr dazugetan. Ich habe das Bewusstsein gar nicht verloren! Ich habe mich gehen lassen, habe mich ganz von meiner Wut—und ihrer!—packen lassen, und schon hat sie mich vom Fahrersitz geschubst!

Und bei all dem hatte Harry tatsächlich noch geglaubt, er habe sich unter Kontrolle. Regelrecht stolz war er auf sich gewesen, wie ruhig seine Worte klangen, wie ruhig er zuvor Aria gebeten hatte, sich in Sicherheit zu bringen, damit der Kerl—falls er sich provozieren ließe—seinen Zorn darüber nicht an ihr austoben könne.

Oh Mann, Harry! Du müsstest von Berufs wegen doch eigentlich wissen—wie viele Fallgeschichten hast du zu dem Thema gelesen: hundert?—dass jeder Dämonenbeschwörer glaubt, die Kontrolle zu besitzen, wenn er dem Dämon Befehle erteilt und dieser sie ausführt—dabei täuscht der Dämon ihn von Anfang an! Und Lasciel, Jesus f---ing Christ, Lasciel hat die anderen alle getäuscht. Wie kann ich da hoffen, sie je zu durchschauen? Wie soll ich die Kontrolle erlangen oder behalten, wenn ich mir niemals sicher sein kann, ob sie mir nicht bloß vorgaukelt, ich säße am Steuer?

Unglücklich stolperte Harry den Kameraden hinterher.
« Letzte Änderung: 27.06.2015, 17:40:26 von Harry Webster »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #715 am: 27.06.2015, 14:20:01 »
Rillfarsell hatte Harrys Frage zwar gehört, aber bisher nicht geantwortet. Es mußte erst einmal die Dinge im Kopf durchgehen, die seit dem Brand passiert waren und selbst überprüfen, ob ihm nicht etwas aufgefallen war. Zumindest jetzt im Nachhinein.
Schließlich kam es zu einer Antwort und schaute sich suchend nach Harry um. Diesen schien das Ganze mehr mitgenommen zu haben, als das Feenwesen erwartet hätte.
Es flog auf Kopfhöhe an Harry heran.
"Höre, Drachling. Ich möchte nicht, daß du dich grämst. Es ist nichts passiert, dessen du dich schämen müßtest.
Ich möchte auf deine Frage antworten und würde dir gerne sagen, daß mir natürlich eine Veränderung aufgefallen ist.
Aber dem ist leider nicht so. Und das aus einem einfachen Grund.
Wir kennen uns kaum. Ich weiß nicht, wie du sonst über gewisse Sachen wie zum Beispiel Magie denkst. Ich weiß nicht, wie du handelst, wenn du dich in einem brennenden Gebäude befindest.
Ich versuche mehr über euch zu erfahren, indem ich euch beobachte. Aber ich bin erst ganz am Anfang. Und gerade Menschen sind mir mit ihrer Vielfälltigkeit bisher schon immer ein Rätsel gewesen.
Den anderen mag es genauso gehen wie mir. Aber auch sie kenne ich bisher kaum."

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #716 am: 27.06.2015, 15:03:51 »
"Wie ich in der Situation handeln würde? Wahrscheinlich genau wie sie!" sagte Harry. "Verflucht, sie ist echt gut."

Er sah noch unglücklicher aus als vorher. Ein Detail aus Rillfarsells Rede hatte allerdings sein Interesse geweckt.

"Wieso, welche Meinungen über Magie hat sie denn geäußert?" Dann stutzte er. "Und seit wann nennt's du mich 'Drachling'?"
« Letzte Änderung: 27.06.2015, 16:12:13 von Harry Webster »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #717 am: 27.06.2015, 16:12:55 »
"Sie sagte, das Magie einen dazu bringt, immer mehr Macht ansammeln zu wollen. Das Magie etwas ...hm..eher Schlechtes ist."
Rillfarsell erzählte Harry, während sie weitergingen, von der Diskussion, die im Haus von Arias Bekanntem stattgefunden hatte.
Schliessen tat es dann mit der Bemerkung: "Und Drachling nenne ich dich, seit du uns erzählt hast, daß du von Drachen abstammst."

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #718 am: 27.06.2015, 18:46:30 »
"Macht ansammeln? Und Magie bringt einen dazu? Nun, da bräuchte man ja bloß die Familie meines Vaters zu betrachten und könnte meinen, ja, so ist es. Aber ich denke, der Grund dafür, dass die alle machtsüchtig sind, ist nicht ihre Magie, und nur zu einem geringen Teil ihr Erbe. Dazu gibt es viel zu viele Menschen, die genauso machtsüchtig sind, ohne einen Funken Magie zu besitzen.

Ich seh' das eher so: der menschliche Charakter—bei uns gibt es nur Menschen—ist ganz auf Sucht ausgelegt. Jeder ist nach irgendwas süchtig: Sex oder Drogen, Alkohol oder Glücksspiel, Shopping oder Körperkunst, oder er hat die Fresssucht, Geltungssucht oder Sammelsucht—oder seine ganze Leidenschaft ist es eben, Macht über seine Mitgeschöpfe auszuüben. Dabei kann Magie wohl helfen, aber sie ist nicht der Grund.

Wenn wir bei mir daheim trotzdem sagen, Magie habe ihren eigenen Kopf, so liegt das wohl daran, dass sie das Nicht-menschliche in uns ist—das fremde, unheimliche, unverständliche. Du, lieber Rillfarsell, bist eins mit deiner Magie, hast nur einen Instinkt, wir 'natürlichen Zauberer' fühlen zwei Naturen in uns, die im Widerstreit liegen, zwei Herzen, die in unserer Brust schlagen, zwei einander widersprechende Instinkte, die uns in Stresssituationen mal so, mal ganz anders reagieren lassen. Die zivilisierteren unter uns—die also nicht jedes ihrer Gelüste schamlos ausleben wollen wie manch ein Verwandter von mir—verbringen ihr Lebtag damit, die eine Hälfte ihres Wesens weitestgehend zu unterdrücken. Sie legen ihm einen Maulkorb an, nehmen ihn an die Kandare, wie auch immer man es ausdrücken will. Ich glaube allmählich, das kann nicht gesund sein. Um die eine, vermeintlich gefährlichere, tierhaftere Seite zu dominieren, muss die menschliche Seite ja auch ganz unschöne Methoden benutzen, muss sie ganz und gar rücksichtslos vorgehen, womit sie dann aber automatisch von ihrem moralischen Sockel fällt."


Er machte eine nachdenkliche Pause, bevor er—mehr zu sich als zu Rillfarsell sprechend—zu dem Schluss kam: "Ja, ich glaube, es ist besser, seine nicht-menschliche Natur zuzulassen, sie mit der menschlichen zu versöhnen. Ein Gleichgewicht finden. Darauf vertrauen, dass man genug Drache ist, um nicht nur dessen Kräfte zu besitzen, sondern diese auch handhaben zu können."

Er stockte und wurde ein wenig rot, doch gab er dann zu: "Ein bisschen Angst macht mir das schon noch, aber längst nicht mehr so viel wie noch vor kurzem."

Ein Grinsen breitete sich auf Harrys Gesicht aus, ungelogen von einem Ohr zum anderen, und er glaubte für einen Augenblick, doppelt so viele Zähne in seinem Mund zu spüren, wie er eigentlich besaß. Aleister lachte. Oder grinste zumindest. Oder kicherte vergnügt in sich hinein, während er mit einladender Geste auf sein Schlammloch wies. "Eine Verbrüderung", sagte der Drache. "Das schlag ich doch schon die ganze Zeit vor! Dann steht's doch gleich zwei gegen einen. Da soll deine Dame erst einmal mit fertig werden."

Harry ließ sich, nach kurzem Grummeln, zu Aleister ins Schlammbad gleiten.[1] "Schön", erwiderte er. "Dann sag mir doch gleich: war das echt, der Traum vom Fliegen vorhin? Kann ich das jetzt wirklich? Also, ich meine, können wir das jetzt? Wenn ja, hast du ein paar Tips für mich? Dass ich mich beim ersten Flugversuch nicht genauso dumm anstelle wie beim ersten Segeltörn." Aleister, der bei den ersten drei Fragen eifrig genickt hatte, beantwortete die letzte lapidar: "Frag doch die Fee."

"Rillfarsell, wenn mir je Flügel wachsen täten, gibst du mir dann Flugunterricht?"
 1. obfuscation = 22. Harry will, dass Lasciel die Sache mit dem Fliegen, also dass er meint, es schon zu können (s.u.), und seiner Akzeptanz der Drachennatur (s.o) nicht mitbekommt.
Erklärung (Anzeigen)
« Letzte Änderung: 27.06.2015, 23:27:24 von Harry Webster »
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Kara Kulenov

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Heiliger Boden
« Antwort #719 am: 27.06.2015, 23:58:30 »
Kara lief nicht ganz vorne mit. Sie wollte Harry sagen was passiert ist, aber es war zu gefährlich das in der Öffentlichkeit zu tun. Ja, vielleicht hörte ihnen niemand so richtig zu und bekam bestenfalls Wortfetzen mit, aber man sollte sein Glück nicht überstrapazieren und gerade war Harry auch noch mit einer Unterhaltung beschäftigt. Doch die Zwischenzeit nutzte Kara, um die Geschichte wenigstens etwas zu verschleiern, Harry jedoch würde sie vermutlich trotzdem verstehen. Aber vor den Erzählungen an Harry schloss sie etwas zu Jurij auf, ihre Lippen näherten sich seinem Ohr und leise flüsterte sie ihm zu: "Was meint Ihr, soll ich vielleicht eine naive, verspielte Schlampe vortäuschen, die Euch begleitet? Wir haben irgendwie noch gar keine Rollen verteilt, vielleicht hätte das ein paar Vorteile gehabt. Aber seis drum. Wenn Ihr mit meiner Rolle einverstanden seid, nickt nur leicht."

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