Master Bosco Matthew Jenkins
Trotz seiner schweren Wunden gab der für Tod erklärte Downtown Gentleman Master Bosco Matthew Jenkins alles andere als auf. Katzengleich verschwand er, mit erstaunlichem Gleichgewichtssinn trotz seiner misslichen Lage, in den tiefen Schatten der unterirdischen Stollen und nutzte diese als sein Schild, um jene Ecke ungesehen zu passieren.
Vor ihm offenbarte sich zu großen Teilen all jene Vermutungen, welche in seinem Gedächtnis den eindeutigen Geräuschen vorausgegangen waren. Er entdeckte, zentral im Lichtkegel einer niedrig hängenden Öllampe, eine für sich allein gelassene, hölzerne Schubkarre mit grausigem Inhalt. Im ersten Augenblick war Bosco überzeugt, es würde sich bei der Beladung um nichts anderes als wahllos, zusammengewürfelte humanoide Körperteile handeln. Doch je näher er den, in einer etwa hundert Meter entfernten- steilen Rampe endenden, Gang entlang huschte, umso deutlicher wurde das verzerrte Bild. Es handelte sich um einen nackten, toten Menschenmann, dessen Körper an unzähligen Stellen so gebrochen und zusammengeklappt war, dass es wohl einer weit näheren Begutachtung gebraucht hätte, um die einzelnen Füße einem Schenkel zuordnen zu können.
Der alte Zylinder verschwendete keinen weiteren Moment der Durchsuchung des grausigen Fundes, nutzte die Gunst der Situation und blieb dem Unbekannten weiterhin dicht auf den Fersen. Er folgte ihm die Rampe hinauf in ein wahres Netz aus gegrabenen, gehauenen und gebohrten Gängen. Bosco fühlte sich förmlich wie der Bewohner eines Ameisenhaufens. All die Pfade, teilweise nur hüfthohen Durchlässe und Tunnel glichen einander so sehr, dass lediglich die nahe, unachtsame Hast des aufgeschreckten Kerles ihm einen Anhaltspunkt zur Orientierung gab. Dünne Luft zwang den Kobold während der Jagd immer wieder dazu, ein stechendes Keuchen zu unterdrücken. Der ölige, faulige Geruch jener Grabkammern schien ihn nach wie vor fest im Griff zu haben und ihm wurde bewusst, dass es wohl weit mehr als nur ein einziges, schäumendes Bad bräuchte, um jenen beißenden Gestank purer Verwesung wieder von seiner gegerbten Haut zu bannen.
Die Alarmsirenen waren bereits längst verklungen, als Bosco - an einen dicken Holzpfeiler gekauert - endlich einen Blick auf den Kerl werfen konnte. Dieser war gerade im Begriff, die Stufen einer eisernen Leiter am Ende eines Stollens zu erklimmen. Zu seiner Verwunderung schien er eine Art Kostüm zu tragen. Eine schwarz-weiß karierte Plunderhose wurde von einer dicken, grauen Schärpe im Zaum gehalten, über welcher sich ein schneeweißer Overall erstreckte. Am Rücken trug er einen einfachen Karabiner, welcher im Rhythmus seines Aufstieges, in der ledernen Halterung hin und her schwang. Bevor sein Kopf in der Deckenluke verschwand, blickte er plötzlich aufgeschreckt um und starrte den Gang hinab, als würde er von etwas aufgeschreckt werden, was Boscos Spitzohren entgangen war. In diesem Moment sah der alte Kobold deutlich die schwarz-weiße Schminke und erinnerte sich wieder an jenen Pantomimen, welcher zuvor dem Fratzendreher als Handlanger gedient hatte. Ob es sich hierbei allerdings um die selbe Person handelte, konnte er von dieser Entfernung aus nicht feststellen.