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Autor Thema: Dorwida  (Gelesen 75380 mal)

Beschreibung: Episode 1.1

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Khenubaal

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Dorwida
« Antwort #285 am: 14.04.2015, 23:11:26 »
Als Elrynor dem Blutumhang den Apfel zuwirft, greift dieser instinktiv zu und fängt ihn auf. Erst ein paar Sekunden später dämmert es Rowan, dass er allein durch das Auffangen schon auf Elrynors Spiel reingefallen ist. Immer noch wütend, dreht er sich um. "Von dir, Zaubererpack, will ich nichts haben", wirft er dem Gefangenen an den Kopf. Dann wirft er den Apfel weiter an Padraig. "Hier - nimm du nur. Du scheinst ja weniger wählerisch, was deine Gesellschaft angeht."

Padraig fängt den Apfel auf. Ohne auf die Worte des Blutumhangs einzugehen, schaut er zu Elrynor und hebt die freie Hand zum Dank an. Dann trottet der Wächter zu seinem stummen Kameraden am Feuer, setzt sich neben ihn und beißt in das Obst.

Elrynor bekommt letzeres nur noch am Rande mit. In der hinteren Ecke seiner Zelle, ist er gerade dabei, das kleine Stück Pergament aufzufalten. Die Schrift ist klein und die Zeilen eng beeinander, um die Nachricht auf dem winzigen Fetzen untertzubringen, doch er erkennt sofort die geschwungene Schrift seines Vaters. Selbst auf diesem kleinen Stück pergament mit den winzigen Lettern sind die Linien immer noch so geschmeidig, wie er es von ihm gewohnt ist. Die Nachricht dagegen ist von nüchterner Geradlinigkeit:

Zitat
Lieber Sohn, es ist so weit. Adair ist vollends verrückt geworden. Wie ich erfuhr, will er morgen deine Hinrichtung befehlen. Sie würde in wenigen Tagen ausgeführt werden. Ich lasse dich nicht im Stich, selbst wenn das das Ende der Ivsaar bedeutet. Ich habe Vorkehrungen getroffen. Halte dich heute Nacht bereit, abzureisen.

Keine Unterschrift - aber für eine solche war auch kein Platz. Und bereits an Anrede und Schrift war zu erkennen, dass es zweifellos ein Brief seines Vaters war. Sollte dagegen der Brief in die Hände der Wächter fallen, wäre die fehlende Unterschrift zumindest eine kurzfristige und schwache Rückzugslinie.

Elrynor ist eben fertig damit geworden, den kurzen Brief zu lesen, da hört er Schritte nahen. Zwei Wachen nähern sich den beiden Zellen. Rowan - inzwischen auf einem kleinen Felsbrocken hockend - erhebt sich: "Was ist los?"

"Befehl vom Klingenmeister Nola", kommt die Antwort. Elrynor erkennt den Namen sofort - es ist der des Hauptmanns der Fürstenwache - des Anführers der Blutumhänge. "Der Kargi wird zum Hexer verlegt. Wir brauchen vielleicht die andere Zelle."
« Letzte Änderung: 14.04.2015, 23:12:19 von Khenubaal »

Sanjan, von den Bahir

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Dorwida
« Antwort #286 am: 14.04.2015, 23:35:39 »
Den Worten der Prinzessin und des Hauptmann hört Sanjan aufmerksam zu. Er ist über ihre Fassung und gesamte Haltung sichtlich erstand. So kann er sich nicht zusammenreißen. Besonders nicht wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Mit wachen Augen studiert er fast jede Regung der beiden, so faziniert ist er von ihrem Verhalten. Ob wohl alle Elfen so waren? Den kopf leicht schief legend, studiert er auch ihre Haltung zu der Sache mit der Nachricht.[1] Hatten sie etwa wirklich etwas dagegen? Wenn ja wer mochte wohl den Befehl dazu gegeben haben.

Da kommt aber auch schon die Reaktion, welche er eher erwartet hatte. Der Medicus spuckt aus. Es waren also doch nicht alle Elfen so erhaben wie diese beiden. Es gab auch Wutausbrüche und starke Gesten der Abneigung. Nun gut, wenigstens leßt die Prinzessin sie vor.

~

Fast den ganzen Weg zum Fürsten überlegt sich Sanjan wie dieser wohl sein mochte. In Anbetracht seiner Tochter sicher ein starker und stolzer Mann. Jemand der nicht leicht zu überzeugen sein wird. Hoffentlich hatte er genug Einsehen und würde keinen Krieg heraufbeschwören wollen.

Als sie ihr Ziel erreicht haben, blickt sich Sannjan um. Die Elfen, die Langsam die Reihen füllen behagen ihm nicht. Nicht weil sie in der Absoluten unterzahl sind, sondern eher weil sie die Stimmung in der Öffentlichkeit schnell wandeln kann. Jedenfalls war es bei den Menschen und auch bei seinem Stamm so. Sein Unbehagen steigert sich noch, als er merkt wie viele Blicke auf ihn gerichtet sind. Er ahnt, dass einige der Elfen nicht nur wegen der Nachricht hier sind und wirklich einschätzen kann er die Elfen immer noch nicht.

Der Atmen stockt Sanjan und er muss deutlich schlucken. Nur sein Heilerwissen und die Entfernung zum Thon lassen ihn diesem Moment seine Reaktionen kontrollieren. Der Fürst liegt offensichtlich im Sterben.
Die Stimmen von Liam und des Fürsten füllen den Platz. Seltsamer weise wirken ihre Worte so unterschiedlich, so hart. Was war Liam noch einmal? Die kleine nannte ihn Onkel. Also war Liam auch ein Fürstensohn, sein Sohn vielleicht? Doch Shanahan schient höher in der Hierarchie zu sein. Ihr wurde eine andere Art von Respekt gegenüber gebracht, das spürt Sanjan. Warum war dies also so? War Liam vielleicht der Sohn aus einem Nebenzweig oder hatte er sein Recht verloren. Denn selbst wenn er das jüngste Kind des Fürsten sein sollte, müsste er anders behandelt werden und sei es auch nur vom Fürsten selbst. Aber der Fürst machte Liam in aller Öffentlichkeit schlecht, mahnt seinen Fehler.

Sanjan schließt langsam zu Liam auf. In dieser Zeit legt er sich passende Worte zurecht, besonders da er auf seine üblichen Deyiwörter verzichten will. „Herr des Waldes… beginnt der Schamane mit kräftiger Stimme zu sprechen. Seine Augen hat er mühsam auf das Gesicht des Fürsten gerichtet. Ihm fällt es noch immer schwer dem Elfen in die Augen zu blicken. „Es ist eine lange Geschichte, welche uns hier nach Jaylin führt. Doch ich will deine Zeit nicht all zu stark beanspruchen. Mein Name ist Sanjan und das sind Manik, Tarqetik sowie Gryphius.“ Grüßend legt der Halbelf seine geballten Fäuste auf die eigene Brust und öffnet sie nach vorne. Mit geöffneten Armen spricht er weiter. „Schlechte Kunde bringen wir, denn die Wolken des Krieges sind am Horizont erschienen. Dorwida und Kezhdal stehen kurz vor dem Krieg. Ein Ältester von Dorwida schickte uns nach Kezhdal um  in Erfahrung zu bringen, ob die Kargi Wortbrüchig wurden. Doch wir mussten feststellen, dass ihnen das Selbe Schicksaal wie den Dorfmenschen wiederfahren ist.“ Langsam lässt Sanjan die Hände sinken. Immer wieder legt er eine Pause ein um sein vor Aufregung schlagendes Herz zu beruhigen und um passende Worte in der Handelssprache zu finden. „In Kezhdal dann, waren wir zugeben als die Nachricht aus Jaylin eintraf. Die Kargi haben sie sehr ernst genommen, doch ihr heißes Blut wurde von Vernunft gekühlt. Sie schickten uns zum Verhandeln. Zum Verhandeln über das Leben ihres Kriegers. Eines Mannes, der von menschlichen Soldaten gejagt wurde und nur aus diesem Grund deinen Wald betreten hat.“ Sanjan schluckt. Irgendetwas in Sanjan sagt ihm, dass sol langsam der rechte Moment für ihren Trumpf kommt. Der Fürst sollte sich nicht in seiner Wut über die Kargi ergeben, es musste schnell abgebrochen werden. „Es war ein Versehen und keine böswillige Absicht. Kein beabsichtigter Bruch des Friedens. Denn den Kargi sürstet nicht nach dem Blut der Elfen oder der Menschen, im Moment nicht. Sie möchten ihren Krieger zurück haben, lebend.“ Scharf zieht Sanjan die Luft durch seine Zähne ein. Er merkt die Unruhe oder Empörung welche aufkommt, doch lässt er weder dem Fürsten noch dem Volk Zeit los zu schreien. Stattdessen Spricht er noch lauter. „Und sie senden nicht nur Unterhändler, sondern auch ein Preis für ihren Krieger.“ beim reden greift Sanjan an sein Bündel. Stoppt jedoch, als er den harten Blick der blutroten Wache bemerkt. Die Ware scheint zum Sprung bereit, macht er nur eine falsche Bewegung. Langsam holt er also das Bündel hervor und beginnt es auszuwickeln. Kräuter, Stofffetzen und andere Dinge landen achtlos auf den Boden, bis der Schamane den Stoff mit der Krone in den Händen hielt. „Sieh Herr des Waldes! Seht Volk des Waldes! Das ist der Preis, welchen die Kargi bereit sind für ihren Krieger zu zahlen.“ Immer noch langsam wickelt er die Krone aus, lässt das Tuch zu seinen Sachen fallen, so dass nur noch Krone und Schopf in seinen Händen ruhen. Fest greift er beides und hält es dem Fürsten hin. Hoch erhoben, so dass auch alle anderen Elfen es sehen konnten. „Die Krone und der Schopf deines Sohnes.“[2]
 1. Motiv erkennen 21
 2. Dipolomatie 10

Grimnir

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Dorwida
« Antwort #287 am: 14.04.2015, 23:42:32 »
Kaum einen Schritt lässt Grimnir seinen Freund ohne ihn gehen. Dicht bleibt er bei Sanjan. Denn er spürt die Furcht, die Scheu seines Freundes. Wie zufällig berührt der Wolf beim Laufen seine Beine. Zeigt ihm, dass er da ist. Auch auf dem Platz unter all diesen Augen bleibt Grimnir an Sanjans Seite. Doch anders als bei den Kargi, liegt der Wolf nicht zu Sanjans Füßen. Er spürt wie gespannt die Situation ist. Das Sanjan noch verkrampfter wird und doch vor tritt. So steht er die ganze Zeit aufrecht und ruhig neben ihn. Folgt Sanjans Blick mit wachen Augen und Ohren. Zeigt gar seine Zähne als die Wache des Fürsten düster drein blickt. Mehr kann er nicht tun, als einfach da zu sein. Gleich ob seine Pfoten vom weiten Weg schmerzen und sein Körper sich nach Wasser sehnt.

Elrynor Ivsaar

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Dorwida
« Antwort #288 am: 15.04.2015, 04:22:45 »
Zumindest hatte Elrynor in Padraig einen Mann gefunden, der ihn noch als Elfen und Person ansah und nicht nur als Hexer oder Verbrecher, der den Fürsten vergiftet haben soll. Auch wenn er froh darüber sein sollte, wenigstens eine weitere Person auf die kurze Liste der Elfen setzen zu können, die ihm nicht direkt feindlich gegenüber standen, breitete sich dieses Gefühl nicht wirklich in ihm aus. Padraig tat das, was von ihm verlangt wurde - nicht mehr und auch nicht weniger. Er würde keine Hilfe sein, wenn es tatsächlich zu einer Hinrichtung kommen sollte. Elrynor hätte aber vermutlich selbst so gehandelt wie die Wache, denn es stand mehr als nur die eigene Meinung oder das Leben eines Unschuldigen auf dem Spiel. Wenn Padraig ihm helfen würde, würde der Fürst auch ihn hinrichten. Vielleicht würde er in seinem Wahn sogar so weit gehen, die ganze Familie einzusperren und zu töten. Elrynor war sich nicht mehr sicher, wie weit Adair noch gehen würde.

Er ignorierte den fast schon paranoiden Blutumhang und wandte sich lieber dem Pergament zu, dass zu ihm geschmuggelt worden war. Sollte er hier noch einmal leben herauskommen, würde er Balin belohnen - das hatte der Junge verdient, auch wenn ihm diese Aktion vermutlich befehlt worden war und er kaum eine Chance gehabt hatte.
Vorsichtig und darauf bedacht, dass niemand ihn beim Lesen der Nachricht beobachtete, ging er die Zeilen eine nach der anderen durch. Es gab keinen Zweifel daran, dass die Nachricht von seinem Vater stammte und das machte Elrynor jetzt tatsächlich Angst, denn das bewies vollends, dass auf diesem Pergament die Wahrheit stand. Schon am morgigen Tag, würde seine Hinrichtung befohlen und einige Tage danach durchgeführt werden. Der Blutumhang hatte nicht gelogen. Das war ganz und gar nicht gut.

Doch sein Vater hatte Vorkehrungen getroffen und dieser Offenbarung stand Elrynor sehr gespalten gegenüber. Zum Einen war er froh, dass er nicht im Stich gelassen wurde aber zum Anderen riskierte Vater hier den gesamten Ruf - oder schlimmer noch, das Leben - der Familie. In seinem Wahn und falschen Vorstellungen, würde der Fürst die gesamte Familie hinrichten lassen, wenn bekannt wurde, dass Vater die Befreiungsaktion geplant hatte. Im besten Fall würden sie verbannt werden und alles verlieren, was sie sich über Jahrhunderte aufgebaut hatten. Es rührte Elrynor, dass sein Vater all diese Risiken für ihn einging aber andererseits hasste er es, für den möglichen Tod - in metaphorischen oder wörtlichen Sinne - der Familie Ivsaar verantwortlich zu sein. Er würde sich nie wieder im Spiegel betrachten können, wenn es soweit kommen würde. Es würde ihn zerstören.

Allerdings war Balin bereits verschwunden und so hatte Elrynor sowieso keinerlei Möglichkeiten, seinen Vater aufzuhalten - ganz davon abgesehen, dass Vater bestimmt nicht auf ihn hören würde. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten. Heute Nacht war es schon so weit.
Bevor er die Nachricht unbemerkt zerstören konnte - schließlich gab es keinen Grund, sie aufzuheben - kamen zwei Wachen auf die Zellen zu. Ihre Nachricht weckte Elrynors Neugierde aber widerte ihn auch gleichzeitig an. Er? In einer Zelle mit einem dreckigen, stinkenden Kargi-Krieger? "Das kann nicht Euer Ernst sein! Ich habe eine Einzelzelle verdient!" protestiert er laut, obwohl er wusste, dass es nichts ändern würde.
Am interessantesten war allerdings, dass es mindestens einen weiteren Gefangenen geben würde. Bei dem Zustand des Fürsten keine Überraschung. Wenn es so weitergehen würde, landete irgendwann jeder aufgrund einer absurden Anschuldigung in einer Zelle oder würde hingerichtet werden. Elrynor nahm seine Äpfel und bewegte sich so weit vom Eingang der Zelle weg, wie es nur ging. Er wollte nicht in die Nähe des Kargis und seinen Körperausdünstungen gelangen. In dem Moment, in dem die Wachen damit beschäftigt sein würden, den Kargi in diese Zelle zu bringen, nahm er sich vor, den Zettel in ganz viele kleine Teile zu zerreißen und schließlich in den Tiefen des Jutesacks zu vergraben.
« Letzte Änderung: 15.04.2015, 04:27:44 von Elrynor Ivsaar »

Basilio Aristide

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Dorwida
« Antwort #289 am: 15.04.2015, 11:38:47 »
Schwester und Bruder also, denkt Basilio, als er den Blick mitbekommt, den die Elfenprinzessin mit 'Onkel Liam' tauscht. Dazu passt, dass sie Adair heißt, was offensichtlich der Name der Fürstenfamilie ist, und er Shanahan. Vorausgesetzt, das sind Familiennamen und werden von den Elfen auch genauso benutzt, wie die Menschen dies in kalamarischer Tradition tun. Zumindest bedeutet das Band zwischen Geschwistern hier genauso viel wie bei den Menschen. Hoffentlich ist der Fürst seinen Enkeln ähnlich eng und treu verbunden. Davon mag am Ende ihr aller Überleben abhängen.

Diese Hoffnung zerschlägt der Anblick des Elfenfürsten. Noch vor dessen Ansprache ist Basilio sich gewiss: mit dem Mann dort wird nicht zu verhandeln sein. Die Sorgen und Hoffnungen der Lebenden sind längst nicht mehr die seinen: alles, was er noch in seiner Zukunft sieht, sind Schmerz und Tod. Herrje, wie kann man sich von einem Mann regieren lassen, der mit beiden Beinen im Grab steht, kaum, dass seine Nasenspitze noch herauslugt? Das ist wieder so eine seltsame Sache, die nur in einer Monarchie vorkommen kann. Daheim wäre ein General, der nicht mehr reiten oder mit dem Schwert zuschlagen kann, schneller als man gucken kann ein General a.D., und sähe er selbst es nicht ein, so kämen die Hauptmänner aller Fronten zusammen und hefteten ihm freundlich, aber bestimmt zum Abschied einen Orden an die Brust. Warum müht der Mann sich in seinem Zustand bloß weiterhin ab? Warum übergibt er nicht an den Enkel, für den wohl die Mutter problemlos übernehmen könnte, bis Torin erwachsen und hoffentlich etwas vernünftiger ist?

Dann öffnet der Fürst seinen Mund und Basilio sieht seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Mit welch böswilliger Freude der seinen Hauptmann herunterputzt! Vor allen Leuten, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen für sich selbst oder den Mann oder sein Volk. Überhaupt, was für ein Spektakel er hier inszeniert. Das ist keine diplomatische Verhandlung, das soll ein Schauspiel werden, zur Belustigung der Untertanen. Kommt alle her, morgen mittag gibt es auf dem Marktplatz eine Hinrichtung, dazu Musik und Gaukler und natürlich Freibier obendrauf!

'In meinen Augen ist es Wahnsinn', sagt der Kerl. Ha, der Wahnsinn blitzt tatsächlich dort: in seinen Augen. Von solchen Tyrannen hab ich schon gelesen. Dem Tode nah oder den Tod ersehnend, ist es ihnen gleich, ist es gar ihr Ziel, das ganze Volk mitzureißen in die Unterwelt! Das zeigt schon die pompöse Sprache. 'Herz der Siedlung'! Er hält sich wohl für das Herz: das Herz der Siedlung, das Herz des ganzen Volkes. Ja, und wenn das Herz aufhört zu schlagen, dann stirbt auch der Rest, so muss es sein, so denkt er's sich!

Und mag der letzte Gedanke auch übertrieben sein: Wie soll man einem Mann beikommen, der mit den Gedanken längst im Jenseits ist und für das Diesseits nur noch Hass und Verachtung übrig hat? Der kurz vor dem eigenen Tod so unverhofft die Möglichkeit in die Hände gespielt bekommt, jenen des Sohnes zu rächen, auf eine so perfekt erscheinende Art und ohne mit den Konsequenzen der Tat leben zu müssen? Was könnte ihn davon überzeugen, den Bruder jenes Mannes laufen zu lassen, der den Sohn erschlug? Dazu müsste man ja das Vaterherz überreden, den Sohn freizugeben, an den es sich klammert, mit dem kein Lebender sich vergleichen lässt, denn der Tod hat den Sohn in schwindelnde Höhen erhoben, von wo aus er, der in der Erinnerung des Vaters nun Fehlerfreie, hinab auf die Lebenden blickt, die ihm nicht das Wasser reichen können...

Sanjans wackeres Vortreten unterbricht Basilios Gedankengang. Er lauscht aufmerksam, wie der Halbelf die Situation erklärt, vernünftig argumentiert und am Ende seiner Rede gar die Krone des Elfenprinzen zückt—vielleicht, weil er zu ähnlichem Schluss wie Basilio gelangt ist und sich nur von diesem letzten Trumpf etwas erhofft und auch nur, wenn das Schauspiel des Fürsten noch nicht allzu sehr in Fahrt gekommen, wenn noch nichts gesagt worden ist, das nicht zurückgenommen werden kann.

Während der gesamten Zeit beobachtet Basilio den Fürsten genau: die Gesten während seiner Rede, die Mimik während Sanjans, nichts entgeht dem geschulten Späherblick, und doch ist Basilio hinterher so schlau wie zuvor.[1] Eines nur scheint klar: nichts von dem, was Sanjan sagt, hat den vernebelten Geist des Fürsten erreicht. Eigentlich hat Basilio die erste Reaktion des Fürsten abwarten wollen, doch nun meint er zu sehen, wie der Mann sich bereits aufbläht für eine Gegenrede—einen Monolog, giftende Polemik, im Urteilsspruch mündend!—und er ahnt: wenn er jetzt nicht spricht, so wird es keine weitere Gelegenheit geben. Er tritt also neben Sanjan, während er fieberhaft überlegt.

Woran kann man diesen Mann packen? Ehre, Vernunft, gesundes Eigeninteresse, keiner der üblichen Hebel scheint zu greifen! Wage ich es, wie ich ursprünglich vorhatte, darauf aufmerksam zu machen, dass hier offenbar Kräfte von außerhalb auf hinterhältigste Weise auf die drei Völker einwirken, um sie gegeneinander auszuspielen? Ha, wie könnte der Mann das schön drehen und wenden, bis der Spieß auf uns zeigt! Außerdem ist noch nicht ausgeschlossen, dass am Ende er es ist, der hinter all dem steckt! Verrückt genug dazu wäre er ja. Dass ihm das Wohl der Enkel oder des gesamten Volkes am Herzen liegt oder er dieses überhaupt erkennt, das glaub ich auch nicht mehr, also kann man ihm auch damit nicht kommen. Vielleicht interessiert er sich ja noch für seinen Nachruf? Vielleicht fragt man ihn am besten: wie wollt Ihr der Nachwelt in Erinnerung bleiben, als was für eine Art von Mann und Herrscher? Oder man gibt gleich den Gedanken auf, den Fürsten von seinem geplanten Spektakel abbringen zu wollen und denkt lieber an das Volk drumherum, von denen sich vielleicht doch der ein oder andere schon überlegt, ob man nicht allmählich etwas unternehmen müsse, zum Wohl aller, bevor der Fürst sie in die Katastrophe steuert... Hauptmänner, kehrt heim von allen Fronten und rettet den Staat!

"Hoch geehrter Fürst", beginnt Basilio also, nach der üblichen Verbeugung. Er spricht gerade so laut, dass seine Stimme auch bis zu den Zuschauern ringsum trägt. "Bitte erlaubt mir, den Worten meines Vorredners kurz meine eigenen Gedanken anzufügen. Ich sage Gedanken, denn die Fakten wurden Euch bereits präsentiert. Die Kargi wollten Euch und die Euren keinesfalls herausfordern, sondern sie möchten den Frieden wahren. Dazu haben sie sogar ihren Stolz überwunden und Menschen als Unterhändler geschickt. Die Szene im Verhandlungszelt in Kezhdal hätte Euch gefallen, es war ein herrliches Spektakel! Doch gemeinsam haben Gul Hulad und der ihm treu ergebene Serogul, die von allen den größten Weitblick besitzen, sich durchgesetzt, denn ihnen liegt das Wohl ihres Volkes am Herzen."

Bei der Erwähnung des 'treu ergebenen Seroguls' blickt Basilio pointiert in Liams Richtung, fährt dann aber nahtlos fort:

"Nun ist es nicht so, dass sie den Kampf scheuen, denn die Kargi sind wackere Krieger und der Krieg lockt uns Männer mit Ruhm und Ehre, aber ein Krieg, der wegen eines einfachen Missverständnisses begönne, wäre doch, nun, wie soll ich sagen, aus meiner Sicht nicht nur äußerst überflüssig, sondern zudem höchst peinlich. Man stelle sich das einmal aus Sicht des Historikers oder den Berichten der folgenden Generationen vor: Weil ein Kargi vor Menschen floh und dabei einen Schritt weit über ihre Grenze geriet, wurde er von den Elfen hingerichtet, worauf sich die beiden Stämme für die kommenden zwanzig Jahre bekriegten, bis sie sich gegenseitig nahezu ausgelöscht hatten."

Er wirft einen kurzen Blick in die Runde, um ein Gefühl für die Stimmung zu bekommen, und dann wieder zum Fürsten.

"Zwanzig Jahre Krieg, übertreibt der Kerl nicht? denkt sich jetzt vielleicht manch einer hier. Schon möglich, aber auf die Zahl kommt es nicht an. Ein Krieg ist leicht begonnen, doch die Geschichtschreibung aller Länder und aller Völker zeigt, dass es allzuoft Generationen dauert, bis er halbwegs überwunden ist. Und wenn jemand den bitteren Ton in meiner Stimme bemerkt, wenn ich von 'Krieg' spreche, dann hat das seinen Grund: in meiner Heimat herrscht gerade Krieg, und etwas schrecklicheres gibt es nicht, selbst, wenn man sich den Preis der Freiheit immer wieder vor Augen hält, denn um eben diese geht es bei uns zurzeit. Ja, dafür mag man all den Schmerz und das Leid gerade noch auf sich nehmen! Um dem Joch der kalamarischen Herrschaft zu entkommen!

Doch in dem Fall, den wir hier jetzt verhandeln, geht es nicht um Freiheit. Es geht nicht um Ehre, nicht um Hab und Gut, nicht ums Überleben. Nur um ein Missverständnis. Das sollte sich doch eigentlich anders klären lassen. Damit die hier Anwesenden nicht eines Tages in die Augen ihrer Kinder oder Enkel blicken und sich der kindlichen Frage stellen müssen: Warum habt ihr euch damals alle gegenseitig totgeschlagen? Konnte man denn gar nichts tun, um es zu verhindern? Dann hätten wir heute es doch alle viel besser."


Basilio verbeugt sich abermals.

"Und deshalb haben die Kargi uns geschickt", endet er. "Denn dieser Blick ist das einzige, was sie auf der Welt fürchten."[2]
 1. Sense Motive=6
 2. Diplomatie=22
« Letzte Änderung: 15.04.2015, 23:18:19 von Basilio Aristide »
"Call no man happy until he is dead."

"War," he sung, "is toil and trouble;
Honor, but an empty bubble."

Tarqetik

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Dorwida
« Antwort #290 am: 16.04.2015, 18:36:10 »
Das Angesicht des Königs der Elfen jagt Tarqetik einen Schauer über den Rücken. Wie groß muss der Lebenswille sein, dass man sich in einem so trägen und schon siechenden Körper der Tortur des öffentlichen Auftretens aussetzt. Ein Wille, ob aus Hass geschürt oder von Liebe angetrieben, verdient sich nicht durch einfaches Sitzen auf dem Thron. Neben all der Schöheit und Anmut, die hier zwischen Flora und Fauna herrscht ist der König ein widernatürlicher Schnitt durch die vollkommene Gemälde.
Auch seine Worte, wenn auch nicht immer verständlich, lassen den König gebietend wirken. Dass sich seine Kinder hier vor dem Volke in Pose werfen hat nicht annähernd die gleiche Wirkung. Fast schon scheinheilig oder beleidigend empfindet Tarqetik das Auftreten der schönen Prinzessin und von Onkel Liam, die nicht mit einem solchen Mann wie ihrem König auf einer Schwelle stehen dürften. Kinder zu Füßen des Meisters, die sich selbst als Schützer ihres Hausherren aufspielen. Vielleicht keine Farce aber doch ein gut überlegten zu Schau stellen der eigenen Person.

Das Peitschen der Diskussionswellen zu den Ansichten von Krieg und Nachtragung scheinen hier schon mehrfach über das Volk und die Elfen hinweggebraust zu sein. In der Ferne war sich Tarqetik sicher ein leises Säbelrasseln zu vernehmen, das auf den Zungenspitzen mittanzte und über die Ohren in die Herzen der Versammelten drang. Ein Rhetorisches Gift.

Fasziniert von den dem Hin und Her regt sich aber bald auch Tarqetiks Gewissen und Verstand: „Es gibt keinen Grund sich einzumischen, wenn sie keine Unterstützung wollen, dann sollte man sich ihnen nicht aufdrängen. Und bei dem vergilbtem Hass, der in den spitzen Gesichtszügen der Leute hier zu sehen ist, möchte ich nicht dort stehen, wo sie vorbei wollen.“
Tarqetik ist es nach den Gegenreden etwas Leid unter den Leuten zu warten was da kommen mag und entfernt sich etwas aus der Mitte des Verhandlungsplatzes und sucht den Gedanken auf, der ihm seinen bezahlten Auftrag mitteilt. Mit einem Schnaufen und einen Kratzen am Bart, der mittlerweile eine unangenehme Länge erreicht hat, erwartet er die nächste Rund im Rassenkampf.

Khenubaal

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Dorwida
« Antwort #291 am: 16.04.2015, 19:44:38 »
Es ist eine gespannte Stille, die Sanjan mutig mit seinen Worten füllt. Ein weiteres Mal - zum dritten Mal inzwischen innerhalb von zwei Tagen - erklärt der Schamane die Gründe der Reise, die er und seine Gefährten unternehmen. Zum dritten Mal tritt er für Frieden und Verständnis ein. Zum dritten Mal appeliert er an skeptische und misstrauische Fremde. Die ersten beiden Male hatten er und seine Kameraden Erfolg damit, doch dies ist nun die größte Herausforderung.

Die Menge hört ihm aufmerksam zu. Widersprüchliche Emotionen sind auf den Gesichtern zu erkennen. Manche wenige nicken bei seinem Appel an den Frieden, andere - die meisten - verziehen die Lippen bei der Erwähnung der Kargi. Zum Leidwesen Sanjans gehört der Fürst auf dem Thron zu den Letzteren.

Dann zieht der Schamane Kronreif und Haarschopf aus dem Tuch und bietet diese dar. Ein Raunen geht durch die Menge und viele der Elfen beginnen aufgeregt mit ihren Nachbarn zu sprechen. Kein Zweifel, diese Geste hatte eine Wirkung, gleich einem einschlagenden Blitz; die Bewohner von Jaylin sind sichtlich aufgeregt und überrascht. Allerdings lässt sich noch nicht bestimmen, ob sie wie beabsichtig von Vorteil ist, oder eher wie eine Provokation wirkt.

Doch die stärkste Wirkung haben Reif und Schopf - golden in der Sonne schimmernd - auf den Fürsten selbst. Declan Adair verliert sichtlich die Fassung; seine Gesichtszüge entgleisen ihm. Sich auf seine ausgemergelte Rechte stützend, erhebt er sich auf die dürren Beine und schwankt vor Schwäche und Aufregung so sehr, dass sich der Krieger im roten Umhang am Fuße des Throns besorgt umdreht. Doch dann stabilisiert sich der Fürst und die Gefährten erkennen, wie sein Kiefer malmt. Die rötlichen Pusteln unter dem weißen Puder scheinen noch mehr anzulaufen.

Dann tritt Basilio vor und beginnt zu sprechen. Und es ist eine höchst beeindruckende Rede. Der Fürst - wie es eben schien, bereit zu einem Wutausbruch - hält noch einmal inne. Lässt er den selbsternannten Pekaler sprechen, oder hat er sich nocht gefasst? - man weiß es nicht. Es ist die Rede vom Weitblick des Kargifürsten - und von dem seines Sohns. Viele der Anwesenden schauen ungläubig und zweifelnd, als sie dies hören, und einige spucken sogar bei Magos Erwähnung - doch all das ist besser, als die Wut, die ihre Gesichter vorher zeichnete.

Dann spricht Basilio vom Krieg - dem unnötigen Krieg und den Unbillen, die er mit sich bringen würde. Und wieder wirken seine Worte auf die Menge. Einige der anwesenden Elfen nicken sogar zum Zeichen der Zustimmung und die Atmosphäre scheint sich zu beruhigen. Basilio selbst ist zu sehr mit seiner Rede beschäftigt, um es zu sehen, doch Tarqetik und Sanjan erkennen, dass sowohl Liam Shanahan, als auch Aisling Adair aufmerksam und nachdenklich die Worte ihres Begleiters verfolgen. Es ist schwer, die gefassten Mienen der beiden zu deuten; auch die Kronprinzessin - gerührt durch die dargebotenen Reliquien, die ihrem Bruder gehörten, hat sich längst wieder gefangen. Doch sowohl der Schamane, als auch der brandobische Krieger haben das Gefühl, das beide den Worten Basilios zustimmen. Ganz sicher darf sich Manik bei Maelis sein. Der Junge Lehrling des Medicus' hat wohl ebenfalls die Erlaubnis bekommen, sich das Treffen anzusehen - oder soll sie später an ihren Lehrmeister berichten? - und sie nickt eifrig, als sie den gesagten Worten folgt.

Schließlich kommt Basilio auf die Kinder zu sprechen - auf das Leid, das ein Krieg zu ihnen bringen würde und auf den Stab, den sie dann über ihren Eltern brechen würden. Unwillkürlich keimt die Frage auf, ob das kalte Berechnung seitens des Korakers ist, oder nur ein glücklicher Zufall, doch Aisling Adair - die so kalt erscheinende Prinzessin - scheint Torin und Fearchara ein unmerkliches Bisschen fester an sich zu drücken, als noch vor wenigen Augenblicken. Viele der Elfen um den Versammlungsplatz herum nicken. Als Basilio zum Ende kommt, ist die Menge zweigeteilt. Er scheint die Hälfte der Anwesenden, wenn nicht sogar einige mehr, überzeugt zu haben.

Doch hat er auch den überzeugt, auf den es ankommt? Konnte er durch den Schleier der Krankheit und des fortschrietenden Verfalls zum Fürsten durchdringen? Es wird wieder still in Jaylin. Murmelnd unterhalten sich die Umstehenden, doch immer mehr Geflüster bricht ab in Erwartung der Entscheidung des Fürsten.

Schließlich hebt dieser den Kopf - und das Ergebnis ist niederschmetternd. Tränen schimmern in den Augen des Greises; durch das weiße Pulver ziehen sich schlieren über die eingefallenen Wangen. "Die Kargi verhöhnen mich, in dem Sie mir Semias' Totenzeichen schicken?", schreit er voller Wut. Und es wird klar - Basilio hätte mit der Stimme aller Friedensgötter von Tellene sprechen können - es hätte nichts ausgemacht. Er hat viele in der Menge erreicht, doch dieser Mann hat wohl nicht länger zugehört, als er die Wahrzeichen gesehen hat.

"Soll der ewige Abgrund sie alle holen. Es wird keine Gnade geben! Nicht für den Verbrecher in der Zelle. Nicht für die Kargi! Ein Raunen geht durch die Menge. Einige Unterstützer des Fürsten bekunden ihre Fürsprache. Andere tuscheln aufgeregt.

"Mein Fürst", versucht es Shanahan. Doch dieser bringt ihn mit einem lauten "Schweig!" zum verstummen. "Ich werde nicht das Andenken meines Sohnes beschmutzen, wegen der wagen Drohung einer Grünhaut!"

"Vater!", ruft Aisling Adair. "Lass uns die Nachricht in Ruhe bedenken." Inzwischen herrscht Aufregung in der Menge. Viele rufen wild durcheinander, doch die Worte der Prinzessin sind ob ihrer klaren Stimme gut zu verstehen.

Der Fürst schaut zu ihr hinüber. Sein Gesicht ist immer noch vor Wut verzerrt. "Du bist zu Nachgiebig, Aisling. Worte - welche auch immer - ausgesprochen von Kargi und ihren Handlangern; das ist das Gift einer Viper. Ihre Hinterlist hat dich und mich bereits Semias gekostet. Nein - wir werden nicht nachgeben!

Es herrscht weiterer Tumult auf dem Platz. Der Fürst richtet seinen Blick auf den beumhangten Krieger am Fuß des Throns, gibt diesem ein Zeichen und bekommt ein fast unmerkliches Nicken als Erwiderung. Dann schaut er zu Sanjan und Basilio: "Eure Haut mag nicht grün sein. Einer von euch ist sogar ein Halbblut, ein Bastard von unserem Blut." Bei diesen Worten verzieht Liam Shanahan das Gesicht. Es ist fast greifbar, dass er Scham vor Sanjan empfindet für die Aussagen seines Fürsten. Dieser fährt derweil fort. "Daher lasse ich euch für eure Anmaßung nicht sofort hinrichten." Dann macht er eine kurze Pause und fügt laut hinzu: "Aber ihr seid festgenommen!"

In dem Augenblick, in dem Declan Adair die Worte ausspricht, gibt der Krieger am Fuß des Thrones mit dem roten Umhang einen kurzen Befehl und ein Dutzend Wächter um das Versammlungsrund reißen ihre Bögen von den Schultern, ziehen Pfeile und legen schussbereit auf die Gefährten an.

Wieder erhebt sich ein Raunen und erstirbt in Stille. Shanahan murmelt etwas - es klingt wie 'Cacamas!'. Wohl ein Fluch. Und auch Aisling Adair schüttelt den Kopf. Tarqetik, der in der Nähe steht, hört Torin zu seiner Mutter sprechen: "Mama, was macht denn Opa da?". Die Prinzessin schüttelt weiter den Kopf und murmelt leise zu ihrem Sohn: "Einen Fehler, Torin. Einen Fehler."

Declan Adair fährt derweil mit einem diabolischen, zufriedenen Grinsen fort: "Ihr bekommt ein ordentliches Verfahren vor dem Fürstenstuhl. Gleich morgen Vormittag. Dann entscheiden wir, wie die gerechte Strafe für euch aussieht. Und derweil: Klingenmeister Nola - holt mir das zurück, was seither zu mir gehört!"

Der Krieger mit dem blutroten Mantel am Fuß des Throns - offensichtlich Klingenmeister Nola - tritt mit harschen Schritten vor zu Sanjan und lässt sich auch von Grimnirs Knurren nicht beeindrucken. Seine pechschwarzen Augen fixieren den Schamanen. Der Mund ist in einem kalten Lächeln erstarrt. Barsch reißt er Sanjan Reif und Schopf aus den Händen und tritt einige Schritte zurück.

Es ist still geworden am Versammlungsplatz. Die Menge scheint wie gebannt - oder gelähmt? Die Pfeilspitzen blitzen in der Sonne und zeigen auf Brust und Rücken der Gefährten. Die Absätze des Klingenmeisters schlagen hart auf dem gestampften Boden auf. Dann nickt der Fürst. "Gut. Und nun: In die Zelle mit ihnen."
« Letzte Änderung: 18.04.2015, 20:33:46 von Khenubaal »

Sanjan, von den Bahir

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Dorwida
« Antwort #292 am: 17.04.2015, 01:06:01 »
Ziemlich wütend blickt Sanjan dem Klingenmeister nach. Dabei ist er wütender über die Dummheit des Fürsten als über das Grinsen des Elfen. Dieser und auch Shanahan hören von dem Schamanen ein deutliches Knurren. Dann lacht er laut auf. Es ist ein hohles Lachen. „Wie Ehrenhaft unbewaffnete, die auch noch als Boten gekommen sind, gefangen zu nehmen.“ Vom Klingenmeister, an welchen die ersten Worte gerichtet sind, hebt der Schamane den Blick zum Fürsten. „Herr des Waldes, nimm das tote Metall, nimm den Schopf und weine wie die Ahnen für die drei Völker weinen werden. Denn die Kargi haben mit unserem Fehlen, deine Antwort.“ Durch seine Wut, spricht der Schamane nicht so laut wie eben. Fast knurrt er einige Worte mehr als das er sie spricht aber sie sind immer noch laut genug. Dann rührt sich der Halbelf nicht mehr. Blickt weiter stur anklagend auf den irren Fürsten.

Grimnir

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Dorwida
« Antwort #293 am: 17.04.2015, 01:09:22 »
Immer noch knurrt Grimnir dem Elfen nach, da hört er von Sanjan ein Lachen. Der Wolf blickt zu ihm auf, sieht wie sein Freund die Hände eng am Körper hält, sie zu Fäusten geballt hat. Hört auch das knurren in dessen Stimme. Doch hält sich der Wolf zurück. So wie auch Sanjan. Am liebsten hätte er jetzt diesem Elfen die Waden zerfetzt aber es roch nach Gefahr. Keiner, weder sein Freund noch die anderen in der Rotte haben ihre langen scharfen Zähne und krallen dabei. Warum haben sie sie überhaupt abgelegt. Egal, alleine würde Grimnir nicht weit kommen. Nicht gegen so viele Stachelschweine.

Darum steht Grimnir still. Mit geflätschten Zähnen und einem inneren knurren, so wie auch Sanjan. Beide lassen sich wohl abführen, auch wenn sicher nicht das letzte Wort gesprochen ist.
« Letzte Änderung: 17.04.2015, 11:24:42 von Grimnir »

Khenubaal

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Dorwida
« Antwort #294 am: 17.04.2015, 08:13:17 »
"Halt den Mund!", herrscht der Blutumhang ihn wütend an, als Elrynor aufbegehrt. Doch - welch Ironie - zumindest dieses eine mal ist er mit ihm einer Meinung, auch wenn aus völlig anderen Gründen. Während Elrynor den Zettel vernichtet, wendet sich Rowan wieder an die Wachen. "Das ist kein guter Einfall", sagte er den beiden Männern. "Das sind beides besonders gefährliche Gefangene. Die sollten nicht zusammen untergebracht werden. Wer ist der neue Gefangene? Der sollte lieber zu einem von beiden."

Doch eine der beiden Siedlungswache schüttelt nur den Kopf: "Tut mir Leid, Rowan. Befehl des Fürsten. Ein Schwerverletzter wird in die Zelle verlegt. Daragh wird ihn dort weiter behandeln, also dürfen sich dort keine weiteren Gefangenen aufhalten."

Vielleicht bildet Elrynor sich das nur ein, doch er hat den Eindruck, dass ein Lächeln über die Lippen der Siedlungswache huscht - hervorgerufen vom guten Gefühl, dem Blutumhang etwas abschlagen zu können, ohne Streit oder Schwierigkeiten zu riskieren.

Derweil steht Padraigs Kamerad auf - Elrynor kann sich nicht an dessen Namen erinnern und tritt an die Gitterstäbe der gegenüberliegenden Zelle. "Padraig, hilf mir", ruft er. "Und Rowan, gib' uns Deckung."

"Sag du mir nicht, was ich tun soll", begehrt der Blutumhang auf, doch dann nimmt er den Bogen von der Schulter und legt auf die Zelle an. "Du, Kargi-Abschaum!", schreit er. "Komm her - du wirst verlegt!"

Einige Augenblicke später taucht der versehrte Kargi an den Gitterstäben auf und entblößt die Zähne in einem wütenden Knurren. "Ruhig", ruft Padraigs Kamerad. "Wenn du eine falsche Bewegung machst, steckt der Pfeil in deiner Brust."

Die beiden Siedlungswächter verbinden dem Gefangenen die Handgelenke und führen ihn mit gezogenen Schwertern zu Elrynor rüber. "Trete zurück", sagt Padraig zu Elrynor. Dann ist wieder das vertraute Klirren zu hören und die Tür zur Zelle wird aufgestoßen. Padraigs Kamerad - sein Name ist Amias, wie es dem Hexer einfällt - nimmt ihm wieder die Binde ab, stößt ihn in die Zelle und schließt ab.

Ein Schauder läuft über Elrynors rücken. Da steht er - ein Hüne mit grüner Haut, die unter Dreck und verkrustetem Blut kaum noch zu erkennen ist; von Peitschenhieben und schlimmeren Verletzungen verunstaltet. Seine lockige Mähne ist blutverkrustet, eines der Augen immer noch leicht zugeschwollen und blutunterlaufen. Die gelben Augen fixieren Elrynor mit einem prüfenden, misstrauischen Blick. Die dunklen Lippen signalisieren: 'Komm mir nicht zu Nahe!' Die Brust hebt und senkt sich in Folge schwerer, doch immer noch kräftiger Atemzüge. De Blick aufmerksam auf Elrynor haltend, hockt sich der Kargi in eine Ecke der Zelle. Der Hexer ist so fixiert auf seinen neuen Gast, dass er kaum bemerkt, dass zwei weitere Wachen ächzend einen großen, bewusstlosen Hünen in die eben freigewordene Zelle schleppen, während der Medicus von Jaylin ihnen mit unzufriedenem Blick folgt.
« Letzte Änderung: 17.04.2015, 12:15:04 von Khenubaal »

Tarqetik

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Dorwida
« Antwort #295 am: 18.04.2015, 11:30:23 »
Der König im Wald hat seinen Standpunkt klar gemacht und seinen Blick auf die Wirklichkeit ziemlich entwölkt. Tarqetik, der sich langsam an den Rand der Truppe bewegt hatte, hört die Worte die nach Verhaftung und Kerker duften gar nicht gern. Vor seinem inneren Auge Blitzen Bilder von Eisenstangen, blutigem Sand auf und er meint die modrige, faule Luft um sich zu riechen. Auch wenn er es schon weiß, blickt er sich über die Schulter und sieht drei Elfenwachen, die weniger gefährlich wirken würde, wenn die Spitzen ihrer eingelegten Pfeile nicht auf seinen Rücken zielen würden.
„Ganz ruhig Kameraden“, sagt er, während er sich umdreht. „Oder ihr fangt euch ein paar warme Ohren ein.“ Seine Augen verengen sich, die Unterarme spannen sich an und die Knöchel der Hände treten weiß durch die Haut.[1]
 1. Einschüchtern:11

Manik

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Dorwida
« Antwort #296 am: 18.04.2015, 14:25:44 »
Als die Gruppe die Heilerhütte verlässt, wirft Manik noch einen letzten, besorgten Blick auf Ragnar. Die Hoffnung, dass sein Landsmann wieder gesund wird, wird größer. Hoffnung die durch einen aufmunternden Blick Maelis‘ weiter gestärkt wird.

Auf dem Weg zu ihrer Audienz, füllt jedoch wieder Unsicherheit Maniks Herz. Das Dorf scheint einer Waage gleich, derzeit noch im Gleichgewicht aber jederzeit bereit in die eine oder andere Richtung zu kippen. Hoffentlich die richtige Richtung.
Das zerschlägt sich, als sie bei Fürst Adair ankommen. Eine Leiche sitzt auf dem Thron! Oder zumindest ein Mann, dem man auf dem ersten Blick ansieht, dass die geistige Gesundheit zu regieren einfach fehlt. Finsternis umgibt den Fürsten und breitet sich in Maniks Augen wie ein sehr dunkler Schatten über den Platz aus, wie eine schwere Last, bereit die Waage entscheidend zu beeinflussen.
Das Sanjan zu Sprechen beginnt, nimmt der Fhokki zunächst gar nicht wahr, und dann, selbst als die Ansprache seines Gefährten zu ihm durchdringt, wirkt alles wie Federn, rein, strahlend weiß, aber viel zu leicht.
Viel zu spät bemerkt Manik, dass der Schamane in seiner Tasche kramt. Sein Herz beginnt schneller zu schlagen. Sie dürfen die Krone nicht rausholen, sie müssen hier weg. Einfach gehen, ohne den Kargi. Die Bestätigung, dass er hier ist, haben sie schon erhalten. Es gab andere Wege als die diplomatische. Doch war es Vertrauen in seinen Gefährten? War es die Präsenz des Fürsten die Manik lähmt, er tut nichts und das Unheil nimmt seinen Lauf. Die Krone wiegt weitaus schwerer als Gryphius‘ Ansprache, auch wenn das einige Leute auf ihre Seite zu ziehen scheint, doch nicht die Richtigen.

Wie aus weiter Ferne dringt der Lärm der Menge zu ihm vor, tumultartig. Einzelne Personen kann er in dem Zustand nicht wahrnehmen. Doch das Ziehen der Waffen, übertönt den Lärm der Menge.
Gefangennahme? Irgendwo in ein tiefes, dunkles Loch gesteckt werden? Kälte? Feuchtigkeit? Das war der Dank?

Das kann nicht euer Ernst sein?“, fährt es aus dem Fhokki hervor. „Das ist der Dank für die Rettung eurer Enkel? Das ist der Dank für die Rettung zweier Elfenkinder?“.[1] Vor Wut schwer atmend steht der Fhokki angespannt bei seinen Gefährten, die Hand zuckt zur Hüfte, doch da ist nichts.
 1. Diplo: 6

Basilio Aristide

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Dorwida
« Antwort #297 am: 18.04.2015, 16:17:35 »
Als nach dem Urteilsspruch des Fürsten die Wogen um ihn herum aufpeitschen, erhebt Basilio weder Protest noch rührt er sich vom Fleck; einzig die Handflächen kehrt er deutlich und zu beiden Seiten nach außen, um anzuzeigen, dass er keinerlei Widerstand leisten wird.

Er hat ja damit gerechnet, dass der Fürst sie erst einmal festhalten wird—schließlich kann der Mann schlecht riskieren, dass sie, wo der Krieg beschlossen ist, irgendwelche Kunde oder Erkenntnis zu den Kargi zurücktragen—aber das mit dem 'ordentlichen Verfahren vor dem Fürstenstuhl' und der 'gerechten Strafe', das klingt verdächtig nach bereits beschlossener Hinrichtung. Ja, der Fürst reibt es ihnen sogar mit Genuss unter die Nase, indem er zuvor betont, dass sie froh sein dürften, dieses Schicksal nicht auf der Stelle zu erleiden. Das findet Basilio dann doch eine etwas übertriebene Reaktion. Ein leicht schmollender Zug legt sich um seinen Mund, was er selbst natürlich nicht bemerkt. Er hat ja nichts per se gegen die Anwendung von Gewalt, oft liegt darin der effektivste Weg, sein Ziel zu erreichen, aber er verabscheut jede Art von Maßlosigkeit. Ekzessive Gewalt ist einfach nur dumm und eine Verschwendung der eigenen Kräfte und kann einem außerdem zukünftige Möglichkeiten verbauen. Ein Chirurg schneidet ja auch nie mehr heraus, als notwendig ist, und genauso sollte man es bei der Gewaltanwendung halten. Dass die Elfen da etwas nicht richtig verstanden haben, ist ihm schon in den Sinn gekommen, als er die blutigen Schriftzeichen auf Dihals Brust und Rücken erblickte.

Gehenkt zu werden, weil du die Sache der Grünhäute vertrittst, ha, Basilio, das hast du gut gemacht! Und dein Nachruf wird lauten: Er könnte noch leben, hätte er sich nur an seinen Befehl gehalten!

Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Die Prinzessin hat aufbegehrt. Onkel Liam hat aufbegehrt. Andere schienen ebenso entsetzt über die Aussicht des Krieges. Aber wird es genug sein? Werden sie schnell genug handeln, wenn sie denn überhaupt handeln?

Da hätte ich auch beim Heer bleiben können: wenn ich doch davon abhängig bin—wenn ich doch nichts anderes tun kann als darauf zu warten und zu hoffen—dass andere das richtige tun.

Sanjan und sein Wolf stehen ebenso ruhig da wie er selbst, was den Halbelfen in Basilios Anerkennung weiter steigen lässt. Die beiden Söldner dagegen schimpfen und zetern und gehen auf Abwehr. Am liebsten würde er ihnen zurufen: 'Halt, nicht! Spart euch eure Kräfte für später!' Hoffentlich schlagen die Elfen die beiden nicht allzu sehr zusammen, das würde eine Flucht doch sehr erschweren.

Basilio sucht Liams Blick. Nicht anklagend schaut er, nicht bittend, nicht herausfordernd. Eigentlich liegt gar kein deutbarer Ausdruck auf seinem Gesicht, doch wenn Liam sich auch nur ein bisschen auf Körpersprache versteht, so wird er bemerken, dass der kleine Mann vor ihm das Rückgrat durchdrückt und dabei auch das Kinn ein wenig hebt, bis er kerzengerade aufgerichtet dasteht: eine Aufforderung, dass um sein Volk zu retten auch er, Liam Shanahan, das Rückgrat durchdrücken müsse und den Blick heben, oder er wird für den Rest seines Lebens geduckt laufen.[1]
 1. Bluff (convey secret message) = 25
« Letzte Änderung: 18.04.2015, 16:55:14 von Basilio Aristide »
"Call no man happy until he is dead."

"War," he sung, "is toil and trouble;
Honor, but an empty bubble."

Elrynor Ivsaar

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Dorwida
« Antwort #298 am: 20.04.2015, 19:40:53 »
Wieder wurde sich Elrynor bewusst, dass er trotz des Misstrauens, des Hasses oder ganz einfach der Abneigung, die ihm entgegen gebracht wurde, noch immer einiges mit den Bewohnern dieser Stadt gemein hatte. In seiner Situation, war diese Erkenntnis aber leider nur ein schwacher Trost. Wenn die Fluchtaktion schief laufen würde, würde nicht nur er selbst, sondern auch seine ganze Familie hingerichtet werden.
Rowan war zwar seiner Meinung aber anscheinend hatte der Blutumhang Angst, dass der Kargi sich mit ihm verbünden würde. Tatsächlich wäre Elrynor dieser Idee nicht wirklich abgeneigt - wenn sein Vater nicht schon für die Flucht gesorgt hätte. Denn auch wenn er Kargis verachtete, konnten sie für seine Zwecke missbraucht werden. Ihm war sein Leben deutlich lieber als die wenigen Minuten, die er sich für die Flucht an dieses Tier halten müsste. Auf wen würde man wohl als Erstes die Bögen richten? Einen Volksfeind oder einen Verräter und Magier?
Zum Glück musste Elrynor nicht auf diese Möglichkeit zurückgreifen. "Nur ein paar Stunden und dann bin ich diesen stinkenden Haufen wieder los."

So beobachtete er gespannt - was blieb ihm auch anderes übrig - wie der Kargi verlegt wurde. Das dabei der Blutumhang Befehle ausführen musste und seine Worte und Bedenken in den Wind geschlagen wurden, gefiel Elrynor, auch wenn er so eine Möglichkeit vermutlich anstelle der Wache voll ausgekostet und noch einen draufgelegt hätte. Vielleicht ergab sich ja auf der Flucht noch eine Möglichkeit, dem Blutumhang zu zeigen, was Elrynor von diesem Arschkriecher des Fürsten hielt.
Er rutschte noch weiter in die Ecke, als der Kargi in eine Zelle gebracht wurde und erwidert seinen Blick. Auch die Aufforderung, nicht zu Nahe zu kommen, beruhte auf Gegenseitigkeit und der Hexer ar froh, dass er diesem Monster nicht näher kommen musste. Auch wenn er nicht wirklich Angst vor dem Krieger hatte, so erkannte er, dass der Kargi trotz seiner Verletzungen durchaus in der Lage sein würde, ihn in zwei Stücke zu reißen und das flößte ihm zumindest Respekt und Vorsicht ein. Es war nicht mehr als eine wilde, tierische Kraft aber auf diesem kleinen Raum, würde das reichen.

Elrynor beobachtete seinen neuen Zellennachbarn genau. Die Verletzungen, die wahrscheinlich von Folter stammten, hatte der Kargi sich garantiert verdient. Er fragte sich noch nicht einmal, was der Grund für die Gefangenschaft und Folter war - so sehr er den Fürsten auch für das hasste, was er ihm angetan hatte, so war er doch immer ein Unterstützer seiner Abschottungspolitik gewesen und dazu gehörte auch, dass diese Tiere auch so behandelt wurden, wie sie es verdient hatten. Er hatte kein Mitleid mit ihm.
Den Blick schließlich von dem Kargi lösend, richtete sich Elrynor dem neuen Gefangenen zu, der in die gerade freigewordene Zelle gebracht wurde. Er richtete sich auf und stellte sich an die Zelle, um etwas genauer erkennen zu können, wer dort in die Zelle gebracht und vom Medicus behandelt wurde.

Khenubaal

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Dorwida
« Antwort #299 am: 21.04.2015, 14:57:23 »
Maniks klagende Worte gehen im allgemeinen Raunen der Menge unter. Dann schreiten schon Männer der Siedlungswache sowie die vier Krieger mit den blutroten Umhängen - anscheinend eine Art Elitetruppe - zur Tat, und das bedeutet: auf die Gefährten zu.

Basilio bringt sein Zeichen an und kann erleichtert feststellen, dass Liam es gesehen hat. Der Hauptmann der Siedlungswache steht mit zerknirschtem Gesicht dar, doch er nickt kaum merklich als Antwort. Dann sind schon zwei Elitekrieger und zwei einfache Wächter bei Basilio und Sanjan und packen diese an den Oberarmen, um sie abzuführen.

Ähnlich ergeht es Manik. Tarqetik dagegen wird weniger zuvorkommend behandelt. Die drei Männer, die ihn mit ihren Pfeilen bedrohen, verharren trotz - oder wegen? - seiner Worte regungslos. Doch der Klingenmeister der Elitekrieger, der Sanjan die Reliquien aus den Händen gerissen hatte, tritt an ihn heran und rammt ihm ohne Vorwarnung sein Knie in die Weichteile. Der brandobische Krieger krümmt sich vor Schmerz, da packt ihn Nola am Oberarm und zischt ihn an: "Bedrohe die Männer noch einmal, und es ist mein Schwert, das ich dir zwischen deine Lenden rammen werde."

Die Stimme ist tief und kalt. Ungewöhnlich für einen Elfen, aber sehr passend zu gerade diesem Mann. Dann zieht Nola Tarqetik mit einem Ruck barsch wieder in die Aufrechte und stößt ihn mit der anderen Hand den Wächtern entgegen. "Abführen!"

Die Gefährten sehen noch, wie Aisling Adair zum Thron schreitet und mit ihrem Vater zu sprechen beginnt, während weitere Wachen einen Korridor durch die Menschenmenge öffnen, durch den sie abgeführt werden sollen, und gleichzeitig die Massen davon abhalten, zu nahe an den Thron zu kommen. Während sie von Wachen begleitet durch die Gasse schreiten, betrachten sie Dutzende von Gesichtern von beiden Seiten. Einige sind voller Hass und Abscheu - mermals versucht man sie anzuspucken. Zum Leidwesen von Manik, einmal sogar mit Erfolg.

Doch andere Gesichter zeigen Sorge oder Angst. Der Fhokki erblickt wieder Mealis in der Menge, die mit einem traurigen Gesichtsausdruck der Gruppe nachschaut und ihren Kopf, wie aus Scham, senkt, als sich ihre Blicke treffen. Basilio und Sanjan machen dagegen Fearchara in der ersten Reihe aus. Anscheinend hat sie sich von ihrer Amme losgerissen, die gerade fieberhaft versucht, mit Torin im Schlepptau das Mädchen einzufangen. Als die Männer an ihr vorbeikommen ruft sie zu Basilio. "Tut mir Leid, Gryphius. Ich werde nochmal mit Opa reden - versprochen!" Dann packen ihn wieder die Hände der Wachen und zwingen ihn vorwärts.

Die Gefährten werden von den Wächtern durch Jaylin nach Norden getrieben. Einige Schaulustige folgen im sicheren Abstand von hundert Fuß, doch schon bald nimmt die Anzahl der Gebäude ab und es ist klar, dass sie dabei sind, das Dorf zu verlassen. Beim letzten Bauwerk, einer kleineren, abgeschlossenen Hütte am Fuße einer großgewachsenen Eiche, halten die letzten Schaulustigen an und die Gruppe - vier Kämpen, ein knurrender, treuer Wolf und insgesamt neun bewaffnete elfische Krieger - setzt ihren Weg durch den Wald fort.

Ungefähr eine halbe Meile später erreichen die Männer ein Ansammlung aus drei Gebäuden. Die Gefährten sind nicht überrascht, dass es sich um einen Kerker handelt, doch sie sind sehr wohl davon überrascht, wie dieser Kerker aufgebaut ist. Eine kleine Hütte bildet den Anfang und soll wohl als Wächterhäuschen dienen. Zwei Dutzend Fuß von ihr entfernt stehen zwei rechteckige, steinerne Bauten einandern gegenüber. Sie sind knapp zwanzig Fuß lang und sieben oder acht Fuß breit. Das Dach und drei Wände bestehen aus Stein. Eine lange Seite - jeweils die dem anderen Bau zugewandte - besteht aus einem durchgehenden Gitter aus Eisenstäben. Diese beiden Bauten sind also die beide Zellen des Kerkers von Jaylin - auch wenn das Wort Kerker hier nicht passend erscheint.

Dann fällt den Gefährten die weiße Robe des Medicus in der linken Zelle auf und sie erkennen, das die Tür zu dieser Zelle offen steht. Einige Schritte später ist zu sehen, wie Daragh sich über einen Verletzten auf einer Pritsche beugt - es ist Ragnar. Zumindest verweigert man ihm anscheinend nicht die Behandlung.

Zwischen den beiden Zellen brennt ein Lagerfeuer und zwei Siedlungswächter sowie ein Elitekrieger sind um dieses herum verteilt. Als sie die große Gruppe nahen sehen, springen zwei von ihnen auf. Die Siedlungswache tritt vor und ruft: "Cad atá ar siúl? Cé hé sin?"

Von einem der Wächter, die die Gefährten begleiten, kommt die Entgegnung ebenfalls auf elfisch. Wahrscheinlich eine Erklärung dafür, warum sie hier sind. Was immer der Mann gesagt hat, es hat jedenfalls dem beumhangten Krieger am Lagerfeuer nicht gefallen. Dieser lässt eine Tirade los, der auch ohne Kenntnis der Elfensprache anzumerken ist, dass er wütend und unzufrieden ist. Schließlich ruft einer der Elitekrieger, die die Gruppe begleiten: "Ciúin, Rowan. Gceannas ar an Prionsa, mar sin calma síos." Daraufhin verstummt der Mann.

Als die Gruppe näher herantritt, steht die andere Siedlungswache ebenfalls auf und beginnt, die Tür zur rechten Zelle aufzushließen. Anscheinend soll Ragnar weiterhin allein mit dem Medicus verbleiben und so sollen alle anderen Kämpen in die andere Zelle. Das wäre auch so schon eng geworden, doch nun dürfte es noch enger werden, denn die Gefährten erkennen, dass die Zelle nicht leersteht. Nein - ein hochgewachsener Elf mit blonden, langen Haaren sitzt bereits darin ein und mustert die Neuankömmlinge argwöhnisch, während die Wächter in ihrem Rücken wieder über etwas streiten. Und ein weiterer Gefangener sitzt in der Zelle. Ein Kargi. ein breitschultriger Krieger mit wulstigen Muskeln, dicken Oberarmen, breiter Brust und Stiernacken. Mit ungebändigtem, von Blut und Dreck verklebtem, schwarzen Haar, das ihm lockig bis über die Schultern reicht, flammenden Augen und den grimmigen Zügen eines Kämpfers. Man sieht ihm an, dass er geschlagen, ja misshandelt worden ist. Blutergüsse und Schnitte sind zu sehen. Mindestens eine Rippe scheint gebrochen und ein Auge ist zugeschwollen. Er hockt in einer Ecke der Zelle und beobachtet die Neuankömmlinge voller Misstrauen und Zorn.

"Rein mit euch", hören die Gefährten hinter sich die Anweisung der Wachen und schon werden sie hineingeschubst in die Zelle durch die eben geöffnete Zellentür. Dann fällt diese wieder klirrend zu und das Schloss wird angelegt und verschlossen.



~ ~ ~

Elrynor begibt sich nach vorne, um das Geschehen in der gegenüberliegenden Zelle zu betrachten. Er sieht, wie Daragh, der Medicus von Jaylin, sich über einen Verletzten beugt, um diesen zu behandeln. Der Mann ist offensichtlich kein Elf. Es ist ein großgewachsener Hüne - wie die Nordmänner, von denen er gehört hat. Doch was macht er hier?

Es vergehen jedoch nur wenige Minuten, in denen sich Elrynor mit dieser Frage und den Gedanken an den bevorstehenden Fluchtversuch beschäftigen kann, da erhebt sich wieder Lärm, und er sieht wie fast ein Dutzend elfischer Krieger vier Gefangene samt einem Wolf zu den Zellen prozessieren. Es scheint, als würde seine Einzelzelle in wenigen Augenblicken von einer Doppelzelle zu einem Gemeinschaftsraum mutieren. Padraig springt auf und ruft zu den Wächtern: "Was ist den jetzt los? Wer sind das denn?"

"Gefangene. Abgesandte der Kargi. Wahrscheinlich Spione. Auf Befehl des Fürsten sollen sie erstmal eingekerkert werden. Morgen wird ihnen der Prozess gemacht. Sie sollen zu den beiden anderen." Die Antwort kommt von einem der Wächter, die die neuen Häftlinge eskortieren.

Als Sullivan das hört, ist der Blutumhang nicht mehr zu beruhigen. "Was? Seid ihr völlig verrückt. Diese Zellen sind für maximal drei, vier Gefangene gemacht. Das ist ein zu großes Risiko. Dann soll der Alte wieder verschwinden und wir schließen einige von denen mit dem Sterbenden dort drüben ein!"

"Ruhig, Rowan. Befehl des Fürsten, also reg dich ab", kommt als Antwort und als Elrynor hinausspäht, erkennt er, dass ein anderer Blutumhang - einer, der die neuen Gefangenen begleitet - die Antwort gegeben hat. Dann tritt die Gruppe näher und Elrynor erkennt die vier Männer, wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können, sowie einen grauen Wolf, die allesamt von den Wächtern in die Zelle hineinbefördert werden, während sich Rowan weiter beschwert. Ein großgewachsener Hüne mit breiten Schultern, ein nicht minder gefährlich wirkender Nordmann. Ein schmächtig, aber wendig wirkender Mann mit schlankem Gesicht und ein Halbelf, der wie ein Wilder aus diesen Landen gekleidet zu sein scheint. Eine obskure Auswahl, die durch den Kargi-Abschaum in seiner Zelle nur noch obskurer wird. Das Ganze wirkt wie ein Scherz des Schicksals - und zwar wie ein schlechter.
« Letzte Änderung: 28.10.2015, 20:30:46 von Khenubaal »

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