Überrascht lauschte Tián den Worten von Frau Tanaka und fragte sich wie doch gleich der Name ihres Unternehmens war. Denn es hörte sich für ihn zu verlockend an. Leider stellte er fest, dass sie dies nicht gesagt hatte oder er sich einfach nicht daran erinnerte. Da wäre jetzt ein Gedächtnis wie das von Jonas sehr praktisch.
Dem Interview hörte er nur beiläufig zu. Die Worte von Frau Tanaka hatten schon bewirkt, dass er seine totale Abwehrhaltung aufgab. Besonders bei dem –Dorn im Auge der Pharmaindustrie– musste er schmunzeln. So ein Rebell war er nicht, aber er hatte seine Prinzipien und seine Prinzipen schienen nicht so unterschiedlich zu sein wie die dieser Firma. Das stellte er fest, als sie über die Forschungsweise der Wissenschaftler sprach. Wo er so darüber nach dachte, würde bei ihm am Ende genau so eine Haltung dabei heraus kommen. Kostendeckendes Arbeiten mit Profit der in unprofitable aber bewegendere Forschung gesteckt wurde.
Diese sehr schöne Frau machte ihm also beim zweiten darüber nachdenken ein sehr gutes Angebot. Für den Augenblick einen Wimpernschlages gab er sich einem anderen Gedanken hin. Dem Gedanken, dass sich so wohl jemand fühlen müsste, wenn eine Göttin einem ein Angebot machte. Die Göttin Saraswati kam ihm bei der Geste von Frau Tanaka in den Sinn. Mit ihren schwarzen Haaren und dieser Anmut schien sie auch wahrlich einer Göttin nahe.
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf, hörte er ihr lächelnt weiter zu und ihr Angebot wurde noch verlockender. Dann zückte sie auch schon ihr iPhon und präsentierte ihm den Xenophyophoren. So auf die Schnelle vielen ihm nur die Eckpunkte dieser Spezies ein. Faszinierend, dass so eine Spezies gleich am Ende der vier Kabel leben soll. Als sie dann noch offenbarte, dass die Xenophyophore ein Substanz absondert, welche medizinisch relevant war, weiteten sich seine Augen. Sofort ratterte sein Hirn los. Da es sich um einen Einzeller handelte und Zellen im Grunde ähnliche Aufbaustrukturen hatten, war so eine Enddeckung medizinisches Gold wert. Denn eine einzelne Zelle war einfacher zu untersuchen als ein Zellenkomplex wo noch gegenseitige Wechselwirkungen hineinspielen konnten. Wobei natürlich die Tiefseebewohner die am wenigsten untersuchten Lebewesen der Welt waren. Denn wie hieß es? Der Mond war besser untersucht als die Tiefen unserer eigenen Meere.
Schwer atmete er aus, um sein Hirn zu stoppen weiter über die Möglichkeiten nachzudenken. „Frau Tanaka mir fallen sofort dutzende von Fragen ein. Fragen die nicht öffentlich gestellt werden sollten, noch nicht. Es…“ Er musste da eine Pause machen. „Es verschlägt mir förmlich die Sprache. Eine Xenophyophore, ein Einzeller der nach dem Bild mehr als zehn Zentimeter groß ist, und damit in die Normalgröße seiner Art hineinfällt, soll eine Substanz absondern mit medizinischer Relevanz. Wau, einfach nur Wau.“ Wieder atmete er tief aus um seiner Aufregung Einhalt zu gebieten. Es sah nicht professionell aus, wenn ein Arzt wie ein kreischendes Mädchen vor einen Popstar dastand aber so ähnlich fühlte er sich gerade.
„Linda, eine andere Mitarbeiterin von Professor Layne erzählte mir, dass der Professor auf der Spur nach einer neuen Art war. Nach dem Symposium und ihrem Treffen mit ihm hat das eine mit dem Anderen aber nichts zu tun oder? Selbst wenn nicht, genau deswegen wurde dieser Komplex gegründet, nicht war? Nicht als Ausflugsort für irgendwelche Sternchen oder als Militärbasis sondern als reine Forschungsstation. Damit die Forscher einzeln aber auch gemeinsam die Tiefsee und das Meer um sie herum ergründen konnten.“ Er breitete eine Hand aus und zeigte damit auf den Ozean um seine Worte zu unterstreichen. „Frau Tanaka wenn die beiden Projekte nichts miteinander zu tun haben, es ehrt mich, dass sie mit dieser Entdeckung zu mir kommen und ich wäre ein Dummkopf wenn ich nicht zusagen würde. Natürlich als gerne als freier Mitarbeiter aber nachdem was sie sagen, passt die Philosophie ihrer Organisation zu der meinen. Kann ich eine Karte von ihnen haben?“ Er lächelte leicht. Mit dem Namen wollte er die Worte von Frau Tanaka überprüfen und als freier Mitarbeiter könnte er eh jederzeit aussteigen, wenn etwas gegen seine Prinzipien ging. Innerlich und äußerlich lachte er gerade. Denn mit dem Xenophyophoren hatte sie gerade einen Köder ausgeworfen, den er samt Hacken einfach schlucken musste.
„Uh, ich kann mir gerade vorstellen was für eine Aufregung diese Entdeckung bei ihren Forschern auslöste. Puh, also ich weiß nicht wie ihr Team zusammengestellt ist aber falls sie noch eine Taxonomin sowie Epigenetikerin und einen Ingenieur mit einen fotographischen Gedächtnis benötigen finden sie diese auch im Team von Professor Layne.“ Wieder lächelte er. „Oder frage ich einmal anders. Wenn ich denke das die beiden dem Projekt um die Xenophyophore behilflich sein könnten, dürfen sie dann auch mitmachen? Beim Ingenieur könnte ich mir vorstellen, dass er eine Kammer entwickelt, die die Verhältnisse in der Tiefsee nachahmt. Schließlich wäre das eine, dass mit einer der ersten Schritte. Mh, oder der Stoff entwickelt sich erst durch den Druckunterschied, das langsame Aufsteigen oder oder oder. Wo war nochmal ihr Labor? Wollen wir nicht gleich losgehen?“ Fast vergaß er dabei sein Versprechen mit dem Filmabend und die sonstigen Aufgaben. Aber erst einmal stoppte er seinen Redefluss. Denn er ahnte jetzt schon, dass die Nacht heute sehr kurz werden würde.