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Autor Thema: Akt I - 28 Tage überfällig  (Gelesen 48049 mal)

Beschreibung: Episode 1.1

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Cesare Serafino

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #60 am: 22.11.2015, 23:20:07 »
Als der bleiche Fremde ihn ansprach, stieß Cesare noch zweimal zu, dann ließ er ab und warf die Flinte in den Schnee.

Was er tat? Nun, das war doch offensichtlich. Aber so mühsam, wie der Kerl ein paar Brocken Borcisch zusammenklauben musste, kannte er vielleicht das Wort 'eigentlich' nicht. Dachte man sich nämlich 'eigentlich' dazu, dann hätte er nach dem Zweck von Cesares Tun gefragt: Was machst du hier eigentlich?

Dadurch wurde die Sache schon interessanter, denn das war gar nicht so leicht zu beantworten. Außerdem kam man dadurch der Frage nach dem Warum gefährlich nahe: Warum tust du das? Und darauf wusste Cesare keine Antwort, obwohl er sich sicher war: was er getan hatte, hatte dringend getan werden wollen. Deswegen verstand er eigentlich nicht, warum es erklärt werden musste, aber er versuchte es dennoch:

"Der alte Franz, nicht er hätte sollen schlagen seinen Jungen immer. Nun der arme Junge ist tot und nicht er hat gekannt nichts von die Leben außer Schläge."
È caduta, è caduta Roma eterna. Ed è diventata covo di demòni,
santuario di ogni spirito immondo, nido d'ogni uccello impuro e aborrito.

Kemwer

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #61 am: 23.11.2015, 00:21:26 »
Kemwer besah sich kritisch den abgetrennten Kopf, der vor ihm im Schnee lag, bevor er erneut die Augen schloss. Wenn man ihn nun genau beobachtete, konnte man sehen, wie sein augenloser Blick nacheinander jeden einzelnen der gefallenen Leperos anvisierte, ein paar Sekunden auf ihm verweilte und dann, begleitet von einem kurzen Nicken, weiter glitt.
Offensichtlich mit dem Ergebnis seiner 'Inspektion' zufrieden, öffnete der Afrikaner die Augen wieder und begann, mit einer Hand voll Schnee das zähflüssige Blut von seiner Klinge zu säubern. Er blickte kurz zu Sigmar, begleitet von einem knappen "Nicht verletzt", dann sah er zu Cesare hinüber.

"Wenn du seinem Vater den Schädel zertrümmerst, macht das die Schläge des Jungen nicht ungeschehen. Hier gibt es noch nicht mal Schakale, die es dir danken würden, dass du ihnen die Arbeit erleichterst, also spar dir deine Kräfte - mag sein, dass das nicht unsere letzte Begegnung mit den Ghuray war."

Für seine Körpergröße hatte Kemwer eine erstaunlich weiche und melodische Stimme - die Beiläufigkeit, mit der er aber während des Sprechens Knochensplitter und Gewebefetzen von seinem Sichelschwert wischte, ließ keine Zweifel daran aufkommen, dass diese Art von Vorkommnissen für ihn keineswegs ungewöhnlich waren.
« Letzte Änderung: 23.11.2015, 00:21:52 von Kemwer »

Dirty Dan

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #62 am: 23.11.2015, 10:55:35 »
Das war gerade so noch einmal gut gegangen. Mit dem letzten Schuss war Dan eine Idee gekommen. Ich muss versuchen, Lucy zu modifizieren. Das muss schneller gehen, keine Frage. Aber vermutlich werd ich sobald nicht dazu kommen. Und außerdem stehen jetzt andere Dinge oben auf der Liste. Zum Beispiel, was das da für ein bunter Haufen ist.

Mit diesen Gedanken schnallte sich der drahtige Schrotter seinen Rucksack um, zog seine Mütze zurecht um sich vor der eisigen Wind zu schützen und legte einen Pfeil auf die Sehne. Derart vorbereit verließ er seine Deckung des Gebüschs und wanderte ruhigen Schrittes durch den Schnee Richtung Altena. In Sigmars Richtung streckte er den Daumen nach oben und sah zu Altena als er bei ihr ankam. Sie hatte etwas abbekommen, das war ganz klar ersichtlich. Sofort ging sein blick wieder zu Sigmar und er rief ihm zu: „Meister, hier her! Die Soldatin hat’s schwer erwischt!“

„Halte durch! Es kommt Hilfe.“ Noch während er Altena ermutigte, blickte er auf ihre Wunden ohne wirklich viel Ahnung von Medizin zu haben. Er zwinkerte ihr kurz zu und wandte sich dann der zur toten Lepera. Der Pfeil oberhalb des Schlüsselbeins war abgebrochen bei dem wilden Kampf der beiden Frauen. Aber der Pfeil im Bauch schien noch brauchbar zu sein. Dan griff nach dem letzten Stück Schaft der aus dem kalten Körper schaute und zog kräftig daran. Mit einem Schmatzen hatte er seinen Pfeil wieder. Das Blut und andere Überbleibsel wischte er an der restlichen Kleidung der Toten ab, rieb den Pfeil noch einmal mit Schnee ab und verstaute ihn wieder im Köcher. Dann er hob er sich und betrachte die Szenerie ausführlicher.

Leon Kowalski

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #63 am: 23.11.2015, 21:11:20 »
Leon gab keinen Ton von sich.[1] Er schob sein Messer zurück in die Oberschenkelscheide und musterte stillschweigend Altenas Verletzungen. Sie schienen nur oberflächlich zu sein.[2] 'Gut. Gut für sie. In diesem Schneesturm wäre es faktisch unmöglich, einen Sterbenden wieder zusammenzuflicken.', dachte der Spitalier.

So wandten sich die Sichtöffnungen von Leons Gasmaske von der Hellvetikerin ab, um den Rest des Schlachtfeldes abzusuchen. Es hatten offensichtlich nicht ausschließlich Träger der Saat ihren letzten Atemzug getan. Niemand von jenen, die sich noch rührten, baten um medizinische Hilfe. Immerhin. Von sich aus bot der Spitalier auch nichts an. Immerhin gehörte er keiner Wohlfahrtsgemeinschaft an. Und dennoch: Leon war davon ausgegangen, dass die Gruppe um den Richter, den Schwarzhäutigen und den axtschwingenden Hühnen in der Lage war, sich selbst verteidigen zu können. Offensichtlich hatte er in dieser Annahme falsch gelegen. Innerlich scholt sich Leon für seine Fehlkalkulation, hatte sie doch wertvolle Menschenleben gekostet. Für seinen Fehler hatten andere mit ihrem Leben bezahlt. Leon nahm sich vor, diesen nicht zu wiederholen.

Schließlich wanderte der Blick des Spitaliers zu der Hellvertikerin vor ihm zurück und endlich ergriff er das Wort in einem schroffen, militärisch präzisen Borcisch. "Wenn du das Ausbreiten der Fäulnis bekämpfen willst, Soldat, dann müssen die Leichen der Saatträger verbrannt werden." Leons felsenfeste Überzeugung machten es dem ungewohnten Zuhörer leicht, diese Worte als Befehl an die Hellvetikerin aufzufassen. Im Protektorat wäre es auch genau dies gewesen. Doch hier im warmen Süden war dies anders. Die Hellvetiker duldeten auf ihrem Territorium keine andere Autorität als ihre eigene. Selbst dem Spital gedachten sie allenfalls eine beratende Funktion zu. Doch kein Spitalier wurde je für seine Nettigkeit geschätzt. Also sah er sich auch nicht dazu veranlasst, eine unumstößliche Wahrheit hinter wohlklingenden Floskeln zu kleiden. "Je schneller du damit beginnst, Soldat, um so sicherer ist es für dein Land. Und eile dich. Sofern dies nur ein Teil einer größeren Gruppe Saatträger war, weiß der Rest der Gruppe sehr genau, wo er uns finden kann.".

Mit diesem zweiten "Ratschlag" wandte sich Leon von der Hellvetikerin ab und ging zurück zu seinem Spreizer. Er zog befreite die Waffe mit einem Ruck aus dem schnell auskühlenden Kadaver, reinigte sie im immer mehr werdenden Schnee und betrachtete das voll erblühte Stigma des Saatträgers. 'Pandora.', stellte Leon innerlich fest und machte sich eine Gedankennotiz hierzu. Dann schaute er zu den Plünderern hinüber und dachte angewidert: 'Die Aasfresser sind natürlich sofort zur Stelle, kaum dass die Schlacht geendet hat. Das scheint ein Naturgesetz zu sein.' Leon wandte sich von der Szenerie ab und ging zurück zum Waldrand, um seinen Rucksack wieder aufzulesen.
 1. Es gab auch keinen Schrei beim ersten Ansturm.
 2. Ich hatte mir hier eine SL-Beschreibung gewünscht, aber auch nach 24 Stunden gab es leider keine Reaktion auf meine Anfrage, daher diese Annahme hier.
"Unschuld beweist gar nichts."

Mose

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #64 am: 24.11.2015, 07:53:59 »
Mose blickte sich nach weiteren Feinden um[1]. Doch weder auf dem freien Feld noch im nahen Dickicht waren weitere von den verfluchten Wesen zu erkennen. Daher gab Mose dem toten Leperos noch einen schweren Tritt und wandte sich dann dem Africaner zu. "Ich habe nie einen Deiner Art mit eigenen Augen gesehen. Schon Jahre ist es her, dass Eure Entdecker und Eroberer von den Clans und Stämmen aus dem heiligen Land zurück ins Meer gedrängt worden sind. Ihr habt einen starken Willen und nehmt Euch, wie Ihr braucht. Aber auch wir sind stark und der HERR ist auf unserer Seite. Noch habe ich keinen Streit mit Dir. Also komme mir nicht in die Quere. Und vor allem, Deiner Hifle im Kampf bedarf ich nicht."
 1. Wahrnehmung ohne Erfolg
« Letzte Änderung: 24.11.2015, 07:54:35 von Mose »
Am Tag des HERRN wird der Spross Israels in Herrlichkeit strahlen über den Entkommenen. Und wer in Zion übrig geblieben ist, wird heilig heißen, jeder, der zum Leben aufgeschrieben ist. - nach Jes 4

Kemwer

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #65 am: 24.11.2015, 10:49:12 »
Kemwer wischte die letzten Reste versportes Gehirn von seiner Klinge, bevor er sie sich wieder umhängte. Er sah zu Mose hoch - eine eher ungewohnte Perspektive für ihn - und zuckte leicht mit den Schultern.
"Ich bin nicht hier, um eure Länder, euren Besitz oder eure Frauen zu stehlen. Ich bin hier, um die Welle zu reinigen. Wenn du der Meinung bist, im Kampf keine Hilfe zu brauchen, soll mir das recht sein, aber deine Wunde straft die Worte Lügen.

Cesare Serafino

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #66 am: 24.11.2015, 12:13:41 »
Die Einmischung des Africaners kam wenig überraschend. Endu mischte sich auch gerne überall ein und verteilte gute Ratschläge in geduldigem Ton, wie ein Vater seine noch sehr unverständigen Kinder belehren und ermahnen würde. Cesare zuckte mit den Achseln.

"Ich hätte vorgezogen zu tun es, als der Vater lebte noch, aber da wir ihn haben gebraucht als den unseren Führer."

Und jetzt waren sie ohne Führer inmitten dieser weißen Hölle. Cesare zog seine Fellmütze zurecht, die ihm bei dem Zusammenprall mit dem bleichen Fremden von den Ohren gerutscht war, und umschlang sich fröstelnd mit den Armen. Fanden sie wenigstens noch den Weg zurück? Vor? Vielleicht konnte die verletzte Einheimische da drüben helfen, aber da schien Richter Mehler sich schon drum zu kümmern.

Die Bemerkung des Balkhaners war in einer Hinsicht ebenfalls wenig überraschend—balkhani schafften es, wegen jedem Scheiß beleidigt zu sein, und zwar immer gleich tödlich—andererseits aber doch enigermaßen verblüffend: ein balkhano, der vom HERRN redete wie ein Wiedertäufer. Seltsam. Vielleicht war er als Kind in deren Hände geraten und aufgezogen worden? Und jetzt beleidigte der Africaner ihn auch noch richtig, indem er ihn als Lügner und schlechten Kämpfer bezeichnete. Das konnte ja heiter werden. Einen schlechteren Augenblick, um Streit anzufangen, hätten sie kaum finden können.

"Jeder hat nötig von Hilfe. Jeder ist mehr stark in einer Schar." Er sah vom Africaner zum Balkhaner zu dem Blassling. "Cesare", stellte er sich vor (wie gestern abend schon einmal, aber da war keiner von ihnen zu einer Antwort gekommen, weil Mehler sich Cesare gleich geschnappt hatte). "Aus Roma. Und für mich ist sehr recht, wenn mich jemand hilft in die Kampf." Er nickte dem Balkhaner zu. "Danke."
« Letzte Änderung: 24.11.2015, 13:23:35 von Cesare Serafino »
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Mose

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #67 am: 24.11.2015, 15:28:30 »
Mose wollte gerade etwas auf die Antwort des Africaners erwidern, da erhob sich der schlanke Mann vom Gebet und mischte sich. Mose hatte dessen Gebet erkannt, zumindest in der borkhischen Rezitation. Mose war einigermaßen überrascht, so dass er sich des Africaners schnell entledigen wollte. "Ich habe sie bis eben nicht gemerkt.", bemerkte er abweisend und pegte die Hand auf seine Flanke.

Dann wandte er sich dem Roma zu und musterte diesen augenfällig. Dann sagte er: "Du betest den 130. Psalm, doch der Text ist verändert. Nicht die Welt wartet auf ihren Erlöser, sondern die Stämme Israels. Du bist wohl einer der Täufer, richtig? Lass Dir gesagt sein, dass Du umsonst wartest. Aber was solls?" Mose stimme wurde nun bitter. Er holte aus und trat mit dem Stiefel kräftig in die Seite des Leperos vor ihnen. "Wir alle warten umsonst. Der HERR liebt seine Kreatur nicht mehr. Er sendet die Plage, um uns alle zu vernichten. Weißt Du, warum er es nicht sollte?"
Am Tag des HERRN wird der Spross Israels in Herrlichkeit strahlen über den Entkommenen. Und wer in Zion übrig geblieben ist, wird heilig heißen, jeder, der zum Leben aufgeschrieben ist. - nach Jes 4

Cesare Serafino

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #68 am: 24.11.2015, 16:46:19 »
Als der balkhanische Barbar ihn auf sein Gebet ansprach, wurde Cesare zuerst leicht panisch. Nicht, dass man es seiner Miene angesehen hätte, aber seine Gedanken überschlugen sich:

Was? Ich soll es falsch aufgesagt haben? Nein, ich bin mir sicher, dass ich den Text richtig in Erinnerung habe. Psalm, Psalm, soll das ein Name für 'Gebet' sein? Haben die Erwachsenen das so genannt? Ich weiß es nicht. Ich kenne das Gebet jedenfalls nur als Totengebet. Davon gab es wohl verschiedene, vier oder fünf bekäme ich zusammen, aber waren die durchnummiert? Bis 130 gar? Das kann ich mir nicht vorstellen. Und wer bitteschön sind die Stämme Israels? Aber gut, was er da zum Schluß sagt, das zeigt doch: keine Ahnung vom Glauben der Wiedertäufer. Also doch nicht von ihnen aufgezogen. Oh je, aber er will jetzt nicht wirklich über Religion diskutieren? Dann lass es uns nur schnell hinter uns bringen, bevor Sigmar oder der Kalkschädel dazustoßen.

"Der Herr, nicht er hat gesandt die Plage, um zu vernichten uns", widersprach er dem Balkhaner, der sich noch immer nicht vorgestellt hatte. "Die Plage, wie auch die Welt, sie ist erschaffen vom Demiurgen, dem die Menschen sich haben unterworfen; als der Herr hat zerschlagen den Leib des Demiurgen, so auch sein Werk, doch sterbend dieser gebar seine Brut. Wir Wiedertäufer, nicht warten auf einen Erlöser. Die Jehammedaner, sie warten darauf, damit Gott rettet nur allein sie. Aber Gott, nicht er wird retten keinen Menschen, bevor nicht alle Menschen ihm haben gezeigt, dass sie sind das seine Volk noch. Und die Brut, wir sie müssen vernichten wie der Herr hat vernichtet den Demiurgen."

So, das hätte sein Vater sagen können. Oder war es sein Vater gewesen, der ihm das als Jungen so erklärt hatte? Ein Gesicht schwebte vor Cesares innerem Auge, doch er konnte es nicht zuordnen. Die Stimme war sanft gewesen und fest zugleich. Danach gab es Schläge. Irgendwas hatte Cesare falsch gemacht. Aber es waren nur ein paar harmlose Schläge auf den Hosenboden gewesen, kein Vergleich zu dem, was Cesare später kennengelernt hatte. Angeblich taten sie der Person, die sie austeilte, sogar weher als ihm. Diesen Spruch hatte Cesare sich gemerkt und später selbst verwendet. Es war natürlich totaler Schwachsinn.

Cesare nickte zum Spitalier hinüber. "Wenn du willst Hilfe mit die deine Wunde, du ihm es musst sagen. Spitalier nicht tun nichts niemals von allein."

Danach ging er zum nächsten lepero hinüber und begann, ihn in die Mitte des Schlachtfeldes zu ziehen, wo drei weitere eng beisammen lagen. Falls ihn jemand abermals nach dem Zweck seines Tuns fragen würde, hätte er gleich zwei Antworten parat: erstens wusste er, dass der Richter und der Spitalier darauf bestehen würden, die Leichen zu verbrennen, und zweitens fror er einfach zu sehr, um länger still an einem Fleck zu stehen.
« Letzte Änderung: 27.11.2015, 11:08:21 von Cesare Serafino »
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Khenubaal

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #69 am: 25.11.2015, 21:23:54 »
Während Cesare sein Gebet sprach, trat Aeb an die junge Frau am Boden heran und besah sich die Handfeuerwaffe, die sie immer noch mit den erkaltenden Fingern umklammert hielt, genauer. Es schien heute kein Tag für Glücksfälle zu sein. Bereits am Lauf erkannte er, dass die Patronen dieser Pistole nicht für seine Waffe zu gebrauchen sein würden.[1]. Ein schneller Blick ins Magazin, in dem ein einsames Geschoss der Leere von 11 freien Slots trotzte, bestätigte seine Ahnung.

Da wandte sich Aeb um, und stellte seine Frage an den Apokalyptiker, der eben auf den Kopf ihres toten Führers eindrosch. Seine einfache Frage, Cesares Antwort und das Totengebet danach lösten eine unwirklich wirkende, spirituelle Diskussion aus. Aber vielleicht war gerade das passend für Menschen, die eben noch dem Tod ins Auge blicken mussten. Sigmar jedenfalls drehte sich mit einem skeptischen Blick in Richtung Cesare und Mose um, als sie das Gespräch aufnahmen.

Derweil konnte Kemwer einen ruhigen, tiefen Atemzug nehmen. Die Welle hatte sich beruhigt. So sehr er sich auch konzentrierte, er spürte keine Träger der Fäulnis mehr in unmittelbarer Nähe.

Als Leon die immer noch auf dem Boden liegende Hellvetikerin ansprach und dabei Dans Hinweis bzgl. derer Wunden überging, funkelte ihn diese wütend an. Sowohl ihr Gesicht - das Visier war hochgeklappt - als auch der schwere Harnisch waren rot bestrichen; besudelt von Blut. Doch größtenteils schien es das Blut der toten Lepera zu sein.

Schwerfällig richtete sich die Soldatin auf den Ellenbogen auf und fixierte den Spitalier abermals. Sie hatte eine ungewöhnlich dunkle Hautfarbe - anscheinend war sie ein Mischling des Löwen und der Krähe; ungewöhnlich für einen Hellvetiker. Die grünen Augen bildeten einen auffälligen Kontrast dazu. Sie zwang sich in die Sitzposition und wischte das Blut, so gut es ging, vom Gesicht. Jetzt erkannte Leon am Hals einen kleineren, nicht allzu tiefen Schnitt, aus dem Rotes quoll. Außerdem schien das Messer der Lepera sie links unterhalb der Rippen, zwischen zwei Harnischlagen erwischt zu haben. Dort quoll ebenfalls Blut hervor.

"Bei uns Soldaten sagt man erstmal 'Danke', wenn jemand auf unseren Hilferuf[2] hin herbeieilt und uns den Arsch rettet." Mit diesen Worten zwang sich die Hellvetikerin auf die Beine. Sie schwankte leicht, als sie aufstand. Offensichtlich machte ihr den Blutverlust zu schaffen - oder der Schock des Kampfes. Doch sie blieb auf den Beinen und machte rasch einige Schritte zu ihrem Kameraden, der regungslos im Schnee lag. Das Weiß um ihn herum hatte sich rot gefärbt. Das Visier war unten, doch zahlreiche Wunden am ganzen Körper - Messerstiche, Axthiebe, Bisse und Kratzer ließen keinen Zweifel daran, dass dieser Soldat heute im Dienst gestorben war.

"Scheiße!" rief die Hellvetikerin. "Scheiße, Dario - nein!" Sie schlug leicht auf die besudelte Brust des Mannes, während sie ihn anrief, doch natürlich rührte sich der junge Mann nicht mehr. Schließlich beschirmte sie ihre Augen mit der Hand und blieb in der Hocke einige Augenblicke sitzen. Ein Schluchzer war zu hören. Oder war es ein Seufzer gewesen?

Sie ließ die Hand sinken. Eine Träne kullerte ihre Wange herab, grub einen Korridor durch Ruß und Dreck, das sich auf der Wange gelegt hatte. Sie blickte wieder auf zu Leon. „Kümmer‘ dich selbst um die toten Leperos, Gummimann. Ich sorge erstmal für meinen Kameraden, der euch das Leben gerettet hat“, fauchte sie ihn an. Sie griff sich an den Gürtel und holte einen kleinen, unscheinbar wirkenden Kasten hervor. Während sie ihn öffnete, schaute sie zu Dan: “Dan, hilf mir bitte, Dario zu begraben.

Als der Schrotter näher trat[3], sah er, wie Altena einen kleinen Schraubenzieher mit einem sechsseitigen Kopf hervorgeholt hatte und Darios Harnisch aufschraubte. „Ich muss ihm den Harnisch ausziehen, seine Einzelteile verstreuen und die Schrauben behalten, damit er nicht in falsche Hände gerät. Vorschrift, wenn eine Bergung des Leichnams nicht möglich ist. Danach werde ich ihn verbrennen. Nicht mit den Leperos auf einem Haufen. Allein – als Soldaten. Hilfst du mir?

Mehler beobachtete die Szenerie stumm. Er sah noch einmal zu Leon hinüber und murmelte leise, so dass nur der Spitalier es hören konnte: „Lass gut sein.“ Dann wandte er sich ohne abzuwarten ab und stampfte in Richtung der anderen, wo Cesare eben damit beschäftigt war, die Leichen der Leperos zusammenzutragen. Der Richter schaute den Purgher an, nickte leicht und tippte an seinen Schlapphut. Anscheinend eine Geste der Anerkennung. Dann griff er den nächsten leblosen Träger der Saat an den Beinen und zog ihn ebenfalls zum Massengrab.
 1. Aeb hat eine Maschinenpistole mit 4,6x30mm Kaliber; Kathrin eine Pistole mit 9mm Kugeln
 2. Für den Fall, dass sich Leon von dem Hilferuf distanzieren will: Der alte Franz hatte gerufen  :wink:
 3. Das nehme ich an. Falls Dan nicht näher tritt, dann bitte Bescheid geben und ich passe den Beitrag an.
« Letzte Änderung: 25.11.2015, 21:25:02 von Khenubaal »

Dirty Dan

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #70 am: 26.11.2015, 07:18:52 »
Das laute Schreien hatte Dan Altena folgen lassen, besonders nachdem Altena die Hilfe des Spitaliers abgelehnt hatte. Wer konnte schon sagen ob sie sich nicht doch gleich in die rot-weiße Pracht zu ihren ehemaligen Kollegen legte und bewusstlos wurde. Als sie bei Dario ankamen hielt er einen Moment inne. Er kannte den Soldaten nicht besser als Altena, dennoch war sein Tod ein Verlust. Während Altena begann mit zittriger Hand die Schrauben zu lösen, schossen ihm tausend Gedanken durch den Kopf.

Kann man nicht Teile der hervorragenden Rüstung noch gebrauchen? Und wären die Teile in seinen Händen nicht richtig? Schließlich war er kein dahergelaufener Burner der den Kram verkaufen würde. Aber wie sollte man das Prachtstück transportieren.

Er vertrieb seine Gedanken und blickte sie an. „Ich helfe dir, ist doch klar. Aber kannst du nicht die Festung anfunken? Soweit sind wir nicht weg und dann müssten wir nicht alles unwiederbringlich zerlegen.“ Er nahm sich seinen Schraubenzieher zur Hand und wartete ihre Antwort ab.

Leon Kowalski

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #71 am: 26.11.2015, 20:53:43 »
Leon nickte Mehler zu und begann ebenfalls zu helfen, die Leperos zusammen zu tragen. Für die übrigen Toten hatte er zunächst keine weitere Aufmerksamkeit übrig. Und so blieb es am Richter, das Plündern zu unterbinden, so er das denn wollte.

Für das Tun der Hellvetikerin hatte der Spitalier nur ein Kopfschütteln übrig. 'Du solltest dich um die Belange der Lebenden kümmern. Die Toten werden es dir nicht danken. Doch wenn du dich wirklich für andere einsetzen wollen würdest, würdest du keinen Dank erwarten sondern dich einfach bis zum letzten Atemzug für sie einsetzen.'

Leon kannte diese Hellvertikerin nun keine 10 Minuten und schon konnte er sie kein Stück leiden. Aber er war auch nicht in den Süden gekommen, um irgendwelche neuen Freunde zu gewinnen.

Nachdem sie damit fertig waren, die Träger der Saat auf einen Fleck zu ziehen, wandte sich Leon wieder an Mehler: "Ich habe etwas Destillat bei mir, um das Feuer zu starten. Aber durch den Schneesturm wird alles Holz hier ziemlich feucht sein. Wir brauchen mehr Brennmaterial."
"Unschuld beweist gar nichts."

Cesare Serafino

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #72 am: 27.11.2015, 10:49:22 »
Cesare hielt sich für keinen sonderlich einfühlsamen Menschen. Ganz und gar nicht. Aber wie der Kalkschädel dort drüben es schaffte, die Hellvetikerin, welche gerade einen Kameraden verloren hatte, vor den Kopf zu stoßen, das war schon, nun ja, irgendwie typisch. In der Gefühlsspanne eines Blutegels kam Mitgefühl nicht vor. Dabei waren sie alle auf die Hilfe der Frau angewiesen, da führerlos im Schnee gestrandet. Mit etwas praktischem Denken hätte der Spitalier sich vielleicht doch ein 'Danke' abringen können.

Doch statt dessen kam der Kerl auch noch herüber und beteiligte sich an der Arbeit, die leperi aufzuhäufen. Cesare, dem die Nähe und der wache Blick des Richters schon genug zu schaffen machte, wurde es noch unwohler in seiner Haut. Außerdem ahnte er schon, dass der Spitalier gleich weitere Befehle verteilen würde, und er selbst hatte wenig Lust, durch den Wald da hinten zu stolpern, um "mehr Brennmaterial" zu sammeln. Für die Aufgabe gab es sicherlich geeignetere Leute.

Den Richter und Spitalier einander überlassend, marschierte Cesare also zu der Hellvetikerin hinüber, die sich mit einem weiteren Kamerad, einem schmächtigen Bürschlein, das wie ein Schrotter redete, wie ein Schrotter aussah und vor allem wie ein Schrotter roch, um ihren Toten kümmerte. Er näherte sich von vorne, kniete bei ihr nieder und fasste sie instinktiv, eben nach purgischer Art, am Arm, während er sie ansprach.

"Aber dein Dario, nicht er muss brennen allein. Unsere Toten und er, vielleicht sie sich hätten gemocht. Lupo, er war ein guter Junge. Kathrin, sehr mutig. Und Rudi... nicht hat gesagt viel. War so rauh wie die eure Berge. Dario und sie, können gehen zusammen, nein? Der Soldat mit den Menschen, die er hat versucht zu helfen. Nicht ist besser als allein?"[1]

Dann erst besann er sich, dass die Menschen aus dem Norden anders waren. Sie wollten nicht angefasst werden. Sie wollten nicht, dass man ihnen zu nahe kam. Also ließ Cesare die Frau los und zog sich in die Hocke zurück.

"Cesare", sagte er. "Und danke für das ihr uns seid geeilt zu Hilfe."

Er versuchte zu lächeln, so gut dies mit einem ums Gesicht geschlungenen Schal ging. 'Mit deinem Lächeln jagst du einem mehr Angst ein als manch anderer mit wüsten Drohungen!' hatte Jehan ihm einmal gesagt und auf seine Frage hin, was er denn falsch mache, erklärt: 'Dein Mund lächelt zwar, aber deine Augen machen etwas ganz anderes.'

Da sein Mund nun gerade verdeckt war, bemühte Cesare sich, seine Augen lächeln zu lassen.

Ich hätte ihr Angebot annehmen sollen, mir zu zeigen, wie man es richtig macht...[2]
 1. Verhalten: 3 Erfolge
 2. Das nur wegen Gleichstand an Einsern und Erfolgen beim Wurf. Dem Patzer gerade so entkommen...
« Letzte Änderung: 03.12.2015, 12:38:16 von Cesare Serafino »
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Mose

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #73 am: 27.11.2015, 21:12:37 »
Mose verschränkte die Arme vor der Brust. Was der Kerl mit dem seltsamen Dialekt da von sich gab klang verzweifelt. "Du hälst an irgendeiner Lehre fest. Ich glaube nur, was ich sehe. Und wenn ich die Plage sehe, dann kann ich nicht glauben, dass der HERR noch an seinen Kindern festhält. Wahrscheinlich hasst er uns, vielleicht sind wir ihm sogar völlig gleichgültig geworden. Sieh Dich doch um. Die Welt ist ein Trümmerhaufen. Überall sind Diebe, Heuchler, Apokalyptiker. Und die Leproi werden zahlreich. Nicht einmal die Hellvetiker werden der Plage widerstehen können. Schau Dir die arme Sau dort drüben doch noch einmal an. Aber weißt Du was, glaub an was Du willst, an alles, was Dir Hoffnung gibt."

Dann drehte sich Mose um und suchte das Langmesser des jungen Lutz. Auch die Langaxt des anderen Kerls, Mose wusste seinen Namen nicht, nahm er an sich. Seine Keule warf er dabei achtlos zur Seite. Jede andere Waffe war besser als diese. "Das machen wir alle so.", murmelte er halblaut in Richtung Cesare.

"Komm, lass uns Brennholz sammeln. Ich will weiter."
Am Tag des HERRN wird der Spross Israels in Herrlichkeit strahlen über den Entkommenen. Und wer in Zion übrig geblieben ist, wird heilig heißen, jeder, der zum Leben aufgeschrieben ist. - nach Jes 4

Cesare Serafino

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Akt I - 28 Tage überfällig
« Antwort #74 am: 27.11.2015, 23:29:55 »
Mose erhielt keinerlei Antwort, weder auf seine Erklärung bezüglich des Leichenplünderns noch auf seine Aufforderung, Brennholz zu sammeln. Ein kurzer Rundumblick zeigte, wieso: außer Richter Mehler befand sich nur noch der Spitalier in der Nähe. Cesare kniete in einiger Entfernung neben den beiden Hellvetikern, dem Toten und der Lebenden, letztere am Arm fassend und auf sie einredend.

Mose war so mit dem Aufsammeln und Begutachten der Waffen beschäftigt gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, dass der Romano sich wortlos verdrückt hatte.
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