• Drucken

Autor Thema: Gulasado  (Gelesen 47939 mal)

Beschreibung: Episode 1.2

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Basilio Aristide

  • Beiträge: 1073
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #90 am: 18.02.2016, 00:27:27 »
"Ach, weißt du, das klingt eigentlich nicht nach Feigling, was du da so erzählst, lass dir das mal nicht einreden. Schon gar nicht von Leuten, die viel größer und breiter sind als du, die haben keine Ahnung, was Mut ist."

Basilio klopft Bosol auf die Schulter und beugt sich zu seinem Ohr hinab: "Schon mal überlegt, ob das Soldatenleben was für dich wär'? Bei der Kommandantin anheuern, da würd' dir einiges für verziehen. Und schlimmer als bei den Räubern wär's nimmer."

Darauf gestikuliert er in Maniks Richtung, dass sie jetzt aber wirklich los müssten, und im gleichen Moment ertönt von draußen auch schon Flannaits laute Stimme.

Viel zu nah!

Auf der entgegengesetzten Seite vorsichtig die Plane lupfend, späht er hinaus. Sollte die Luft rein sein, schlüpft er sogleich hinterher; sonst versucht er es an anderer Stelle noch einmal.[1] Und diesmal ist er sehr viel vorsichtiger als auf dem Hinweg.

Flannait wird mich eh zusammenstauchen, dass ich nicht gleich auf ihren Ruf reagiert habe, da darf ich den Rückzug nicht vollends verpatzen! Ha, aber schön gewettert! In den Schuhen des Kerls da möchte ich nicht stecken...

So denkt der Schatten, wie er das Weite sucht und dabei frech in Flannaits Richtung winkt.[2]
 1. perception = 11
 2. Stealth = 23
« Letzte Änderung: 18.02.2016, 00:30:11 von Basilio Aristide »
"Call no man happy until he is dead."

"War," he sung, "is toil and trouble;
Honor, but an empty bubble."

Manik

  • Beiträge: 314
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #91 am: 18.02.2016, 21:21:23 »
Während Basilio schon guckt, wo er den Wagen am besten verlassen kann, wirft Manik Bosol noch einen bedrohlichen Blick zu. „Es stimmt besser alles, was du uns gesagt hast!“, flüstert er zum Abschied und macht sich dann ebenfalls auf den Weg um den Wagen an derselben Stelle zu verlassen, wie der Koraker.
Der Fhokki schiebt die Plane zur Seite und schwingt sich mit einem geschickten Satz aus dem Wagen.
Der Plan weiter Basilio zu folgen, scheitert jedoch daran, dass dieser schon in den Schatten verschwunden und nicht mehr auszumachen ist. Innerlich flucht der Waldläufer und will sich ebenfalls vom Wagen wegbewegen, als er in seinem Ärger einen Ast übersieht, der mit einem lauten Knacken unter seinem Schuh entzwei bricht.[1]

Verdammt. Das MUSS die Wache gehört haben. Was jetzt? Dieser verfluchte Basilio, was verschwindet der auch einfach ohne mich.

Manik schaut in die Richtung in der Flannait mit der Wache steht und sieht den Mann argwöhnisch über die Schulter der Elfe linsen, also räuspert der Fhokki sich und tritt ebenfalls aus den Schatten zu Flannait.

Hey, schnauz den Mann nicht so an.“, fügt er die bösen Blicke der Elfe ignorierend, hinzu und blinzelt die Wache dabei aufmunternd an. Er vermutet zumindest, dass Flannait jetzt grade böse guckt, er wagt es nicht zu ihr rüberzuschauen. „Es sieht doch so aus, als ob hier eine ganz gute Arbeit, bei der Bewachung des Gefangenen gemacht wird, oder?“ Wieder ein zwinkern. Krampfhaft versucht der Fhokki ein Grinsen ob seines vermutlich nicht allzuguten Schauspiels zu unterdrücken und fährt sogar noch fort: „Ein Pfeil hätte den Mann zwar durchbohrt, ehe er ihn gesehen hätte, aber hey, was sind schon Details?“. Daraufhin wendet der Fhokki sich grade noch rechtzeitig ab, ehe ein breites Grinsen sein Gesicht bedeckt und stapft von der Wache fort Richtung Zeltreihe, fordert aber Flannait noch zum Folgen auf, ohne sich umzudrehen: „Kommst du, Flannait? Wir überlegen uns unterwegs, ob wir den Mann melden.“ Hoffentlich würde der Mann auf ihr Schauspiel reinfallen. Aber immerhin hat er auch guten Grund, darauf reinfallen zu wollen. Dass die Kommandantin von Saufeskapaden im Dienst erfährt, kann nicht in seinem Interesse sein.
 1. Stealth: 9 (nat. 1)

Khenubaal

  • Moderator
  • Beiträge: 1294
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #92 am: 20.02.2016, 12:37:26 »
Die beiden Männer lächeln bei Sanjans Worten und gesellen sich, zunächst zaghaft, dann zuversichtlicher zu den Gefährten am Feuer. Sie stellen sich als Duro und Gahosch vor und lauschen den Erzählungen des Schamanen. So vergeht die Zeit und die Nacht steuert auf ihren Mittelpunkt zu.

Nach einigen weiteren geleerten Bechern streift Sanjan Wollkleidung und Unterhemd ab und legt somit seinen Oberkörper frei. Dann greift er nach den Holzschalen mit den Farbpasten, und beginnt die Farbe mit Holzstiften und Fingern auf Brust und Armen aufzutragen. Dabei erklärt der Schamane den beiden Männern die Bedeutung der einzelnen Zeichen und nennt auch die althergebrachten Namen der Symbole.

Als es dann um die Zeichen geht, die auf Gesicht und Schultern anzubringen sind, bittet Sanjan um die Hilfe der Dejy. Diese sind ungelenk, bemühen sich aber nach Kräften, den Anweisungen des Bahir zu folgen. So geraten die Symbole nicht so elegant, wie die, die Sanjan selbst angebracht hat, doch immer noch klar erkennbar und ihrem Zweck entsprechend.

Als die Kriegsbemalung des Schamanen vollständig ist, bitten die Männer darum, ebenfalls mit einigen Zeichen auf den Kampf vorbereitet zu werden. Sanjan kommt dieser Bitte Nacht und trägt einige Schutz- und Kraftsymbole auf Duros und Gahoschs Haut auf.

Das ganze Ritual hat etwas Unwirkliches. Jamir und Tarqetik beobachten den sonst so zurückhaltenden Bahir, als würden sie ihn neu kennenlernen. Sanjan war stets seinem Stamm und seinen Riten verpflichtet, und hat nie einen Hehl daraus gemacht. Vielleicht ist es auch die Wirkung des Alkohols oder die innere Unruhe, die sich stets als Vorbotin einer bevorstehenden Schlacht in den Eingeweiden der Krieger einnistet, doch das Auftragen der Zeichen auf die nackte Haut im Schattenspiel der Lagerfeuerzungen hat für den Brandobiner und den Halbling etwas seltsam Ursprüngliches und Emotionales an sich. Etwas, was sich nur dann in Einklang bringen lässt mit der Besonnenheit des Schamanen, wenn das Bild, das man sich von ihm gemacht hat, um eine neue Komponente erweitert.

Schließlich ist das Ritual vorbei. Die beiden Männer bedanken sich bei Sanjan und verabschieden sich. Es ist schon spät und Zeit, Körper und Geist die nötige Nachtruhe zu gönnen.

* * *

Von Flannait derart angefahren, bleibt der Soldat wie angewurzelt stehen. "Ich..., also...", versucht er eine Erklärung anzubringen, wird jedoch von der Halbelfe wieder unterbrochen. Als diese auch noch anklingen lässt, ihn bei der Kommandantin zu melden, ist der Mann völlig durcheinander gebracht.

Wieder versucht er zu antworten, will dabei den Blick der Kundschafterin erwidern, kann jedoch dem anklagenden Ausdruck keine Sekunde standhalten. So senkt er seinen Blick instiktiv herab - und glotzt daher unvermittelt in den Ausschnitt der Halbelfe. Panisch hebt er wieder den Kopf. "Ich...", versucht er es noch einmal.

Da knackt ein Ast im Hintergrund und Manik taucht aus den Schatten auf, um ihm unvermittelt zu Hilfe zu eilen. Perplex hört den Soldat dessen Ausführungen zu. Für einen Augenblick runzelt er die Stirn - wundert er sich etwa, woher der Fhokki so plötzlich aufgetaucht ist?

Wen dem so ist, so ist er diesem zu dankbar, um dieser Frage nachzugehen. Als Manik Flannait mit der Aufforderung mit sich zieht, sich die Meldung noch einmal zu überlegen, nickt Sarfin nur noch übereifrig.

"Ja - Danke!", stammelt er. "Ich werde gleich meine Kameraden aufsuchen und Ihnen sagen, sie sollen so Wachsam sein, wie tokische Jagdhunde. Kein Kargi wird sich heute Nacht an uns vorbeischleichen. Das schwöre ich!"

Mit diesen Worten eilt Sarfin davon, um Flannait bloß keine Möglichkeit zu Erwiderung zu geben. Während der Mann in den Schatten Richtung Lagergrenze verschwindet, taucht Basilio zwischen zwei Zelten hervor. Der Koraker hat das ganze Schauspiel mit angesehen und kann ein leises Kichern nicht unterdrücken. Die Luft ist rein - und so macht sich das Trio auf zu den zurückgebliebenen Gefährten.

* * *

Am nächsten Morgen bricht der Tross wieder auf. Es ist nur ein kurzer Marsch. Hinter einer der ersten Hügelkuppen, die die Gakeliten nehmen, kommt auch schon der Begrfried von Gulasado zum Vorschein - ein steinerner, breiter Turm, der sich - so scheint es - knapp fünfzig Fuß in den Himmel erhebt und fortan als Wegmarke dient.

Immer größer wird der massive Bau am Horizont, je näher der Tross heranrückt, und auch die restlichen Merkmale der Feste nehmen Gestalt an. Steinerne Mauern, die sich in unregelmäßigen Winkeln um den Burghof ziehen - Basilio schätzt die Höhe auf gut fünfzehn Fuß; deutlich höher, als der Standart in den jungen Königreichen, fast so hoch, wie die Befestigungen an der Südfront von Korak.

Als der Feldwebel seine Beobachtungen mit Kortika teilt, nickt dieser. "Gut beobachtet - es sind sogar um die 17 Fuß, dazu der Wassergraben der sich um die Mauern zieht. Der ist mindestens 40 Fuß breit an jeder Stelle. Gulasado ist eine kleine Burg, aber sie wurde nie im Sturm genommen. Kruk-Ma-Kali hat die Garnison bei der Invasion der Kargi ausgehungert. Kolokar hat sie durch eine List einnehmen können. Sie war mal wichtig - sie liegt strategisch gut, bildet einen Schutz sowohl nach Westen als auch nach Osten. Aber jetzt? Seit Jahrzehnten gibt es keine ausgewachsenen Kriege mehr in diesen Landen. Und es gibt keine größere Stadt in der Nähe, die den Unterhalt der Feste rechtfertigen würde. Daher hat man die Feste aufgegen. Das heißt - bis Sildan sich entschloss, sie wieder aufzupeppen."

So vergehen die letzten Stunden des Marsches. Schließlich erreicht der Tross die weite Ebene vor der Feste. Gulasado ist wirklich klug und mit Augenmaß gebaut worden. Auf drei Seiten ist sie von einer Ebene umgeben, die sich auf mehrere Meilen leicht überblicken lässt. Nur im Süden erhebt sich ein Wäldchen; ein Ausläufer des Elnina-Waldes - die Richtung, aus der die Verstärkung der Ukhtark zu erwarten ist, so denn sie kommt.

Ejdarn lässt Südöstlich der Burg in einer Entfernung von einer Drittmeile das Lager aufschlagen. Auf der Burgseite des Lagers wird eilig eine Palisade aus angespitzten und schräg in den Boden gerammten Holzstämmen aufgebaut, wobei die Männer sich überlappende Wandabschnitte, leicht zu einander versetzt aufbauen, so dass kein freies Schussfeld geboten wird, jedoch die Gakeliten selbst schnell zum Angriff übergehen können. In die seitlichen Gänge werden Dornenbewährte Karren und Wagen gefahren, als bei Bedarf schnell zu entfernende Hindernisse. Weitere Männer verteilen übermannshohe Flechtschilde entlang der Burgseite, die bei Pfeilbeschuss genutzt werden sollen. Die Truppe ist beschäftigt.

Die Gefährten erspähen auf den Mauern der Burg schwarze Silhoutten. Manche stehen auf ihren Posten - andere schreiten ihre Abschnitte ab. Nicht selten erkennt man, wie der eine oder andere Söldner auf das Lager schaut , oder sogar darauf deutet, während er sich mit einem Kameraden unterhält. Auch innerhalb der Mauern bereitet man sich wohl vor.

Während die Vorbereitungen voranschreiten, lodern Kochfeuer im Lager auf. Zeit für ein Mittagsmahl. Eine willkommene Zusatzration, ungewöhnlich für das Soldatenleben, doch die Kommandantin will nicht riskieren, in der Abenddämmerung bei einem plötzlichen Ausfall ihre Männer mit leerem Bauch kämpfen zu lassen.

"Gut, dass die Männer essen können", sagt Lugano. "Hauptsache, sie suchen danach auch gleich die Latrinen auf. Mit leerem Magen kämpft es sich schlecht, aber mit vollem Darm noch schlechter."

Der Hauptmann schiebt sich das letzte Stück Brot, dass er in der Hand hält, in den Mund und spült es mit einem Schluck aus dem Becher herunter. Er steht - ebenso wie Kortika, und die sechs Gefährten - neben der Kommandantin, am südlichen Rand des Lagers, gegenüber der Burgseite. Ejdarn hat entschieden, ihr Mittagsmahl stehend und mit Blick auf das Wäldchen anzunehmen. Sie will die erste im Lager sein, die die Ukhtark kommen sieht. "Damit keine Missverständnisse aufkommen", hatte sie auf Nachfrage von Sanjan gesagt. Oder vielleicht für den Fall, dass Missverständnisse aufkommen? Warum sonst kampieren fünfzehn Mann mit Langbögen in unmittelbare Nähe, die Waffen in Reichweite?

Bei Luganos Kommentar schaut Ejdarn verächtlich über die Schulter und lässt den Holzlöffel demonstrativ zurück in die Reißschale fallen. "Danke für diesen Kommentar zum Mittagsmahl, Hauptmann. Sie sind Ihren Untergebenen wirklich ein Vorbild."

Hrajr Kortika muss grinsen. Dann hebt er den Kopf und hilft seinem Nebenmann, indem er das Thema wechselt. "Es ist deutlich nach Mittag. Die Grünhäute verspäten sich. Wenn sie nicht bald auftauchen, werden wir den Angriff in der Nacht ohne Unterstützung durchführen müssen."

"Es zeigt sich eben, was auch so zu erwarten war", murmelt Lugano. "Den Kargi kann man nicht über den Weg trauen." Der Blick des Hauptmanns geht Richtung Basilio. "Ich hoffe, sie nehmen den Wettverlust nicht zu schwer, de Laroque. Sie wissen doch, wie man sagt? - 'Wettschulden, sind Ehrenschulden'."
« Letzte Änderung: 21.02.2016, 08:25:42 von Khenubaal »

Basilio Aristide

  • Beiträge: 1073
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #93 am: 20.02.2016, 14:29:03 »
Zurück in ihrem Lager sucht Basilio, der als einziger der Kameraden kein Zelt im Gepäck hat—schließlich waren auf seiner ursprünglichen Mission keine derartigen Überlandpartien eingeplant—ein freies Plätzchen in der Mitte, wo er sich lang ausstreckt, wobei er Flannait zuruft: "Weck mich morgen zum Trainieren!" Danach rutscht er noch eine Weile hierhin und dorthin, bis er eine halbwegs ebene Stelle gefunden hat, wo ihm weder Stein noch Wurzel in den Rücken drückt. Hundemüde wickelt er sich in seine Decke, knuddelt seine Habe zu einem Kissen zusammen—und kann nicht schlafen.

Tausend Gedanken jagen durch seinen Kopf. Wieso stellt er sich nur so dämlich an, wenn es darum geht, Leute einzuschüchtern? Das kann doch nicht sein, dass er kein Verhör ordentlich geführt kriegt, ohne die Hilfe seiner üblichen Handlanger. Ha, das war eine schlappe Nummer, da drinnen bei Bosol! Auf seine geringe Größe kann er das nicht schieben, schließlich schafft eine zierliche Elfe wie Flannait es mühelos! Ein Blick von ihr und schon werden ringsum die Knie weich. Genau wie bei Hauptmann Kolyak, und der hat auch nicht gerade eine Kriegerstatur.

Kaum fällt der Name Kolyak, bricht eine Flut banger Gedanken über ihn herein. Er sieht sich schon vor ihm stehen, zur Berichterstattung. Vater, wird er auch da sein? Sie beide zusammen, mit grimmer Miene vor mir, und ich stammel da rum... Denn wie soll ich das alles hier rechtfertigen? Die Aktion hier? Hach, das ist das Problem mit der neuen Freiheit! Wenn einem so unbedingt zugestanden wird, seine Befehle in einem weiteren Sinne als den üblichen zu verstehen, nach eigenem Ermessen vorzugehen, wenn auch unter sorgfältiger Einschätzung der Situation vor Ort, um eben Gelegenheiten ergreifen zu können, die bei der Planung nicht vorhergesehen werden konnten... plötzlich ist man für das Ergebnis ganz allein verantwortlich! Kann nicht vorschieben, man sei bloß den Befehlen gefolgt nach bestem Vermögen!

Worauf Basilio sich den genauen Wortlaut seines Befehls in Erinnerung zu rufen versucht. Doch inzwischen ist er so müde, dass seine Gedanken schneller aus der Reihe tanzen, als er sie in selbige zwingen kann. Nur ein Botengang, hat der General gesagt—halt nein, das waren Basilios eigene Worte. 'Hin und zurück, keine Probleme, kein Versäumnis' oder so ähnlich hatte der Vater es ausgedrückt. 'Wir wollen erst einmal sehen, wie du dich anstellst', oder so ähnlich, und: 'Komm erst einmal heil nach Hause, dann sehen wir weiter.' Und zu Kolyak gewandt (nach einigem Gerede, das Basilio gerade nicht einfällt): 'Ich will Alternativen, Anatol! Alternativen zum ewigen Krieg! Wir stehen kurz vorm Bankrott und bald auch völlig allein da.' Doch wie Basilio so weiter darüber nachdenkt, geraten ihm die Namen durcheinander. Da ruft der General plötzlich: 'Ich will Alternativen, Basilio! Alternativen zum Krieg!' Und zu Kolyak sagt er: 'Komm erst einmal heil nach Hause, dann sehen wir weiter.' So lange kann Basilio seine Sinne gerade noch beisammen halten, dass er sich wundert: wie sollte Kolyak nicht heil nach Hause kommen, so weit ist der Weg nicht von uns zu ihm'—dann aber schlüpft Maru zu ihm unter die Decke und drückt sich ganz fest an ihn und er weiß, dass er längst träumt.

~~~

Morgens beim Rasieren starrt Basilio lange Zeit in den kleinen Spiegel und schaut... unbewegt. Mal kneift er dabei die Augen ein wenig zu, mal runzelt er ganz leicht die Stirn, mal hebt er kaum merklich eine Augenbraue. Ab und zu schaut er zu Flannait hinüber. Einmal entschlüpft ihm ein Seufzer dabei.

Ich glaub', ohne spitze Ohren kriegt man das nicht hin. Ach, was red ich—das ganze Gesicht taugt nicht! Wie soll man dem hier bloß einen harten Ausdruck geben? Da gibt es keine langen, harten Linien wie in Flannaits Gesicht, nichts vergleichbares zu dem strengen Bogen ihres Haaransatzes—als hätte ein Tempelbaumeister an seinem Zeichenbrett ihn so geplant! Und alles wie aus Marmor gehauen! Ehrfürchtig bewundert man die Perfektion, während man zugleich vor Kälte schaudert. Und jetzt sieh mich an: weiche Linien, die hierhin und dorthin zeigen, als wüssten sie nicht so recht, wohin sie wollen; dazu das lockige braune Haar, die verträumten braunen Augen, die geschwungenen Brauen. Kein Wunder nennt Vater mich Bub, wenn er mir etwas zu sagen hat, von dem er weiß, dass ich es nicht hören will. 'Bub, jetzt hör' mal zu...' Ha, ich muss die Worte nur denken, schon schmollt der Mund! Und darunter das Grübchen, was nutzt mir da das markante Kinn! Gut, die Wangenknochen sind etwas schärfer und die Linien da unter meinen Augen, mit denen ließe sich vielleicht arbeiten, aber die Nase ist zu groß, der Mund zu breit, die Ohren zu... da gibt es gar kein Wort für! 'Die muss man einfach anknabbern', hat Mirtel gemeint und es ja auch ausgiebig getan.

Und so steht Basilio eine ganze Zeit lang still und stumm da, das Rasiermesser zum Hals erhoben und scheint sich nicht schlüssig zu werden, bis er schließlich ausruft: "Ach, es ist doch ganz und gar hoffnungslos!"

Spitzbübisch! So seh ich aus, wenn ich nur kurz mit dem Mundwinkel zucke. Lieb und unschuldig, wenn ich die Augen etwas weite; treudoof und eifrig wenn ich dazu noch die Lippen etwas spitze. Und so? Ha, harmlos verwirrt! Der hier? Ach herrje, den darf ich Maru nicht sehen lassen, sonst kriegt sie Angst, ich tu mir aus lauter Verzweiflung und Liebesschmerz was an!

Vielleicht denkt das auch einer der Gefährten, der zufällig in diesem Augenblick herüberschaut. Doch statt sich mit der scharfen Klinge über den Hals zu fahren und seinem offensichtlichen Weltschmerz ein Ende zu bereiten, schneidet Basilio nur eine Grimasse und rasiert sich dann in aller Seelenruhe weiter.[1]
 1. So, von mir erst einmal nur der vorgeschriebene Teil. Ein weiterer (kürzerer) Post folgt die Tage.
« Letzte Änderung: 20.02.2016, 23:11:00 von Basilio Aristide »
"Call no man happy until he is dead."

"War," he sung, "is toil and trouble;
Honor, but an empty bubble."

Tarqetik

  • Beiträge: 452
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #94 am: 23.02.2016, 08:26:58 »
„Es ist das hier voll das beliebteste Zelt im ganzen Lager“, denkt ich der Brandobanier und schiebt den Stoff des Einganges ein paar Zentimeter zur Seite. Er versichert sich, durch einen Blick auf den Vorplatz dass nicht noch weiter eigenartige Gesellen dort Schlange stehen, um weiß der Geier was zu wünschen oder zu wollen oder gar herzubringen.

Erleichtert nickt Tarqetik kurz mit dem Kopf und ihm entfährt ein entspannter und Seufzer als er den Eingangsbehang zufallen lässt. Er bemüht sich vergeblich wieder die vorherige entspannte Position auf der Sitzgelegenheit zu finden, rutscht dabei aber nur von Lage zu Lage. Abgelenkt wird er dann von dem Ritual, welches Sanjan anstimmt und die beiden Ankömmlinge, wie zwei Kinder daran begeistert teilnehmen. Der Söldner versteht sich nicht auf das Farbenspektrum, welches zur Folklorekunst genutzt werden kann. Die Linienführung, die Formen und Gestalten, die sich schon bald auf der Haut der Männer zeigen, tanzen im Licht des Lagerfeuers und wirken zart geheimnisvoll.

Tarqetik, immer noch an die Farbenpracht gebannt, lehnt sich zur Jamir. Mit zurückhaltender Stimme, um die Stimmung des Rituals nicht zu stören, spricht der den kleinen Mann an: „Die meisten Farben, die ich kennen, sind Schattierungen von Rot und meist ohne diese Eleganz an Strichen und Linien über Körper und Boden gelegt, doch diese Fingerfarbenbegebenheit ist doch sehr nett.“
Mit einem Finger deutet der Söldner auf einen beliebigen Punkt auf die Zeltplane und meint einen fernen Punkt in der Vergangenheit: „Bei einer Belagerung der Stadt,“ Tarqetik stockt, „Glendrik, nein, Genlar, nein… naja der Name ist auch nicht wichtig, da gab es mal eine Unterhaltungstruppe aus Schaustellern und Tänzerinnen und die Damen dort haben sich auch auf die Anbringung von Farben auf ihrem Körper verstanden. Ein Farbenspiel, das wunderbar zu ihren Bewegungen und Verrenkungen passte. Etwas Wildes und Geheimnisvolles.“ Tarqetik formt mit seinen Händen die hochstilisierten weiblichen Rundungen und schickt ein nostalgisches Lächeln zurück an diesen Ort der ausgelassenen Heiterkeit.

Nachdem die Malerei beendet ist und die natürliche Hautfarbe zu großen Teilen verschwunden ist, sitzt Tarqetik immer noch nicht wirklich bequem auf seinem Hocker. Die beiden Männer schicken sich gerade an, nach Dank und Sagung, zu gehen, da meint der Söldner nur noch: „Seit ihr Euch damit auch sicher? Gut ich bin kein großer Weltenbummler und garantiert kein Freund der Hingebung an Fantastereien, doch sollte man Euch doch sagen, dass Farben und Muster weder Speer ablenken noch Pfeile anhalten. Es sieht sehr hübsch aus, doch bitte zieht zusätzlich einen Harnisch und eine Helm an….“

Jamir Masaad

  • Beiträge: 36
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #95 am: 23.02.2016, 09:46:18 »
Auch Jamir betrachtet das Farbenspiel, welches Sanjan auf den Beiden anbringt. Er hat so etwas noch nicht mit eigenen Augen gesehen, wohl aber davon gelesen. Ob das Ganze eine Wirkung hat, wissen auch nur die Drei. Dann wird er durch Tarqetik aus seinen Gedanken gezogen. Er lauscht nun seinen Ausführungen, nickt zwischendurch verstehend und schmunzelt bei der Nachbildung der Frauenkörper.

Als Tarqetik die beiden Männer belehrt, schaltet sich der rothaarige Halbling ein. „Nicht so voreilig, Kämpe. Zwar ist euer Vorschlag nicht auf Harnisch und Helm zu verzichten wichtig, doch mitunter liegt ihr falsch was die Farben und Muster angeht. Ob sich diese als wirkungslos erweisen, wird wohl erst der kommende Tag zeigen und mit Spannung verfolge ich seinen Ausgang. Ich aber werde nun mein Lager aufsuchen, will ich doch mit frischen Kräften ans bevorstehende Werk.“ Mit diesen Worten erhebt sich der gerüstete Halbling, nickt kurz in die Runde und verschwindet.

*** *** ***

Am nächsten Morgen steht Jamir mit den ersten Sonnenstrahlen auf, wie er es gewohnt ist. Er wäscht sich ein wenig, nascht von seinen Rationen und beginnt ein stilles Gebet, in dem er Ranas um die Gunst der Heilung für die Kameraden anbetet. Danach legt seinen Bänderpanzer an, das Langschwert und der Dolch finden Platz in ihren Scheiden am Wehrgehänge. Zuletzt folgen Köcher und Bogen und Jamir ist abmarschbereit. Der lange Ritt setzt ihm zu, aber Jamir versucht sich nichts anmerken zu lassen und beißt die Zähne zusammen. Endlich am Ziel angekommen, kümmert er sich vorerst um den Aufbau seines Lagers und bietet danach seine Hilfe an.

Interessiert verfolgt er das Gespräch der Heerführung beim Mittagessen, sowie Luganos Sticheleien gegenüber Basilio. Äußern wird er sich dazu vorerst nicht.
« Letzte Änderung: 23.02.2016, 09:46:48 von Jamir Masaad »

Sanjan, von den Bahir

  • Beiträge: 996
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #96 am: 23.02.2016, 16:08:57 »
Am Abend, bei der Äußerung von Tarqetik wandert der Blick von Sanjan zu diesem. Er lächelt leicht, ist ihm nicht böse. Erst gar nicht nachdem auch Jamir Worte findet. Vielleicht versteht dieser gläubige der steinernen Ahnen, dass es seltenst bei Ritualen um das offensichtliche geht.
Immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, winkt er den beiden Soldaten zum Abschied. Denn in den kommenden Tagen, wird sich zeigen, ob die Ahnen ihre Annäherung an die Traditionen mit Wohlwollen aufnehmen und Glücklich ihre Hand über sie halten. Er selbst fühlt sich innerlich ruhiger und klarer denn zuvor. Eine Jagt steht an. Das Ziel der drei am Feuer ist es so vielen es geht Schmerz und Blut zu ersparen. Wenn die Ahnen es so wollen, finden sich auch die Kindheitsfreundin ihres Kammeraden. Doch die größte Beute wäre wohl der Hauptmann der Feste. Jemand, auf den es die Kommandantin selbst abgesehen hat. Rache, ist es wohl nicht was sie antreibt. Nein ihre jetzige Offenbarung zeigt, dass sie sich ihrer Schuld bewusst ist und mit der Gefangennahme ihres Nemesis offen dafür zahlen möchte.
Mit diesen Gedanken zieht Sanjan sich in sein Zelt zurück. Gefolgt von Grimnir. Im Zelt lässt er sich von der Ruhe und Klarheit noch eine Weile treiben, bevor er müde einschläft.

* * *

Früh morgens treibt es den Schamanen aus den Fellen. Er ist jedoch bei weitem nicht der Erste. Neben Jamir und den anderen macht auch er sich frisch und kontrolliert die Bemalungen vom letzten Abend. Er bessert mit frischer Farbe ein paar der durch die Nacht verwischten Stellen aus. Während des Frühstücks, für ihn gibt es Reste der Suppe und für Grimnir ein fettes Stück Fleisch, kann die Farbe nachtrocknen. Im Licht des Tages, werden die dunklen Braun und Schwarztöne klarer, welche mit seiner sonstigen roten Bemalung ein ähnliches Farbenwirrwar bilden wie das Feuer in der Nacht. Nur mit den Erklärungen der letzten Nacht werden einige der Zeichen klarer.
Nach dem Frühstück, und nachdem er seine Kleider wieder angezogen hat, geht es mit seinen Vorbereitungen für den Kampf weiter. Er beginnt sich ein Lederband mit bunten Holzkugeln in das Haar zu flechten und bemalt mit Hilfe einer Wasserschale die freien Stellen seines Gesichts mit der schon bekannten erdigen Farbe. Die Weiterreise bietet ihm genug Zeit, damit diese weitere Bemalung trocknen kann. Dabei geht er innerlich seine Aufgabe durch und überlegt sich einige Möglichkeiten wie er und seinen Gruppenteil Erfolg haben könnten. Was er sagen könnte um die Gegner zur Aufgabe zu überzeugen.

* * *

Als sie Schluss endlich ihr Ziel erreicht haben, versteht der Schamane langsam, was mit dem Wort Festung gemeint war. Zähne knirschend betrachtet er den steinernen Bau. Zum Glück gab es das Wissen der Hauptfrau und ihm wurde auch klarer, warum es wichtig war, die Tore dieses Anlage zu öffnen.
Beim Mittagessen steht er in der Nähe von Flannait. Sein Knochenspeer lehnt an seiner Schulter, während er das Essen verspeist. Für die feineren Sinne seiner Halbelfenschwester, und so sie darauf achtet, wird klarer woraus die Bemalung gemacht ist. Sanjan riecht anders als an den Vortagen. Der moosige Geruch ist einer säuerlichen Frische, vermengt mit dem Geruch von Erde gewichen. Hinweise auf Lehme und Beeren auf denen die Farben basieren.

Dem Gespräch, den Mutmaßungen der Hauptmänner folgt er nur beiläufig. Am Ende war es nur wichtig, dass die Kargi kamen, und dass sie erfolgreich in die Festung eindringen können. Über alles andere wachten die Ahnen.

Basilio Aristide

  • Beiträge: 1073
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #97 am: 23.02.2016, 23:25:31 »
"Da macht Euch mal keine Sorge", sagt Basilio zu Lugano, "meine Ehre ist so unbefleckt wie die einer Jungfrau. Außerdem hat Eure Kommandantin meine Münzen ja bereits eingestrichen." Er grinst schief in deren Richtung. "Aber das mit der Verspätung, das sehe ich nicht so. Habt Ihr mal so eine Besprechung in einem muog erlebt? Ihr glaubt ja nicht, wer da alles mitreden darf! Jeder Greis will gehört werden! Bis man sich da einig wird, bis da etwas beschlossen ist, da hätt' ich die Sache dreimal erledigt. Aber als Demokrat seid Ihr mit einer solchen Vorgehensweise doch bestimmt vertraut."

Er sieht zum Wald hinüber, dann zu den Bogenschützen, dann zur Kommandantin. "Ihr habt natürlich recht, vorsichtig zu sein, Kommandantin. Wer weiß, wer da womöglich statt der erwarteten Verstärkung aus dem Wald herauspringt. Sildans Leute womöglich, oder was weiß ich, Orks! Die haben hier noch nicht mitgemischt in dem ganzen Schlamassel hier, die fehlen noch. Aber die Ukhtark, die kommen entweder gar nicht oder sie kommen als unsere Verstärkung. Was sie nicht tun werden, ist das Wort ihres Hiroguls derart zu missachten, dass sie uns auch noch in den Rücken fallen würden."

Der Blick wandert noch einmal zu den Bogenschützen. "Ich hoffe, da wird keiner allzu leicht nervös... Es kann einem nämlich schon sehr flau im Magen werden, wenn man sich plötzlich einer berittenen Phalanx Grünhäute gegenüber sieht..." Er schüttelt sich, als er an seine entsprechende Erfahrung von vor wenigen Tagen denkt. "Aber wie es heißt es so schön: Hunde, die bellen... nein, man soll nicht nach dem Äußeren... nein, jetzt: die Bulldogge im eigenen Garten fürcht' ich weniger als den Zwergspitz beim Nachbarn!" So versucht Basilio, der Situation etwas an Spannung zu nehmen.[1] Dann tritt er näher an Lihana Ejdarn heran und senkt die Stimme ein wenig.

"Kommandantin, darf ich fragen, ob Ihr Bosol inzwischen noch einmal befragt habt? Wegen der Fragen von gestern?"[2]
 1. Diplomacy = 17
 2. s. Zusammenfassung hier.
« Letzte Änderung: 24.02.2016, 00:26:22 von Basilio Aristide »
"Call no man happy until he is dead."

"War," he sung, "is toil and trouble;
Honor, but an empty bubble."

Manik

  • Beiträge: 314
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #98 am: 24.02.2016, 21:12:53 »
Nach der Ankunft zurück in ihrem Lager, hatte Manik sich wortlos zurückgezogen und ist schnell in einen unruhigen Schlaf gefallen. Träume suchten ihn Heim, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Während er in dem einen, den Banditenanführer zielsicher mit einem Beinschuss außer Gefecht gesetzt hat, Helga dann freudestrahlend auf ihn zu gerannt kommt und die beiden sich schließlich umarmen, liegt im nächsten das Heer toter Gakeliten zu seinen Füßen, während Sildan schallend lachend vor seinen Augen Helga köpft. Doch noch schlimmer als die offensichtlichen Alpträume, waren für ihn die ungewissen Träume. Der, in dem Helga nirgendswo in der ganzen Burg aufzufinden war. Oder der, in dem Sie freudestrahlend auf ihn zu stürmt und der totgeglaubte Banditenanführer sich doch nochmal regt, bevor die Erinnerungen an den Traum abrupt Enden und den Ausgang im ungewissen lassen.

Bei den Erinnerungen an seine Träume schüttelt der Fhokki sich und hört dafür auf, lustlos in seinem Essen rumzustochern. Der Verlauf der Nacht ist ihm deutlich anzusehen, er wirkt allgemein nicht sehr ausgeschlafen und hat schon des Öfteren herzhaft gegähnt. Je mehr Manik darüber nachdenkt, desto mehr kommt er zu dem Schluss, dass der Ausgang des Tages, oder besser gesagt, der Schlacht, völlig unklar ist. Sie werden in eine Festung geschickt, wissen nicht wie genau es drinnen vorgeht, nicht genau was sie erwartet, nicht genau, ob sie überhaupt eine Chance kriegen werden die Tore dieser durchaus imposanten Festung zu öffnen. Und als ob das alles noch nicht genug ist, sind die Kargi immer noch nicht da. Die verdammten Kargi!
Diese verdammten Kargi! Wo bleiben die?!“, platzt es plötzlich aus dem jungen Bogenschützen heraus. Seine Nervösität, wohl wegen des bevorstehenden Kampfes, ist deutlich spürbar. „Ist das diese Ehre, von dem das Affenpack immer redet?!“ Er brüllt schon fast. Wie zur Demonstration haut er dabei kräftig mit der flachen Hand auf den Tisch.
Darauf wird er sich seines harschen Tones bewusst und schaut reumütig die Leute an, bis er bei Basilio hängen bleibt.

Sie werden schon kommen.
Pah! Es wäre einfacher, wenn sie schon da wären, Klugscheißer. Ohne die Kargi können wir hier gleich einpacken. Ohne die Kargi ist meine Helga verloren. Wir kommen vielleicht rein, aber dann, dann fehlen Mannen um das Ding da drüben einzunehmen. Und ich Idiot habe ihnen geglaubt. Bei unserer Ehre, blabla. Aber es hilft alles nix, du musst es versuchen. Was wärst du wenn du es nicht zumindest versuchst?
Nicht, dass ich schonmal an einer Aktion dieser Größe beteiligt war, aber… man muss es zumindest versuchen.


Bei den Gedanken fasst Manik sich. Das hat auch sein Vater immer gesagt. Man muss es zumindest versuchen. Früher, als er noch voller Tatendrang gewesen ist. Geh immer gestärkt in eine Schlacht. Das hat er auch gesagt. Verdutzt über die plötzlichen Gedanken an seinen Vater blickt der Fhokki auf sein Essen und beginnt schließlich damit, den Ratschlag in die Tat umzusetzen.
« Letzte Änderung: 24.02.2016, 21:16:04 von Manik »

Basilio Aristide

  • Beiträge: 1073
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #99 am: 24.02.2016, 22:27:48 »
Als Manik hinter ihm dermaßen herumzetert, fährt Basilio, der gerade noch die Kommandantin erwartungsvoll angeblickt hat, wütend herum. Da müht er sich ab, die Leute hier—vor allem die Bogenschützen—von der Ehre der Ukhtark zu überzeugen, damit es nicht zu einem dummen Missverständnis kommt, das nun wirklich allen alles vermasseln würde, und dieser Kerl hetzt sie gleich wieder auf!

"Sag mal, spinnst du jetzt komplett? Reiß dich doch einmal zusammen!" zischt Basilio, während er Manik beim Schlafittchen packt und beiseite zerrt. Dieser, völlig überrumpelt—so hat er den kleinen Koraker noch nie überlebt—denkt zu spät an Gegenwehr.[1] Doch Basilio ist längst noch nicht fertig. Ein Blick nach links und rechts, ob auch niemand mithört, dann spuckt er Manik mit mühsam unterdrückter Stimme seine Meinung ins Gesicht: "Ist das der Dank dafür, dass ich dir mit deiner Helga helfen will? Dass du mir hier die Schützen scheu machst? Wer ist denn das letzte Mal bei der Phalanx der Ukhtark mitgeritten? Wer könnte ebenfalls draufgehen, wenn nervöse Finger hier ein Blutbad auslösen? Na, kommst du drauf? Dann kannst du mir vielleicht auch sagen, warum ich dir überhaupt helfen sollt', wenn du so leichtfertig das Leben meiner Herzdame aufs Spiel setzt!"
 1. Das darf ich hoffentlich jetzt mal so schreiben. Du darfst ja auch gleich zurückschubsen! Ich wollte nur ein paar Worte unbelauscht loswerden...
« Letzte Änderung: 24.02.2016, 22:34:33 von Basilio Aristide »
"Call no man happy until he is dead."

"War," he sung, "is toil and trouble;
Honor, but an empty bubble."

Manik

  • Beiträge: 314
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #100 am: 25.02.2016, 18:20:34 »
Manik schaut Basilio mit großen Augen an, als dieser auf ihn zugestapft kommt und erwartet wie üblich eine Standpauke. Umso überraschter ist er, als der Koraker ihn plötzlich zur Seite zieht. Er will noch einen Protest loswerden, kriegt aber nicht mehr als ein Nuscheln zustande.
Verdutzt schaut er den kleinen Mann regungslos an, während der harsch auf ihn einredet. Er hat Mühe allen Punkten Basilios zu folgen. Als der Koraker fertig ist, schaut der Fhokki nachdenklich vom Wald, zu den Schützen, zu Basilio und den ganzen Weg wieder zurück. Er fragt sich worauf er zuerst antworten soll, schnell wird es ihm jedoch klar. Sonnenklar.

"Jetzt tu mal nicht so, als würdest du das hier für Helga machen.", antwortet Manik zornig, während er mit dem Zeigefinger auf Basilios Brust klopft. "Nicht, dass ich dir nicht dankbar wäre, jedem von euch, aber du hast hier deine eigenen Ziele, die du verfolgst. Was ja auch dein gutes Recht ist. Ich spreche allerdings nur aus, was die Soldaten ohnehin denken. Würden die Ukhtark soviel von Pünktlichkeit, wie von ihrer vielleicht vorhandenen Ehre halten, hätten wir die Diskussion nicht. Und wenn die Bogenschützen sich durch ein paar Worte so nervös machen lassen, dass sie ausversehen einen Krieg mit den Grünhäuten anfangen, ist sowieso alles verloren. Selbst wenn Dorwida nicht gegen Kezhdal kämpft, solche Leute im Rücken? Die treffen doch kein Scheunentor, wenn ihnen jetzt schon der Arsch auf Grundeis geht." Manik schnaubt verächtlich. "Und ich dachte deine Herzensdame war die Magd bei Jaresh."

Der Fhokki hat sich in Rage geredet, was ihm auch deutlich anzusehen ist. In dem Moment erklärt er die Unterhaltung mit Basilio für beendet und stampft wütend wieder Richtung Tisch. Ehe er sich hinsetzt und wieder anfängt zu essen, dreht er sich jedoch noch einmal Richtung Wald und Bogenschützen um. "Die Kargi sind nicht unsere Feinde. Haltet euch zurück, falls sie noch auftauchen!" Falls.
« Letzte Änderung: 25.02.2016, 18:21:00 von Manik »

Basilio Aristide

  • Beiträge: 1073
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #101 am: 26.02.2016, 01:38:13 »
Na prima. Für die Umstehenden sieht das jetzt so aus, als hätte ich da gerade Druck auf den Jungen ausgeübt, damit er brav sagt, was ich hören will—als hätte ich hier irgendwelche Hintergedanken bei all dem, als triebe ich irgendein seltsames Spiel. 'Warum', werden sie sich fragen, 'will der komische kleine Koraker uns unbedingt davon überzeugen, dass die Ukhtark lieb und harmlos sind?'

Er tritt neben Manik und ignoriert dabei dessen böse Miene und verkrampfte Körperhaltung.

"Ich weiß, du hältst nichts von Diplomatie, aber wie steht's mit Verantwortung? Die hast du nämlich in dieser Situation, ob du's einsiehst oder nicht. Keiner der Leute hier kennt die Ukhtark oder hatte je mit Kargi zu tun. Du aber bist mit ihnen geritten, hast an der Seite eines von ihnen gekämpft. Was du über sie sagst zählt. Wenn du also sowas loslässt wie gerade, vor lauter Wut über was anderes, dann werden es etliche glauben: er muss es ja wissen, er kennt die ja! Du bist quasi eine Autorität zu dem Thema. Vielleicht bist du es von daheim nicht gewohnt, dass jemand auf dich hört, aber hier ist es nicht auszuschließen. Also pass etwas auf, dass du kein Öl in die Flammen kippst, in denen wir dann alle gemeinsam krepieren dürfen."

So genau weiß Basilio nicht, was er sich von seiner kleinen Belehrung erhofft: Maniks Einsicht gewiss nicht. Zum Schluss hat er auch ein wenig arg aufgetragen. Aber er will auch nicht wegen dem Kerl in Verdacht geraten, er täte im Verborgenen irgendwelche Fäden ziehen. Hoffentlich konnte er diesen Verdacht soweit zerstreuen.[1]

Er will sich schon abwenden, da hält er noch einmal inne. "Und ich sehe keinen Grund, irgendwelche Mägde ins Spiel zu bringen. Das geht dich wirklich nichts an."

Mit einem gemurmelten "Verzeihung!" gesellt er sich wieder zur Kommandantin und den beiden Hauptmännern.
 1. Bluff = 15
« Letzte Änderung: 26.02.2016, 21:51:54 von Basilio Aristide »
"Call no man happy until he is dead."

"War," he sung, "is toil and trouble;
Honor, but an empty bubble."

Tarqetik

  • Beiträge: 452
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #102 am: 26.02.2016, 16:22:34 »
Der Tag vergeht rasch. Sobald er eine Unterkunft gefunden hat, legt ich Tarqetik hin und beginnt im Takt der arbeitenden Soldaten rund um ihn, etwas zu dösen. Die Träume bleiben bunt und reglos auf der Pritsche liegen, als sich Tarqetik aufsetzt. Er fährt sich mit seinen Händen über das Gesicht und versucht sich an das Datum zu erinnern.

Mit dem frischen Wind im Gesicht, der ihm den restlichen Schlaf von der Haut wischt, spaziert der Söldner nicht unbedingt geradlinig oder mit brisanter Eile zum Treffen der Hauptleute. Im Heereslager trägt er zwar seine Rüstung nicht, doch sein Schwert und einen Dolch ruhen griffbereit am Körper.

Mit einem angebissenen Apfel  zwischen Mund und Hand trifft Tarqetik auf die Truppe der Heeresleitung. Die Schemen der Gestalten verraten schon von weitem, wer sich in der Küche versammelt hat, um am Gericht des Kampfes mitzuwürzen. Der Söldner kommt gerade rechtzeitig, um das Ende der direkten Unterhaltung zweier Kameraden zu verfolgen und sich daran zu erinnern, dass tatsächlich mal irgendwann die Rede von irgendwelchen Weibern war, die auf der Burg verweilen und irgendwie wichtig sind.
Tarqetik beißt ein letztes Mal in den Apfel und lässt dann dass Gehäuse achtlos zu Boden fallen. Mit einem kurzen Nicken tritt er an die Umstehenden heran und vergewissert sich, dass er in der richtigen Gesellschaft gelandet ist.

Flannait Adair

  • Beiträge: 209
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #103 am: 28.02.2016, 21:46:35 »
Flannait lässt die Wache mit einem spöttischen Schnauben ziehen. Schließlich hat sie nicht wirklich einen Auftrag der Kommandantin. Aber es wird nicht Schaden, wenn Sarfin es sich in Zukunft verkneift auf Wache zu Saufen, wenn er denn den morgigen Angriff überlebt.

***

Am nächsten Morgen wird Basilio daran erninnert, warum er Flannait niemals zur Feindin habe will.
Sein Rapier ist etwas kürzer als die gekrümmte Elfenklinge aber obwohl Flannait die Waffe mit beiden Händen führt ist sie ebenso schnell. Von ihren Kampfformen kann er allerdings wenig lernen, denn anders als das Rapier ist die Elfenklinge nicht in erster Linie eine Stichwaffe. Trotzdem kann Flannait dem Koraker ein paar defensive Manöver aufzeigen, bei denen es darum geht gegnerische Angriffe ab- und umzulenken anstatt zu blocken. Nützlich, da die seine schlanke Klinge gegen schwere Zweihänder oder Äxte zum Blocken nicht taugen wird. Als Gegenleistung lässt sich Flannait über die Auskünfte, die Bosol seinen nächtlichen Besuchern gegeben hat, ins Bild setzen.

Den Marsch verbringt die Halbelfe in ihrer Funktion als berittene Kundschafterin weit vor dem Zug, nur gelegentlich zurückkehrend um der Kommandantin Bericht zu erstatten.
Sie findet Spuren und sichtet auch zweimal Reiter aber beide Male in zu großer Distanz um sie sicher zu identifizieren oder gar zu stellen. Trotzdem ist davon auszugehen, das Sildan über den Anmarsch des Gekalitischen Aufgebots im Bilde ist.

Bei Kortikas Erklärungen zu Gulasado schüttelt Flannait nur innerlich den Kopf. Narren. Eine solche Festung lässt man doch nicht einfach so unbewacht rumstehen.  Da postiert amn zumindest eine kleine Garnision oder reißt ein Loch in die Mauer und demontiert die Tore, damit sich eben nicht der nächstbeste Bandit einnistet.
Das die Ughtarg sich verspäten erfüllt die Halbelfe mit gemischten Gefühlen. Einerseits fühlt sich in ihrer Verachtung und ihrem Misstrauen bestätigt und kann Luganos Kommentar nur zustimmen, aber andererseits die gelernt hat sie den Ehrbegriff der Kargi zu respektieren gelernt und ist überrascht und sich nur zu bewusst wieviel schwerer ihre Aufgabe ohne die Unterstützung der Grünhäute werden wird. "Nach den Masken hätte ich ausserdem erwartet, dass sie ein ganz persönliches Hühnchen mit Sildan und seinem schwarzen Priester zu rupfen hätten."
« Letzte Änderung: 28.02.2016, 21:51:22 von Flannait Adair »
"Nur ein toter Kargi ist ein guter Kargi!"

Khenubaal

  • Moderator
  • Beiträge: 1294
    • Profil anzeigen
Gulasado
« Antwort #104 am: 29.02.2016, 00:17:11 »
Maniks und Basilios kurzes Wortgefecht löst verwunderte Blicke und Tuscheleien unter den Schützen aus. Auch die beiden Hauptmänner Lugano und Kortika schauen mit einem stummen Lächeln an. Nur die Kommandantin bewanhrt die Fassung, auch wenn Jamir meint, ein angedeutetes Kopfschütteln zu erkennen.

Bei Maniks letztem Kommentar, die Kargi nicht aus Versehen anzugreifen und sie als 'Feinde' zu betrachten, schmunzelt Lugano. "Aber klar doch!", ruft der Hauptmann sarkastisch.

"Genug." Es ist die Kommandantin. Sie hat weder allzu laut gesprochen, noch mit besonderer Schärfe. Aber der ruhige Ausdruck schneidet noch besser durch die Luft, als es ein wütender Befehl getan hätte, weil seine Besonnenheit militärische Disziplin transportiert. Lugano nickt und bleibt stumm. Und auch alle anderen Soldaten nehmen unbewusst Haltung an.

Schließlich ist Basilio an der Seite von Ejdarn und fragt nach weiteren Gesprächen mit Bosol. Die Kommandantin nickt. "Ich hatte vor, euch nach dem Eintreffen den Kargi im Zelt zu unterrichten, aber wir können es auch gleich hier und jetzt machen. Euer Gefangener, hat sich zwar jetzt besser im Griff, singt aber auch weiterhin bereitwillig. Er sagte, es gibt da einen svimohzischen Priester, der wohl bösen Zauber wirken kann, aber ob das wirklich stimmt, müssen wir erst herausfinden. Außerdem meinte er, Sildan hätte noch drei Hauptmänner, die ihm helfen, die Männer zu führen: Gobbo, die Zunge - weil er sich immer über die Lippen leckt beim Sprechen - einen Dejy mit großer Schramme quer über dem Gesicht, einen bärtigen Kämpfer mit Hackennase und feuerrotem Haar, den alle nur "Spada" nennen, obwohl er wohl einen längeren Namen hat, und Aragast - einen drahtigen, brandobischen Söldner aus Mendarn. Er sagt, letzterer ist wohl derjenige, der den besten Draht zu den Leuten hat. Gobbo ist wohl ein Sadist, den alle fürchten. Und Spada - ich zitiere - 'hält sich für was Besseres'."

Basilio folgt den Ausführungen - ebenso die anderen Gefährten. Der Koraker muss feststellen, dass die Kommandantin entweder kein kalamarisch kann, oder dem Spitznamen des einen Hauptmanns nicht viel Bedeutung beimisst. 'Spada' bedeutet im Kalamarischen 'Schwert'. Hackennase und feuerrotes Haar deuten ebenfalls auf eine Herkunft aus dem Kaiserreich. Schwer zu glauben, dass die Kommandantin die Militärtermini der Kalamarer nicht kennt. Anscheinend ist es ihr also egal.

Hat Bosol denn noch etwas anderes erzählt, eventuell über seine Kameraden? "Nein", antwortet die Kommandantin - dies sei alles gewesen. Der Koraker will eben noch etwas entgegenen, da unterbricht ihn Flannait. "Da ist etwas", sagt sie. Die von ihrem Vater ererbten, elfischen Sinne, in den Jahren als Kundschafterin weiter geschärft, nehmen das entfernte Dröhnen und Trommeln als erste auf. Einige Augenblicke vergehen, dann kann es auch Sanjan hören.

Wenig später bestätigen es zwei Männer vom provisorischen Ausguck in der Krone einer hochgewachsenen Eiche. "Sie kommen!", ruft einer der Soldaten. Inzwischen ist das Dröhnen und Trommeln von Dutzenden Füßen und Hufen für alle deutlich zu hören. Die beiden Männer in der Baumkrone - das sieht man Ihnen sogar vom Boden aus an - haben deutlich an Farbe verloren. "Bei den Göttern!", ruft der andere. "Na - das nenne ich mal eine Kampfreihe!"

Kortika schaut grimmig herauf, um die beiden Männer zum Schweigen zu bringen. Die Kommandantin hebt einen Arm mit offener Handfläche leicht an. "Ruhig!", ruft sie, ohne sich umzudrehen, zu den Schützen in
ihrem Rücken.

Dann ist es so weit. Die Phalanx der Kargi bricht aus dem Wald. Die Gefährten - bis auf Flannait und Jamir - durften ein ähnliches Schauspiel schon einmal ansehen. Als sie Jaylin flohen, brachen sie selbst aus dem Dickicht und fanden sich einer Waffenstarrenden Phalanx der Ukhtark gegenüber. Doch es gibt entscheidende Unterschiede. Damals waren nicht die Kargi in Bewegung, sondern sie selbst. Und sie flohen von einer Bedrohung zu Verbündeten. Manik fällt wieder ein, wie ihm dennoch schon damals das Herz kurz in die Hose gerutscht war. Wie ihnen allen. Und nun? Nun entließ der Wald eine Einheit von fast sechs Dutzend kargischen Kriegern aus seinen Schatten. Helmrücken, Schulterschützer und Speerspitzen blitzten in der Sonne auf. Der grobschlächtige Gesang aus Dutzenden Kehlen, die wohl ein Marschlied der Ukhtark schmetterten, erfüllte die Luft. Die harten Schläge von Sandalen und Hufen ließen den boden vibrieren.

"Was bei den Göttern!", rief Lugano. "Zu Verteidigung bereitmachen!" Der Hauptmann zug sein Schwert. "Nein!", schrie Kortika und fiel seinem Kameraden in den Arm, damit dieser die Waffe nicht heben konnte.

"Halt!" - wieder war es die Kommandantin. Sie hatte nun beide Arme gehoben, mit offenen Handflächen, die nach hinten zeigten. "Wenn auch nur noch ein einzigen seine Klinge zieht, oder einen Schuss abgibt, ohne direkten Befehl von mir, wird drei Tage lang am Pfahl in der Sonne schmoren!"

Nun brüllt die Kommandantin, aber dass muss sie auch, denn sonst gehen ihre Befehle im atemberaubenden Getöse der Ankömmlinge und den Rufen ihrer Hintermänner unter. So wie die Phalanx der Kargi auf die gakeliten zuhält, ist es ein beängstigender Anblick. Selbst die Gefährten, die bereits mit Barkas gekämpft und im Muog von Kezhdal gesprochen haben, verspüren den instinktiven Impuls zu fliehen, oder die Waffe zu ziehen. Dennoch - die Worte der Kommandantin verfehlen ihre Wirkung nicht. Wer über die Schulter blickt, stellt fest, dass einige Schützen, die bereits die Bögen gespannt haben, die Pfeile wieder lockerer auf der Sehne halten. Alle sind besorgt, doch keiner gibt einen Schuss ab. Und auch Lugano, lässt den Schwertarm unten.

Dann hebt ein Ukhtark in einer kleinen Reitergruppe, die die Kargi anführt den Arm und ruft "Itigil!"[1] Und die vier Gefährten erkennen die tiefe, rauchige Stimme sofort - es ist Mago, der Serogul der Ukhtark. Er führt die Männer an.

Sofort gehorcht die Einheit. Innerhalb eines Lidschlags bleiben die Krieger stehen und nehmen Formation an. Bei Sanjan blitzt der Gedanke auf, dass er nur eine Einheit je hat schneller Befehle aufnehmen und umsetzen gesehen: den Erkundungstrupp der Elfen von Jaylin, unter der Leitung von Shanahan. Doch die Kargi standen diesen seinen Halbbrüdern nur ein wenig nach und schienen disziplinierter, als alle gakelitischen Truppen, die er in den letzten Tagen erlebt hatte. Er wollte nicht erleben, wer in einer möglichen Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Truppen die Oberhand behalten würde.

Nun, da die Kargi plötzlich stillstanden, kehrte auf einmal gespenstische Ruhe ein. Keiner wagte es, etwas zu sagen. Alle starrten nur stumm die Neuankömmlinge an. Ähnlich wie schon damals im Wald, hatten die Kargi einen Trupp von ungefähr vier Dutzend schweren Infanteristen in der Mitte der Schlachtreihe. Die Männer standen in der Tradition der großen Kriege der Vergangenheit und nutzten die selbe Formation, die seinerzeit die frühen kalamarischen Eroberer und auch König Kruk-Ma-Kali - die Testudo. Die Männer trugen schwere Schulterschützer und Helme, Schutzplatten an den Unterschenkeln und übermannslange Speere. Die ersten drei der vier Raihen konnten mit gesentem Speer angreifen. Sich überlappende Schilde bildeten einen schier unüberwindlichen Wall in der Schlacht. Vor ihnen postiert waren die Plänker, wobei das bei einem Kargi immer noch eine schwere Bewaffnung bedeutete. Ein Dutzend Mann mit Schwert, kleineren Schildern, als die Phalangiten und einem Bogen auf dem Rücken. Zu beiden Seiten der Phalanx stand ein Reitertrupp - je ein Dutzend Mann, bewaffnet mit Schilden, sowie Speeren, Streitkolben oder Langschwertern, auf schweren Rössern. Alles in allem eine tödliche Komposition aus Disziplin und ursprünglicher Wut der wilden Rasse.

Dann richteten die Gefährten ihren Blick auf die fünf Reiter, die den Phalangiten und Plänkern voranritten und die Einheit anführten. In der Mitte und leicht nach vorne versetzt saß Mago auf seinem Ross, in voller Rüstung, jedoch unbewaffnet. Sowohl Schwert, als auch Speer und Bogen waren verstaut. Er nahm den Helm ab, erspähte in der Ferne Sanjan, und nickte ihm zu.

Rechts von ihm erkannten die vier Gefährten die mächtige Statur von Barkas. die wilden locken des Hiroguls umrahmten sein Gesicht, doch konnten das zufriedene Lächeln nicht verbergen.

Links von Mago saßen zwei weitere Krieger auf ihren Rössern. Auf die Entfernung konnten die Gefährten sie nicht erkennen - sie sahen nur, dass einer noch jung, der andere jedoch schon etwas älter war.

Der letzte Reiter saß ganz rechts auf - neben Barkas. Und besonders Basilios Herz machte einen Satz, als er ihn erkannte. Es war Maru - kleiner und schmächtiger als die vier Männer neben ihr. Neben Barkas - dem breitschultrigen Kämpen - fast schon zierlich. Doch sie saß ebenso stolz und aufrecht auf ihrer Stute, wie die vier Gefährten neben ihr.

Die Einheit der Kargi war in einer Entfernung von gut Hundert Fuß vor dem Lager der Gakeliten zum Stillstand gekommen. Immer noch war es ruhig. Jedes Klirren einer Klinge - jedes Wiehern eines unruhigen Pferdes war zu vernehmen und spielten den überspannten Nerven der Soldaten streiche. Waren die Kargi ebenso angespannt? Das war wohl anzunehmen.

Schließlich noch ein Wiehern - diesmal vom Ross des Seroguls. Mago ließ sein Reittier langsam nach vorne traben, bis es sich gut zwanzig Fuß vor der übrigen Formation postiert hatte, richtete sich im Sattel auf und zeigte die offenen Handflächen, zum Zeichen, dass er unbewaffnet war. Dann rief der Krieger den Gakeliten seine Begrüßung entgegen: "Ich grüße die Krieger von Dorwida im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind. Die Ukhtark kommen heute als Verbündete zu euch."
 1. Übersetzung für Flannait und Basilio: Halt!
« Letzte Änderung: 29.02.2016, 08:25:10 von Khenubaal »

  • Drucken