Eine kleine Gruppe Neuankömmlinge löst sich aus der nach draußen drängenden Masse, angeführt von einem rundlicheren Herren mit Schweinsnase, der sie zielstrebig auf ein älteres Ehepaar zuführt.
"Caran, darf ich dir Gendus Vardrud vorstellen. Er ist vor Kurzem mit einer Gruppe von Archäologen hier eingetroffen und scheint sehr interessiert an den Höhlen unter unserer schönen Heimat zu sein." Er rückt sich die schmale Brille zurecht und klopft sich überschwenglich räuspernd auf seinen runden Bauch.
"Sie stammen aus Ustalav und haben die weite Reise auf sich genommen, um die mysteriösen Funde dieser Lande zu erforschen. Der Zufall will es, dass sie zu dieser schweren Stunde in unser kleines Nest kamen und uns nun bei der Suche nach Khonnir Baine unterstützen könnten. Vielleicht wärt ihr ..." "Ihr wisst genau was ich davon halte!" unterbricht der wohlhabend gekleidete Elf schneidend und wendet sich sogleich an den älteren Mann, der mit ausgestreckter Hand eine Begrüßung erwartet.
"Herr Vardrud, ich empfehle ihnen und ihren Leuten die Ruinen und Funde dieses Landes zu meiden. Wie sie gerade vielleicht mitbekommen haben, werden nun schon über ein Dutzend Männer und Frauen vermisst, die in diese Höhlen oder was das auch immer dort unten ist hinabgestiegen sind, und selbst der Ratsherr, der sich am besten mit dieser 'Technologie' auskannte, konnte das Rätsel um die violette Flamme nicht lüften. Letztendlich fiel auch er ihr nun zum Opfer. Die Tage dieser Stadt sind gezählt, tun sie sich selbst einen Gefallen und suchen sie woanders nach unentdeckten Schätzen oder sprechen sie mit der Ratsvorsitzenden. Guten Tag." Mit diesen Worten winkt Caran Liader, ein elfischer Händler des Ortes, ab und greift nach der Hand seiner Frau. Janice steht derweil hinter ihrem Expeditionsleiter, der erstaunt hinüber zu dem sprachlosen dicklichen Mann sieht. Die junge Frau kann sich die abweisende Haltung des Elfen nicht erklären, doch ist ihr der versteinerte Blick aufgefallen, den er der jungen Halb-Elfe einige Stuhlreihen entfernt zugeworfen hat.
Kieyanna sieht bedrückt hinüber zu ihren Eltern, die mittlerweile von ihren Stühlen aufgestanden sind. Ihr Vater hat gerade noch mit einem ihrer früheren Nachbarn und einer Gruppe Männern und Frauen, die sie nicht kennt, gesprochen, während ihre Mutter traurig zu ihr hinüber sieht. Schon über eine Woche ist es her, dass sie mit ihr ein paar Worte gewechselt hat und noch viel länger, dass sie ihre Mutter hatte herzhaft lachen sehen. Heute erkennt sie nur noch ein gequältes Lächeln und eine grüßende Hand. Als ihr Vater ihren Kontakt bemerkt, beendet er sein Gespräch abrupt und bedeutet seiner Frau zu gehen. Die Halb-Elfe kennt dieses Verhalten, mittlerweile kommt sie kaum noch in den kleinen Laden an der Ecke der großen Schmieden. Sie sieht ihren Eltern nach und ihre Gedanken verweilen für einen Moment in den Erinnerungen an ihre Kindheit.
Reya bleibt hinter den Stuhlreihen stehen und blickt zurück zu Kieyanna. Sie beschließt für einen Moment zu warten und beobachtet nahe des Ausgangs mit verschränkten Armen und einem Stiefel an der Wand lehnend die Gesichter, die an ihr vorbeiziehen. Den Großteil kennt sie selbst nach mehreren Wochen noch nicht, doch bemerkt sie ernüchternd die Sorgenfalten, welche sie in den letzten Stunden auch bei sich selbst entdeckt hat. Khonnirs Verschwinden stimmt sie besorgt und nachdenklich. Instinktiv greift sie neben sich nach der Schulter der kleinen Val, die sie nach draußen begleiten wollte, doch fühlt sie nach einem kurzen Moment unter ihren Fingern nur das nackte Holz der Wand. Stutzig blickt die junge Frau um sich und entdeckt gerade noch, wie sich das Mädchen mit gesenktem Kopf durch eine Lücke der Masse am Eingang drückt.
AmbienteDie eisernen Scharniere ächzen, als die großen Tore des hölzernen Portals des Ratshauses aufgestoßen werden. Ein lauwarmer Wind trägt den Regen in den steinernen Eingangsbereich, auf dem nach und nach immer mehr Stiefelpaare ihre Spuren hinterlassen, während die Einwohner der Stadt Fackel besorgt, wütend und traurig die Bekanntmachung am Abend des 9. Rova verlassen. Es ist dunkel geworden. Die matschigen Wege durch den seit Tagen anhaltenden Regen glitzern in den Lichtern der entzündeten Laternen der Einwohner, die wie eine Schar aus Glühwürmchen von der hell erleuchteten Halle ausschwärmen. Seltsame eiserne Stab-Konstruktionen in grotesken Formen verlaufen nahe der Dachrinnen und verschwinden in knie-hohem Gras an den Füßen der steinernen Häuser. Kisten und Fässer voll mit Schutt und Müll türmen sich in den Gassen der Häuser und ein fauliger Geruch wird hin und wieder über den Platz getragen.
Jon und Jakob treten hinter ihrem Vater, der gerade sanft, aber bestimmend, eine der tratschenden Trauben am Eingang teilt, in die Nacht hinaus.
"Habt ihr das von dem alten Dornoll mitbekommen? Er sagt die mechanischen Kreaturen, die Ratsherr Baine unter dem Hügel gefunden hat, sind nicht die einzigen. Andere kriechen rumd ums Dorf aus dem Boden und greifen Leute an! Bald kann man sich Abends nicht mehr vor die Tür trauen." Beide hören beiläufig die Worte des ängstlichen Mannes in der moosgrünen Kutte, als sie ihre Mutter stützend hinter ihrem Vater nach draußen geleiten.
"Geht es, Lalra? Warte, ich helfe dir." Behutsam legt Jordan seinen bulligen Arm um seine Frau und übernimmt die Stütze, die seine Söhne ihrer Mutter gewährt haben.
"Nun behandelt mich mal nicht wie eine Schwerkranke, ich konnte schon immer spüren, wenn sich das Wetter ändert. Es sind nur die Kopfschmerzen. Luhias Verschwinden, das alles..." antwortet sie schwach.
"Sie wieder zu finden ist wichtiger als alles andere. Bestimmt ist sie mit diesem Baine gegangen. Sie verschwand zur gleichen Zeit ..." schluchzt sie und vergräbt ihr Gesicht in der Brust ihres Mannes. Jon und Jakob entgeht der schmerzende Blick in den Augen ihres Vaters nicht, als er ihre Mutter tröstend umarmt.