Autor Thema: [Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers  (Gelesen 3584 mal)

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Tsuyoshi

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« am: 13.06.2017, 10:18:26 »
Langsamen Schrittes wandert der Ronin durch das Dorf. Er ignoriert die verstohlenen Blicke, die ihm Frauen und Kinder nachwerfen, reagiert auch nicht auf die tiefen Verbeugungen, die selbst alte Bauern mit schmerzendem Rücken vor ihm machen. Stolz marschiert er voran, mustert die einfachen Häuser, die Einzäunungen, die Beete und Wege, mit unendlicher Mühe angelegt in dieser kargen Umgebung. Seine Linke ruht auf den Griffstücken seines Daisho, die Rechte ist mit dem Daumen unter den Kaku-Obi gehakt, der seinen Kimono umschlingt. Schweigend lässt er seinen Blick schweifen, verschafft sich eine Übersicht: Wie viele Bauern leben noch in diesem Dorf? Haben sie genug Reis zu essen, oder ernähren sie sich nur noch von Hirse? Gibt es wirklich nur Frauen, Greise und Kinder, oder findet sich auch noch der eine oder andere junge Bursche, der einen Speer führen könnte? Seine Bilanz fällt schlecht aus: Das Dorf ist zwar nicht reich, aber auch nicht so arm, dass Räuber es nicht noch plündern könnten.

Ganz abgesehen von den Frauen und einigen sehr hübschen jungen Mädchen, die man nicht alle erfolgreich vor ihm zu verstecken versucht hat. Gerade hat er einen alten Mann ertappt, der in seiner Angst vor dem fremden Samurai zu einer ganz und gar unwürdigen Methode gegriffen hat: "Schäm dich, alter Mann!" hat Tsuyoshi ihn angefahren. "Wie konntest du deiner Tochter die Haare abschneiden und sie in Männersachen stecken – sieh nur, wie sie vor Scham weint! Glaubst du alter Narr etwa, damit könntest du einen Banditen täuschen, eh?!" Wütend hat er gedroht, sein Katana zu zücken, als ihm noch ein Einfall kam: "Oder hast du dir etwa gedacht, ich sei hinter euren Mädchen her, was?!" Er erinnert sich jetzt noch an das aschfahle Gesicht, mit dem der Greis vor ihm in den Staub gefallen ist und um Verzeihung gebeten hat. "Baka!" flucht er unterdrückt. Selbst in ihrer Männerverkleidung war nicht zu übersehen, dass das Mädchen schön war. Ein Bandit würde nicht zögern...

Er ist mit seinen düsteren Gedanken beschäftigt, als ein niedriges Gebäude mit einem Anbau in Sicht kommt, der sich auf der dem Dorf abgewandten Seite befindet, weit weg von den übrigen Häusern, damit kein Funkenflug sie gefährden kann. Eine Esse ist zu erkennen, und er erinnert sich an die Beschreibung der Dame Chúsei, die von einer Schmiede sprach. Zwar hat er keinen einzigen Koban in seinem Beutel, aber als Samurai interessiert ihn die Schmiede dennoch. Die Esse scheint kalt – kein Wunder, da der Schmied ebenso verschollen sein muss wie die anderen Männer des Ortes. Vor der offenen Front des Anbaus bleibt Tsuyoshi stehen und schaut sich um. Sicherlich war der Mann, der hier gearbeitet hat, kein echter Schwertschmied. Eher wird er Werkzeuge für die Feldarbeit gefertigt haben. Doch das Wissen, dass seine guten, aber alten ererbten Klingen wieder einmal die Pflege eines Meisters gebrauchen könnten, treibt ihn dazu, einige Schritte weiter zu gehen.

Chúsei

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #1 am: 14.06.2017, 11:02:47 »
Während ihre Tochter gerade im Nebenzimmer das Lesen und Schreiben übt, hat Chúsei auf einem kleinen Tisch die Werkzeuge ihres Mannes ausgebreitet. Sie sitzt mit konzentrierter Miene auf einem weichen Kissen davor und beginnt diese mit einem sauberen Lappen zu reinigen. Sie ist in Gedanken versunken, während ihre Hände darüber wandern. Ihr Mann ist wie der Rest im Krieg verschollen und auch wenn ein Teil von ihr hofft, er würde wiederkehren, spürt sie nur eine gewisse Traurigkeit und einen tiefen Schmerz. Sie kämpft einen Moment gegen ihre Tränen an, versucht sich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren und streicht eine Träne weg, als plötzlich die Tür rechts von ihr leicht aufgeschoben wird. Hanako, ihr ein und alles, schaut mit besorgter und doch unschuldiger Miene zu ihr.
"Alles in Ordnung, Mama?"
Chúsei wendet einen Moment beschämt den Blick hab, sie soll nichts davon merken und antwortet mit fester Stimme.
"Ja, Liebling. Widme dich wieder deinen Aufgaben. Ich sehe gleich nach dir."
Ihre Tochter nickt und schiebt die Tür wieder zu, während Chúsei die letzten Schmutzreste entfernt und einen Moment seufzt. Ihr Mann hat so viele Stunden damit zu gebracht und sie kennt jedes einzelne davon. Aber nun steht die Schmiede still, denn es gibt praktisch keinen Bedarf seitdem…
Sie führt den Gedanken nicht erneut zu ende, denn sie wird plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, als sie draußen vor dem Haus Schritt hört. Sie nähern sich immer weiter der Schmiede. Sie hat keinen Besuch erwartet und in diesen Tag besucht sie selten jemand. Langsam richtet sich Chúsei auf und geht zu der Vordertür. Sie schiebt diese beiseite und steht auf einmal dem Samurai direkt vor ihrer Tür gegenüber. Vor Schreck presst sie ihre Hand an die Brust und sofort rasen ihr tausenden von Gedanken durch den Kopf. Sind die Männer wieder zurück? Ist er ein Räuber? Ist er ein Feind? Ist er nur jemand auf Durchreise? Aber er wirkt nicht so und Chúsei kennt ihn nicht. Er muss ein Fremder auf Durchreise sein. Aber was will er ausgerechnet hier. Sie bemerkt voller Schrecken, wie sie ihn angestarrt hat und senkt beschämt den Kopf. Dabei wandert ihr Blick auch über die beiden Schwerter und sein Besuch ergibt auf einmal viel mehr Sinn als zuvor. Doch will er wirklich ihre Arbeit annehmen oder hat er ihren Mann erwartet? Etwas weniger sicher als noch zuvor bei Hanako klingend, begrüßt Chúsei ihn.
"Einen guten Tag, verehrter Samurai. Was führt euch an meine Schwelle?"
« Letzte Änderung: 14.06.2017, 23:33:47 von Chúsei »
Ich würde alles opfern, um Hanako und das Dorf zu beschützen.

Tsuyoshi

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #2 am: 14.06.2017, 12:28:51 »
Eingehend hat Tsuyoshi die Einrichtung der kleinen Schmiede gemustert, als sich plötzlich eine Shoji-Tür neben ihm öffnet. Seine Muskeln spannen sich an, da er noch immer mit versteckten Banditen rechnet, doch der Anblick der Frau vor ihm ist friedlich genug. Allerdings könnte noch immer ein Mann mit gezogener Klinge hinter ihr stehen und sie zu der harmlos klingenden Begrüßung zwingen. So verharrt er reglos, während sie sich vor ihm verbeugt. "Du bist die Frau des Schmieds? Oder eine Dienerin?" fragt er und späht an ihr vorbei in das Innere des Gebäudes. Ihre Kleidung ist einfach und weist auf keinen höheren Status hin. Er versucht mehr von ihrem Gesicht zu erkennen, was bei ihrer gebeugten Haltung nicht leicht ist. Außerdem glaubt er eine noch hellere, eine Kinderstimme gehört zu haben.

Chúsei

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #3 am: 14.06.2017, 22:24:23 »
Chúsei hielt den Kopf gebeugt, während der fremde Mann seine Frage stellte. Sie wollte ihn nicht verärgern oder gar unhöflich behandeln, denn sie war keine Gefahr für ihn. So sehr sich Chúsei auch wünschte sie wäre so stark, wusste sie doch, dass sie leider keine Kriegerin war und vor allem niemals einem Samurai gewachsen wäre. Sie machte eine tiefe Verbeugung.
"Ich bin Chúsei, die Frau des Schmiedes Dojima. Kann ich etwas für euch tun, verehrter Herr?"
Die Frau richtete ihren Blick langsam wieder auf, um dem Samurai in die Augen zu sehen und ein Lächeln zu formen, während sie sich innerlich auf die Abweisung vorbereitete. Chúsei erwartete nicht, dass der Mann annahm ausgerechnet eine Frau könnte ihm helfen, aber man wusste in diesen Zeit nie.
Ich würde alles opfern, um Hanako und das Dorf zu beschützen.

Tsuyoshi

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #4 am: 15.06.2017, 14:50:59 »
Die Frau des Schmiedes also, nicht sehr überraschend. Was den Ronin allerdings überrascht, ist ihre Gegenfrage. Er sieht sie erstaunt an, schwankend, ob er sie wegen ihrer Kühnheit bestrafen oder Nachsicht walten lassen sollte. Doch dann sagt er sich, dass das vorwitzige Verhalten der Frauen im Dorf wohl nur eine Folge davon ist, dass sie mit Kindern und Alten sich allein überlassen sind. So erwidert er ihr ruhig: "Ich bezweifle es, Chúsei. Das könnte allenfalls dein Mann, wenn er sich auf die Pflege einer guten Klinge versteht."

Dabei schaut er sich weiter um. Als sie sich wieder aufrichtet, mustert er sie und fragt schließlich: "Hast du Schwertöl und was ich sonst zur Pflege meiner Waffen brauche?" Zwar ist es Bauern bei Todesstrafe verboten, Schwerter zu besitzen oder gar zu führen. Aber Öl, Uchiko, Reispapier und die übrigen Utensilien zur Schwertpflege besitzt so mancher, denn jeder Samurai benötigt sie regelmäßig.

Chúsei

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #5 am: 18.06.2017, 11:59:40 »
Die Antwort überraschte Chúsei nicht, ganz im Gegenteil, sie erinnerte sie an ihren Mann. Auch er hatte anfangs dasselbe gedacht und sogar gesagt, aber Chúsei hatte sich auch ihm gegenüber bewiesen und vielleicht würde sie es hier wieder tun. Aber vorerst brauchte der Samurai eine Antwort.
„Natürlich, kommt herein, verehrter Herr.“
Lud sie den Samurai in ihr Haus ein und zeigte auf den kleinen Tisch auf denen noch das Schmiedewerkzeug lag.
„Setzt euch, bitte. Ich werde alles bringen.“
Sie hoffte der Fremde würde ihrer Bitte folgen und begab sich gegenüber von ihm. Chúsei beugte sich herab und schlug Stück für Stück das Werkzeug in die Tücher ein. Dann nahm sie alles vom Tisch und verschwand einen Moment im Nebenraum, um dort alle nötigen Utensilien zu besorgen. Während der Samurai jedoch wartete, öffnete sich plötzlich einer der anderen Nebenschiebetüren einen Spalt. Durch den winzigen Spalt sahen ihn zwei neugierige Kinderaugen an, die als sie realisierten was sie sahen, erschrocken wieder verschwanden, als die Tür geschlossen wurde. Wenig später kehrte Chúsei zurück und legte Öl, Papier und das Uchiko auf den Tisch. Zusätzlich holte sie ein paar Handschuhe und legte sie ebenfalls hin. Erst danach setzte sie sich dem Samurai gegenüber.
„Bitteschön, verehrter Herr. Passt mit dem Uchiko auf. Es ist sehr empfindlich beim Klopfen.“
Ich würde alles opfern, um Hanako und das Dorf zu beschützen.

Tsuyoshi

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #6 am: 18.06.2017, 13:14:58 »
Der Samurai folgt Chúsei in das Haus, wobei er sich argwöhnisch umsieht. Nachdem aber immer noch keine Spur eines Hinterhalts zu sehen ist, lässt er sich schließlich im Schneidersitz nieder, legt das Daisho neben dem linken Knie ab und blickt unbewegt vor sich hin, die linke Hand auf das Knie gestützt, die Rechte scheinbar nachlässig auf dem Oberschenkel liegend. Seine Augen wandern in Richtung der Shoji-Tür, die sich einen Spalt weit öffnet, und er spannt sich kampfbereit an, rührt sich aber nicht weiter. Dann verschwindet der Beobachter wieder, und er versinkt erneut in seine meditative Reglosigkeit.

Nachdem die Frau die herbeigebrachten Utensilien vor ihm abgelegt hat, mustert er alles eingehend, nickt dann knapp, ohne Chúsei anzusehen, und greift nach einem Stück Papier. Mit langsamen, präzisen Bewegungen glättet er es, faltet es dann exakt in der Mitte zusammen und zieht die blitzende Klinge des Katana aus der Scheide, um sie gründlich zu reinigen. Darauf nimmt er ein Stück Seide, legt die Klinge flach auf die von der Seide bedeckte Handfläche der Linken, den Tsuka mit der rechten Hand haltend, und blickt mit einem zusammengekniffenen Auge an der glänzenden Schneide entlang, die er leicht hin und her dreht, um winzige Kratzer im Licht zu erkennen.

Die Handschuhe bleiben dabei zunächst unbeachtet liegen, und auch Chúsei schenkt er bei seinem Ritual keine Beachtung. Sie ist eine Nichtsamurai und obendrein eine Frau, mithin nicht mehr als eine Dienerin, die ihm gebracht hat, was er verlangte – wie es ihre Pflicht ist. Er schaut nur kurz auf, als sie um Vorsicht mit dem Kalksteinpuder bittet. "Du hast schon gesehen, wie man ein Schwert pflegt? Hat sich dein Mann darauf verstanden?" fragt er im beiläufigen Ton, während sich sein Blick wieder auf die Waffe konzentriert.

Chúsei

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #7 am: 19.06.2017, 19:41:57 »
Chúsei beobachte den Samurai, ganz im Gegensatz zu ihm, bei jeder Handbewegung. Sie hatte es so oft bei ihrem Mann gesehen und sogar schon einige Mal selbst erledigt, wenn ihr Mann eine Klinge länger bei sich behalten hatte. Nie hatte es jemand erfahren und dennoch waren die Samurai zufrieden damit. Zwar betrübte es sie, dass sie es heimlich gemacht hatte, aber irgendwie zog sie auch Befriedigung daraus, dass sie es ebenso gut konnte. Dementsprechend beobachtete sie ihren gegenüber bei jeder Bewegung und achtete auf jeden noch so kleinen Fehler. Dabei konnte die Frau auch nicht umhin ihren Gegenüber auch sonst genauer zu mustern, vielleicht sogar etwas zu ungeniert, denn er war völlig in seine Arbeit versunken. Er erinnerte sie sogar nicht an ihren Mann, ganz im Gegenteil, wirkte er sehr viel verwegener, abenteuerlicher und fast schon anziehender mit seinem ruppigen Aussehen. Sie vergaß einen Moment ihren Mann, während ihre Augen über ihn wanderten. Als sie bemerkte was sie dort tat, wendete Chúsei sich leicht errötet ab, gerade im rechten Moment, als plötzlich eine Frage im Raum stand und er doch einen winzigen Augenblick seiner Aufmerksamkeit ihr schenkte. Immer noch zur Seite schauend, die Hände auf dem Schoss verschränkt, antwortete sie.
„Ja, mein Mann war ein begabter Schmied. Leider sah unserer verehrter Lord es anders und nutzte ihn für andere Tätigkeiten.“
Beantwortete sie die zweite Frage und grübelte noch was sie zur ersten Frage antworten sollte. Gesehen hatte sie es oft, aber das war nicht alles.
Ich würde alles opfern, um Hanako und das Dorf zu beschützen.

Tsuyoshi

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #8 am: 20.06.2017, 10:31:20 »
Nachdem er die Klinge geprüft hat, greift der Ronin zum Puderball und klopft mit leichten Bewegungen Uchiko auf die Stellen, die besonderer Pflege bedürfen. Der ganze Vorgang geschieht schweigend, die volle Konzentration Tsuyoshis ist auf das Katana fokussiert. Das Erröten seines Gegenübers hat er kaum wahrgenommen. Seine Erfahrungen mit Frauen sind recht beschränkt, und er schiebt ihre Schüchternheit darauf, dass der Schmied sie gelehrt hat, sich Männern – und insbesondere Samurai – gegenüber respektvoll und zurückhaltend zu benehmen. Natürlich ist ihm nicht entgangen, dass sie einen straffen Körper besitzt, dessen Formen sich unter dem Kimono durchaus reizvoll zeigen. Dennoch: Die Pflicht eines Kriegers ist zunächst dem Lehnsherrn und der Ehre gewidmet.

Einen Lehnsherrn besitzt er nun nicht mehr, umso wichtiger ist ihm also die Ehre. Wer sein Daisho vernachlässigt, ist nicht wert, es zu tragen, so wiederholte es sein Vater endlose Male. Pflichterfüllung gilt in dieser Hinsicht für den Adeligen wie für den einfachen Handwerker, wenn auch an verschiedenen gesellschaftlichen Positionen. "Du lebst also nun allein?" fragt der Ronin und wirft der Frau einen kurzen, scharfen Blick zu. "Hast du keinen Sohn, der die Schmiede weiter betreiben kann?" Zu ärgerlich – er hat seit einiger Zeit das Gefühl, dass eine leichte Unwucht in seiner Waffe sein muss, die seine Kampfeskünste beeinträchtigt. Doch der Fehler ist zu fein, um ihn mit bloßem Auge zu erkennen. Ein echter Könner müsste hier um Rat gefragt werden.

Chúsei

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[Szene 2] Das Schwert ist die Ehre des Kriegers
« Antwort #9 am: 21.06.2017, 18:26:17 »
Chúsei schüttelte den Kopf bei beiden Fragen.
„Ich kümmere mich um meine Tochter, Hanako, und betreibe die Schmiede in Abwesenheit meines Mannes. Nur gab es bisher keinen Bedarf mehr.“
Erklärte sie stolz, selbst wenn der Fremde ihr nicht glauben würde. Stattdessen lenkt sie jedoch das Thema etwas um, denn der Fremde hatte immer noch nicht die Höflichkeit besessen sich selbst vorzustellen.
„Und wie nennt man euch, verehrter Herr? Was führt euch in unser Dorf?“
Stellte sie das erste mal Fragen und schaute auf, nachdem sie sich gesammelte hatte. Der Samurai verstand sich auf das Pflegen der Klinge, auch wenn sie sich fragte, ob die Waffe nicht weit mehr Pflege bedarf. Immerhin wirkte der Mann etwas abgerissen und weit gereist. Einen Moment fragte sie sich was er wohl alles erlebt hatte.
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Tsuyoshi

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« Antwort #10 am: 22.06.2017, 09:59:47 »
Eine Tochter – das also ist wahrscheinlich die Erklärung für das Augenpaar, das er vorhin gesehen hat. Sorgfältig sucht der Ronin die Klinge auf beiden Seiten nach weiteren kleinen Schäden ab, die man mit dem Puder beseitigen kann. Dann fasst er nach einem weiteren Blatt Reispapier und beginnt den Stahl vorsichtig zu polieren. "Du betreibst die Schmiede? Allein?" fragt er dabei in ungläubigem Ton und schaut kurz auf Chúsei. Für eine Frau wirkt sie stämmig, durchaus kräftig, aber eine Schmiede – in Weiberhand?! Das erscheint ihm dann doch zu unwahrscheinlich, um wahr zu sein.

Die Gegenfrage nach seinem Namen bringt ihn allerdings in nicht geringe Verlegenheit. Natürlich ist seine Name, ist seine persönliche Ehre nicht durch Feigheit, Verrat oder Fehltritte befleckt. Aber er kann keinen Lehnsherrn nennen, und allein das ist schon Schande, und wenn er zehnmal unschuldig ist. Daher sagt er relativ kurz angebunden: "Ich bin Herr Tsuyoshi – so kannst du mich nennen, Frau" und widmet sich sehr augenfällig seiner doppelt kostbaren, weil für ihn unersetzlichen Waffe.

Nachdem er die letzten Reste des Uchiko behutsam entfernt hat, dreht er das Katana noch einmal hin und her, sorgsam darauf bedacht, die Klinge weder anzuhauchen noch gar mit den Händen zu berühren. Halbwegs zufrieden schiebt er es zurück in die Saya, bis er den Widerstand spürt, den die Habaki an der Öffnung der Scheide überwinden muss. Schließlich legt er die Waffe mit bedächtigen Bewegungen wieder neben sich ab und besieht sich die seltsame Frau näher, die da behauptet, das Schmiedehandwerk zu beherrschen.

Chúsei

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« Antwort #11 am: 22.06.2017, 23:36:24 »
Die Frau des Schmiedes beobachtete die gesamte Prozedur genau und nahm auch die Antwort mit wohlwollen auf, auch wenn Tsuyoshi nicht gerade ein höflicher Mann war. Es schien als wäre er Stolz und auch seine zweifelnde Frage erfüllte leider nur ihre Erwartungen. Dennoch fand Chúsei etwas anziehenden an ihm. Sie will gerade die Frage nach der Schmiede beantworten, als der Samurai mit der Pflege bereits fertig schien. Chúsei lehnte sich etwas nach vorne und streckte die Hand nach dem Öl auf dem Tisch aus.
„Wollt ihr kein Öl auf die Klinge auftragen, Herr Tsuyoshi?“
Klang sie fast schon tadeln, da der Samurai diesen Schritt wohl zu vernachlässigen schien. Sie umfasste sanft die Ölflasche und reichte sie Tsuyoshi zusammen mit einem weiteren Tuch.
„Ich habe früher die Schmiede mit meinem Mann zusammen betrieben. Seitdem er das Dorf verlassen hat, gab es Niemand anders, der sich darum sonst kümmern konnte.“
Erklärte sie dennoch und war innerlich gespannt, ob er ihren Hinweis aus Stolz abtun würde oder sich anders zeigte.
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Tsuyoshi

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« Antwort #12 am: 24.06.2017, 12:01:15 »
Wie sich seine Gastgeberin von allein zu Wort meldet und ihn dann auch noch darauf aufmerksam macht, dass er sich eine Nachlässigkeit erlaubt hat, lässt den Ronin die Augenbrauen drohend zusammenziehen. Was erlaubt sich dieses Weib?! Schon hat er eine scharfe Antwort auf der Zunge, als ihm eine andere Idee kommt. Tatsächlich wäre es von Vorteil, das Katana auch mit dem Öl zu behandeln, und das kann die Klinge, im Gegensatz zu dem Puder, auch bei falscher Handhabung kaum beschädigen. Dennoch ist es ein gewisses Wagnis, seine Waffe jemandem anzuvertrauen, der ihr womöglich schadet.

Aber er handelt kurz entschlossen, greift nach dem Katana, hebt es und hält es wagerecht vor Chúsei. "Ich will, dass du es tust, Frau eines Schmieds" sagt er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet. Nun wird sich zeigen, ob sie weiß, wie man die Klinge anfasst und entgegennimmt, und erst recht, ob sie etwas von der Pflege versteht! Unbewegt starrt er ihr in die Augen, den Arm mit der Waffe ausgestreckt – und den anderen, kaum merklich, bereit, das kürzere Wakizashi zu ergreifen und zur Schwerthand zu führen. Wie er es in endlosen Wiederholungen geübt hat, wird in diesem Fall die Klinge in einem Lidschlag aus der Scheide fahren.

Chúsei

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« Antwort #13 am: 25.06.2017, 21:25:39 »
Chúsei spürte wie ihr Herz zu klopfen anfing, als Tsuyoshi trotz Verärgerung im Ausdruck tatsächlich ihr die Chance einräumte zu beweisen, dass sie etwas konnte. Sie schluckte dennoch einen kurzen Moment und versuchte dem Blick des Samurais standzuhalten. Mit einer Hand nahm sie die Handschuhe und streifte sie behutsam über ihre Hände. Sie wusste, dass ein echter Meister ohne sie auskommen würde, aber ihr Mann hatte oft genug betont, dass sie die Klinge nicht mit bloßen Hände berühren sollte. Sie befürchtete außerdem Tsuyoshi könnte es sich beim kleinsten Fehler anders überlegen. Vorsichtig nahm sie eines der Papiere und faltet es über den Daumen der linken Hand. Die rechte Hand griff nach dem Öl, dabei musste sie sich etwas vorbeugen. Der Akt kostet sie etwas Anstrengung und entlockte ihr einen unartikulierten Laut, ehe sie die Flasche in die Hand hatte. Für einen kurzen Moment drückte sie das Öl gegen das Papier und ihren Daumen und ließ ein wenig davon aus der Flasche auf das Papier laufen, gerade genug für die Pflege der Waffe. Sie stellte das Öl ab und behutsam schloss sie die rechte Hand um den Griff der Waffe. Sie spürte sofort das Gewicht und ihre Muskeln spannten sich an, als sie darauf wartete, dass der Samurai die kostbare Klinge freigab.
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Tsuyoshi

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« Antwort #14 am: 26.06.2017, 11:16:27 »
Unbewegt sieht der Ronin der nervösen Frau zu. Für einen kurzen Moment verengen sich seine Augen zu Schlitzen, denn sie nimmt die Waffe nicht entgegen, wie es ein Samurai tun würde: Mit beiden Händen Tsuka und Saya unterfassend, den Kopf geneigt, um sich für die Ehre zu bedanken, die Klinge zu erhalten. Doch sie ist kein Samurai, noch nicht einmal ein Mann. Er löst schließlich seinen Griff um die Waffe behält sie aber genauso wie Chúsei im Auge. Scheinbar gelassen sitzt er ihr gegenüber, doch innerlich ist er angespannt, denn das Katana ist nicht nur Symbol seiner Ehre – soviel ihm davon nach dem Ende seines Lehnsherrn noch geblieben ist – sondern auch das einzige Mittel, sich gegen Samurai anderer Kriegsherren, Banditen, Rotten aufgebrachter Bauern und andere Gegner zu Wehr zu setzen. Ganz sicher ist er sich nicht mehr, ob dieser Test der Frau eine weise Idee war. "Wie lange hast du mit dem Schmied zusammen gelebt? Ist das Mädchen euer einziges Kind?" fragt er nach einer Weile in dem Versuch, mehr über sie zu erfahren und ihr zugleich etwas von ihrer Nervosität zu nehmen. Den typisch herrischen Ton eines Samurai verwendet er dabei aber weiterhin, ohne darüber nachzudenken.