Vorsichtig bewegt sich Anders durch einen weiteren Durchgang in einen ebenso leeren, kaum interessanten Raum. Bald sind sie auch mit dem letzten Gang fertig, ohne Nennenswertes gefunden zu haben. Hier ist ja auch nicht damit zu rechnen gewesen. Der junge Mann hält weiter nach einem Schloss Ausschau, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnimmt. Angespannt dreht er sich der potentiellen Gefahr zu, sein Stiefelmesser in der Hand. Puh...nur ein angeknackster Spiegel. Anders betrachtet das Bild. Er sieht tatsächlich ein bisschen wie nach einem Unfall aus. Die Jeans am Knie aufgerissen - kein modisches Statement, sondern ein unschöner Riss, Shirt mit eingetrockneten Blutflecken und ebenfalls an zwei Stellen gerissen. Die Jacke hat der Türke genommen. Schade drum. Die Stiefel haben sie ihm zum Glück gelassen. Sein Gesicht deutlich gezeichnet, aber weniger schlimm als gedacht.
Anders sah Valerias Spiegelbild an. Biff also. Feiges Arschloch. Hmm. Er muss schlau formulieren, wenn er weiter in der Gruppe der schönen Kämpferin bleiben will. Die Wahrheit würde ihm wohl kaum einer glauben, ihm vielleicht einen Strick draus drehen...
"Ich war hier mit ein paar Leuten unterwegs. Gute Leute. Wir haben von 'ner Gruppe von Gangstern im Süden vom Schwarzwald gehört, die davon leben, Schwächere zu überfallen oder für sich einzuspannen. Die Paschas. Für die sind wir Vieh, nichts weiter. Ne zweite Gruppe, Typen wie euer Zinnsoldat - gut bewaffnet, militärisch erfahren - kauft den Paschas alles Mögliche ab, vor allem Arbeiter und hübsche Frauen." Valeria hebt die Augenbraue und Anders dreht sich zu ihr um. "Der Türke, Yasin, den ihr umgenietet habt...der hat zu den Paschas gehört. Rechte Hand vom Anführer, wenn man dem Großmaul glauben will. Der hat geprahlt, dass er sich das Bett von einer schönen Ärztin wärmen lässt - wohl nicht freiwillig. Die Paschas, verstehst du, die haben's nicht mit Gleichberechtigung. Die sehen dich nicht, die sehen nur was zum Besitzen, zum...Ausnutzen." Anders widersteht dem Drang zum Boden zu sehen und blickt seinem Gegenüber tief in die Augen. "Ich bin nicht so, verstehst du?" Der junge Mann ist sehr ernst. Er flirtet nicht. Ihm ist wichtig, dass Valeria ihn nicht für so einen Verbrecher hält.
Er widmet sich weiter der Durchsuchung des Zimmers und fährt fort: "Der Typ hat mit einem Stringtanga rumgefuchtelt, der seiner Doktorin gehören soll. Da war ein W. eingestickt. Das könnte tatsächlich ein Hinweis auf eure vermisste Wagenitz sein."Anders gibt auf und geht wieder zur Tür auf den Gang zu. "Wenn die wirklich bei denen ist, dann könnt ihr das Ganze vergessen. Die bekommt ihr da nicht raus - nicht wenn ihr nicht was wirklich Gutes zum Handeln habt."