"Je schneller wir hier verschwinden, desto besser ist es für alle. Wenn sie..."
Tharon lässt seine Hand über die Flüchtlingsgruppe wandern
"...den Marsch weiterhin durchhalten. Aber wenn wir hier bleiben, werden uns noch weitere Patrouillen aufspüren."
Im Gegensatz zu Ruven scheint er eher unentschlossen zu sein. Er schaut unsicher zu der immer noch schwach aussehenden Frau hinüber. Dann blickt er Ruven an und macht sich ein Bild, wie sich seine Verletzung entwickelt hat.
"Und ihr scheint mir auch noch nicht wieder vollkommen erholt."
Dann fällt sein Blick wieder auf das Lager und den großen Topf, aus dem immer noch Dampf aufsteigt. Er blickt ein klein wenig zu lang auf den Topf, um noch verbergen zu können, dass auch ihn der Hunger plagt...
Als er bemerkt, das Ruven irgendwie abgelenkt scheint, wirft er ihm noch einen Blick zu und geht dann in Richtung des Lagers. Er blickt nochmal über seine Schulter, aber Ruven steht einfach nur nachdenklich da. Mit einem Schulterzucken scheint für Tharon die Sache erledigt.
Dankend mit dem Kopf nickend nimmt er die Holzschale entgegen, die ihm von einem kleinen Mädchen gereicht wird. Alsbald füllt er diese mit der bescheidenen Brühe, die gemächlich vor sich hindampft. Einige kleine Äste, die gelegentlich von dem Wasserdampf gestreift werden, sind bereits von einer dünnen Eisschicht überzogen. Mittlerweile sind auch die Schneeflocken größer geworden und man möchte meinen, dass es außerhalb dieses dichten Waldes weitaus ungemütlicher ist.
Die hastige Art, mit der Tharon sich die Suppe einverleibt wird anscheinend nur dadurch gebremst, dass die Mahlzeit sehr heiß ist, aber man kann ihm deutlich ansehen, dass er längere Zeit nichts Warmes mehr gegessen haben muss.
Die anderen Flüchtlinge haben sich in kleinen Gruppen zusammengekauert und wärmen sich gegenseitig. Die wenigen Decken reichen nicht einmal für die Hälfte der Menschen. Slebst die Kinder haben aufgehört, in der näheren Umgebung umher zu rennen oder zu spielen. Langsam macht sich eine allgemeine Hoffnungslosigkeit in dem Lager breit. Im Moment davon unbeeindruckt scheinend, setzt Tharon sein Mahl fort und genießt selbst diese einfache Suppe sichtlich.
Plötzlich schreit eine der Frauen auf. Der kurze, aber schrille Schrei dringt durch die Stille des Waldes und der Erenlander lässt vor Schreck seine fast leere Schale fallen. Aufgeschreckt fährt er herum und sieht die Frau, die gerade aufgesprungen ist. Einen kleinen Moment später fällt sein Blick auf die Ursache der Reaktion. Eine Ratte huscht unter der Wolldecke hervor, die der Gruppe gerade noch als Schutz vor der Kälte diente.
Ohne zu zögern ergreift Tharon seinen Stab, fasst ihn ganz am Ende und schlägt mit voller Wucht auf das kleine Ungeziefer ein. Ein kurzes Fiepen ist noch zu vernehmen, dann bleibt das kleine Tier leblos am Boden liegen. Tharon nimmt die Leiche auf und wirft sie ins Feuer.
Sichtlich erleichtert, beruhigt sich die Frau wieder und gesellt sich zu den anderen Flüchtlingen.
Nach diesem kleinen Zwischenfall hat sich Tharon schnell wieder beruhigt und man meint in seinen Augen kurz Unverständnis für das eben Geschehene sehen zu können. Ein Blick hinüber zu Ruven zeigt ihm, dass dieser fast unberührt von dem Ereignis, ein Gespräch mit einer der Flüchtlinggruppen begonnen hat. Seine ruhige Art lässt nicht erahnen, was das Thema der Unterhaltung sein könnte. Tharon nimmt die Schale wieder auf und gibt sie, nachdem er mit einigen Blättern und ein wenig Wasser das Innere des Holzgefäßes gereinigt hat, dem Mädchen zurück. Erneut ist ein Nicken zu bemerken, mit welchem er offensichtlich seinen Dank zum Ausdruck bringen will. Eine Augenbraue hochziehend, würdigt er Ruven eines letzten Blickes und begibt sich dann zu jener Frau, die am schwersten unter dem Angriff der Patrouille gelitten hat. Mit einer Hand hält sie sich die verletzte Seite, mit der anderen hat sie die Wolldecke ergriffen, so dass sie nicht abrutscht. Eine leichte Verbesserung ihres Zustandes führt auch prompt zu einem freundlichen Lächeln Tharons. Er hockt sich vor sie auf den Boden und schaut sie an. Dann fährt er ihr mit der Hand sanft über die Stirn. Er atmet erleichtert aus. Leise spricht er zu ihr:
"Ihr habt es bald überstanden. Wenn bis jetzt noch kein Fieber eingesetzt hat, wird es auch so bleiben.
Habt ihr noch große Schmerzen?"
Er wartet eine ganze Zeit, bis er sich vorsichtig und leise erhebt. Wie es scheint schläft die Frau schon eine ganze Weile. Tharon macht auch keinerlei Anstalten, um sie zu wecken, im Gegenteil, er entfernt sich lautlos und geht auf Ruven zu.
Die niedergeschlagene Stimmung in dem kleinen Lager hat sich augenscheinlich nicht verbessert. Es werden kaum noch Gespräche geführt und die Menschen verbringen ihre Zeit mit wenig mehr als dem Nötigsten.
Ruven scheint allerdings immer noch sehr beschäftigt zu sein, was Tharon wieder dazu bringt, sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen, an welchem er in Ruhe und ungestört lesen kann. Kurz darauf hat er sich auch schon an einem großen Baum niedergelassen und fummelt das kleine Buch unter seiner Kleidung hervor. Vorsichtig schlägt er es auf und beginnt konzentriert darin zu lesen.