Online-RPGs Pathfinder > Dalaran

Mal Gani

(1/43) > >>

Gaja:
Anfang Erntemond im Jahr des Herrn 376, südliches Fersland
Etwas stimmt hier nicht. Das erkennen die beiden Wanderer, welche – jeder für sich und vom anderen nichts ahnend – in der Gegend von Ansdag im südlichen Fersland unterwegs sind. Das Meer im Rücken hat der eine, den Gjolkard-Wall zur linken Hand – den Loch Leskos im Rücken der andere, den Wall zu Rechten. Vor ihnen erstreckt sich jeweils dasselbe Bild: eine liebliche Landschaft, menschenleer. Das Korn auf den Feldern: überreif, doch kein Knecht ist zu sehen, der es erntet. Und wenn man genauer hinschaut, so entdeckt besonders das naturkundige Auge Zeichen von Verderbnis. Senken voller blasser Pilze. Eine kahlgefressene Hecke. Ein Feld verfaulter Kohlköpfe, von einem weißen Gewebe überzogen, doch Spinnweben sind es nicht. Ein Grüppchen kahler, verkrüppelter Bäume, die eigentlich jung und voller Saft sein müssten. Und dann diese Stille. Müsste nicht fröhliches Vogelgezwitscher in der Luft liegen? Dahinten geht ein Knecht! Zwei! Oder gar drei? Soll man hineilen, fragen was los ist?

Ein armseliger Hof ist es, vor welchem sich diese Szene abspielt.





Doch zuvor fragen wir uns, was unsere beiden Wanderer überhaupt in diese Gegend geführt hat. Sie beide haben eine lange Reise hinter sich – die eine lässt sich in Meilen messen, die andere in Jahrhunderten.

Gaja:
An einem warmen Spätsommertag wie diesem fällt es Wulfgar schwer, an seinen Auftrag zu denken. Zu sonnig ist der Tag, zu grün die Landschaft, zu prachtvoll die Ernte, die auf den Feldern um ihn herum heranreift. Winter ist ein ferner Gedanke: klirrende Kälte, niemals enden wollende Nächte, schwindende Vorräte, zum Schluss der Hunger...

Es ist bereits sein zweiter Sommer im Flachland. Vermisst er die Berge von Arteus? Immer härter war dort in den letzten Jahren das ohnehin schon harte Leben geworden. Deswegen haben die Jäger ihn ja losgeschickt. Zu viele der eigenen Reihen hatte man in den letzten zwei Jahrzehnten verloren. Wenn das so weiterginge, sei das Überleben der ganzen Gruppe gefährdet.

Begonnen hatte es mit diesem Weijt Gelspad, der unbedingt König der Menschen werden wollte, weshalb er sich mit den Kolkarstämmen aus den Bergen verbündete, um den vorigen König zu stürzen. Das gelang ihm wohl auch so ungefähr zu der Zeit von Wulfgars Geburt. Viel mehr weiß Wulfgar nicht über die Belange der Menschen von Arteus. Es hatte ihn früher nie interessiert. Nun sollte es vielleicht. Oder vielleicht auch nicht. Als er daheim loszog, hatten Gerüchte eines aufziehenden Krieges ihn rasch aus Arteus vertrieben. Junge Burschen aus den Dörfern wurden zwangsrekrutiert, da wollte er nichts mit zu tun haben. Sein Auftrag lautete ja auch: schau dich im Süden um.

Die Jäger überlegen nämlich, ob es mal wieder an der Zeit sei, eine neue Heimat zu finden. Immer härter wird in "ihren" Bergen der Konkurrenzkämpf. Seit die Kolkar in der Gunst des neuen Königs stehen, sind sie überall. Immer mehr von ihnen drängen aus den Bergen, beanspruchen die besten Plätze für sich, dezimieren das Wild, lassen niemanden in ihr Stammesgebiet. Das große Tal, früher ein Ort, an dem die Jäger willkommen waren und ihre Felle verkaufen konnten oder eintauschen gegen das wenige, was sie brauchten – heute ist es Kolkargebiet.

In den Norden ausweichen geht auch nicht, dort sind die Riesen. Freundlicher als die Kolkar aber ebenso bestimmt verweisen sie Fremdlinge ihres Territoriums. Wendete man sich gen Osten, käme man zuerst zu den Zentauren, dann den Elben, die es jeweils auch vorziehen, unter sich zu bleiben. (Wulfgar hatte noch nie einen Zentauren gesehen. Neugierg wäre er ja schon...) Vor Bächland hat man ihn gewarnt. Eine neue Religion wütet dort, welche die Menschen komplett verblendet hat, das ergab eine frühere Erkundung. Wer sich dort nicht zum Glauben an den Einen Gott bekenne, dem drohten allerlei Strafen, von Enteignung über Vertreibung über Verknechtung über Körperstrafen bis hin zur Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen. Bei Druiden und Feenbälgern wurde gar nicht lange gefackelt, aber auch andere Gaja-Anhänger sind in Bächland ihres Lebens nicht sicher, und ist einer nicht geständig, dann wird er geständig gemacht.

Aber das restliche Land soll Wulfgar erkunden. Linsberg gebe es da noch, Fersland und Jongot, und eine große Insel namens Albion. Ohne je eine Karte gesehen zu haben, muss er sich auf die grobe Wegbeschreibung verlassen, die man ihm mitgab: "Immer südlich des Fjurds bleiben! Der Fluss verläuft entlang der Südgrenze von Arteus und Bächland bis hin zum Meer, und nach Bächland möchtest Du nicht! Der Fenden dagegen verläuft südlich bis zu einem riesigen See, genannt Loch Leskos. Westlich des Fenden liegt Linsberg, östlich davon Fersland. In Linsberg leben Zwerge in den Bergen ("Nenne einen Zwerg niemals Zwerg – sie selbst heißen sich Dain!") und Elben in den Wäldern. In Fersland leben hauptsächlich Menschen. Wo Albion genau liege, konnte Ragnar ihm nicht sagen, da müsse Wulfgar sich halt durchfragen. Und südlich von Dalaran, jenseits des Meeres, liege noch ein größerer Kontinent, Frankia mit Namen, doch so weit wolle man erst einmal noch nicht schauen. Ach, und fast hätte Ragnar vergessen: südlich von Fersland gibt es noch das kleine Jongot, dahinter die Berge voller Kolkar und Dämonen, dann das Meer.

Oder sind die Berge von Jongot noch voller Dämonen? Sie waren es, als die Vorfahren der Jäger von dort flohen, vor vielen, vielen und noch mehr Jahren. Vielleicht könne man ja in die alte Heimat zurück? Oder wohin könne man wandern, wo wäre man willkommen, wo hätte man seine Ruh'? Das sollen Wulfgar und zwei weitere Burschen herausfinden, die man (getrennt voneinander) in alle Richtungen ausgeschickt hat.

Inzwischen ist Wulfgar seit (fast) zwei Sommern und einem Winter unterwegs und ist bislang so richtig willkommen eigentlich noch nirgendwo gewesen. Dafür wurde er aber bereits dreimal mit Heugabeln oder Knüppeln vertrieben, stets an einem einsam gelegenen Hof, sodass man den Bewohnern wohl zugute halten sollte, dass sie sich durch Wulfgars wildem Aussehen und wehrhaftem Auftreten bedroht fühlten und nur sich und ihr Heim verteidigen wollten.

(Ob es weise gewesen sei, jemanden wie ihn zu schicken, könnte man nun fragen, doch wurde Wulfgar gerade wegen seiner auf den ersten Blick ersichtlichen Andersartigkeit für diese Mission ausgewählt. Denn andersartig sind die Jäger seiner Gruppe allesamt, ob Mischling oder Feenbalg, missgestaltet, als Kind ausgesetzt, von besonders Hässlichkeit oder einfach nur ein Sonderling – anders sind sie alle. Wo also auf Dalaran ist Platz für all diese Sonderlinge? Wo gibt es Menschen – oder Elben, Dain, Kolkar oder Riesen – die Sonderlinge in ihrer Nähe dulden?)

Was Wulfgar bei all seinen Kontaktversuchen entmutigt ist nicht die schlimmst mögliche Reaktion, die Vertreibung per Heugabel, sondern die häufigste. Dass er nämlich nach anfänglichem Misstrauen geduldet wird. Wasser und ein Mahl gibt man ihm fast überall, zumeist auch einen Schlafplatz im Stall. Seine Arbeitskraft wird nur selten ausgeschlagen. Und einige glücklichere Begegnungen gab es ja auch. Den letzten Winter verbrachte er gut bei einem tüchtigen Handwerksmann, dem er zur Hand ging. Ja, bei dem war er wohl willkommen – dessen Nachbarn und Sippschaft war dann aber wieder eine ganz andere Frage.

Nun ist Wulfgar auch nicht sonderlich geschickt darin, mit Fremden warm zu werden oder ins Gespräch zu kommen. Doch auch darin ähnelt er den meisten Jägern. Jedenfalls verlässt ihn so allmählich der Mut. Im südlichen Fersland angekommen, hat er Linsberg bereits als eine schlechte Idee abgehakt, und was er bisher von Fersland erleben durfte, stimmt ihn nicht zuversichtlicher. (Dem Fenden ist er gen Süden gefolgt, mal am linken, mal am rechten Ufer, sporadisch hat er sich auch mal zu der einen, mal der anderen Seite tiefer ins Land gewagt. In Linsberg gibt es jetzt auch Dämonen und Untote und allerlei Verderbnis, die Leute sind verängstigt und misstrauisch und wenden sich in ihrer Not auch diesem Einen Gott zu, von dem die Jäger aus Bächland nur schlechtes zu berichten wissen. In Fersland dagegen wird viel vom Krieg gegen Wejt Gelspad geredet und dass man den richtigen König zurück haben wolle. Auch hier melden sich die Burschen reihenweise zum Kampf, und wer es nicht tut, wird als Feigling oder als Verräter beschimpft. Man würde den Ausgang dieses Bürgerkrieges erst einmal abwarten müssen, bevor man Fersland in die engere Wahl zöge. Und so bleiben ihm nur noch Jongot, Albion und, auch wenn Ragnar dies seinem Schützling offenbar nicht zutraute,  Frankia.

Doch zunächst einmal findet Wulfgar seinen Weg gen Süden durch eine riesige Mauer versperrt, die sich geschätzte zwanzig Mannhöhen gen Himmel streckt und von einem Ende des Horizonts bis zum anderen. Hiervon hat Ragnar ihm nichts erzählt. ("Am östlichen Ufer des Loch Leskos näherst du dich einer Bergkette, die etwa dort beginnt, wo du auch bei klarem Wetter die andere Seeseite nicht mehr siehst. Diese Berge hältst du ebenfalls rechterhand, so gelangst Du bald nach Jongot.") Er befindet sich aber noch in Fersland, so versichert ihm ein Bursche zu Pferd, den er unterwegs traf. Liegt Jongot dahinter? Ist es verloren? Haben die Dämonen gesiegt? Gibt es ein Tor in der Mauer, durch das Reisende passieren können? Doch bevor Wulfgar diese und weitere Fragen stellen kann, ist der Bursche schon weitergezogen.

Und so wendet Wulfgar sich erst einmal gen Osten. Erfreulich immerhin, dass sich vor ihm ein riesiges Waldgebiet erstreckt. Das sieht doch mal vielversprechend aus. Doch zunächst hält er sich in Nähe der Mauer, um die Größe des Gebietes besser einschätzen zu können. Es ist groß, zu diesem Schluss ist er gelangt, als schließlich im Osten das Meer in Sicht kommt. Groß genug für die Jäger gewiss. Doch wie sieht es mit den Bewohnern des Waldes aus? Elben? Kolkar? Druiden? Feen? Wären die Jäger hier willkommen?

Je weiter Wulfgar sich der Küste nähert, desto häufiger passiert er links oder rechts des Wegs einen Hof, doch keiner davon wirkt einladend. Fenster und sogar Türen scheinen mit Brettern verrammelt. Außer einem vereinzelten Gockel hat er den ganzen Tag noch keine Seele gesehen. Die Sonne steht bereits tief in seinem Rücken, als er endlich Leute entdeckt. Drei Burschen scheinen dort drüben miteinander in einen Streit zu geraten. Genaueres lässt sich aus der Entfernung nicht erkennen.

Gaja:
Leicht ist Arnvidhs Schritt und frei sein Atem. Der Schein der Sonne hüllt ihn wärmend ein, ein Geschmack von Salz liegt auf den Lippen, ein frischer Wind spielt im Haar, über ihm kreischen die Möwen – so frei hat er sich schon seit langem nicht mehr gefühlt. Von plötzlichem Übermut erfasst, klettert er auf den nächsten Hügel und späht in alle Richtungen. Wie berauschend der Blick in die Weite, über Felder, das Meer im Osten, die bewaldete Bergkette an dessen Ufer, nach Norden sich erstreckend, nach Westen hin Wald, so weit das Auge reicht! Nur den Blick nach Süden scheut er: der Anblick der Mauer bedrückt ihn, ebenso wie der Gedanke an seine Heimat dahinter, noch immer unfrei, noch immer von Dämonen geplagt.

Die letzten Schritte bis zur Mauer waren so ungefähr die erdrückendsten, die Arnvidh je tat. (Nur einen Gang in seinem Leben hatte Arnvidh als erdrückender empfunden: jenen, mit dem er seinen Sohn, und herauf den Neffen, zu Grabe trug.) Durch nachtschwarzen Schatten trotz strahlendster Mittagszeit, den Kopf so weit im Nacken, dass der Hals schmerzt, um den Blick an dem zwanzig Mann hohen Mauerwerk empor gleiten zu lassen... Nein, man musste ein paar Schritt zurück tun, um daran empor zu blicken, denn es war leicht in seine Richtung geneigt, wer davor stand, sah nur Stein über sich, keinen Himmel mehr... Im Inneren dann eine Wendeltreppe hinauf, auf halber Höhe ein Verhör durch die Wachen: wer man war, wohin mal wollte, was zu tun in wessen Auftrag, für wann die Rückkehr geplant sei und vor allem, ob man auch kein Wehrflüchtling sei...

Bei dieser Frage platzte Arnvidh vor Lachen. Fast hätte er die Wahrheit geantwortet, aber die hätte ihm niemand abgekauft. Wie fünfzig sah er nun einmal nicht aus, eher wie knapp über zwanzig – wie soll er also dreißig Jahre lang gegen Dämonen gekämpft haben? Fünf, gab er daher zur Antwort, und konnte genügend Fragen beantworten, die das wohl überprüfen sollten. Dann endlich durfte er eine Wendeltreppe auf der anderen Seite der Mauer in die Tiefe nehmen und trat... ins Licht. So kam es ihm vor.

Er muss wohl eingeschlafen sein, auf dem Hügel, von dem er Aussicht hielt. Jedenfalls liegt er auf einmal im duftenden Gras und um ihn herum tanzen lauter kleine Wesen, keins wie das andere. Ein bunt gekleidetes Männlein pfeift auf einer Flöte, ein anderes trägt Kletten und Zweiglein im wirren Haar, eine winzige Maid mit grünem Haar und großen grünen Katzenaugen hüpft keck auf seine Brust und schlägt Purzelbäume rauf und runter, ein knorriges Kerlchen mit einer Haut wie Baumrinde und knorrigen Gliedern schlägt eine Trommel, rothaarige Zwillinge mit den krummsten Hakennasen, die je ein Auge erblickte, singen mit den lieblichsten Stimmchen, die je ein Ohr hörte...

Ja, er ist sich ganz sicher, geträumt zu haben. Natürlich hat er geträumt. Nur eine Sache lässt sich nicht erklären: warum er nach dem Aufwachen den linken Schuh auf dem rechten Fuß trägt – und umgekehrt. So lief er gewiss noch nicht den ganzen Tag herum, diese Verwechslung kann ihm also nicht am Morgen selbst unterlaufen sein. Und an seinem Hemd da steckt ja auch noch ein fliederfarbenes Schleifchen... und es riecht auch so. Nach Flieder. Obwohl kein Frühling ist, und Flieder doch nur im Frühjahr blüht.

Doch lasst uns weiterziehen! Wozu ist man noch einmal hierher gekommen? Ah, ja. Einen Auftrag hat man. Auch eigene Interessen, aber die gehen niemanden etwas an als Arnvidh selbst. Sie sind auch schwieriger in Worte zu fassen als der Auftrag, den Anselm von Groning ihm antrug. Schon mehrmals hat Arnvidh für den fränkischen Händler, den er in Vandershall, Jongots Haupt- und einziger Hafenstadt kennenlernte, kleinere Aufgaben erledigt, gegen Münze und um der sicheren Zuflucht wegen, die er in Anselms Haus genoss, wann immer er in Vandershall weilte.

(Zu Arnvidhs Jugend gab es drei Hafenstädte, aber eine davon fiel im Kampf gegen die Dämonen, noch  zu seiner Zeit, und wurde aufgegeben, die zweite wurde offenbar erst vor anderthalb Jahrzehnten aufgegeben, nachdem sie Jahr um Jahr das Ziel von Rûngarder Piraten wurde. Die gab es zu Arnvidhs Jugendzeiten auch noch nicht. Ach, aber er muss wirklich aufhören, so zu denken. Um den Anschluss an diese Zeit zu finden, muss er das Vergangene ruhen lassen! Herrje, um einen Gedanken zu Ende führen zu können, auch dafür wäre es besser, das Vergangene ruhen zu lassen!

Doch das ist leichter gesagt als getan.)

Anselm von Groning also hatte Arnvidh in sein Kontor in Vandershall gerufen und ihm folgendes angetragen: von einem fränkischen Handelspartner sei ihm Nachricht zugekommen, eine wichtige Warenlieferung sei nun gar bald zwei Monde überfällig. In Sydhavn – dem südlichsten fersländischen Hafen –  hätte sie zur See gehen sollen, doch offenbar geschah dies nicht. Ob man nicht vor Ort nachforschen könne, was passiert sei.

In Sydhavn angekommen, erfuhr Arnvidh, dass die Ware niemals dort angelangte, weshalb das Schiff auch niemals damit in See stechen konnte. Verloren gegangen sei sie durch einen Raubüberfall in der Nähe von Ansdag.

Ansdag. Heute auch "der Weihort" genannt. Der Ort, in dessen Nähe vor rund 370 Jahren der schiffbrüchige Javrud auftauchte. Wo er die Völker im Kampf gegen die Dämonen vereinte.

Aber auch der Ort, vor dem Bruder Egil, ein mit Anselm befreundeter jongotischer Priester des Einen, Arnvidh vor seiner Abreise eindringlich warnte.

"In Fersland sind die Priester nicht wie wir", so warnte Egil ihn. "Bei uns ist der alte Glaube ja eigentlich auch verboten, aber letztlich zählt doch nur, wie viel ein jeder beiträgt im Kampf gegen den Feind. Dann kümmert es niemanden, was der oder die im eigenen Kämmerlein spricht, zu welcher Gottheit jemand seine Gebete lenkt... In Fersland aber, da gibt es Gegenden, in denen du aufpassen musst, ob du dich offen zu Gaja bekennen willst. Gerade im Weihort! Da hat Abt Halfir das Sagen. Und der lässt Abtrünnige gerne mal bei lebendigem Leibe verbrennen. Weiber zumeist, aber du musst nicht meinen, das würde dich schützen. Dein Aussehen allein! Das reicht oft schon. Dazu die Magie! Mehr als genug. Sogar des Fürsten zweites Weib... oder war's sein drittes? am Ende gar das vierte? das kann sich beim alten Soren keiner merken!... sogar des Fürsten Weib also ließ Abt Halfir verbrennen, für keine schlimmere Sünde, als dass man ihr nachsagte, sie habe sich von einem Feenmann betten lassen. Ist da etwas wahres dran und wenn ja, war sie willens oder wurde sie geschändet? Derlei Fragen interessieren den Abt vom Kloster Ansdag nicht. Jedes Feenbalg, jedes Kräuterweib, jeder Druide, jeder Berührte, ja, sogar Geisteskranke, Ehebrecher und Weiber von "sündhafter Wollust", oder solche, die bei Mondschein nackt um einen Baumstumpf tanzen, müssen dort um ihr Leben fürchten. Nicht um den Glauben geht es den Priestern dort, auf dass er die Menschen im Kampf gegen den Feind stärke, sondern einzig um Macht. Und offenbar unterrichtet man dort die Novizen weder in Logik noch in investigativer Methodik, noch in den Wissenschaften, noch in fundamentalen Gesetzesfragen."

An dieser Stelle kürzen wir die Rede des Priesters ab: er hat im allgemeinen wenig Lob für seine nördlichen Berufsgenossen übrig, dafür umso mehr Tadel. ("Völlig falsch interpretieren sie das Wort des Propheten! Bar jeder Logik! Das ist überhaupt nicht, was Javrud damit sagen wollte!" So ging das in einem fort, sobald Bruder Egil auf das Thema zu sprechen kam.)

"Am besten also, du machst einen großen Bogen um Ansdag! Und wenn dein Auftrag dich doch dorthin führt, dann verhalte dich so unauffällig wie möglich. Zieh dir eine Mütze oder Kapuze über die spitzen Ohren. Vermeide es, Leuten bei Sonnenlicht zu begegnen, dann sehen deine Augen nämlich am schaurigsten aus. Nicht das leuchtende Grün macht einem Angst, sondern das Schwarz drumherum! Am unauffälligsten wirken sie in der Dämmerung oder bei Kerzenlicht. Vor allem aber, Junge: lass niemanden dich beim Zaubern erblicken. Für den Abt von Ansdag ist jeder Zauber Dämonenwerk!"

Ansdag. Und dort muss Arnvidh nun hin.

Aber wenigstens die Sonne scheint. Und er hat heute schon mit Feen getanzt. Was soll er sich da den Tag verderben lassen? Ansdag, das ist ein Problem für morgen. Und so zieht Arnvidh durch die Landschaft, ein Lied pfeifend. Die Melodie stammt, wie ihm noch einer Weile des Rätselns einfällt, vom Lied der hakennasigen Feenschwestern... (Und über dem Lied fällt ihm nicht gleich auf, dass die Vögel verstummt sind... dass sein Pfeifen der einzige fröhliche Laut in Hörweite ist...)

Erst, als er in der Ferne ein ärmliches Gehöft entdeckt, davor drei Männer, die offenbar dabei sind, ein Gerangel anzufangen, verstummt Arnvidhs Pfeifen. Die Nachmittagssonne so gut es geht mit der Hand abschirmend, späht Arnvidh neugierig zu den dreien hinüber.

Arnvidh Kjellson:
Und da hört Arnvidh wieder die Warnung des Bruders in seinen Gedanken. Dämmerung, wenn es nur so einfach wäre, immer nur in dieser Zeit auf Leute zu treffen.
Bis jetzt hatte er sich gut an die Warnung halten können. Schließlich hatte Bruder Egil ihm lange damit in den Ohren gelegen. Irgendwie war der pragmatische Bruder ihm synaptisch. Doch seine Geschichten über das was nördlich der Mauer vor sich ging und besonders in Ansdag waren nur schaurig. Arnvidh erinnert sich noch gut daran, wie der Bruder immer wieder seine Argumente konterte, welche im Grunde immer wieder sagten, dass es dumm sei seine Sippe nur wegen des Glaubens zu schwächen. Es graute ihm davor einen nicht so moderaten Jünger des einen zu treffen und eben in solche Gespräche verwickelt zu werden.

Bei Gaja, wenigstens hatten bis jetzt seine fadenscheinigen Erklärungen funktioniert. Selbst im Inneren der Mauer, wo die Soldaten ihn verhört hatten. Gute Jungs und sie Machten ihre Arbeit aber dieser Einsatzort. Arnvidh fragte sich, wie die Soldaten es überhaupt aushielten. Stein, Stein und noch einmal Stein. Nichts als Mauerwerk und Dunkelheit. Wie Ratten in einem Käfig um Wehrflüchtige auszuhalten. Dabei sollten sie eher Dämonen aufhalten, aber das taten sie ja auch durchaus. So Fadenscheinig waren seine Erklärungen ja nun am Ende auch wieder nicht.
Dank Anselm von Groning, der ihm wahrlich viel geholfen hatte, hatte er einen Grund welchen er den Soldaten vortragen konnte. Das es da noch mehr gab, das war Familiensache und hatte keinen zu interessieren.
Ob es gut war das Anselm gerade ihn schickte, wer weiß. Vielleicht ahnte der Händler, dass Arnvidh einen Weg nach Norden gesucht hatte, oder er vertraute darauf, dass Arnvidh mit seiner Erfahrung wirklich das Ausbleiben der Lieferung aufklären könnte. Vielleicht lag die Wahrheit aber auch dazwischen.

Gleich wohl, nun ist Arnvidh hier. Sein Blick geht von der Mauer zurück zu den drei Männern. Unschlüssig spielt er mit der lilanen Schleife. Der Tag ist nicht mehr jung und auch wenn er ein Nickerchen mit einem allzu schönen Tanz gemacht hat, ein Nachtlager wäre schon etwas feines. Auch können die drei ihm sicher sagen, warum trotz Erntemond hier so wenig Menschen sind. Also zieht er wenigstens die Kapuze über den Kopf, dann seine Augen wenigstens etwas im Schatten liegen.
Den Speer wie einen Wanderstab benutzend, richtet er seine Schritte auf die Männer zu. Das ein Gerangel droht, besorgt ihn wenig. Schließlich war auf diese Entfernung nicht abzuschätzen ob hier Knechte ihre Arbeit vernachlässigten oder Bauern um die nicht eingebrachte Ernte stritten. Denn noch macht er sich für den Fall der Fälle bereit dazwischen zu gehen, wenn einer der Männer so töricht wäre ein Waffe zu ziehen.

Zordac:
Wulfgar ist sich noch immer nicht ganz so sicher wo ihn seine Reise denn nun wirklich hinführen wird. Er hofft nur darauf das Gaja seine Wege schon leiten wird und das er bald einen Ort finden würde an dem sich die Jäger neu ansammeln konnten. Als Wulgar den Wald vor sich sieht schöpft er neue Hoffnung das dies vielleicht der gesuchte Ort sein könnte. Brakus war der erste von beiden der den komischen Geruch in der Nase hatte. Der Wolf schüttelt sich kurz und sein Fell stellt sich etwas. Auch Wulfgar rümpft die Nase und schaut dann woher der Geruch kommt. Seine geschulten Augen erkennen sofort das mit der Ernte hier etwas nicht zu stimmen scheint, ja nicht nur mit der Ernte, das ganze Land ist irgendwie merkwürdig.
Als Wulfgar seinen blick noch etwas schweifen lässt fallen ihm dann diese 3 Burschen auf die in einen Streit verwickelt sind. Wulfgar hat bisher zwar nicht unbedingt die besten Erfahrungen mit fremden gemacht, aber vielleicht konnten diese 3 dort drüben ihm ja etwas mehr erzählen was hier los ist. Doch bevor Wulfgar sich aus dem Schutz des Waldes wagt bindet er zuerst das Maultier an einen der Bäume und wendet sich dann an Brakus "Paß auf! Bleib hier und Warte!" befahl er seinem treuen Gefährten, denn er wusste das für die meisten Menschen der Anblick eines Wolf nicht gerade dazu beiträgt das sie ihm Gegenüber offener sind. Die meisten Menschen sind ja schon alleine von Wulfgar sehr eingeschüchtert, und wenn dann auch noch ein Wolf an seiner Seite ist, dann ist es völlig aus. Wulfgar will also zuerst alleine die Gegend erkunden und sehen was hier los ist. Er weiß jedoch das Brakus ihm sofort zur Seite eilt falls er ihn ruft.
Also packt Wulfgar den Speer entschlossen in einer Hand haltend, seinen Mut zusammen und tritt aus dem Wald heraus um sich den 3 Burschen zu nähern. Schon von weitem gibt er sich zu erkennen indem er ihnen zuruft "Hey Ihr da! Was ist den hier los? Warum streitet Ihr Euch?"

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln