Es gibt seit wenigen Tagen einen weiteren Passagier an Bord des Luftschiffes.
Der ist irgendwo zugestiegen und hat irgendwo hin gewollt. Es ist dann nicht so wichtig gewesen.
Er ist an allen Enden und Ecken zerschmettert und verbeult gewesen, und dann hat man erst erkannt, dass es doch zwar ein Mensch ist, aber ein Wrack. Fürchterlich gerüstet als wäre auf dem Schiff zu einer gewaltigen Schlacht geladen. Er hat sich dann einen Ort an der Reling gesucht, an dem er sich recht aufstützen konnte, aber gemütlich sieht es bis heute nicht aus. Er hat die Position dann auch nicht mehr verändert.
Vier oder fünf Tage sind seit seinem Zustieg vergangen, und wenn es sieben oder nur zwei sind; er wirkt beileibe nicht, als machte das für ihn einen Unterschied. Zuverlässig wie die Gestirne ist er jede Nacht auf dem Oberdeck anzutreffen, aber auch am Tag und zu überhaupt jeder an Bord vergehenden Minute. Keiner hat ihn jemals in die Quartiere gehen sehen, und nicht einmal Sonne oder Mond haben ihn auch nur beim Heben des Kopfes oder einer anderen, verräterischen Regung des Lebendigen ertappt.
Einmal hat sich eine Fliege auf ihn gesetzt und ist Stunden später wieder abgeflogen.
Man hat dann gedacht, er wäre tot, er wäre vielleicht mit letzter Kraft, denn auf die hätte er schon zurückgreifen müssen, das hätte man eindeutig gesehen, an die Reling getappt und wäre dort gestorben, ohne einen Mucks zu machen. Aber niemand stirbt so im Stehen und bleibt dann in einer so unbequemen Haltung gefangen, das hat man nach gründlicher Überlegung beschlossen. Und Man hat sich dann ebenfalls an die Reling gelehnt, Man hat aber auch das Schiff verlassen und in der Kantine gefrühstückt oder hat sich zum Schlafe gelegt.
Nicht völlig unwissend, vielleicht ahnend, dass das alles Tätigkeiten, jenseits denen des Zertrümmerten.
Heimat, hat er gedacht. Auf so einem Schiff bin ich weggeflogen worden, und nun fliege ich auf so einem Schiff zurück. Es ist oft so gewesen, tatsächlich immer, wenn ich so daran denke.
Die einzige Veränderung, die seit dem Schlachtfeld an ihm vorgegangen ist, ist das aus den Wunden herausgewaschene Angesicht. Es bleibt am Hals ein rostiger Streifen und ein rosenrotes Auge.
Die Rüstung muss ihn hier auch noch schützen, und der Schild, der den halben Arm bindet.
An die anderen Passagiere kann er nicht denken, und daran, dass auch er tun sollte, was sie tun. Schlafen, das muss der Mensch und Essen muss er auch, und vor allem bitte nicht wie ein Puppenmann an einer Stelle hocken.
Er hat die letzten Tage mehrmals den Drang gehabt, nach Eins rotem Büchlein zu greifen. Aber er hat keine Zeit für die gläserne Stadt im Moment.
Er starrt mit festem Blick in einen leeren Himmel voran und ergibt sich ganz in dem Wissen, so sicher wie Welten- und Zeitengefüge, dass sein Weg bereitet ist. Er muss nur lange genug starren, um ihn zu erkennen, denn es gibt nur einen, und der will durch Starren herausgefordert werden, sich zu zeigen.
Sonst tut er nichts, denn sonst gibt es nichts zu tun. So einfach ist das.