Boldran nickt langsam, mit den Gedanken ganz woanders.
"Ja, ihr habt recht. Lasst uns zurück in die Wirtsstube und uns aufwärmen. Burth müsste mittlerweile sogar von seiner Berichterstattung an die Wache zurück sein. Wir sollten ihn ebenfalls auf dem laufenden halten. Doch ich muss vorher andere Dinge erledigen und werde in etwa einer Stunde zu euch kommen. Der Ausgang dort vorne scheint mir geeignet, diesen Ort zu verlassen."
Obwohl er sich nur mit Mühe durch den engen Kanal zwängen kann, scheint ihm dieser Weg beiweitem lieber, als noch einmal der alten Dame in die Augen schauen zu müssen.
Auf dem Pier angekommen, dreht er sich noch einmal zu seinen Freunden um. "Es dauert nicht lange, bis gleich, meine Freunde."
Dann entfernt er sich schnellen Schrittes. Sobald er ausser Sichtweite der anderen ist, hält er einen beliebigen vorübereilenden Bürger an und erkundigt sich genau nach dem Weh zum nächsten Heironeous Tempel.
Zur Mittagszeit sind ausser den Akolythen und dem einen oder anderen Priester keine weiteren Besucher im Tempel zugegen, dafür ist Boldran äußerst dankbar. Er sucht sich ein stilles Plätzchen und entledigt sich seines Panzers. Ordentlich häuft er seine Habseligkeiten an Ort und Stelle auf, legt Helm, Schild und sogar den Rabenschnabel ab.
Dann tritt er an eine der Statuen seines Gottes heran, barfuss und nur in Leinenkleidung. Er breitet die Arme aus: "Herr, ich habe dir Schande gemacht, ich habe gelogen, aus niederen Beweggründen, aus Misstrauen, auch aus Sorge wegen meiner Freunde. Ich war schwach, schwach zu sein war einfach, ich habe mich diesem Gefühl hingegeben."
Er spürt eine Hand auf seiner Schulter. "Es ist gut daß du da bist, mein Sohn." Er dreht sich nicht um. "Ich habe Angst, was wird jetzt geschehen?"
Sein Junge tritt neben ihn. "Nichts, Vater, denn er weiß, wie stark dein Glaube ist und welche Aufgaben und Taten noch deiner harren. Deine Schwäche war menschlich und dennoch bist du einer seiiner treuesten Diener. Treuer als ich es jemals hätte sein können."
Boldran stürzt auf die Knie. "Sag das nicht, Junge, ich bitte dich, sag das nicht."
"Es ist wahr, Vater. Du bist viel stärker als ich und seiner Kraft und seiner Führung mehr als würdig. Du hast deinen Mut und den Glauben häufig genug bewiesen. Schöpfe daraus Kraft, jeden Tag aufs neue. Halte an deinen Idealen fest und bete nun, bitte ihn um Verzeihung und es wird dir gewährt werden. Und anschliessend wirst du auch der alten Dame deine Demut zeigen, denn sie ist es, die du verletzt hast."
Der Alte senkt den Kopf. "Ja," ist alles was er noch über die Lippen bringt, bekräftigend, zweifelnd.
Er betet lange, gedenkt seiner Frau, seiner Familie, seiner Aufgaben. Dann kleidet er sich wieder an, drückt einem der Akolythen einen Beutel Gold in die Hand und verläßt stumm den Tempel. Schweren Herzens begibt er sich zum wiederholten male an diesem Tag zu dem Haus der alten Frau und klopft vorsichtig an die Eingangstür.