Ugnor trat langsam in den Raum ein. Er hielt seinen rechten Arm verkrampft, Marela hatte ihn sehr übel erwischt.
Doch blutete er nicht mehr so stark, Jonatos hatte das Schlimmste versorgt. Trotzdessen war er sehr schwach. Er fragte sich, ob er nicht doch lieber zurück in die Akademie wollte, er hatte sich seine Karriere als Abenteurer definitiv anders vorgestellt. Zwar hatte er eine verborgene Kraft in sich geweckt, doch der Preis dafür schien zu hoch.
Seitdem er sie entdeckt hatte, zog sich hinter ihm eine rote Linie immer länger.
Langsam ging er auf das Bett des Barons zu und sah auf seinen Auftraggeber herab.
Er mußte sich zusammenreißen, irgendwie. Er war dabei, einen Weg zu beschreiten, der alles andere als wünschenswert wäre. Er hatte Verantwortung übernommen, und zwar keine geringe.
Er hatte Kameraden, die mit ihm ein Versprechen gegeben hatten, und zwar einem Mann, der hier um sein Überleben kämpfte und von überall her wurde dieses Versprechen attackiert, von Auftragsmördern wie Marela und sogar aus dem Innern seiner Seele. Er wollte nicht mehr Rücksicht nehmen, er wollte niemandem vertrauen.
Am besten wäre es, alle hier zu töten, dann kann auch niemand dem Baron mehr schaden.
So tief dieser Wunsch in ihm wuchs, so sehr wußte Ugnor doch, daß es falsch war. Er dachte an Yuki, an den Ausdruck in dem kleinen zarten Gesicht, während Ugnor von Jonatos verarztet wurde. Er dachte an Veleri und ihr Kinderschreckgrinsen und die unbeschwerte Naivität, die sie in einem ihrer geistigen, lichten Momente an den Tag legte.
Er dachte an den etwas hochnäsigen Elfen, der ständig sein Bestes gab, um diplomatische Lösungen zu finden.
Er dachte an Stedd, den stillen Begleiter, der mit Bedacht handelte.
...Und er dachte an sich, Ugnor der Halb Ork, der die Kraft seiner wilden Vorfahren entdeckt hatte und mittlerweile schnelles Handeln langsamen Reden vorzog. War er es, der diese Massaker hier anzog wie Scheiße die Fliegen? Er wußte es nicht, aber er wußte, daß im Moment etwas passierte, das nicht gut war.
Er mußte seine Verantwortung wiederfinden, er mußte wieder wissen, wo gut und böse war, er mußte seine Kontrolle wiederfinden. Doch wo sollte er suchen? Man konnte nichts wiederfinden, das man nicht vollends besessen hatte.
Doch wie steht es dann um mich? Wenn ich es nicht besessen habe, dann konnte ich es auch niemals verlieren.
Naoko riß ihn schließlich aus seinen Gedanken. Mit schwerer Miene blickte er ihn an. Ein stummes Nicken wies auf das Fenster hinter ihm.
Wir müssen zusammenhalten, wir werden immer weiter attackiert. Wir wurden wie Marionetten manipuliert. Wenn wir nicht zusammenhalten, wird das unser Ende sein. Ugnor halt an dich. Tempus gib mir Kraft für einen Kampf, der nicht mit Waffen ausgefochten werden kann!
edit: Überarbeitet.