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Talvra konnte sich kaum an seine Eltern erinnern. Er war zu jung als seine Eltern beide bei einem „Unfall“ starben. Dann brachte man ihn schließlich in ein Waisenhaus der Menschen. Dort wurde er aber aufgrund seines Aussehens von den anderen Menschenkinder nur als Langohr und Bastard gehänselt. Da sie viel schneller wuchsen wie er war er ihnen körperlich nach kurzer Zeit unterlegen und er mußte sich auf subtilere Art und Weise behaupten. Nach ungefähr 20 Jahren, war man ihn überdrüssig im Waisenhaus und auch die Kinder hatten immer mehr Angst vor ihm. So beschloß man ihn an im zarten Elfenalter von 35 Jahren an die naheliegende Plantage zu vermitteln.
Manchmal wachte er nachts schweißgebadet auf und glaubte die Gesichter und Stimmen seiner Eltern zu hören. Aber da war noch eine Stimme, von der glaubte, das es wohl seine ältere Schwester hätte sein können. Oft hatte er als er noch im Waisenhaus lebte nachgefragt, was denn dies zu bedeuten hätte und warum denn alles so gekommen sei. Aber er bekam nie eine zufriedenstellende Antwort und hatte immer öfters das Gefühl, das sie ihm etwas verheimlichten.
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Es war spät nach Mitternacht als eine leicht frische Brise durchs offene Fenster wehte. Der Vorhang wurde ein bißchen angehoben und die Brise strich ihm übers Gesicht und verfing sich in seinen Haaren. Er hatte wohl minutenlang so im Schatten gestatten, aber jetzt hatte die Realität ihn wieder. Gedanken schwirrten durch seinen Kopf, wie hatte es soweit kommen können. Er trat einen behutsamen Schritt aus der Dunkelheit nach vorne an das Bett heran. Der Mond schien auf die Szene, die dadurch ein wenig gespenstischer erschien. Dann hörte die Brise auf und der Vorhang verwehrte dem Mond den Blick in das Zimmer.
Aber er brauchte das Mondlicht nicht um sein Werk zu betrachten. Da lag er sein Herr. Er trat noch einen Schritt näher um ihn genauer anzuschauen. Ja, es war gut. Der Herr hatte seinen Mund geöffnet, um wie ein Fisch nach Luft zu schnappen. Aber es war kein Atem hörbar. Dann schaute er ihm in die Augen und sah daß das Licht erloschen war. In dieser Nacht hatte sich alles geändert, er war fast frei. Fast 70 Jahre hatte er dieser Familie als Sklave dienen müssen. Und da lag der Herr im Bett, dessen Vater ihn damals aus dem Waisenhaus freigekauft hatte. Mittlerweile müßte der Herr so um die 60 sein. Das Alter ging nicht spurlos an den Menschen vorbei, Falten durchzogen sein Gesicht und auch graue Haare hatte er mittlerweile. Das Gift hatte gewirkt und er war zufrieden mit sich. Er wäre eh bald gestorben, aber so hatte er sich für diese schmerzvollen Jahre auf der Plantage revanchiert.
Dann warfen seine Augen kurz einen Blick auf die andere Seite des Bettes. Da lag sie, Redrina, die er immer begehrt hatte. Geliebt hatte er sie nicht. Mittlerweile hatte er erkannt, das dies keinen Sinn machen würde. Seit dem Herr seine Frau gestorben ist, holte er sich immer wieder junge Sklavinnen in sein Bett. Früher mußte er sich nacht raus schleichen, zu seinen Geliebten. Aber mittlerweile durften sie bei ihm die Nacht verbringen. Er schaute sie genauer an. Für einen Menschen war sei ausgesprochen hübsch, in Elfenalter umgerechnet war sie an der Schwelle zum Erwachsensein, so wie auch er. Er sah ihren wohl gestalteten Körper und ihre Rundungen, die sich unterhalb ihrer Decke abzeichneten. So oft hatte sie ihm in der letzten Zeit verführerische Blicke zugeworfen. Aber jedesmal, wenn der Herr oder der Aufseher dies sahen, ließen sie ihn auspeitschen. Ja, der Herr hatte ihn gehaßt. Anfangs wußte er nicht warum, aber das war ihm im Laufe der Zeit klar geworden. Der Herr hatte es nie verstanden, das er selber alt wurde und er, Talvra nicht. Die Menschen verstanden einfach nicht. Aber dafür hatte er heute Nacht bezahlen müssen. Hätte sich in seinem Alter nicht mit so jungen Dingern einlassen sollen, das wurde schon anderen zum Verhängnis. Die Täuschung schien perfekt zu sein.
Aber noch hatte er eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Er nahm den Goldbeutel, der eigentlich für ihn der gerechte Entschädigung all dieser Jahre war. Er hatte nur einen kleinen Teil mitgenommen, so viel, das es gerade nicht auffallen würde. Dann schlich er sich leise aus dem Haus hinaus. Die Wachen schliefen oder waren für seine vorsichtigen und lautlosen Bewegungen nicht aufmerksam genug. Dann schlich er sich wieder zu seiner Hütte. Als er eintrat, sah er noch zwei weitere Leichen in den Betten liegen. Die eine Person war sein Ziehvater hier auf der Plantage. Er hatte ihm so viel über das Leben, die Magie und die Alchemistischen Künste beigebracht, aber er hätte noch so viel lernen können. Aber auch ihm hatte man sein Alter angemerkt.
Am frühen Abend zuvor ist er gestorben. Talvra wollte ihn retten und lief zu seinem Herrn. Aber der Diener des Herrn schickte ihn weg. Der Herr will nicht gestört werden, er hat keine Zeit für dich, mach das du wegkommst oder ich ruf den Aufseher und der wird dir Gehorsam einprügeln. Dann lief er zurück zu seiner Hütte. Er versuchte ihn zu retten, aber die Heilkünste waren ihm fremd. Und so starb sein Ziehvater in seinen Armen. Dann machte er sich auf die Suche nach einem Vagabunden oder Bettler, den niemand vermissen würde. Sie lagerten hier in der Nähe, weil sie es nicht vor Einbruch der Nacht in die Stadt hinein schafften. Und da fand er eine Person, die etwas abseits lag und auch ungefähr seine Statur hatte. Er tötete ihn mit Hilfe seiner Magie, so das keine Gewalteinwirkungen zu sehen war und schleppte in zu seiner Hütte und legt ihn in sein Bett. Nun mußte er nur noch ein bißchen Petroleum verschütten und die Lampe umstoßen. Dann würde alles hier bis zur Unkenntlichkeit verbrennen und niemand würde sein Flucht bemerken.
Er warf noch ein letzten Blick zurück und sah die Hütte lichterloh brennen. Mittlerweile waren auch die ersten Stimmen zu hören, die versuchten ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen. Dann hörte er noch die eine oder andere Explosion der alchemistischen Tränke seines Ziehvaters und er war sich sicher, das keiner versuchen würde sich der Hütte zu nähern um das Feuer zu löschen. Monatelang schlich er sich abseits der Wege aus dem Land. Manchmal hörte er noch die eine oder andere Meute Hunde bellen und er glaubte, das sie nach ihm suchen würden. Aber sie kamen ihm nicht auf die Spur. Dazu hatte er zuviel von seinem Ziehvater gelernt.