Hanajima setzt sich apathisch an den Tisch und grübelt. Ihr Unterbewußtsein hat ihr wohl einen Streich gespielt - so viele Vorbehalte hatte sie gehabt, sich ungesetzlicher Mittel zu bedienen, dass sie den Wachen doch glatt den falschen Ausweis präsentiert hat, den auch nur mit sich zu führen sie sich maßlos schämt. Wie konnte sie nur so dumm gewesen sein, so unbeherrscht? Wenn sie den Medani nun mit dem echten Dokument nachlaufen würde, würde sie es nur noch schlimmer machen. Und was wrd aus Yal werden? Auch wenn er ein Schwindler ist, und nicht besonders mit Mut gesegnet - zumindest hat er immer loyal mitgekämpft, solange noch Hoffnung bestand. Komme was wolle - ich werde standhaft bleiben bis zum Ende. Wie ein Fels der Wahrheit, der nicht bezwungen wird von den Fluten der Lüge...
Den Kopf auf die Arme gebetet, döst die Kriegerin gleich am Tisch ein. In ihrem Geist schwirren unzählige, sorgenvolle, tadelnde, wuselnde Gedanken, die nach und nach Gestalten annehmen - Gestalten von Stimmen; Tausende von Stimmen, die sie formlos umgeben und in vollends kakophonischem Chorus ihre Anschuldigungen hervorbrüllen. "Verräterin des Gesetzes! Heuchlerin! So ehrlos die Gnade der Fürsten mißbrauchen! Sich mit jämmerlichen Fälschungen die Hände beschmutzen! Gesetzesbrecher und Hochstapler decken!..." Sie selbst kann keiner der schreienden Stimmen entgegen blicken - den Kopf geneigt, kniet sie an einem Richtblock; die erzürnten Zeugen ihrer Untaten über ihr, um sie herum, doch keinen kann sie sehen. Sie spürt nur eine schwarz gepanzerte Hand in ihrem Nacken, die ihren Kopf Figerbreit und Fingerbreit, quälend langsam aber unaufhörlich, herunterdrückt. Sie weiß, dass die Hand schwarz ist, obwohl sie hinter ihr ist, schwarz wie die Sünde in ihrem Herzen, rot wie all das Blut, das sie vergossen hat, grau wie das trost- und vergebungslose Schicksal, das ihr entgegenkommt. "Hanajima Guillotin, im Namen seiner huldvollen Majestät, König Kaius des Dritten,Ihm unabdingbar und treu ergebender geehrter Fürsten, Grafen, Herzöge, Mark- und Landgrafen sowie Freiherren und -frauen, und im Namen deines erniedrigten, missetäterischen Herzens seiet Ihr für Eure unduldbare Schwäche und für Missachtung Euch gnädigst gewährten Erlasses zum Tode durch Enthauptung verurteilt!," dröhnt die Urteilsverkündung der Henkergestalt hinter ihr, dröhnt geradezu in und aus ihrem Schädel, als die unsichtbare, schwarze und dennoch rote Figur das Richtschwert erhebt. Es ist ihr, Hanajimas, Richtschwert. Es ist sie, die es führt. Es ist sie, die sich selbst dem Tode übergibt...