Therendor, im Jahr 998 nach Gründung des Königreichs
Battle in the Clouds
Kavalorn, welcher um Jahre gealtert zu sein scheint, behält auch als sie endlich die rettende Kutsche erreichen sein wortkarges und abweisendes Verhalten bei.
Die Frage des wartenden Kapitäns nach dem Rest der Expedition quittiert der Paladin nur mit einem knappen Kopfschütteln.
Sie sind wieder in ihm, wie schon so manches Mal in den Jahren vor ihm: Die beständig wispernden Stimmen des Zweifels, des nicht zu tötenden, schwächenden Übels welches in jedem Mann und jeder Frau steckt.
Doch diesmal fegt Kavalorn die Stimmen zur Seite. Er hat noch immer eine Mission und dieses Wissen fokussiert sein Herz und lässt es lodern, gleich wie viele Kampfgefährten und Freunde neben ihm ihr Leben aushauchen, solange Sir Kavalorn Sagremor einen Auftrag zu erfüllen hat gestattet er sich keine Sekunde des Zögerns!
Und die Flamme scheint Einsehen mit dem alten Inquisitor zu haben, denn diese Nacht erlebt er ohne Alpträume, verschont von den inneren Dämonen die in schweren Zeiten aus den Tiefen seiner Seele gekrochen kommen und ihm anklagend die Gesichter der Toten entgegenstrecken um ihn zu erweichen...
Jeder hat eigene Dämonen in sich.
Ob das Volk die Konsequenz überhaupt erkennt? Sicher, die Kirche macht keinen Hehl aus ihren Dogmen, doch wirklich *begreifen* kann sie doch nur derjenige der den Pfad der Opferung geht.
Sie alle kennen die Hierarchie des Bösen, die heilige Mission der Silbernen Flamme:
Als erstes müssen die Teufel und Dämonen vernichtet werden die die Welt von anderen Ebenen heraus vergiften, das Übel muss bei der Wurzel gepackt werden.
Dann werden ihre Diener und Anhänger hier auf Erden vernichtet und zerschmettert.
Und dann, schließlich, um die Welt endgültig von allem Übel zu befreien, muss das innewohnende Böse vernichtet werden welches selbst die Tugendhaftesten in ihren Herzen tragen.
Nein, sie haben die letzte Konsequenz nicht begriffen. Unseelige, verstockte Tore.
"Wir werden die Herzen herausreißen und dem reinigenden Feuer übergeben, unsere wie auch ihre.
Dann wird die Zeit und das Reich des ewigen Silbers kommen.
Und alle werden wahrhaftig leben - sobald wir alle getötet haben.
Kavalorn erwacht, die feuchte, heiße Luft des Dschungels in seinen Lungen.
Nein, in der Tat, kein Albtraum. Die Wahrheit. Wo der Unterschied ist?
Eine Frage des Glaubens. Alles eine Frage des Glaubens.
Das Morgengebet des Großinquisitors fällt entsprechend martialisch und furchteinflößend aus.
In voller Rüstung kniet Kavalorn, die langen, grau durchsetzten Haare streng nach hinten gebunden, vor seinem in die Erde gerammten Großschwert, die Hände umklammern das heilige Amulett und pressen es an die geneigte Stirn.
Und die aufgerichtete Klinge lodert in einen silbernen Feuer, Flammen züngeln entlang der Schneide durch die Luft als Kavalorn erneut sein Leben für den Tod seiner Feinde weiht.
Und in flammenden Gebeten und verbissenen Kampfesübungen verbringt Kavalorn seinen ganzen Tag. Denn nur wenn die Stimme des Gebetes ihn erfüllt oder die Klinge seines schweren Schwertes flackernd die Luft zerschneidet sieht er seinen Weg klar vor sich.
...und erhalte meinen gerechten Zorn, auf dass die Feinde vor mein Angesicht treten und deine Gerechtigkeit sie erblinden und vergehen lasse...
Und sobald sich eine Träne in eines seiner alten Augen verirrt, wischt Kavalorn sie ohne Gefühlsregung fort. Er bindet Ozz' Amulett wieder fester um seinen Unterarm - und stählt sich weiter...
Nachdem das Bestattungsfeuer heruntergebrannt war, gab es für Moe nun gar keinen Grund mehr, in der Nähe des Tempels zu verweilen. Für ihre verbliebenen Gefährten zum Glück auch nicht, und so begann der anstrengende Marsch zurück zur Luftkutsche. Die Zauberin würde sich nie mehr erinnern können, wie sie ihn überstanden hatte, denn als das magische Gefährt endlich in Sicht kam, konnte sie selbst mit Hilfe des Stabes kaum noch gerade auf den Beinen stehen, ihr Körper brannte von innen wie von außen und im Kopf pochten aus Atemnot geborene Schmerzen. Die Salbe des armen Hírohenon und das Versinken in tiefen traumlosen Schlaf erlösten sie schließlich vom Großteil der Qual.
An diesem Morgen erwacht die Hexenmeisterin zwar bei weitem nicht erfrischt, doch wenigstens mit recht geringen Schmerzen, von denen die meisten auf Muskelkater zurückzuführen sind, dafür mit umso stärkerem Kribbeln überall am Leib, wie sie es sonst nur beim Magieweben verspürt, und im Wissen, dass diese mörderische Expedition nun beinahe zu Ende ist. Solange sie jedoch im Dschungel verweilt, möchte die Aundairerin keine unnötigen Risiken eingehen und wirkt kurz vor dem Frühstück ihre täglichen Schutzzauber vor, und gesellt sich dann zu Kavalorn, ausgewickelte Proviantbündel in den Händen haltend, nachdem auch diese ihre Morgenrituale vollendet haben.
"Guten Morgen...wenn ich das so sagen darf heute," begrüßt sie die beiden, "hier, lasst uns frühstücken und nichts wie fort hier, würde ich vorschlagen..."
Wenn wir nur so bald wie möglich aus dem Dschungel fort könnten... Wie gerne würde ich die Reise auf den Schwingen meiner eigenen Magie antreten! Ich möchte nicht, dass meine Kräfte mir zur Last werden, mich ständig runterzerren und mich atemlos über den Boden kriechen lassen! Das rothaarige Mädchen verschluckt sich fast bei diesem Gedanken. Wie anmaßend! Und doch wie ungerecht ist es, die Bürde eines Familienfluches tragen zu müssen, verhasst zu sein für etwas, was sie nicht getan hat - wenn es doch nicht einen lohnenden Ausgleich dafür gäbe!
In Moes kristallklaren grünen Augen beginnen sichtbar winzige Fädchen orangeroter Flammen zu glühen, und sie spürt es förmlich, wie ihre Empörung in ihr kocht und mit der Last aus Krankheit und Schmerz kämpft. Es war ein fremder Elf, der ihr so bereitwillig geholfen hat - ihre eigene Familie, die Leute, die sie seit der Kindheit gekannt hatte, waren dagegen nicht bereit gewesen, ihr zu helfen. Dann betet zu den Neun, oder zu den Sechs, ihr verlogenen Heuchler, denn dieses altehrwürdige Land hat mich mit seiner Macht berührt... Ich mag geholfen haben, Khorvaires Frieden zu schützen, doch ob ich zu euch in Frieden wiederkehre, werde ich mir noch überlegen...
Nur ein oberflächliches, kurzes Hüsteln entfährt der Bannwirkerin, als sie mit einer schwungvollen Handbewegung einen altbekannten Schutzzauber mit vorhin nie geahnter Leichtigkeit aufruft.
Die Abenteurer erreichten kurze Zeit später auf der Golden Dragon Sturmkap, nachdem der wunderschöne Schiff hoch am Siberys über den Dschungel und tropischen Regenwald gewandert ist.
Es würde nur noch kurz dauern bis alle neuen Gäste an Bord wären und die alte goldene Lady sich auf den Weg zurück nach Sharn, der Stadt der Türme, wo alles einmal angefangen hat, macht.
Aerandir war bereits seit dem Morgen spurlos verschwunden und Moe und Kavalorn konnten sicher sein, dass er nicht wieder auftauchen würde.
Der sonderbare Elf hatte scheinbar seine eigenen Ziele und Ränke.
Aber machten das nicht alle?
Moe würde Kavalorn nach Sharn begleiten, natürlich als bezahlte Söldnerin, bis Kavalorn seine vorgesetzten Kardinäle von dort aus informiert hätte, um den Krieg zu verhindern.
Außerdem ließ der Paladin vorsichtshalber Boten vom Haus Orien schon einmal in die nächsten Tempel der Silbernen Flamme schicken, um diese zu informieren, sollte der alte Paladin aufgehalten werden auf seiner Rückreise, denn seine Feinde würden niemals Ruhe geben.
Kavalorn dachte an alle, die bisher für die Sache, seine Sache und die Sache seiner Kirche, gestorben sind.
Doch er wurde abgelenkt als er und Moe auf dem Oberdeck den einzigen weiteren Gast entdecken: Professor Pifagor Quelf, bekannter Dozent an der Morgrave Universität, welche Kavalorn den Zorn in die Muskeln trieb als er seine ersten schritte auf das wunderschöne Schiff setzt.
Dieser Gnom mit Monokel, der sich selber 'Spezienmann' nennt, fängt für sein Leben gerne exotische Tiere für seinen Zoo.
Bosun Linntorn konnte man ebenfalls deutlich anmerken, welcher wie die restliche Crew den neuen Gast, Kavalorn und Moe empfängt, dass er diesen Bücherwurm hasste.
Und so bestanden die restlichen Passagiere nur noch aus exotischen Tieren in Käfigen, welche alle im Cargo-Deck untergebracht wurden.
Die Tiere(darunter Schrecksaffen, Schreckentiger, riesige Würgeschlangen und schwarze Riesenskorpione) wirkten sehr nervös und der Geräuschpegel ist unerträglich als die Halbelfen des Hauses Lyrandar und des Hauses Medani ihre Käfige über die magischen Aufzüge nach Unten zerren.
Doch nicht nur Tiere brachte der gierige Gnom an Bord, sondern auch eine über vier Meter große Holzstatue, dunkelelfische Holzkunst, in Form eines Engels.
Angeblich hatte er diese Statue von dunkelelfischen Tierfänger geschenkt bekommen für Forschungszwecke seiner Universität, aber es war eher möglich, dass er diese entwendet hat.
Kurz darauf, gegen Nachtmittag, war alles endlich verstaut und die Golden Dragon machte sich endlich wieder auf den Weg zurück nach Khorvaire.