Das Aufjaulen des Hundes hatte die Köpfe der Anwesenden herumrucken lassen. Zunächst war das Gedränge noch zu dicht, weswegen den beiden Halblingen die Sicht auf das Geschehen versperrt blieb. Die anderen aber sahen im Schatten des Wagens, unter dem der nun tote Hund lag, einen Goblin, der, ein irres Glitzern in den Augen, das Blut von seinem Schwert leckte und sich dabei böse kichernd nach einem neuen Ziel umsah.
Als Mestrard dieser Situation gewahr wurde, dankte er Pharasma mit einem Stoßgebet. Angesichts der Ereignisse und seiner Vorahnungen, die durch das Treffen mit Ocura noch verstärkt worden waren, hatte er nach dem Flug der Schwalbenschwänze Streitkolben und Schild aus seiner Hütte geholt. "ANCRYM. HIERHER", schrie er, um das Chaos zu übertönen, während er seinen Schild bereit machte. Er versuchte sich mit einem kurzen Blick zu vergewissern, dass Frauen und Kinder vor dem Goblin davonstoben.
Als der Tumult losbrach, versuchte Ancrym auszumachen, von wo er ausging. Gleichzeitig zog er ganz automatisch seinen Erdzertrümmerer. Gerade als er erkannte, wo die Ursache lag, erklang Mestrards Ruf. "ICH KOMME!" brüllte er zurück.
Schon auf Mestrards Schrei hin hatte der Goblin den Kopf gehoben. Immer noch kichernd rannte er mit erhobenem Schwert - Schwert war eigentlich zu viel gesagt, eher handelte es sich um ein zu groß geratenes Messer, dessen gezackte Klinge von mehreren ausgestanzten kreisrunden Löchern durchbrochen wurde – los, genau auf den Kleriker zu. Dieser war von Ancryms Ruf zunächst etwas ruhiger geworden. Doch dann sah er hinter dem Goblin, der direkt vor ihm stand, noch einen zweiten auftauchen - und aus dem Augenwinkel noch mehr der grölenden, hässlichen Gestalten. Chaos!
Pharasmas Kraft werde ich noch zum Heilen benötigen, schoss es ihm durch den Kopf und er verdrängte den spontanen Impuls, auf seine Gebete zurückzugreifen. Stattdessen hakte Mestrard den schweren Streitkolben aus dem Gürtel, riss ihn hoch und ließ ihn auf das direkt vor ihm stehende Monster heruntersausen. Es knirschte hässlich, als die Waffe durch die Schädeldecke des Goblins brach. Immer noch das irre Grinsen im Gesicht, sank dieser entseelt zu Boden.
Ancrym, der gesehen hatte, wie sich Mestrard seines Gegners entledigte, stürzte sich mit dem wilden Kriegsschrei der Shoanti auf den zweiten Goblin. Sein Hieb war so wuchtig, dass dieser ein paar Meter nach hinten geschleudert wurde. Den Kopf in einem unnatürlichen Winkel vom Körper weggebogen, blieb das kleine Monster reglos auf der Straße liegen. Sicher, dass es nicht wieder aufstehen würde, wandte sich Ancrym wieder dem Kampfgeschehen zu.
Desna war zwar nicht Arathis Schutzgottheit, doch trotzdem genoß er den Tag schon recht gut. Er aß noch mit seinem Freund im "Rostdrachen" und auch sonst tat dem Adepten des Drachenfeuers die gute Stimmung recht gut und sie gefiel ihm. Zur Überraschung von allen Anwesenden jedoch schien ein irre drein blickender- seinen eigenen Worten nach- Goblin mit seinen seltsamen Verhalten die Feier etwas zu stören. Deshalb ging Arathis erst einmal ein paar Schritte näher zu dem Goblin hin, um zu sehen was dieser wohl als nächstes vorhatte. Jedoch kam Arathis nur langsam an den wild durcheinander laufenden Menschen vorbei und sein Gang zu dem Goblin stoppte früher als er dachte.
Da kam Arathis die Fackel, welche er an der Wand sah gerade recht gelegen. Um seine Kräfte wenigstens etwas zu verbergen, tat er seine Hand so an die Kleidung hin und presste im folgenden so die Hand zusammen als ob er ein kleines unscheinbares Fläschchen hätte. Da alle anderen mit ihren jeweiligen Goblins beschäftigt waren, konnte dieser Bluff vielleicht gut klappen. Auf jeden Fall tat er so als ob er aus einem Fläschchen eine Flüssigkeit trinken würde und blies seine Backen ein kleines bißchen auf. Er tat so als ob er das Fläschchen in die großen Taschen seiner Roben zurücktun würde. Die Fackel sollte bei seinem Bluff eine große Rolle spielen. Denn er wollte wegen seinen ungewöhnlichen Fähigkeiten nicht schräg von anderen angesehen werden und er wollte diese verbergen. Andere Gebiete, andere Sitten.
Er nahm also eine Fackel ab, nachdem er einen kleinen Schritt zur Wand hingelaufen war, an der sie hing, und tat so als ob er ein professioneller Feuerspucker wäre und brachte die oberste Körperhälfte des Goblins vollends in Kontakt mit Feuer. In Wirklichkeit benutzte er aber nur seine Odemwaffe, welche er als angeborene übernatürliche Fähigkeit besaß. Arathis achtet darauf, dass das Feuerspucken echt aussah, gleichzeitig achtete er aber auch darauf, dass die Fackel nicht kaputt ging.
Perriyon suchte noch nach der Quelle des plötzlichen Aufruhrs, als ein fürchterliches Krachen gefolgt von einem erstickten Gurgeln ihn herumfahren ließ. Neben ihm, direkt auf dem Tresen des Bierausschankes, von dem aus er die Zeremonie hatte verfolgen wollen, saß ein Goblin, der offenbar vom Dach herabgesprungen war und betrachtete für einen kurzen Moment erstaunt das Heft seines Messers. Dann warf er es achtlos weg und begann, wahllos den Inhalt mehrerer Bierseidel in sich hineinzuschütten.
Die Klinge des zerbrochenen Schwertes steckte im Rücken eines Wächters, der die ganze Zeit lässig neben dem Halbling gestanden hatte, nun aber mehrere Schritte von dem Stand weg taumelte. Er schaffte es noch, sein Kurzschwert zu ziehen, das er aber fallen ließ, als er tot neben einem jungen, in einen dunkelbraunen Umhang gehüllten Mann zusammenbrach.
Der Goblin am Bierausschank rülpste laut, dann schüttete er weiter Bier in sich hinein. Plötzlich schlug ein Flammenstrahl an Perriyon vorbei und umhüllte die kleine Gestalt auf dem Tresen. Diese hatte soeben einer Flasche den Hals abgeschlagen und schüttete sich begierig den bräunlichen Inhalt in den Rachen. Als plötzlich eine Stichflamme aus seiner Kehle nach oben schoss, ließ ihr Kreischen dem Halbling das Blut in den Adern erstarren. Dann kippte der Goblin tot nach hinten und ließ nur den Gestank nach verbrannten Haaren und verbranntem Fleisch zurück.
Dorian wurde durch den plötzlichen Aufruhr überrascht, und sofort war ihm klar, das er schnellstmöglich etwas brauchte um sich zu verteidigen. Deshalb sah er sich nach einer Wache um. Er hätte aber nicht damit gerechnet, dass er auf eine so besondere Weise Erfolg haben würde. Plötzlich kam einer der Wächter auf ihn zugestolpert, ließ direkt neben ihm seine Waffe aus den Händen gleiten und brach tot zusammen. Dorian hob das Schwert geschwind auf. Wenigstens hatte er nun eine Waffe, denn die Goblins schienen plötzlich überall zu sein. Hinter dem Goblin, der sich dem Priester auf Angriffsreichweite genähert hatte, war soeben ein weiterer aufgetaucht. Auf der anderen Seite des Platzes wühlte sich ein anderer Goblin durch die Auslagen eines Händlers, der nächste griff eine junge Halblingsfrau an, die soeben der Bedrohung gewahr geworden war.
Ganz im Gegensatz zu Vater Zanthus, der vom Podest herab fassungslos auf das Chaos schaute und dabei den kleinen Goblinkrieger übersah, der sich auf ihn zuschlich. Emyralda, die ob des aufkommenden Tumults verwirrt über den Platz gelaufen war, bemerkte ihn hingegen sehr wohl. Sie sah auch, dass der Sheriff nahe des Podests selbst in einen Kampf gegen mehrere der kleinen Monster verstrickt war. Auch wenn es so schien, als wäre er durchaus Herr der Situation, war klar, dass er nicht schnell genug seine Gegner loswerden würde, um Zanthus rechtzeitig zu Hilfe zu eilen.
Verflucht! Wer stört denn da die Feier? war seltsamerweise der erste Gedanke, der Perriyon durch den Kopf ging, als plötzlich wie aus dem Nichts die Kreatur erschien, die er bisher nur aus Lehrbüchern und farbenfrohen Geschichten in einschlägigen Kneipen kannte. Er hatte einem solchen Wesen niemals begegnen wollen und nun stand es vor ihm.
Plötzlich jedoch wurde die Gestalt von einem Flammenstrahl eingehüllt. Ein kurzer Blick zur Seite zeigte ihm, dass anscheinend einer der Schausteller seine Fähigkeiten als Angriff genutzt hatte. Was genau mit dem Goblin passierte, konnte Perriyon nicht mehr erkennen, denn schon längst hatte er sich schon längst für den klügeren Teil der Tapferkeit entschieden und suchte sein Heil in der Flucht.
Ohne Nachzudenken bahnte er sich blindlings einen Weg durch die wild umherlaufenden Menschen und war schon vollauf damit beschäftigt, nicht von ihnen niedergetrampelt zu werden. Wie angewurzelt blieb er aber stehen, als er zwischen den Beinen der Flüchtenden wieder ein solches Ungeheuer erkannte. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus griff er in eine seiner vielen Gürteltaschen. Seine Hand schloss sich um die darin enthaltenen Rosenblätter und so beendete der Halbling, den Zauberspruch, den er sich am Morgen eingeprägt hatte. Der Effekt war im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend. Der Goblin, der sich leise von hinten an Vater Zanthus hatte anschleichen wollen, blieb stehen, als sei er soeben gegen eine Wand gelaufen. Er fing schon an zu schnarchen, bevor er auf den Boden krachte. In diesem Moment zischte ein Dolch genau dort durch die Luft, wo der Goblin soeben noch gestanden hatte. Die junge Varisianerin, mit der Perriyon am nachmittag ein paar Worte gewechselt hatte, hatte diesen geschleudert und schaute nun etwas überrascht, dass sie ihr Ziel verfehlt hatte.
Am Anfang war sich Ocura nicht ganz sicher, ob sie sich die plötzliche Veränderung der Situation vielleicht aufgrund des starken Bieres, das sie von Mestrard erhalten hatte, nur einbilden würde, doch schnell wurde klar, dass die Menge sich nicht einfach nur schneller bewegte, sondern wie eine verschreckte Herde versuchte vor irgendetwas davonzulaufen. Sie konnte leider nicht erkennen, was diese Menschen so erschreckt hatte, bis aus der Masse direkt in ihrer Nähe ein Goblin auftauchte.
Reflexmäßig zog sie ihre beiden Klingen, um sich gegen den Angreifer zur Wehr zu setzen und noch ehe dieser zuschlagen konnte, vollführte sie einen Ausfall zur Seite und attackierte ihn mit zwei schnellen Hieben. Dieser wehrte die Hiebe jedoch erfolgreich ab und ging zum Gegenangriff über. Gleichzeitig war der zweite Goblin offenbar in der Auslage fündig geworden. Genießerisch schnupperte er an einer offenen Flasche, dann packte er eine Fackel, drehte sich herum und warf beides kichernd nach Ocura.
Zu ihrem Glück hatte der Inhalt der Flasche wohl sein Zielvermögen beeinträchtigt. Die Flasche traf Ocuras Gegner voll am Kopf und vergoss ihren nach Inhalt über diesen. Die Fackel fiel auf der anderen Seite harmlos vor Ocuras Füße.
Wütend ob des Misserfolgs sprang der Werfer auf die Halblingsbarbarin zu. Dorian, der erkannte, dass die junge Frau in Bedrängnis zu geraten drohte, rannte quer über den Platz und rammte das gerade vom Boden aufgehobene Schwert durch den Brustkorb ihres ersten Angreifers. Dieser starrte für einen kurzen Moment verwundert auf die Schwertklinge, die plötzlich aus seiner Brust ragte. Dann drang ein Schwall dunklen Blutes über seine Lippen und er fiel tot zu Boden.
Inzwischen hatte sich Sheriff Hemlock seiner Gegner entledigt. Ein kurzer Blick über den Platz überzeugte ihn offenbar, dass hier im Moment alles unter Kontrolle war. Er gab Vater Zanthus, der seinen Schock inzwischen überwunden hatte, ein Zeichen. Beide liefen los, offenbar, um anderenorts die Verteidigungsmaßnahmen zu koordinieren. Der Platz hatte sich inzwischen merklich geleert. Nur noch ein paar angetrunkene Feiernde standen herum, die wohl noch gar nicht richtig realisiert hatten, was hier soeben geschehen war. Die meisten anderen waren vom Platz geflüchtet, entweder, um sich in ihren Häusern zu verstecken, oder, und das war die wahrscheinlichere Möglichkeit, um sich zu bewaffnen und in den Abwehrkampf einzugreifen.
Und immer noch hallte der schreckliche Gesang durch die Straßen Sandspitzes:
Goblins prügeln, Goblins dreschen,
Goblins springen, Goblins preschen,
Zermatsch den Kopf, die Haut brenn rot,
Wir Goblins kommen, du bist tot.