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Vilistha sieht nicht aus wie ein elfischer Kämpfer. Seine Kleidung ist dreckig und unordentlich, die Kettenglieder seines Kettenhemdes blitzen nicht mehr, sie wurde lange nicht mehr poliert. Kaum sind der feine gewebte schwarze und rote Stoffe, noch als solcher zu erkennen. Der Saum seiner Robe ist abgenutzt. Sein Umhang ist überall von Flecken geziert. Sein schwarzes Haar ist kurz geschnitten, es reicht ihm nicht einmal bis zu den Schultern, doch es scheint Vilistha nicht zu kümmern was für ein Bild er abgibt. Sein Gesicht zeigt tiefe Furchen von Trauer und Verzweiflung und der Blick seiner grünen Augen scheint gebrochen. Nur wenn er das Rapier berührt, welches an seinem Gürtel hängt, das einzig gepflegte, was er an seinem Körper trägt, ändert sich seine Erscheinung. Dann steht er wieder Aufrecht und die Zeichen der Trauer sind verschwunden, dann scheint er wieder Kraft zu haben. Seine Augen blicken in eine andere Welt, in eine vergangene Welt.
Doch diese Momente währen nur kurz, bald kehrt Vilistha in die Wirklichkeit zurück und ist erneut ein gebrochener Mann.
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Sie sahen beeindruckend aus in ihren glänzenden Rüstungen, die blitzenden Klingen zum Kampf erhoben. Er konnte Stolz auf sie sein. Vilistha hatte sie so gut ausgebildet, wie es ihm möglich war. Jetzt würde sich zeigen ob es genug war. Er blickte jeden einzelnen von ihnen an. Sie waren wie Söhne und Töchter für ihn. Sie alle waren für lange Zeit seine Schüler gewesen und er hatte mit ihnen dutzende Male die Klinge gekreuzt, bis sie ihm beinahe ebenbürtig waren. Die Erfahrung würde mit der Zeit einen jeden von ihnen ihren alten Meister überflügeln lassen. Wenn auch sie über ein Jahrhundert in der Armee gedient hatten würden sie ihn schlagen, wenn er dann nicht bereits durch das Alter geschwächt war und seine Reflexe sich verlangsamt hatten. Er hatte Shahalesti lange und treu gedient und wenn ihm das Schicksal hold war würde er es auch noch länger tun. Doch durch das Alarmhorn wurde Vilistha aus seinen Gedanken gerissen. Es war also soweit, sie würden sich ihrem Gegner stellen müssen. Niemand würde ihnen zur Hilfe eilen, es war zu wenig Zeit gewesen und so standen sie einem übermächtigen Feind gegenüber. Der Waffenmeister der Ausbildungskaserne wusste, dass es ein harter Kampf werden würde. Sie hatten nichts außer einem Batallion Rekruten, die mit der Klinge ausgebildet waren, aber keiner von ihnen hatte die zauberischen Fähigkeiten, für die die Solei Palancis, die Leuchtende Legion, so bekannt war. Auch Vilistha hatte sich noch keine arkanen Fähigkeiten angeeignet. Er hatte oft darüber nachgedacht, doch immer war ihm bewusst geworden, dass er seine Schwertkunst, die ihn auszeichnete erst an die Rekruten weitergeben musste, bevor er beginnen konnte sich in der Kunst zu üben. Der heutige Tag war sein Lohn für diese Entscheidung, jetzt stand er einem großen Kontingent ragesischer Soldaten gegenüber ohne auch nur ein Quäntchen Magie als Unterstützung. Aber er war sich sicher, dass sie trotzdem siegen konnten. Alles was in der Schlacht zählt sind Mut und Entschlossenheit, das war das erste, was die Rekruten von Vilistha lernten. Viel mehr würde ihnen gegen den Ragesier auch nicht bleiben.
Sie hatten sich in die große Halle zurückgezogen, in der Hoffnung dort wenigstens eine kleine Chance gegen die Ragesier zu haben, doch es bestand kaum Hoffnung. Vilistha hatte beinahe einhundert elfische Rekruten unter seinem Kommando, doch ihnen stand das Fünffache an ragesischen Soldaten gegenüber. Sie würden sich selbst übertreffen müssen um an diesem Tag den Sieg davon zu tragen. Da brach der mächtige Riegel der Tore und die Soldaten des Feindes standen in der Halle. Es waren unglaublich viele.
Vilistha Kuinora blickte sich noch ein letztes Mal zu seinen Schülern um. Er blickte jedem Einzelnen noch einmal in die Augen und sprach ihnen Mut zu: „Mut und Entschlossenheit“, flüsterte er und wandte sich von ihnen ab. Er hob sein Rapier und stürmte auf den Feind zu. Wenige Momente später hörte er den Kriegsschrei der Rekruten, als sie ihm folgten. Sie prallten auf ihre Feinde, wie eine Welle auf eine Mauer. Aber zu beginn reichte die Schwertkunst, der auf den Kampf begierigen Elfen aus um sich einen Vorteil zu erarbeitenn. Mit der Zeit jedoch ermüdeten sie und die Überzahl der Feinde fing an ihnen ernsthafte Schwierigkeiten zu bereiten.
Vilistha selbst hatte schon mehrere Soldaten bezwungen und auch schon einige kleinere Wunde davongetragen. Diese behinderten ihn nicht sonderlich, doch ihm wurden Verletzungen zugefügt, die schmerzvoller waren, als alles, was er je erlebt hatte. Mit jedem Schülern den er schreien hörte, den er durch die Klingen der Feinde fallen sah, starb ein Teil des Waffenmeisters. In einem letzten Aufbäumen warf er sich dem Anführer der Ragesier entgegen, einem riesigem Halb-Ork, der bestimmt zwei Köpfe größer war, als der Elf. Einige Minuten lang konnte er den Feind in Schach halten, doch dann eilten ihm seine Soldaten ihm zur Hilfe und Vilistha sah sich einer Übermacht gegenüber. Er wurde von einer riesigen Keule am Kopf getroffen und ging zu Boden. Dort blieb er bewusstlos liegen.
Nach einigen Stunden erwachte er wieder und erwartete lachende und singende Elfen vorzufinden. Er hoffte, dass seine Schüler es geschafft hatten. Doch dem war nicht so. Statt den besiegten Ragesiern sah er nur gefallene Elfen. Kein einziger hatte überlebt, außer ihm. Vilistha brach zusammen, so hatte es nicht sein sollen. Er hätte fallen sollen, er der sein Leben gelebt hatte, nicht jene, die noch ihre ganze Zukunft vor sich hatten.
Er machte es sich zur Aufgabe seine Schüler zu bestatten, jeden einzelnen von ihnen. Er hob Gräber aus und bettete jeden einzelnen in der Erde zur Ruhe. Und jedes Mal legte er einen Teil seines eigenen Willens, seiner Tapferkeit, seiner Entschlossenheit mit in das Grab, bis ihm selbst nichts mehr blieb. Er blickte noch einmal zurück und sah in seine Vergangenheit, in die Zeit als diese Akademie noch ein glücklicher Ort gewesen war. Doch das war nun vorbei. Er befestigte sein Rapier an seinem Gürtel und machte sich auf diesen Ort zu verlassen. Sein Leben wurde ein anderes, er kümmerte sich um nichts mehr, legte alle seine alten Gewohnheiten außer einer ab, sein Rapier wurde zum Inhalt seines Lebens. Er hielt es in einwandfreiem Zustand und trainierte manchmal stundenlang mit der Klinge. Den Rest des Tages zog er durch das Land. Er hatte kein Ziel, er wollte nur fort von hier alles hinter sich lassen. Doch es gelang ihm nicht, immer wieder kehrten die Bilder zurück, immer wieder sah er die glänzenden Rüstungen. Und die zerfetzten Leichen. Er hielt es nicht mehr aus in Shahalesti, also verließ er seine Heimat. Auf dem Weg hinaus aus dem Königreich hörte er von einer Gruppe ragesischer Krieger, die nach einem langen Rachefeldzug gegen das elfische Volk endlich zur Strecke gebracht worden waren, aber es kümmerte ihn nicht. Auch der Krieg gegen Ragesia kümmerte ihn nicht. Er wollte einfach nur fort, fort aus der Welt, fort von seinen Erinnerungen. So kam er schließlich nach Gate Pass, wo er sich niederließ. Er konnte nicht zurück nach Shahalesti und er konnte auch nicht weiter nach Ragesia. In Shahalesti gab es für ihn nur die Vergangenheit und Erinnerungen, die er in Gate Pass besser unter Kontrolle halten konnte. In Ragesia gab es für ihn nur den Tod und er war noch nicht bereit zu sterben. Er mochte ein gebrochener Mann sein, doch noch war sein Leben nicht vorbei. Er zog sich in das elfische Ghetto in Gate Pass zurück und lebte unter seinem Volk vor sich hin, nie weiter denkend als bis zum nächsten Morgen. Er hielt sich am Leben indem er anbot andere Elfen mit der Klinge zu unterrichten und seine Kunstfertigkeit vorführte, doch er hatte sein Feuer verloren. Mut und Entschlossenheit sind alles was für einen Kämpfer zählt. Vilistha Kuinora hat dies verloren.