Oh, das ist eine lange Geschichte. Ich will versuchen, sie kurz zu machen..."
Ein leicht schmerzlicher Zug stiehlt sich in sein Gesicht, als er sich grade hinsetzt und zu erzählen anfängt:
"Wie Ihr sicher schon gemerkt habt, bin ich ein Barde. Mein Beruf ist es, über Land zu ziehen, Menschen ein wenig Glück zu schenken, ein wenig Kunst zu machen...
Doch schon bei meiner ersten Reise habe ich versagt. Ich begleitete meinen Lehrer auf einer Tournee entlang der Tethyrianischen Küste nach Süden, dann entlang er der Calimshanischen Küste bis nach Calimhafen. Was weiter geplant war, habe ich nie herausgefunden, denn gleich nach unserem ersten Auftritt sprach mich ein Mädchen aus dem Publikum an. Sie war wunderschön..."
Seine Stimme hat einen verträumten Klang angenommen, kurz verstummt sie ganz. Als er weiterspricht, wirkt er gänzlich abwesend.
"Sie sagte, ich hätte sehr, sehr schön gespielt, und ob ich nicht.. für sie allein... ein Konzert geben wolle. Ich konnte kaum geradeaus denken, und so eine Frage ablehnen? Unmöglich. Am nächsten Abend saß sie wieder im Publikum, und nach dem großen Konzert führte sie mich durch Calimshan, zeigte mir alles... den Rest könnt Ihr Euch sicher vorstellen. Eine Romanze begann, und ich, der ich noch nie -" er stockt kurz "eine Frau näher kennengelernt habe, war bis über beide Ohren veliebt.
Die nächsten Tage - und Nächte - verflogen in einem wahren Rausch, bis, ich weiß nicht wie viele Tage später, mein Lehrer meinte, Calimhafen reiche jetzt, wir müssten weiter. Ich widersetzte mich, sagte, ich hätte die Liebe meines Lebens gefunden. Ich wolle hier bleiben und mit ihr alt werden.
Mein Lehrer sah mich scharf an und fragte, ob es mir damit ernst sei. 'Natürlich', erwiderte ich, und er sagte, dann sei es in Ordnung. Wenn ich wirklich, wirklich das vorhätte, könne er mich nicht daran hindern. Er wünsche mir alles erdenkliche Glück. Sprach's, packte seine Sachen und verschwand aus meinem Leben.
Oh, wie war ich glücklich! Ich liebte und wurde geliebt, hatte jeden Abend erfolgreiche Auftritte - bis irgendwann der Vater von Fesena misstrauisch wurde. Er hatte sich bis dahin nicht um mich gekümmert und ich mich nicht um ihn, aber er beschloss plötzlich, dass es ihm nicht passte, dass seine Tochter 'mit so einem dahergelaufenen Barden rummachte', wie er sich wenig fein ausdrückte. Er ließ Fesena und mich mit zwar sanfter, aber dennoch nachdrücklicher Gewalt zu sich bringen. Während der folgenden hässlichen Szene wurde mir klar, dass er wohl eine Calimhafener Größe, ein Adeliger oder so etwas mit ordentlich Einfluss war.
Ich wurde im großen und ganzen ignoriert während des Streits. Er warf Fesena vor, sie ginge verschwenderisch und undankbar mit dem Familiennamen um, wenn sie ihre eigene Ehre so wegwerfe, sie öffne erbschleicherischen Halunken Tür und Tor etc.
Er schimpfte eine Weile, und zwar in einem furchtbaren, ruhigen Tonfall, bis Fesena eine kurze Pause nutzte, um sich zu verteidigen: Sie habe halt..."
An dieser Stelle bricht Iorondan ab, muss kurz nach Fassung ringen. Er wendet seine Aufmerksamkeit wieder der BRINEWOLF zu. Bevor er sich abwendet, können aufmerksame Beobachter eine Träne in seinem Augenwinkel erkennen.