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Das Schauspiel im Theater - Kapitel 2

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Taysal:
Flussland; Dachgeschoss in der Cien Nummer 10; kurz vor Schlag 12 Mittags

Sieben Tage liegen seit dem schrecklichen Ereignis in der Darmgasse zurück. Martyn Ohneheim ist seiner Arbeit im Karrenflicker nachgegangen. Vorsichtshalber hat er Trom den Fund der Leiche und die Probleme mit den Ledernacken verschwiegen und eine kleine Lüge erfunden, um seine Abwesenheit an jenem Abend zu erklären. Trom Cholber hat auch keinen weiteren Wirbel mehr darum gemacht, ihn scheint etwas anderes zu beschäftigen und Martyn ahnt, um was es sich handelt. Troms Handzittern hat in den letzten Tagen stark zugenommen und er kann kaum noch arbeiten. Selbst Radhardt und Issnix – die beiden Gesellen der Werkstatt – haben die Probleme ihres Chefs bemerkt und sehen besorgt drein. Beide Männer sind geschickt mit den Händen, aber schwach im Kopf. Eine eigene Werkstatt wäre undenkbar und in ihrem Alter fänden sie keine neue Anstellung. Nur wenige haben ein so großes Herz wie Cholber.

Neben seinen Sorgen um Trom beschäftigt sich Martyn mit der kleinen Dampfmaschine. Schnell entdeckt er die Funktionen und Möglichkeiten des Geräts. Stolz blickt ihm Trom dabei über die Schulter. „Ich komme damit nicht kla', Ma'tyn. Da kann ich f'oh sein, dich zu haben.“

Auch Grind geht seinen normalen Geschäften nach. Die Gedanken an jenen Abend lassen ihn kaum ruhen. So ist es kein Wunder, dass er mehr Zigaretten als üblich raucht. Immerhin beruhigt es seine angeschlagenen Nerven und hilft ihm bei der Konzentration. So ist es ihm ein Leichtes die Informationen miteinander zu verbinden, die Grind von den Straßenkindern erhält.

So sind Morde und Überfälle keine Seltenheit in Moloch, doch die tote Frau aus der Darmgasse hat sich tief in Grinds Gehirn gebrannt, sucht ihn sogar in seinen Träumen wahr. Und ein ebensolcher Mord soll sechs Tage vor der grausigen Tat in der Darmgasse geschehen sein – und zwar in der Grätenallee. Die Straße befindet sich, ebenso wie die Darmgasse, zur Flussseite des Viertels hin. Die Ledernacken sperrten das Gebiet ab und die Polizei verhing eine Nachrichtensperre. Niemand weiß genau, was dort geschah. Doch man erzählt sich, dass es sich bei der Toten um eine Menschenfrau handelte, der man des Nachts das Herz herausgerissen hat.

Trixie hängt dagegen anderen Gedanken nach. Möglichst unbeobachtet streift sie durch Moloch und nähert sich vertrauten und liebgewonnen Orten. Doch die Nähe ruft stets auch schmerzhafte Erinnerungen hervor, die mal Trauer, aber auch Wut hervorrufen. Die körperlichen Verletzungen sind so gut wie verheilt und der Wundschmerz nur noch eine blasse Erinnerung, aber die seelischen Verletzungen sind tief. Sie haben noch keine richtige Behandlung erfahren können.

Auch die heimlichen Besuche des Lagers sind eine seelischen Genesung abträglich. Umgeben von den Erinnerungen an eine glückliche, von Liebe erfüllten Zeit, kann Trixie erneut nur Trauer und Wut empfinden – umgeben von einer großen Leere, die sie zusätzlich krank macht und die mit nichts gefüllt werden kann.

Sieben Tage sind seit dem Fund der Frauenleiche vergangen, doch selbst dieses Ereignis verliert angesichts des Verlusts von Walter an Bedeutung.

Martyn ist gerade mit der Arbeit an einem Pferdekarren fertig geworden, als der schlacksige Issnix in die Werkstatt kommt. In seinen Händen umklammert er eine fleckige Ausgabe des Molocher-Tagesbriefs. Eine aktuelle Ausgabe, die Issnix kaum bezahlt haben wird.

„In der Nacht hat es einen Mord in der Schuppenstraße gegeben, Leute. Hat mir der Zeitungsjunge erzählt, Leute.“

Mal ganz davon abgesehen, dass Issnix nicht lesen kann.

„Die haben auf die Ergreifung der Mörder eine Belohnung ausgesetzt, Leute. Ist schon der dritte Mord, Leute. Sind zwei Leute, Leute. Die werden die Herzbuben genannt, Leute. Und die Belohnung beträgt eintausend Schilling, Leute.“ Issnix grinst breit. „Für das Geld würde ich meine Frau und die beiden Kinder verkaufen, Leute.“

Eine ernstzunehmende Aussage, erwähnte Radhardt irgendwann einmal, dass Issnix tatsächlich  seine verstorbene Großmutter verkauft haben soll.

„Du solltest aufpassen, Martyn, dass dich niemand für 'nen Mörder hält, Mann. Der sieht genau so aus wie du, Mann.“ Issnix dreht das Tagesblatt nun zu Martyn, so dass dieser sehen kann, warum sich der Geselle die Zeitung besorgte. Die ganze Seite zeigt den Steckbrief der Herzbuben – und die beiden gezeichneten Abbildungen zeigen halbwegs deutlich Martyn und Grind.

Grind selbst ahnt noch nichts von seinem Konterfei im Tagesblatt. Er hat gerade bei den Rettichsteckern nach dem Rechten gesehen und der kleine Anahila geht es schon sehr gut. Dabei erfährt Grind, dass die Eltern Labradurs am nächsten Tag ihren Termin bei Magister Stahlhacken haben. Ein Grund der Sorge für die Familie.

Auf dem Weg nach Hause, gerade mal eine Seitenstraße von der Cien entfernt, läuft ihm ein schreiender Zeitungsjunge über den Weg: „Mord in Serie! Polizei sucht die Herzbuben! Tausend Schilling Belohnung!“

Der Junge wendet sich Grind zu und streckt ihm eine Zeitung hin. „Ein Exemplar vom Tagesblatt nur einen Groschen, der Herr.“ Der Kleine blickt Grind auffordernd an, dann wird er blass und blickt auf die Zeitung zurück.

Zu jenem Zeitpunkt hat sich Trixie auf ihre Pritsche zurückgezogen und sich in Walters Bühnenmantel gehüllt, den sie erst in den frühen Morgenstunden aus dem Lager holte. Es handelt ich dabei um ein altes Stück, dass Walter selbst vom berühmten Rubce Nywae erhielt, einem bekannten und längst verstorbenen Entfesselungskünstler.

Als Trixie den Mantel ein wenig glatt faltet, bemerkt sie eine kleine Unebenheit. Neugierig sucht sie die Innenseite des Mantels ab und entdeckt in einer der unzähligen Geheimtaschen ein kleines goldenes Schnupftabakdöschen und eine geknickte Fotografie. Das Bild zeigt eine wunderschöne, leicht bekleidete Frau, die sich auf einem Sofa räkelt. Sie ist Trixie unbekannt. Auf der Rückseite der Fotografie steht in einer eleganten Handschrift geschrieben: „In ewiger Liebe, deine M“. Das Döschen ist Trixie ebenfalls unbekannt, doch auf der Unterseite ist Walters Monogramm eingraviert. Als muss es ihm gehört haben. Als Trixie den Deckel nach oben klappt, entdeckt sie drei kleine Pillen als Inhalt: Eine rote, eine blaue und eine schwarze Pille.

Trixie Tollhaus:
Trixie betrachtet die Tabletten genau. Sie sieht das Döschen und den Inhalt zum ersten Mal. Sie riecht auch an der Dose und ein Hauch von Walters Rasierwasser dringt ihr in die Nase, ist augenblicklich verflogen - war es vielleicht nur Einbildung?

Das Bild sieht sich Trixie nicht genauer an. Das gehörte Walter nicht, sondern muss irgendwie in den Mantel geraten sein. Ohne groß nachzudenken packt sie es in irgendeine Umhangtasche zurück.

Die Tabletten hingegen... sie versucht sich zu erinnern. War Walter krank gewesen, bevor "es" geschah? Hat sie ihn einmal Pillen schlucken sehen? Nein, nie - da ist sich Trixie ganz sicher. Niemals.

[Edit] Fragen beantwortet.

Dr. Lazarus Grind:
Zufrieden, paffend geht Grind durch die Strassen, als jener Vorfall mit dem Zeitungsjungen passiert.
"Ach herrje... der sieht ja fast so aus wie ich... das riecht nach Ärger.

Weißt Du, wer das sein soll?"

Den Jungen versucht er mit seinem kindlichen Charme um den Finger zu wickeln und auch eine falsche Fährte zu locken.
Verdammt, einen direkten Zeugen kann ich jetzt gar nicht gebrauchen
*
Ach ja? Wie wär's, wenn Du Dir dieses kleine Scheissgör vom Leib schaffst. Wird eh nur Probleme machen, der kleine Scheisser.
*
oh nein, nicht schon wieder...

Etwas verwirrt hält Grind sich mal wieder den Kopf und kommt erst wieder richtig zu Sinnen, als er Zuhause vor seiner Türe steht.
Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, wird er lange Zeit unterwegs gewesen sein... zu lange...

Martyn Ohneheim:
"Dreck!" Martyn starrt entsetzt auf das Bild. Das Entsetzen hat mehrere Gründe, der Halbelf zieht es aber natürlich vor, den unverfänglichsten zu nennen.

"Chom? Ich muss nach Hause. Ich kenn da ein paar Ledernacken, die sich nen Spass draus machen würden, meine Bude zu verwüsten und dann hinterher ganz scheinheilig beteuern würden, dass sie mich für den Typ auf dem Bild gehalten hätten. Würd mich nicht wundern, wenn die nicht schon unterwegs wären. Kann ich für ein, zwei Stunden frei haben?"

Der Alte kommt aus dem hinteren Lagerraum hervor und blickt Martyn erstaunt an. "Abe' ja mein Junge, natü'lich."

[Edit] Frage beantwortet!

Martyn Ohneheim:
"Boah, Danke, Mann, ich komm sobald wie möglich zurück."

Schon ist Martyn aus der Werkstatt verschwunden, um sich möglichst unauffällig Richtung Heimweg zu machen. Je näher er seiner Wohnung kommt, um so vorsichtiger wird er, da er keine Lust hat, in eine Falle zu laufen. Bevor er schnurstracks sein Haus betritt, schaut er sich genauestens um, ob er irgendetwas  verdächtiges bemerkt.

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