Gerdrad spührt wie nach und nach immer mehr von seiner Lebenskraft schwindet. Innerlich lacht er über das Schicksal, dass ihn ereilt hat. Ich habe diesen beschissenen Krieg nur überlebt um dann als Karawanenwächter den Tod zu finden. Ich hoffe du erwartest mich bald Dol Dorn.
Er weiß nicht wie lange er nun schon in dieser Welt der Schmerzen liegt, halb verdurstet, hungrig, tödlich verletzt. Er ist sich sicher, dass er schlimmer als jedes Stinktier richen muss, aber es ist ihm egal. Von der realen Welt hat er seit Tagen nichts mehr wahrgenommen. Wieso sein Geist sich an dieses Leben klammert ist ihm immer noch nicht wirklich klar.
Wenn ich aufgebe, war alles umsonst. Und aufhören zu kämpfen würde Dol Dorn enttäuschen.
Mühsam unterdrückt er ein Schluchzen ob der Schmerzen, wohl wissend, dass dies die Wunde noch verschlimmern würde. Wohl wissend, dass der Schmerz der momentan wie ein Tuch alles andere überdeckt dann mit aller Kraft zu schlagen würde.
Immer wieder geht er gedanklich die Szene seines eigenen Todes durch - etwas besseres hat sein mittlerweile verwirrter Verstand nicht zu tun. Barbaren, wilde. Angestachelt von Blutdurst und ihren dunklen Göttern stürmten sie auf die Karawane ein. Gerdrad reagierte schnell - schneller als die meisten Wächter der Karawane. Er war sich sicher, dass einer seiner Seelenpfeile einen der Barbaren in die Schulter getroffen hatte. Ein Lächeln breitete sich ob des schmerzhaften Gesichtsausdruck des Barbaren auf seinem Gesicht aus. Er wollte gerade den nächsten Barbaren anvisieren, als ihn etwas in den Rücken traf. War es ein Verräter oder kamen noch mehr Barbaren von hinten aus dem Hinterhalt? War es eine Axt oder eher ein Hammer. Bei einer Axt wäre ich wohl schon verblutet, also wohl ein Kriegshammer. Ob er mir das Rückrat zerschmettert hat? Kurz flammt Angst in Gerdrad auf. Wäre dem so, würde er niemals mehr laufen können. Doch dann beruhigt er sich wieder. In Dol Dorns Reich wird es egal sein. Ich komme hier nicht mehr lebend weg.
Seine Gedanken drehen sich im Kreis, vage glaubt er Vogelgezwitscher zu hören. Er spührt, wie sich Fliegen an seinem Blut gütlich tun. Oder sind es Mücken? Ha! Spielt es noch eine Rolle? Er kann sich erinnern, dass er neben einem Wagen stand und beim fallen sich unter den Wagen begab. Inutition. Ansonsten wäre er jetzt wohl abgestochen und seine wertvolle Ausrüstung die voller Schlamm ist, würde jetzt einem Barbaren gehören. Der Gedanke bringt ihn erneut fast zum lachen. Wenn sie wüßten, welch Reichtümer sie sich hier entgehen lassen haben. Ha!
Doch da ist noch mehr in der Welt der Lebenden. Schritte? Stimmen? Er ist sich nicht sicher. Schon mehrfach hat sein Geist im Streiche gespielt. Zwei mal konnte er sich erinnern, wie ihn die seltsamsten Sumpfkreaturen halfen, seine Wunden behandelten und ihn mitnehmen wollten. Er wußte, dass es der Tod gewesen wäre, mit ihnen zu gehen. Irgendetwas hatte dagegen angekämpft, hatte die Schmerzen umarmt und ihn erneut in seinen Körper festgehalten. Es wäre so schön gewesen ... es war so schmerzlos.
Dann spührt Gerdrad eine Berührung. Schmerz zuckt im ersten Moment durch seinen Körper, das Atmen, welches eine aktive Kraftanstrengung setzt kurzzeitig aus. Verdammt, bitte lass es kein Tier sein! Ich will nicht lebendig gefressen werden! Panik bemächtigt sich seines Verstandes. Binnen Sekunden lässt er los, der Schmerz überwältig ihn und er geht freiwillig in das göttliche Reich. Dann spührt er wie sich ein Teil seiner Wunden schließen, wie die tödliche Verletzung heilt und der Schmerz verebt. Pure Wärme bahnt sich einen Weg durch seinen Körper.
Mühsam schlägt er die Augen auf und schaut den Unbekannten an. Er versucht zu sprechen, doch kaum mehr als ein Krächzen kommt aus seiner Kehle. Er spührt wie er sich wieder bewegen könnte, doch die Erschöpfung ist zu groß. Glückselig schließt er die Augen. Keine Schmerzen. Kein Tod. Nur Schlaf. Endlich.
Ein Lächeln umspielt seine Lippen, während er einfach nur daliegt und sich nach der Folter der letzten Tage ausruht. Wenn sie Feinde sind, werde ich auch wach daran nichts ändern können.