Feuer. Hitze. Er hatte das Gefühl, als würde sein ganzer Körper brennen.
Aus weiter Ferne hörte er Geräusche, es klang wie ein Kampf, doch er wusste es nicht einzuordnen.
Er erinnerte sich an Eretria... war sie in Gefahr? Oder war er es?
Etwas war geschehen...
Die Dunkelheit wich.
Er stand in einem Wald, oder vielmehr dem, was davon übrig war. Verbrannte Baumstümpfe umgaben ihn, soweit das Auge reichte. Eine verbrannte Welt. Es roch noch immer nach Glut und Asche. Der Boden war ebenso heiß wie sein eigener Körper. Schweißtropfen liefen über sein Gesicht.
Ihm war schwindelig. Er setzte sich auf einen der Baumstümpfe. Er kam ihm bekannt vor.
Als Milan hinabblickte, auf den schwarzen Boden, entdeckte er eine einzelne kleine Blume. Instinktiv wusste er, dass sie nicht hätte existieren dürfen, dass sie ebenso hätte verbrennen müssen wie alles andere.
"Ich habe sie beschützt", sprach eine Stimme zu ihm.
Er sah sich um. Niemand war hier. Gehörte die Stimme einem Mann oder einer Frau? Es war schwer zu sagen, aber in jedem Fall war sie alt, ein wenig müde vielleicht.
"Lasse dich nicht täuschen."
Mühsam erhob sich Milan, drehte sich im Kreis, um den geheimnisvollen Sprecher zu entdecken.
"Nicht was an der Oberfläche sichtbar ist, zählt. Die wahre Kraft verbirgt sich in den Wurzeln."
Er blickte auf den Baumstumpf, auf dem er sich eben noch niedergelassen hatte. War es möglich..?
Dann fiel er. Nicht körperlich, nein, sein Geist fiel in eine unfassbare Tiefe. Er sah das Holz des scheinbar toten Stumpfes auf sich zukommen, fiel hindurch, folgte dem Pfad der Wurzeln, tiefer in die Erde, immer tiefer und tiefer...
Urplötzlich blieb er stehen. Umgeben von der Dunkelheit, von den unerreichbaren Tiefen des Erdreichs, spürte er das pulsierende Leben. Es ähnelte seinem eigenen Pulsschlag, doch es war langsamer, bedachter, und doch um so vieles kraftvoller.
"Was in dir brennt, halten deine Feinde für ein Gift. Doch in Wahrheit ist es eine Droge. Sie öffnet den Geist, doch nur dem, dessen Herz dem Himmel und der Erde verbunden ist. Was geschieht, hat einen Zweck. Große Mächte kämpfen gegeneinander an, doch die, die sie als Spielbälle betrachten, sind nicht wehrlos."
Er spürte, wie er langsam wieder nach oben schwebte. "Höre auf dein Herz. Lausche den Tieren, dem Wald, der Erde und der Luft. Etwas ist gekommen, um alles zu verderben, was existiert. Doch wir sind nicht wehrlos. Finde heraus, wer du wahrhaftig bist. Wenn du liebst, liebe aus ganzer Kraft. Vergiss alle Unsicherheit, alle Angst. Wenn du hasst, hasse aus ganzer Kraft, doch nur, was wahrhaft hassenswert ist. Die Männer, die euch angegriffen haben - sie haben dich und deine Liebste malträtiert. Sie würden euch beide töten, ohne zu zögern. Sie würden ihre Seelen dem Bösen geben, wenn sie daraus einen Vorteil ziehen würden. Was verdienen sie?"
Hier unten war alles kühl und feucht. Die Hitze, die Milan erfasst hatte, war verschwunden.
"Denke nicht, du müsstest schwach sein, wenn du gut sein willst. Vergiss das Urteil deines Vaters. Du bist ein Wächter der Erde. Du bist ein Schwert. Du hast es stets gespürt, doch du hattest Angst, du würdest herausfinden, dass du dich getäuscht hast, wenn du dich darauf einlässt. Du hast dich nicht getäuscht."
Milan erreichte die Oberfläche, stieg auf und fand sich in seinem eigenen Körper wieder.
"Wenn das Mädchen kommt, könnt ihr sie zu mir bringen. Ich werde euch beschützen."