Archiv > Forgotten Realms - Northern Journey

Silbrigmond

(1/41) > >>

Lord Aldebaran:
Niewinter, 24. Mirtul im Jahr des Kruges (1370 DR)

Nieselregeln, kräftige Schauer, leichtes Tröpfeln, heftiges Pladdern. Das Wetter war die letzten Tage wirklich einfallsreich und hatte das Thema Regen in jeder erdenklichen Variation durchgespielt. Momentan fielen Tropfen jener Art vom Himmel, die kleine dauerhafte Bläschen auf der Oberfäche einer Pfütze zu bilden vermögen, und denen bisher niemand einen Namen gegeben hatte. Kaum zu glauben, dass 100 km weiter östlich tiefer Winter herrschte, wenn es stimmte, was angekommene Reisende erzählten. Schnee - den fand man nicht in Niewinter. Der Fluss, der aus dem verbotenen, möglicherweise magischen Wald kommend durch Niewinter floß, führte wie immer so viel Wärme mit sich, dass sogar Nachts noch 13°C herrschten. Eine sonderbare Laune der Natur.

„Schau nicht so dämlich!“ Gemeinsam mit einem alten Gaul betrachtete Kralle seine Züge, die sich auf der Wasseroberfläche des Troges im Hinterhof des Gefallenen Turms spiegelten. Ungeachtet der vielen kleinen Unebenheiten, die die Regentropfen auf der Wasseroberfläche verursachten, konnte er die Spuren, die die Ereignisse der letzten Monate in seinem Gesicht hinterlassen hatten, deutlich wahrnehmen. Er wagte nicht einmal im Ansatz, sich vorzustellen, wie seine Visage im blank polierten Stahl der Streitaxt Aariyahs aussehen mochte.

Er überlegte, wann ihn das Glück verlassen hatte. Dass er das Erbe seines Vaters in dieser verfluchten Spelunke verloren hatte, war eigentlich nur der Höhepunkt einer traurigen Serie von Misserfolgen. Was war nur in ihn gefahren? Warum hatte er damals in der Strahlenden Schlange so lange gezögert und sich dann doch für die falsche Augenzahl entschieden? Sicher, er war kein Profi was das Glücksspiel anging. Aber er war doch auch nicht so unerfahren, die Jahrhunderte alte Handwerkstradition seiner Familie bei einem einzigen Würfelwurf aufs Spiel zu setzen! Warum hatte er sich überhaupt auf das Spiel mit einem der Neune eingelassen? Wenn Kralle sich nachts von Vorwürfen gepeinigt auf seinem Lager herumwarf, träumte er, sein Vater werde sich aus seinem Grab erheben und sich zusammen mit seinen unzähligen Ahnen dafür rächen, dass ihre renommierte Werkstatt jetzt von diesem spielsüchtigen Vandalarius heruntergewirtschaftet wurde.

Verflixt, eigentlich hatte er doch mit diesem Thema abgeschlossen, sonst wäre er jetzt nicht hier! Er würde für lange Sicht nicht einmal annähernd genug Geld auftreiben können, um die Werkstatt von Vandalarius zurückzukaufen. Jedenfalls nicht auf legalem Wege.

Jetzt bückte sich Kralle über die Viehtränke dieses verdreckten Etablissements, und nichts hielt ihn mehr in dieser Stadt zurück! Kein Gewerbe, dem er nachgehen konnte, keine Familie und schon gar kein Weib. Selbst in besseren Zeiten hätte sich keine seiner schönen, aber meist hochnäsigen Kundinnen für ihn interessiert...
Immerhin waren ihm noch ein paar Freunde geblieben, die sich ebenso wie er für ein Abenteuer entschieden hatten, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Beweggründen heraus. Momentan sah es allerdings eher danach aus, als hätte er in seinem neuen Leben als Abenteurer genauso wenig Glück wie im Spiel und in der Liebe. Wann nur hatte ihn sein Glück verlassen und warum?

Mit diesen Gedanken tauchte er ein letztes Mal sein Gesicht in das kalte Becken, prustete herzhaft und blickte zu dem alten Klepper auf, der sein Maul direkt neben ihm in das kühle Nass getaucht hatte. „Wer bist denn du?“ murmelte er, gab dem Tier einen freundschaftlichen Klaps auf den knochigen Hals und kehrte zurück in den Schankraum an den Tisch, an dem seine neuen Gefährten bereits mit der nächsten Runde auf ihn warteten…

An eben diesem Tisch saßen vier junge Männer und eine Frau, die Barbarin Aariyah. Mit ein wenig Glück könnte für sie heute der letzte Tag ohne geldbringende Beschäftigung sein. Würde der Abend wie die vorangegangenen vier verlaufen, würden sie erneut auf dem günstigsten Strohbett, was Niewinter zu bieten hatte, aufwachen - leicht verkatert ob des billigen Bieres, ohne Arbeit und ein paar Kupfer Nibs weniger in den Taschen. Mit schrumpfender Fülle des Geldbeutels schienen sich die verbleibenden Münzen immer schneller aus dem Staub machen zu wollen. Unter Anbetracht ihrer finanziellen Mittel wäre die nackte Tafel die passendere Lokalität, doch der Gefallene Turm hatte sich in den letzten Jahren als einzige Anlaufstelle für Leute, die Arbeit zu vergeben haben, etabliert.

Zwischen den Anwesenden bestand, trotz unterschiedlichen Herkunft und Hintergründe, eine gute Freundschaft. Manche dieser dauerten schon mehrere Jahre, andere hatten sich erst kürzlich gebildet. In ihrer Vorstellung war das an Land ziehen eines lukrativen Auftrags leichter gewesen. Doch jede angesprochene Reisegesellschaft aus Kaufleuten und Händlern hatte entweder keine Verwendung für weiteren Schutz oder lehnte, mit mangelnder Erfahrung begründend, eine Einstellung der Freunde ab.

Haplo:
Inmitten der Runde sass Haplo. Ein wenig schwächlich und etwas untersetzt wirkte der weisshaarige Mann etwas fehl am Platze unter den anderen.
Gedankenverloren nippte der junge Mann an seinem verdünnten Bier und schaute über den Tisch hinweg aus dem Fenster. Der Regen war ein wenig stärker geworden, doch vielleicht hatte auch nur der Wind gedreht und schleuderte nun mehr Tropfen gegen die Scheibe als vorher.

Als Qariel in anstubste kehrte Haplo in die Wirklichkeit zurück und sah dass die Schankdame ungeduldig vor ihm stand.
"Wollt Ihr noch was?" fragte sie den Arbeitssuchenden ungeduldig. Sein Bier war tatsächlich schon fast leer und so nickte Haplo leicht, in Gedanken die verbleibenden Kupferstücke zählend.

"Das macht drei Kupfer!" forderte sie Haplo zum sofortigen Zahlen auf während sie ihm einen vollen Krug hinstellte.
Die stechenden grauen Augen Haplos fingen den Blick der Schankfrau ein als er ihr drei Kupferstücke über den Tisch schob. Kurz zeigte sich Verwirrung im Blick der Frau - etwas das Haplo bereits gewohnt war.
Seine Herzrune begann zu jucken, doch dafür setzte er sie nicht ein.

Schliesslich wendete er sich von der Frau ab und blickte zu Qariel.
Den Krug erhoben forderte er ihn auf anzustossen mit was auch immer der Elf an diesem Tage zu trinken beliebte.

"Auf bessere Zeiten!" rief Haplo aus und kratzte sich die linke Brust um das Jucken zu beantworten.

Qariel:
Die Aufmunterung seines Freundes rang Qariel immerhin ein schiefes Lächeln ab, und er hob müde seinen schon wieder halbleeren Weinbecher. Billiges, verdünntes Gesöff, aber seine Zunge gewöhnte sich langsam daran. "In der Tat, schlechter kann es ja kaum werden." erwiderte er beim Anstoßen. Haplos Lächeln erschien daraufhin ein wenig gequält, aber er verkniff es sich, den etwas weltfremden Mondelfen darauf hin zu weisen, dass er sich durchaus noch viel schlechtere Zeiten vorstellen könne. Beim Trinken musterte er seinen blauhaarigen Freund, der gerade den Wein in einem Zug leerte, über den Becherrand.

Der hochgeschossene Elf schien in den wenigen Wochen, seit sie sich kannten, eher noch ein bisschen hagerer geworden zu sein - sofern das überhaupt möglich war. Die bläuliche Haut wirkte selbst im schummrigen Licht der Kneipe ziemlich blass, und ergab einen guten Kontrast zu Qariels dunklen Augenringen, die von den vergangenen, erfolglosen Nächten zeugten. Die Abenteurerkleidung des Elfen ließ an den Säumen und Ecken noch die für dessen Volk typischen floralen Verzierungen erkennen, allerdings verschwanden sie langsam unter dem Dreck der Stadt. Haplo sorgte sich ein bisschen über den Seelenzustand seines nicht sehr krisenfesten Freundes. Dessen Vernachlässigung von Sauberkeit nahm ja schon fast zwergische Dimensionen an. Nur der neben Qariel an der Wand lehnende, spiralige Stab aus Rankenholz, an dem sich der Elf fast immer regelrecht klammerte, sah immer noch makellos und sauber aus. Haplo fragte sich, ob der Elf ihn tatsächlich jede Nacht polierte oder ob es sich eher um einen magischen Effekt handelte. Irgendwann würde er das ergründen. Er setzte den Krug ab und wischte sich den Bierschaum vom Mund, wobei er sich fast den Handrücken aufriss. Um ihren fehlenden Bartwuchs waren diese Elfen jedenfalls manchmal zu beneiden.

Unterdessen hatte Qariel seinen Arm auf dem Tisch ausgebreitet und lauschte mit dem rechten Ohr daran, während er mit halbgeschlossenen Augen versuchte, aus den auf dem Tisch verteilten, fleckigen Spielkarten einen Turm zu bauen. Von der Kraft seines Geistes beseelt, setzte sich eine Karte auf die andere. Allerdings schwankten sie dabei ebenso, wie er es wahrscheinlich täte, würde er jetzt aufstehen. Schon nach wenigen Schichten fiel der Turm immer wieder zusammen, und verstreute die Karten auf und unter dem Tisch, was Qariel leicht genervte Blicke seiner Freunde eintrug - die er jedoch völlig ignorierte. Eine Reise, wie? "Finde deine Seele im Unbekannten?" So ein Quatsch. Bestimmt eine Fehldeutung. Wie soll ich das hier 81 Jahre lang aushalten? Ich will heim! dachte er frustriert, wie so oft in den letzten Wochen. Eine kleine Träne schimmerte in seinem linken Augenwinkel, während sein schmutziges Hemd bereitwillig die sich im rechten Auge bildende aufsaugte.

Tason:
Auch Tason sass in der Runde. Mit seinem wilden Aussehen fiel er in der Stadt auf. Nicht das ihm das störrte. Mit fast 2 Schritt Größe überragte er die anderen meist um Kopfeslänge. Auch seine Kleidung mit viel Fell und Pelz zeigte seinen Status als erfolgreicher Jäger.

Wird Zeit das ich wieder nach Hause komme. Die Stadt war nichts für ihn. Überall sties man sich den Kopf an, es stank. Selbst die Frostmaid hielt es hier nicht aus. Gerne wäre er wieder bei seiem Stamm, doch ohne eine große Trophäe würde er da nicht wieder hingehen, das hatte er sich geschworen. Warum war er überhaupt in die Stadt gekommen? Im Rückblick betrachtet war es Unsinn der Schamanin zu folgen. Was hatte er schon vorzuweisen? Sicher er war ein guter Jäger und keine Fährte blieb ihm verborgen. Kein Wild schaffte es ihm zu entkommen. Reichte das nicht? Verdammt das musste reichen!" Verdammtes Weibsvolk! Mit einem wütenden Schnauben leerte er den Bierkrug und winkte die Schandmaid herbei.

Lord Aldebaran:

Platzhalter für die Beschreibungen der Barbarin.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln