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Autor Thema: Silbrigmond  (Gelesen 58200 mal)

Beschreibung: Teil 1 der Kampagne

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Lord Aldebaran

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Silbrigmond
« Antwort #135 am: 13.09.2009, 03:49:22 »
Das Frühstück war gerade beendet, da betrat eine Gruppe von acht mit Speeren bewaffneten Orks die Höhle. Sie lösten die Verankerung des Eisenstabs und begleiteten die Gefangenen zu den Mühlen. Die neuen Arbeitskräfte ermöglichten, dass beide Mühlen in Betrieb genommen werden konnten. Von Fedel, Blondung, Haplo und Kralle bedienten die eine Mühle. Aariyah, Tason und Frederick die andere. Qariel bekam die Aufgabe, die Mühlen mit neuen Samen zu bestücken und das entstandene Mehl in einen Beutel zu füllen.

Kurze Pausen, um die Muskeln zu lockern und sich zu dehnen, wurden in regelmässigen Abständen gewährt. Blondung hatte Recht behalten, die Peitsche wurde den ganzen Vormittag nur ein einziges Mal eingesetzt. Auch was die Härte der Samen anging, war nicht gelogen worden. Steinhart waren sie und die Mühlen von schlechter Qualität. Die Ausbeute war mager.

"Heute wird sie kommen", murmelte Von Fedel vor sich hin und sabberte dabei, bevor Blondung ihn in die Rippen stiess und wieder zur Vernunft brachte.

Mittags gab es es eine kurze zehnminütige Pause. Die ungewohnte Arbeit hinterliess Blasen an den Handflächen und war schweisstreibend und eintönig. Gespräche wurden nicht geduldet. Ein knappes "Arbeiten. Nicht reden!" und ein Knallen mit der Peitsche liess keinen Zweifel an dieser Drohung.

Die Ausbeute des Tages war mager. Nur zwei kleine Beutel voller Mehl konnten zu Xreds Turm gebracht werden. Erschöpft und müde wurden die Gefangenen in die Höhle gebracht und durften sich dort frei bewegen - ganz so, wie es Söggrin prophezeit hatte.




Kralle

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Silbrigmond
« Antwort #136 am: 13.09.2009, 10:44:29 »
Unauffällig richtete es Kralle so ein, dass er in Haplos und Qariels Nähe zu kauern kam. Er lehnte sich zu seinen Gefährten hinüber und flüsterte:
"Hört mir einen Augenblick zu, meine Freunde. Ich habe heute fortwährend über Deine Idee nachgedacht, Haplo. Warum auf eine Gelegenheit warten? Wir sollten eine solche einfach schaffen! Wir könnten ein Ablenkungsmanöver inszenieren, dass dir die Gelegenheit gibt, dich unbemerkt aus der Höhle zu schleichen.

Wärst du dazu bereit? Bedenke, dass Du dort draußen auf dich allein gestellt wärst und keiner von uns dir beistehen kann... Wir werden vermutlich hart für unsere List bestraft werden, sobald sie herausfinden, dass du entkommen bist, doch ich glaube nicht, dass Xred uns töten wird, denn er braucht uns ja offenbar noch, um diese teuflischen Samen zu mahlen.

Was das Ablenkungsmanöver betrifft, so habe ich folgenden Plan oder besser eine Reihe von Ideen: Wir könnten eine Schlägerei mit den Zhentharim provozieren -  ich bin sicher, dass unsere Barbaren sofort mit Feuereifer dabei sein werden - und ein Riesendurcheinander verursachen. Dabei könnte sich auch jemand schwer verletzt stellen, so dass alle Aufmerksamkeit diesem gewidmet sein wird... Eine weitere Möglichkeit wäre, einen Brand zu legen - ich wünschte, wir hätten unseren Stab noch, doch es wird vielleicht auch eine andere Möglichkeit geben... Dabei dürfte zusätzlich genug Verwirrung entstehen, die es dir ermöglichen könnte, dich davonzustehlen.

Am besten wäre es, die Prügelei in der Höhle zu beginnen, den Verletzten dann herauszutragen (mit Riesengeschrei) und das Feuer dann irgendwie am anderen Ende des Dorfes zu entfachen, so dass die Orks dorthin eilen. Meinst du, Qariel, du kannst es ohne deine Zaubersachen bewerkstelligen, einen Funken in einer der Hütten zu zünden? Sollte das nicht gehen, so gibt es eine andere, aber doch etwas drastische Möglichkeit: Wir müssten das Feuer in der Höhle legen, mit brennender Kleidung herausstürmen und wie konfus in verschiedene Richtungen rennen - dann könnten wir hilferufend auf die brennbaren Hütten zustürmen und diese zufällig in Brand setzen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir Feudel und Blondchen nicht einweihen dürfen. Zu Söggrin habe ich dagegen Vertrauen gefasst. Ich denke, sie könnte uns eine Hilfe sein, indem sie die Verletzte spielt. Der Gedanke, dass sein Täubchen Schaden genommen haben könnte, dürfte Xred in helle Aufregung versetzen.

Also sagt, was denkt Ihr?"
Ewig währt am längsten!

Haplo

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Silbrigmond
« Antwort #137 am: 13.09.2009, 11:53:44 »
"Ich denke wir sollten nichts überstürzen." entgegnete Haplo im Flüsterton. "Die Behandlung die uns zuteil wird ist nicht so schlimm dass wir sie nicht noch ein wenig aushalten könnten um mehr Informationen zu sammeln. Wenn wir direkt am Ende des ersten Tages so etwas versuchen, könnte dies verdächtig sein.

Ich würde auch nur ungern irgendwen der anderen einweihen. Wer weiß...

Qariel könnte mit seinem geschärften Augen versuchen zu erkennen von wieviel Orks wir bewacht werden und wieviel sich in der Nähe aufhalten. Sind es nur wenige, bis etwa vier Stück kann ich diese einschlafen lassen und Tason könnte ungesehen entkommen. Ich halte ihn ohnehin für den geeigneteren Kandidaten. Er kennt sich in der Wildniss aus, ist schnell und unauffällig.

Wir müssen vorsichtig sein, was auch immer wir vorhaben, es muss beim ersten mal klappen, wir werden sicher keine zweite Gelegenheit bekommen."
Die wahre Kraft schlummert zumeist im Verborgenen.

Kralle

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Silbrigmond
« Antwort #138 am: 13.09.2009, 19:47:15 »
"Ja, vermutlich hast Du recht!", sagte Kralle mit einem Gähnen, "Wir sollten die anderen von unserer Idee unterrichten und sorgfältig planen. Für heute bin ich eh viel zu erschöpft, um noch einen Aufstand anzuzetteln..."

Mit diesem Satz rutschte Kralle vollends auf den Höhlenboden, drehte sich auf die Seite und fiel binnen weniger Augenblicke in einen tiefen, unruhigen Schlaf. Wie schon so viele Male zuvor bekam er im Traum Besuch von seinem Vater und den anderen verstorbenen Mitgliedern seiner Familie. Anders als sonst machten sie ihm diesmal allerdings keine Vorwürfe wegen der verlorenen Werkstatt. Nein, diesmal umstanden sie ihn schweigend mit ernster Miene. Sie alle waren in schwarze Kapuzenmäntel gehüllt, so dass ihre Gesichter im Schatten der Kapuzen kaum zu erkennen waren. Es war so beängstigend, dass Kralle sich wünschte, sie würden wieder auf ihn einschimpfen!

Mit einem Mal rissen alle ihre Hände hoch und pressten sie wie wahnsinnig auf ihre Ohren,  die Augen fest geschlossen, nachdem sie zuvor noch in stummem Schrecken geweitet waren und plötzlich erfüllte die Luft ein grausiges, tief nachhallendes Kreischen.

Schweißgebadet fuhr Kralle aus seinem Traum hoch. Das Kreischen, das ihm im wahrsten Sinne in die Knochen gefahren war, hallte noch in seinen Ohren nach. Als sich seine Augen an das Licht der ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages gewöhnten wurde Kralle langsam der Gesichter seiner Kameraden gewahr, die ihn besorgt anschauten. Scheinbar war er nicht der einzige, der diesen Schrei gehört hatte...
« Letzte Änderung: 13.09.2009, 19:48:07 von Kralle »
Ewig währt am längsten!

Lord Aldebaran

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Silbrigmond
« Antwort #139 am: 13.09.2009, 20:37:12 »
30. Mirtul - Niewinterwald - 16-23 °C - teilweise bewölkt

Am nächsten Morgen wiederholte sich das Treiben des Vortages. Die alten Orkfrauen brachten Frühstück und schon ging es wieder zu den Mühlen. Ganze drei Säckchen Schöllkrautsamen wurden diesen Tag zu Mehl verarbeitet.

Der Tag wäre als ereignislos und langweilig zu verbuchen gewesen, wenn Qariel nicht für einen Zwischenfall gesorgt hätte. Dabei wollte er nur Haplo beim Drehen des Mühlsteins helfen, als dieser stolperte. Doch sofort wurde er von einem Ork von der Mühle fortgerissen und ausgepeitscht. Seine Freunde bekamen anschliessend dieselbe Lektion. Traurig sah Qariel dabei zu.

Und so ging auch dieser Tag vorbei. Zuletzt wurden die Gefangenen in die Höhle geführt. In wenigen Stunden würden sie erneut am Boden festgekettet werden.
« Letzte Änderung: 14.09.2009, 00:46:07 von Lord Aldebaran »

Qariel

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Silbrigmond
« Antwort #140 am: 13.09.2009, 21:50:50 »
Am Abend kauert sich Qariel mit den erschöpften Gefährten zusammen. Selbst Haplos Talent konnte hatte sie heute nicht von allen Schmerzen befreien können.
"So kann das nicht lange weiter gehen - die schinden euch doch hier über kurz oder lang zu Tode. Andererseits gebe ich Haplo recht darin, dass wir mehr Informationen brauchen um eine Flucht zu organisieren. Ich könnte mich vielleicht mittels eines Täuschungszaubers als Ork oder Orkmütterchen ausgeben, und Orkisch beherrsche ich auch fließend. Aber bei einem so kleinen Dorf kennen die sich wahrscheinlich alle, oder? Wir wissen auch noch nichts über die Bewachung der Grenzen des Lagers. So paranoid wie die hier sind gibt es da bestimmt Posten." murmelte er den Kameraden zu.

Etwas lauter wandte er sich an Von Fedel: "Ihr scheint euch ja gut mit dieser Agatha auszukennen, und erwähntet etwas von Schreien. Habt ihr damit so einen Schrei wie gestern Nacht gemeint? Kommt das hier häufiger vor? Die Orks schienen ja nicht sonderlich besorgt zu sein." fügte er betont spöttisch hinzu. "Und was hat das ganze mit eurem unsichtbaren Beutel zu tun?"
Panik: eine Situation, in der niemand weiß, was zu tun ist – und das auch noch schnell.

Lord Aldebaran

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Silbrigmond
« Antwort #141 am: 13.09.2009, 22:12:48 »
"Sie wird kommen.", antwortete Von Fedel nicht direkt auf Qariels Frage, schien sich aber insgeheim darüber zu freuen, dass sein Lieblingsthema erneut angeschnitten wurde. Irre kichernd fuhr er fort. "Agatha schreit doch nicht aufgrund eines Alptraums, sie ist der Stoff aus dem Alpträume sind! Eine untote Seele, ein schreiender Geist, wie war noch das andere Wort dafür? Achja, eine Banshee - eine Todesfee. Sobald sie auftaucht, werde ich euch die Macht Cyrics demonstrieren, wie sie durch mich fliesst. Ich habe alles in meinem Beutel", erneut tätschelte er eine Stelle auf seiner nackten Brust. "Ihr werdet schon sehen!"

Lord Aldebaran

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Silbrigmond
« Antwort #142 am: 14.09.2009, 14:12:21 »
Sonderlich begeistert war Frederick nicht, sich auf einen verrückten Cyricpriester zu verlassen. Wer konnte schon sagen, ob Von Fedel wirklich einen unsichtbaren Beutel mit rettenden Zauberutensilien bei sich trug. Wenn man den Beutel wenigstens anfassen könnte und sich so von seiner Existenz überzeugen könnte, aber Von Fedel liess keinen an sich oder seinen Beutel ran.

Die vorgeschlagenenen Fluchtpläne waren alle nicht bis zu Ende durchdacht worden. Es herrschte Uneinigkeit über die Durchführung einer Flucht. Sollte nur einer versuchen zu entkommen und Hilfe holen? Doch wer konnte denn helfen und es mit über 300 Orks aufnehmen? Bis nach Niewinter waren es dreieinhalb Tage für einen einfachen Weg. Bis nach Kaninchenbeeren waren es nur wenige Stunden, aber handelte es sich laut der Zwerge um ein winziges Dorf. Frederick lieferte einen weiteren Einwand, den keiner bedacht hatte. Hier in der Lichtung herrschten angenehm warme Temperaturen, aber ausserhalb des Niewinterwaldes lag Schnee und sie hatten nur diese Leinenfetzen am Leib. Der Weg durch den Niewinterwald war stockfinster, dass hatten sie selbst erfahren. Qariel hatte von allen die besten Augen, aber in der Finsternis der Nacht war auch er hilflos. An eine Flucht bei Tage war erst recht nicht zu denken. Aariyah hatte zum wiederholten Mal versucht, die Ketten zu zerreissen, war aber kläglich gescheitert, auch wenn die Kettenglieder unter der Spannung ächzten. Mit den Ketten zwischen den Beinen konnte man nur kleine Tippelschritte machen. Bei einer Flucht, bei der man eventuell einen schnellen Spurt zurücklegen musste, war das ein unüberwindliches Hemmnis, neben dem ständigen Klimpern der Eisenketten. Haplo vertraute noch immer auf die Zwerge. Sie würden irgendetwas unternehmen. Doch was? Hatten die Orks die Zwerge wirklich laufen lassen? Söggrim erzählte, darauf angesprochen, dass die Zwerge zwar laufen gelassen wurden, doch wenige Minuten danach brach eine Gruppe von bewaffneten Orks zur Jagd in dieselbe Richtung auf. Ob diese Zwerge oder Nahrung jagen sollten, blieb unklar. Vor der Rückkehr der Orks waren sie schon wieder in die Höhle gebracht worden.

Da man nur Vermutungen über die Anzahl der Wachen anstellen konnte, beschlossen die Abenteurer ihre Situation die kommenden Tage genauer zu beobachten. Qariel sollte versuchen, Gespräche der Orks zu belauschen. Kralle sollte sich die Gesicher der Wache schiebenden Orks einprägen und Schwachstellen ausfindig zu machen. Aariyah hatte sich vorgenommen, sich an der Mühle nicht allzu sehr zu verausgaben, denn sie war sich sicher, die Ketten zerreissen zu können. Frederick hatte die Aufgabe bekommen, sich um Ablenkungen Gedanken zu machen.

Doch es kam anders.

Schon in derselben Nacht, als die Gespräche über eine Flucht verstummt waren und die Orks jeden Augenblick die Gefangenen mit der Eisenstange fixieren würden, drang ein schreckliches Heulen schwach an die Ohren der Gefangenen. Unruhe machte sich breit. Vor der Höhle hörte Qariel einen Ork ängstlich fluchen. Da erscholl das Geheul erneut. Dieses Mal lauter, die Quelle war näher gekommen. Ein schreckliches Heulen war dies, wie eines von Tausend verlorenen Seelen, das einem durch Mark und Bein ging. Das Blut gefror den Gefangenen in den Adern. Schwere Kopfschmerzen stellten sich ein und ein unangenehmes Klingeln hatte sich im Ohr eingenistet. Vor der Höhle waren deutlich Schmerzensschreie zu hören. Hektische Panik schien sich im Lager breit zu machen. Rufe nach Xred wurden laut und konnten auch ohne Kenntnisse der Orksprache verstanden werden. Eine der Orkwachen taumelte in die Höhle und fiel tot zu Boden. Dünne Rinnsale Blut flossen an seinen Ohren hinab.

Von Fedels Gesicht zeigte, dass er ebenfalls Schmerzen hatte, die sich langsam zu den Zähnen vorkämpften und langsam unerträglich wurden. Trotzdem begannen seine Augen zu leuchten. Sein Wahnsinn lag nun offen, für jeden zu erkennen. Juchzend rief er aus: "Die Stunde der Dunklen Sonne ist gekommen! Oh, Cyric, mein Herr, diese Ungläubigen werden nun in ihrer Stunde des Todes deine volle Macht erkennen!"
Von Fedel griff wie so oft an seine Brust, fummelte mit seinen dürren Finger in der Luft herum. Seinen Bewegungen nach, öffnete und entferne er etwas. Sein Griff ins Nichts hatte tatsächlich eine Handvoll getrockneter Bienen hervorgebracht. Die toten Insekten zwischen seinen flachen Händen zerreibend, betete er zu Cyric, seinem Gott der dunklen Sonne.

"Oh Cyric, willst du der Todesfee an diesem Tag einen Sieg gönnen und damit eingestehen, dass die dunklen Mächte des Elfenreiches stärker sind als die deinen? Zeige den Ungläubigen die Macht der Dunklen Sonne! Ich flehe dich an, gib mir das, was dieses infernale Heulen verblassen lässt!"
 
Unmittelbar leuchteten die Hände Von Fedels in einem gelbbraunen Licht und kleine Kugeln, die aussahen wie Bienenwachs, erschienen aus dem Nichts auf seinen dargebotenen Handflächen. Freudig erregt blickte Von Fedel auf das Ergebnis seines Gebetes und rief seinen Mitgefangenen zu: "Seht ihr? Wo sind eure schwachen Götter? Wo ist Sune, in der Stunde, wo ihr sie braucht?", verhöhnte er Frederick. "Bekennt euch zur Dunklen Sonne. Respektiert ihn als euren neuen Gott, verehrt ihn als euren neuen Meister, der euch..."

Doch bevor der Priester seine Schimpfkanonade weiter fortführen konnte, ertönte schon wieder das durchdringendes Heulen. Viel näher als zuvor. Die Abenteurer spürten schreckerfüllt, wie anfällig ihre Körper auf das Geheul reagierten. Ihre Köpfe drohten zu explodieren. Aufzuplatzen, wie überreifes Obst. Die eigene Seele schickte sich an, der leiblichen Hülle zu entfliehen. Die Abenteurer waren kurz davor, dem Drängen der Seele nachzugeben. Keuchend fielen sie auf alle Viere nieder und hämmerten mit ihren Fäusten auf den harten Steinboden ein, um den Schmerz zu überlagern. Kleine Bluttropfen flogen durch die Luft, als die Hände an den Knöcheln aufrissen.

Und es wirkte. Schon eine ganze Weile war kein neuer lebenraubender Schrei an die Ohren gedrungen. Noch fiel es den Abenteurern schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Von Fedel lag ausgestreckt auf dem Boden. Es war ihm nicht gelungen, die beschworenen Wachskugeln rechtzeitig in seine Ohren zu stopfen. Die kleinen Kugeln waren aus seinen Händen gerollt und hatten sich überall in der Höhle verteilt. Die erste, die reagierte, war Söggrin, die sich zwei der Kugeln griff und eilig in ihre Ohren stopfte.

"Von Fedel, ihr seid ein solcher Idiot, dass euch nichtmal der verfluchte Cyric ertragen kann! Das letzte Geheul sollte euch lehren, endlich euer grosses Maul zu halten. Wahrscheinlich gab er euch so eine grosse Menge Wachs, damit ihr zusätzlich euren Mund damit versiegeln könnt. Und auch ich hätte Vorschläge, wohin ihr euch das Wachs noch schieben könntet."

Qariel

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Silbrigmond
« Antwort #143 am: 14.09.2009, 15:29:35 »
Als nächstes rappelte sich Qariel auf. Sein Kopf fühlte sich doppelt so groß an wie vorher, und rote Nebel schwammen vor seinen Augen. Als er sich aufrichtete wurde es etwas besser. Er taumelte zu Von Fedel hinüber und schnappte sich zwei der Kügelchen, die er sofort in seine Ohren stopfte. "Schnell, reisst euch zusammen, sie kann jederzeit wieder schreien!" rief er seinen Kameraden zu, die sich gerade ebenfalls hochrappelten.

Qariels Hände vollführten fast automatisch die präzisen, kurzen Gesten, die er für kleine Zaubertricks hunderte Mal während seiner Ausbildung hatte üben müssen. Dann drehte er sich im Kreis, während seine scharfen Elfenaugen die meisten der bräunlichen Wachskugeln erfassten und die Magie des Zaubers sie knallgelb färbte, damit sie im Dämmerlicht der Höhle auch für Menschenaugen gut zu erkennen waren.

Van Fedel rührte sich zwar nicht mehr, aber Qariel konnte so schnell nicht feststellen, ob er wirklich schon tot war. Obwohl er den verrückten Priester nicht mochte, stopfte er ihm zwei der Kügelchen in die Ohren. Solch einen Tod wünschte man auch seinem schlimmsten Feind nicht.
Panik: eine Situation, in der niemand weiß, was zu tun ist – und das auch noch schnell.

Haplo

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Silbrigmond
« Antwort #144 am: 14.09.2009, 16:10:01 »
"Versucht alle euch so ruhig wie möglich zu verhalten. Ich denke Agatha ist es gleich wer in ihrem Wald ist und warum. Wenn sie uns findet sind wir ebenso tot wie die Orks." gab Haplo in gepresstem Ton zu bedenken.
Dann steckte er sich ebenfalls zwei Wachskügelchen in die Ohren.

"Ich hoffe die sind magischer Natur, ich kann mir nicht vorstellen dass einfaches Ohrenzuhalten hier hilft." dachte der Hexenmeister sich und kauerte sich wieder an die Höhlenwand.
Die wahre Kraft schlummert zumeist im Verborgenen.

Kralle

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Silbrigmond
« Antwort #145 am: 14.09.2009, 17:10:52 »
Kralle nahm sich Haplos Rat zu Herzen und warf sich, nachdem er dankbar zwei Wachskügelchen von Qariel in Empfang genommen hatte, die Arme über dem Kopf verschränkt auf den Boden neben Tason und Haplo. "Gaaanz ruhig verhalten!", dachte er und fügte in Gedanken hinzu: "Am besten sogar tot stellen - und das gelingt mir wohl besser, wenn ich diese Agatha nicht zu sehen bekomme! Nicht dass ein Aufschrei des Entsetzens mich doch noch verrät..."
In diesem Moment fiel ihm wieder etwas aus seinem Traum ein, er richtete sich noch einmal kurz auf und bedeutete den anderen, die bereits ihre Ohren mit Wachs mehr oder weniger versiegelt hatten, lebhaft gestikulierend, dass sie auf keinen Fall zum Höhleneingang blicken durften. Dann warf er sich wieder, das Gesicht abgewandt und die Augen krampfhaft geschlossen, auf die Erde.
Ewig währt am längsten!

Aariyah

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Silbrigmond
« Antwort #146 am: 14.09.2009, 19:18:38 »
Auch die übrigen Höhlenbewohner verstopften sich schleunigst die Ohren. "Erstaunlich, dass ein Kleriker des Prinzen der Lügen auch mal an andere denkt, vielleicht ist seine Seele ja noch zu retten", sagte Frederick dabei mehr zu sich selbst.

Für eine ganze Weile, die Aariyah wie eine Ewigkeit vorkam, getraute sich keiner der Gefangenen sich auch nur zu rühren. Kralle kauerte immernoch zusammengerollt in seiner Ecke, Söggrin schaute mit Panik in den Augen von einem zum anderen, nur von Fedel war inzwischen wieder zu sich gekommen und begann anscheinend wie von Sinnen vor sich hinzugackern. Dabei hatte er einen äußerst zufriedenen Gesichtsausdruck und schien der einzige zu sein, auf dessen Antlitz nicht die nackte Todesangst zu sehen war. Er schien tatsächlich Recht behalten zu haben, und das schien ihm eine große Genugtuung zu sein.

Schließlich war Aariyah das Warten aber Leid. Wenn die Orks den Angriff erfolgreich abgewehrt hätten, hätte inzwischen bestimmt schon eine Wache nach ihnen gesehen. Vorsichtig stand sie auf und versuchte sich möglichst lautlos zum Eingang der Höhle zu schleichen. Dabei waren allerdings die eisernen Fußfesseln und die Wachsstopfen in ihren Ohren nicht gerade hilfreich. Aber das war ihr in diesem Moment egal, sie musste jetzt wissen, was draußen los war. Noch nicht ganz aus der Höhle raus, konnte sie bereits einen flackernden Lichtschein von draußen sehen und der beißende Geruch von Rauch schlug ihr entgegen. Vorsichtig stieg sie über den Körper des leblosen Orks, der sich in die Höhle zu retten versucht hatte.

Als sie endlich den Eingang erreicht hatte, bot sich ihr ein Bild des Zerstörung, wie sie es noch nie gesehen hatte. Überall lagen bewegungslose grüne Körper. Manche waren in Stücke zerfetzt, manche angekohlt, wieder andere schienen völlig intakt, außer dass ihnen etwas Blut aus den Ohren ran. Die meisten der Orkbehausungen brannten, von einigen schossen meterhohe Flammen in den Nachthimmel und erleuchteten die Szenerie taghell. Selbst Xreds massiver Turm aus Stein hatte dem Angriff nichts entgegenzusetzen gehabt. Der komplette obere Teil schien weggesprengt worden zu sein und lag in mehreren Stücken verteilt. Nur die Grundmauern ragten noch an einigen Stellen ein Stück empor. Aariyah war wie versteinert beim Anblick dieses Schlachtfelds. Erst eine Bewegung am Rand ihres Blickfelds ließ sie aufschrecken. Einige Orks, die das Inferno anscheinend überlebt hatten, schleppten sich am gegenüberliegenden Rand des Lagers in den Wald. Schnell rannte sie zurück in Sicherheit in die Höhle, die während den letzten Tagen zu ihrer Unterkunft geworden war.

Beinahe wäre sie dabei über den Ork gestolpert, den sie inzwischen fast vergessen hatte. Bei den anderen Schicksalssuchern angekommen, begann sie hastig damit sich das Wachs aus den Ohren zu kratzen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte, dank ihrer langen Fingernägel aber schließlich doch mehr oder minder gelang. Aufgeregt versuchte sie den anderen Sklaven zu gestikulieren, dass sie sich ebenfalls das Wachs entfernen sollten und sich zur Flucht bereit machen sollten. Mit geringer Kraftanstrengung zog sie Kralle vom Boden hoch, da dieser immernoch mit geschlossenen Augen und dem Wachs in den Ohren in der hintersten Nische zusammengerollt war. Der ehemalige Goldschmied fing dabei an wild um sich zu schlagen, bis er endlich bemerkte, dass es nur die Barbarin war, die ihn gepackt hatte und nicht die Todesfee. Ohne abzuwarten, ob die anderen ihre Ohren vom Wachs befreien würden, begann sie damit zu berichten, was sie draußen gesehen hatte. "Wir müssen die Gelegenheit nutzen und sofort weg von hier, bevor womöglich Orks zurückkehren", schloss sie ihren Bericht.

« Letzte Änderung: 14.09.2009, 19:19:29 von Aariyah »

Haplo

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Silbrigmond
« Antwort #147 am: 14.09.2009, 20:28:41 »
"Wir sollten unsere Sachen finden bevor wir hier verschwinden. Zum einen wäre es gut die Steine wieder zu haben, doch vorallem werden wir unsere warme Kleidung benötigen wenn wir nicht erfrieren wollen!" Gab Haplo zu bedenken.
"Außerdem ist es mitten in der Nacht, wir werden im Gegensatz zu den Orks nichts sehen im Wald und wenn wir Licht machen sind wir auf weite Entfernung ein gutes Ziel.

Wenn es sicher ist dass die Todesfee nicht mehr hier ist, sollten wir die Verwirrung nutzen und unsere Waffen und anderen Habseligkeiten finden und versuchen uns bei Sonnenaufgang durchzuschlagen. Vereinzelten versprengten Orks werden wir Herr solange wir nicht unbewaffnet sind!"
« Letzte Änderung: 14.09.2009, 20:30:05 von Haplo »
Die wahre Kraft schlummert zumeist im Verborgenen.

Kralle

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Silbrigmond
« Antwort #148 am: 16.09.2009, 09:05:29 »
"Du hast natürlich recht. Wie wäre es, wenn wir uns paarweise aufteilten, um in den Hütten und in Xreds Turm nachzusehen, wo unsere Sachen aufbewahrt wurden. Vielleicht finden wir dabei auch noch andere Dinge, die uns nützlich werden könnten", meinte Kralle zustimmend.

Er hatte sich erstaunlich schnell wieder erholt und sein panisches Verhalten während des Angriffs von Agatha war ihm nun ein wenig peinlich. Daher versuchte er nun, den Eindruck wieder wett zu machen, setzte sich in Bewegung und rief munter über die Schulter zurück: "Wer kommt mit?"
Dann drehte er sich im Gehen noch einmal zu den Gefährten um, hob entschuldigend die Schultern und schob mit schiefem Grinsen nach: "Oh, ich hätte ganz gerne einen Kämpfer bei mir, ihr wisst schon, wir sollten ausgeglichene Paare bilden..."
« Letzte Änderung: 16.09.2009, 09:08:10 von Kralle »
Ewig währt am längsten!

Haplo

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Silbrigmond
« Antwort #149 am: 16.09.2009, 09:52:54 »
"Angesichts dessen dass wir durch unsere Ketten noch sehr in unserer Beweglichkeit eingeschränkt sind, sollten wir vielleicht zunächst zusammen bleiben und nach etwas suchen womit Aariyah die Ketten sprengen kann.

Auch sonst würde ich unsere Kräfte lieber nicht aufteilen. Wenn uns ein bis zwei Orks begegnen werden wir in unserer jetzigen Situation schon als gesamte Gruppe Probleme haben. Wenn eine Zweiergruppe überrascht wird könnte das tödlich sein denke ich."merkte Haplo nachdenklich an.

"Ich denke wir beginnen mit unserer Suche vielleicht am besten in Xreds Turm, oder was meint Ihr?"

Die wahre Kraft schlummert zumeist im Verborgenen.

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