Regadur ging vorsichtig voran. Er war sich sicher, dass hier irgendeine Falle auf sie lauern würde, sei es in mechanischer, magischer oder fleischlicher Hinsicht. Er kannte diese Orte nur zu gut, er war ausreichend vorbereitet. Auch Fabulon war angespannt und bereit, jeden Moment über die Schulter des Zwerges hinweg einen Pfeil abzufeuern. Taris dagegen war ruhig. Dank der Laterne konnte er zumindest ein paar Meter weit blicken und die tanzende Sphäre über Regadurs Kopf beruhigte den Jäger zusätzlich. Nur eines war schrecklich - Regadurs furchtbares Geklapper. Während Taris und Fabulon einigermaßen leise voran kamen, stieß bei jedem von Regadurs Schritten Metall auf Metall und jeder noch so schwerhörige Feind hätte den Zwerg wohl vernommen. Aber das war Regadur bereits gewöhnt, er hatte ja schon mehrfach angedeutet, dass leise Schritte nicht seine Art waren. Nach nur wenigen Metern erreichten sie das Ende des Ganges, eine Abzweigung, dieses Mal nur nach links führend und dem Zwerg schwante, dass hätten sie den linken Weg gewählt, sie jetzt beinahe an derselben Stelle heraus gekommen wären, nur mit dem Unterschied, dass sie hätten nach rechts abbiegen müssen.
Vor ihnen tat sich ein kurzes, etwa zwölf Meter langes Gangstück auf, von dem drei Gänge abführten, doch kaum dass Regadur um die Ecke spähte, tat sich zur Linken auch noch eine große Halle auf, die nicht nur im Dunkeln lag, sondern auch von einem schattenhaften Nebel erfüllt war, durch den selbst Regadur nichts vernünftig sehen konnte, bis auf ein paar Säulen.
Lyriel arbeitete fieberhaft an ihrem Fluchtversuch. Der Dolch war scharf, aber die Fesseln waren stramm und fest. Trotzdem gelang es ihr, das Seil zu durchtrennen, als sie plötzlich ein lautes Scheppern vernahm, als würde sich jemand nähern, der schwer gerüstet war. War das einer ihrer Wächter? Aber diese verhielten sich normalerweise doch sehr leise - im Moment so leise, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie sich befanden, ihr Streit schien je beendet worden zu sein. Dann hielten die Schritte plötzlich inne, leider waren sie noch einige Meter von ihr entfernt, wenn sie ihre Ohren nicht trogen.
Alyndra - wesentlich früher am selben TagSie war richtig, vor ihr konnte sie schon die Ruinen des Unbekannten Schreins erkennen. Sie musste sie bald eingeholt haben, sollten sie diesen Weg gewählt haben. Sie war beunruhigt. Neben ihr verliefen verschiedene Spuren von Wolfsspuren, nur waren diese Spuren wesentlich größer als die Pfoten von Wölfen. Waren jene, die sie suchte, verfolgt worden? Als sie wieder auf ihr beschworenes Ross stieg, wurde sie zwei Kreaturen gewahr. Eine von ihnen war etwa so groß wie sie, die andere deutlich kleiner. Die beiden führten Reittiere mit sich und sahen aus wie eine zu klein geratene Karawane. Sie unterhielten sich angeregt miteinander, der Kleine fuchtelte sogar mit den Armen und Händen herum, als müsse er sich gegen eine Armee Blutmücken verteidigen. Eindeutig ein Gnom, konnte Alyndra anhand dieses Verhaltens schließen, auch wenn Halblinge ihre Geschichte ebenfalls gerne mit solcher Gestik unterlegten. Die Zwei schienen direkt vom Unbekannten Schrein auf sie zuzulaufen. Waren sie in der Nacht dort gewesen? Waren sie jenen, die sie suchte, begegnet? Und was war mit den seltsamen Wolfsspuren?