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Autor Thema: Kapitel 2: Morgensonne  (Gelesen 137756 mal)

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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1005 am: 04.10.2010, 15:10:30 »
Als die Gruppe zurück in dem Speisesaal war, stieß auch Beldin wieder zu den Gefährten. Er schien ein wenig irritiert, setzte sich aber nach einem kurzen Gruß nur auf einen der Stühle, und wartete dann ab, was Milan zu erzählen hatte.

Auch Lémar setzte sich schweigend auf einen der Stühle, und hielt seinen Blick strikt auf Milan gerichtet, ganz so, als habe er keine Lust, irgendjemand anderen anzuschauen.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1006 am: 04.10.2010, 15:51:23 »
Milan war froh, Eretria auf seiner Seite zu wissen, aber er murrte dennoch nur vor sich hin, bis sie endlich wieder alle beieinander saßen. Alle, bis auf Mika, die zuvor doch noch so begierig darauf gewesen war, zu erfahren, was sie heraus gefunden hatten. Er war wütend, besonders weil er nicht wusste, was Mika schon wieder zu meckern gehabt hatte. Sein Blick fiel auf Lémar, der ähnlich grantig wirkte. Was war da bloß zwischen den beiden vorgefallen? Bevor er sich dem widmete, was jetzt wohl am interessantesten war, sah er zu Calfay und Arue. "Könnt ihr uns zufällig erklären, was passiert ist? Mein werter Freund hier und unsere junge stürmische Bardin, wo auch immer es sie hinverschlagen hat, scheinen nicht sonderlich daran interessiert zu sein, zu erklären, warum sie so prächtige Laune haben." Milans Gesicht blieb düster, besonders als er Lémar ansah. Er hätte Tasha mitschicken sollen. Hm, oder auch nicht, wahrscheinlich wäre die Diskussion dann noch mehr eskaliert.

Dann wurde ihm bewusst, dass er plötzlich wirklich so auftrat wie ein Anführer und darauf hatte er keine Lust. Er würde sich von Mika ewig anhören müssen, dass er doch der Anführer war und er bestimmen müsse, was sie zu tun hatten. Er schnaubte wütend bei der Erinnerung an die schnppischen Bemerkungen der Bardin und wandte schließlich ein: "Auch egal. Mir kann es völlig gleich sein, ob ihr euch die Köpfe einschlagt oder nicht." Seine Stimme schwoll dabei so bedrohlich an, dass selbst Lémar bemerken musste, dass sein Freund sich verändert hatte. "Was haben wir also heraus gefunden?" Einen kurzen Augenblick war er versucht, seine Hände hinter dem Rücken zu falten, wie es sein Vater bei seinen Reden oft getan hatte, doch er ließ es schnell bleiben. "Mein Vater hat mit einem Mann namens Jaaron Acqueas verhandelt. Es ging um eine größere Waffenlieferung, die in einer Goblin-Stadt im Norden abgeholt und dann vermutlich hierher gebracht werden soll. Den Unterlagen meines Vaters nach müssen es über tausend Schwerter und Bögen sein, ungefähr genauso viele Schilde. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Morgensonne die Waffen nutzen will und das sicher nicht zum Besten der Stadt. Um Genaueres heraus zu finden, wollte ich den Stellvertreter meines Vaters aufsuchen, nur weiß ich nicht, ob es sehr viel Sinn hat, ihn heute in der ganzen Stadt zu suchen, dennn er hält sich bei einem Geschäftskunden auf, der irgendwo in einem der besseren Gasthäuser logiert. Außerdem müssen wir mit dem Mittelsman Acqueas sprechen, er wohnt hier in der Stadt." Er sah kurz in alle Gesichter, blieb besonders an Beldins hängen, weil der Elf seltsam müde wirkte und wandte sich dann wieder an Calfay und Arue. "Soviel zu unseren Ermittlungen. Wie steht es bei euch? Was konntet ihr heraus finden? Oder möchtest du noch etwas ergänzen, Eretria?"
Wenn der Glaube vorhanden ist, kann man selbst einen Heringskopf anbeten.

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1007 am: 04.10.2010, 15:58:22 »
Beldins Gesicht verdüsterte sich, als Milan von seinen Erkenntnissen sprach. "Nach Norden?"
Er schüttelte den Kopf. "Das ist es dann wohl."

Als habe er damit alles Nötige erklärt, verfiel der Elf anschließend wieder in Schweigen. Sein Blick fiel auf den Tisch, und es war offensichtlich, dass er ganz in seiner eigenen Gedankenwelt versunken war.
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Lucanor

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1008 am: 04.10.2010, 22:26:35 »
"Also ... " begann die Schneiderin, die Milan erst einmal in ruhe hat ausreden lassen. "... wir haben von Herrn Varais erfahren das in der Stadt bisher fünf Mordanschläge verübt worden sind. Die ersten drei davon blieben aber bei versuchen und nur die letzten beiden Anschläge waren Erfolgreich. Außerdem hat er uns etwas über die Umstände der Morde erzählt und ich glaube deshalb das wir es mit zwei verschiedenen Tätern zu tun haben." Arue schaute vorsichtig zu Lemar herüber. "Leider haben wir uns Herrn Varais gegenüber ziemlich unhöflich benommen und ich fürchte wir haben Lemar dadurch in eine unangenehmen Situation gebracht."
« Letzte Änderung: 04.10.2010, 23:14:31 von Arue »

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1009 am: 04.10.2010, 22:33:42 »
Zum ersten Mal erschien wieder ein Lächeln auf Lémars Gesicht, als er Arue ansah. "Nur zwei von drei Personen haben sich unhöflich verhalten", korrigierte er sie.
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Lucanor

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1010 am: 04.10.2010, 23:18:12 »
Arue schüttelte auf Lemars Anmerkung nur kurz mit dem Kopf. "Aber ich bin ebenso Schuld daran wie die anderen, sollte dass deinem Ruf geschadet haben. Denn ich hätte die beiden auf ihren Ton aufmerksam machen müssen." Nun neigte die Schneiderin vor Lemar ihr Haupt. "Es tut mir Leid."

Calfay Rin

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1011 am: 05.10.2010, 00:42:52 »
Nach Mikas neuerlichem Wutanfall schien nun auch Milan schlechte Laune zu haben. Verübeln konnte Rin es ihm nicht, also machte sie sich nichts daraus. Wenn sein Vater wirklich für die Morgensonne unterwegs war musste er dringend gestoppt werden. Dazu noch der Serienmörder... Selbst für die Forscherin war dies etwas zu viel der Arbeit für ihren freien Tag. Vielleicht sollten sie morgen weitermachen.
Da Arue sich kurz gefasst hatte, begann Rin mit einem ausführlicheren Bericht über das Gespräch. "Wir haben Varais von Velgon getroffen, einen Freund Lémars. Er war selbst Opfer bei einem der Anschläge, hat ihn allerdings überlebt... Er beschrieb uns die einzelnen Anschläge und ihre Durchführung. Die ersten drei Anschläge sind fehlgeschlagen, weil der Täter sich sehr dumm angestellt hat. Unser Zeuge hat uns eine Beschreibung des Mannes gegeben, den er und die anderen Opfer gesehen haben. Ein sehr dünner Mann in einem schwarzen Anzug, der schielt und übel riecht, dazu ein sehr pickliges Gesicht hat. Sollte leicht zu erkennen sein wenn man ihm begegnet."
Mit einem Rundumblick versicherte sie sich der Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer bevor sie fortfuhr. "Die zwei letzten Anschläge waren besonders hinterhältig und leider erfolgreich. Erst wurde ein Offizier durch einen Pfeil getötet, dann wurde ein Richter vom Mörder geköpft. Der letzte Anschlag ereignete sich letzte Nacht, es ist also gut möglich dass noch mehr Menschen sterben werden, wenn er nicht bald gefunden wird. Was die Person des Mörders angeht hatte Arue die Idee, dass es zwei verschiedene Täter gewesen sein könnten. Ein Schluss zu dem wir eher gekommen wären, hätte unser Zeuge sich genauer ausgedrückt. Es ist schon seltsam, erst diese schlampigen Angriffe auf weniger wichtige Personen, dann plötzlich die beiden Morde, bei denen es nicht einmal Zeugen gab. Allerdings brauchen wir mehr Informationen, weshalb wir als nächstes die Stadtwache aufsuchen wollen.
Was den Schuldigen bei den ersten drei Anschlägen angeht haben wir die Vermutung dass sein widerlicher Geruch von dem Ort kommen könnte, an dem er sich normalerweise aufhält. Die Kanalistation soll jedoch zu eng sein, nur direkt unterm Palast ist sie angeblich breiter. Sollte es einen zweiten Mörder geben, wissen wir über diesen noch gar nichts.
Eigentlich ist es zwar nicht unsere Aufgabe, aber ich finde nachdem wir gegen den Dunkeln Träumer erfolgreich waren ist es einen Versuch wert auch diesem Kerl auf die Schliche zu kommen."

Mika

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1012 am: 05.10.2010, 01:36:19 »
Mika schaute nicht auf, als Tarak sprach. Stattdessen spielte sie ein neues Lied an, das längste, das sie kannte, um weitere Worte zu ersticken. Offensichtlich schien sie ihren Zuhörer vollkommen zu ignorieren.
Erst als der letzte Akkord verklang, schaute Mika nach oben und schaute Tarak finster an. Einige Sekunden verharrte ihr Blick auf dem Stallmeister, während ihre Finger ganz leise über die Saiten ihrer Lauten tanzten und ein neues Lied anstimmten: "Wenn der Mensch nur halb so gütig wäre. Ein falscher Ton und du kannst dich nicht mehr vor Klagen retten." Sagte Mika und wusste spontan eine handvoll Szenen, bei denen ein falscher "Ton" zum Eklat geführt und alles war Heute geschehen.
Vollkommen ohne Zusammenhang fügte die Bardin nach einigen Sekunden hinzu: "Wahrscheinlich mag meine Schwester deshalb Pferde. Meine Schwester liebt Pferde. Sie liebt alle Tiere. Mich liebt sie nicht. Ich bin ein Mensch. Ich bin schlecht." Die letzten Worte von Mika waren ganz leise ausgesprochen und gingen in der Melodie fast unter.
Zum ersten Mal verspürte Mika echtes Heimweh. Nach dem schweren Abschied von Zuhaus hatte sie erfolgreich ausblenden können, was sie zurückgelassen hatte. Der Damm reichte nicht mehr aus, um alle Gefühle aufzuhalten, und nun rann ein kleines Rinnsal über die hohe Mauer.
Langsam kullerte eine Träne über die Wange von Mika, die plötzlich wieder zu Boden schaute und nun wieder etwas lauter spielte.
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1013 am: 05.10.2010, 08:19:01 »
Zu Mikas Verwunderung ließ Tarak sich viel Zeit, bevor er überhaupt auf Mika reagierte. Anstatt ihr dann aber eine Predigt zu halten, knöpfte er sein Hemd von unten auf. Als er etwa in der Mitte angekommen war, hörte er auf, schob den Stoff beiseite und zeigte der Bardin eine große, vernarbte Stelle an seinen linken unteren Rippen.

"Da hat mich Cheron mal erwischt. Ein wilder Hengst, temperamentvoll wie kaum ein anderer. Er war gerade drei Tage hier, der Hausherr hatte ihn günstig erworben, weil keiner der Vorbesitzer mit ihm klar gekommen ist. Ich hab niemandem davon erzählt, dass Cheron nach mir getreten hat, weil er dann wohl sofort wieder verkauft worden wäre. Die Wunde ist nicht besonders gut verheilt, weil ich sie nicht behandeln lassen konnte, aber immerhin durfte Cheron hier bleiben."

Er lächelte, und knöpfte sein Hemd wieder zu. "Anfangs gab es niemandem, der ihm nahe kommen durfte, nicht einmal die anderen Pferde. Er galt als unzähmbar, manche haben ihn sogar als böse bezeichnet. Zwei Wochen lang habe ich nichts anderes gemacht als ihn zu füttern und zu beobachten. Dann habe ich die Narben bemerkt."

Tarak blickte zu den Stallungen, und ein trauriger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. "Sie waren kaum zu sehen unter dem dichten, schwarzen Fell. Aber offenbar hatte einer seiner Vorbesitzer ihn brutal ausgepeitscht. Und seitdem hatte Cheron Angst davor, berührt zu werden, egal ob von Mensch oder von Pferd."

Er stieß sich von dem Stein ab, streckte sich ein wenig, und sah nach oben in den Himmel. "Man könnte meinen, die Götter hatten ein schlimmes Schicksal für ihn ausgewählt. Er hatte kein Vertrauen, und wann immer er in ein neues Heim kam, wurde er gleich wieder verstoßen, wodurch er noch mehr Vertrauen verloren hat. Ich habe über zwei Monate gebraucht, bis ich auch nur einen halben Meter an ihn herankommen durfte."

Dann sah er Mika an, und lächelte. "Ich habe dich beobachtet, als du hereingekommen bist. Ich darf doch 'Du' sagen? Du hattest Angst. Nicht vor den Menschen, die hier leben, sondern vor dir selbst. Was du hier vielleicht tun würdest. Was man dann mit dir tun würde. Ganz so, wie Cheron Angst hatte, was man mit ihm tun würde. Und doch hat er zugetreten, so sehr hat ihn seine Angst beherrscht."

Er lächelte noch immer, und hielt dabei die Hand auf der Stelle, an der das Pferd ihn erwischt hatte. "Keine Angst, das bleibt unter uns."
« Letzte Änderung: 05.10.2010, 08:19:29 von Sternenblut »
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Mika

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1014 am: 05.10.2010, 10:34:09 »
Nur ganz kurz hatte Mika hochgeschaut, als ihr Tarak den Hufabdruck auf seinem Bauch zeigt. Doch sofort wieder verschwand das Gesicht der Bardin hinter einer Wand blonder Haare, die ihr sofort wieder ins Gesicht fielen, kaum senkte sie ihren Kopf.
Danach hörte Mika wieder den Worten des Mannes zu, während sie leise weiterspielte.

Wenige Sekunden später war ein lauter Schlag zu hören, als eine flache Hand auf die Saiten und das Holz einer Laute knallte. Liebliche Melodien erklangen nun nur noch in den Bäumen, sofern die Bardin nicht die Vögel rundherum vollkommen verschreckt haben.
Zweimal flogen blonde Haare über das Gesicht von Mika, die sich gehetzt umschaute, ob noch irgendwer gehört haben könnte, was Tarak gehört hatte – aber eigentlich war sie dabei viel zu hektisch gewesen, um irgendwas entdeckt haben zu können. Dann fixierten zwei panische Augen den Stallmeister.
Einige Zeit lang schaute Mika den Mann an und es war ganz klar zu erkennen, dass in ihrem hübschen Kopf blanke Entsetzen herrschte, die jeden vernünftigen Gedanken lähmte. Ab und zu zuckte sie. Sie setze zu einer Bewegung an, um sie sofort abzubrechen.
Es verging noch einige Zeit, ehe Mika sich offenbar etwas gefangen hatte, aber wirklich auf der Höhe war sie nicht, wie der erste Gesprächsbeitrag dokumentierte: “Ich habe nichts geklaut. Sie können alles durchsuchen. Ich habe nichts geklaut.“
Danach legte Mika schnell ihre Laute zur Seite und hielt dem Mann vor ihren geöffneten Rucksack hin. “Ich war schon im Gefängnis. Ich habe meine Schuld abgesessen. Ich habe gelernt. Ich habe nichts geklaut.“ Zwar hatte Mika in ihrem Rucksack etwas, an dem sie sich festhalten konnte, dennoch zitterte sie deutlich erkennbar.
Tarak hatte Mika vollkommen auf dem falschen Fuß erwischt und selbst wenn es so schien, als könne sie überallhin fliehen, füllte sie sich offenbar in die Enge getrieben.
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1015 am: 05.10.2010, 10:44:22 »
Tarak lächelte nur, und lehnte sich wieder an den Stein. "Ich weiß."

Er sah Mika nicht an, sondern betrachtete den Abendhimmel, der allmählich in das allabendliche Rot getaucht wurde. Das war alles, was er tat. Er kümmerte sich nicht um den Rucksack, machte ihr keine Vorwürfe, versuchte nicht einmal, sie zu beruhigen oder zu trösten. Er stand einfach nur da und wartete ab, was sie tun würde.
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Mika

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1016 am: 05.10.2010, 15:47:16 »
Mika beruhigte das Lächeln keineswegs. Es half ihr nicht, genauso wenig, wie das restliche Verhalten des Mannes ihr gegenüber.
Geholfen hätte es der Bardin, wenn Tarak den Rucksack genommen und einen flüchtigen Blick hineingeworfen hätte. Stattdessen behauptete er, dass er ihr glauben würde, obwohl er allen Grund hatte ihr zu misstrauen.
Verzweiflung stand nun im Gesicht der jungen Frau, die noch heftiger zu zittern begann, mit jeder Sekunde, die nicht wusste was sie nun tun sollte und darauf wartete, dass Tarak irgendwas sagen oder tun würde. Aber er stand nur da.
Nach wenigen Sekunden, die in den Augen von Mika unzähligen Minuten waren, war die Geduld der Bardin vorbei und sie legte ihren Rucksack auf den Boden und begann Stück für Stück alles auszupacken, was sie darin befand.
Sollte Tarak sie davon abhalten wollen, müsste er schon Gewalt anwenden, denn davon wollte sich die Bardin nicht abbringen lassen. Auch die Blicke von Fremden würde sie nicht aufhalten, selbst wenn diese dann dumme Fragen stellen könnten. Vor den Fragen hatte sie nämlich keine Angst, aber vor dem Stallmeister, der sie offenbar durchschaut und danach von ihr einen tiefen Einblick geboten bekommen hatte.
Nachdem Mika alles um sich herum ausgebreitet hatte, was in ihrem Rucksack war, und auch sämtliche Taschen an ihren Kleidern ausgeleert hatte, sagte: “Ich habe nichts geklaut. Habe ich alles gekauft. Gehört alles mir.“ Ein verkrampftes Lächeln fand sich dann auf ihrem Gesicht wieder, als sie darauf wartete, dass Tarak sich ihre Sachen anschauen würde.
« Letzte Änderung: 05.10.2010, 15:48:04 von Mika »
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1017 am: 05.10.2010, 15:52:02 »
Tatsächlich warf der Stallmeister endlich einen Blick auf die Sachen. Er ließ seine Augen über jedes einzelne Stück schweifen, bis er schließlich wieder bei Mika landete. "Aber etwas verschweigst du noch, richtig? Eine Schuld, die du mit dir trägst. Der Grund dafür, weshalb du so große Angst davor hast, erwischt zu werden."
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Mika

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« Antwort #1018 am: 06.10.2010, 00:53:30 »
"Aber ich habe doch schon alles gesagt. Ich klaue nicht mehr. Ich habe niemand etwas gestohlen, seitdem ich entlassen wurde. Ja gut, ich war nicht immer ehrlich. Aber wer kann behaupten, dass er nie lügen würde. Aber ich habe nichts gestohlen." Sagte Mika nur noch mit einer Spur von Verzweiflung und gab dann nach einigen Sekunden zu: "Ja, ich habe mehrfach überlegt, was ich einstecken könnte. Aber ich habe es nicht getan. Ich habe nichts gestohlen." Dies war Mika sehr wichtig gewesen, weshalb sie auch unbedingt ihre Unschuld beweisen wollte.
Danach raffte die Bardin sehr schnell wieder ihre Sachen zusammen und verstaute sie wieder in ihrem Rucksack, denn der Beweis war erbracht worden. Für Mika war das sehr beruhigend, weshalb sie nun immer mehr an Sicherheit gewann.
Nur ein kleiner Hacken war da. Während die Bardin ihre Sachen packte, machte ein kleiner Gedanke ein Eingeständnis und sagte im Kopf von Mika: "Ja, die Sache mit Milan war nicht ganz sauber. Dann sprach sie sich selbst aber zu: Aber es ist zu spät. Und außerdem habe ich mir den Gewinn ein Stück weit auch verdient. Ohne mich, hätte er das Pferd nicht zurückgeben können. Ich hatte Mühen und Umstände. Die Stimme die ihr sagte, dass nichts davon einen Preis von 24 Goldmünzen rechtfertigte, wurden von Mika beiseite geschoben. Ihre Sicherheit reichte inzwischen wieder dazu aus, sich ein wenig selbst zu belügen.
Ganz wohl war Mika aber immer noch nicht. Ein wenig nervös blieb sie und das merkte sie selbst. Mika hatte sich zwar deutlich beruhigt, nachdem sie wusste, dass der Stallmeister wusste, dass sie nichts gestohlen hatte, aber ein wenig schlechtes Gewissen blieb mit dem letzten Geheimnis. Deshalb nutzte sie den ein oder anderen freien Gedanken, den sie inzwischen wieder zur Verfügung hatte, und suchte nache einem Weg, das Gespräch über ihre Vergangenheit in die Vergangenheit zu schieben.
Schnell hatte sie eine Idee, die es ihr obendrein erlaubte ihren Ärger abzulassen: "Und lügen tut jeder und ständig. Lügen machen mindestens die Hälfte des Ärgers aus, den ich Heute hatte. Wenn nicht gar mehr. Ja, ich habe einen Teil meiner Wut an Milan ausgelassen. Das war nicht in Ordnung, aber er hat keine klaren Angaben gemacht, wie er danach behauptet hat. Und wo hat das Elend begonnen? Bei Lémar, der an dem Verlauf des Gesprächs mit Herrn VON Velgon nicht ganz unschuldig war, wie er behauptet. Über den Rest reden wir besser nicht."
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #1019 am: 06.10.2010, 21:13:52 »
"Ich werde dafür keine Zeit haben", erklärte Beldin. Der Elf sah nicht nur mürrisch aus, wie man es von ihm gewohnt war, sondern regelrecht unglücklich. "Ich habe... verschiedene Zeichen gedeutet. Es..."

Er stockte, schien nach den richtigen Worten zu suchen. "Ich bin alle Möglichkeiten durchgegangen. Jeder Weg, den wir gehen können, führte zum Tod. Ich fürchte, das Schicksal hat unterschiedliche Wege für uns vorgesehen. Die einzige Variante, die keinen Tod andeutete war, dem Schwanenauge zu folgen. Ein Stern im Norden. Aber für uns gemeinsam habe ich auch da den Tod gesehen."

Beldin sah Milan an. Ihm war anzusehen, dass er mit seiner Entscheidung unglücklich war, doch sein Blick war fest. "Ich werde deinem Vater alleine nachreisen und ihn aufhalten. Das ist der einzige Weg, eine Katastrophe zu verhindern."
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