Isabelle führte die kleine Gruppe aus dem Zelt, nachdem man sich von Aimerelle verabschiedet hatte. "Überlegt euch das mit dem Ritual", hatte Aimerelle noch einmal zu Dok'Hae gesagt. "Wir sind darauf vorbereitet, kommt zu uns, wenn ihr soweit seid."
Draußen auf der Straße war Isabelle zunächst sehr schweigsam. "Das ist alles so... unglaublich!" platzte es dann aus ihr heraus. Im nächsten Moment legte sie sich selbst eine Hand auf den Mund. "Aber das hier ist nicht der Ort, um darüber zu reden. Erst... erst Milan. Aber dann erwarte ich noch ein paar mehr Erklärungen von euch. Okay?"
Ihre Frage war offensichtlich an Mika und Eretria gerichtet. Ihre Stimmlage und ihr ganzer Ausdruck zeigten, dass ihre Forderung von purer Neugier geprägt war, als hätte man ihr von einer spannenden Geschichte nur die erste Hälfte erzählt.
Dann kamen sie an einem großen, braunen Zelt an, das ziemlich unscheinbar wirkte. Zwei Männer standen davor, beide über zwei Meter groß, breitschultrig und mit nacktem, muskelbepacktem Oberkörper. Sie waren sich so ähnlich, dass sie vermutlich Brüder waren. Ihr Gesichtsausdruck machte aber auch klar, dass es besser war, sie nicht danach zu fragen.
Isabelle ging auf einen der beiden zu, und legte ihm freundschaftlich eine Hand auf den Unterarm. "Hallo, wir wollen zu Charol."
Der Mann sah auf sie herab, und betrachtete dann den Rest der Gruppe. Mit dunkler Stimme erklärte er: "Das Zelt ist heute ausgebucht. Private Veranstaltung."
Nur einen Moment später wurde das Zelt geöffnet, und Vigor steckte seinen Kopf heraus. "Isabelle! Mika, Eretria! Kommt herein! Liguar, ist schon gut, sie gehören zu mir."
Dann fiel der Blick des jungen Mannes mit dem gepflegten blonden Haar auf Dok'Hae und Djarissa. Überrascht sah er sie einen Augenblick an, und sah dann wieder zu Isabelle. "Wie ich sehe, habt ihr neue Freunde mitgebracht. Neue Freunde sind gut, sie machen eine Feier interessanter."
Mit einem charmanten Lächeln, bei dem er seine perfekt weißen Zähne entblößte, strahlte er die beiden neuen in der Gruppe an, und winkte Isabelle dann heran.
Das Innere des Zeltes war gemütlicher, als man von außen vermutet hätte. Charol, der Besitzer des Zelts, der hinter einem großen Tresen genau in der Mitte des Zeltes stand, hatte einige gemütlich aussehende Sofas und Schlafliegen im Raum platziert, an einigen Ecken große Ansammlungen von Kissen drapiert und dazu überall im Raum kopfgroße Kugeln aus milchigem Glas platziert, die ein seltsam schimmerndes Licht in ihrem Inneren trugen. Sie tauchten das Zelt in eine überraschend gemütliche Atmosphäre.
Charol selbst war ein Mann von vielleicht fünfzig Jahren, klein, aber drahtig, mit einem ebenso markanten wie freundlichen Gesicht. Er lächelte die Neuankömmlinge an. "Darf ich euch etwas zu trinken anbieten? Ich mische die besten Alkoholika von ganz Handelsfest, aber wenn ihr etwas harmloseres bevorzugt, habe ich auch eine Vielzahl exotischer Fruchtsäfte anzubieten. Ansonsten gibt es noch Kuhmilch, Ziegenmilch, oder, wenn man es ganz klassisch möchte, Wasser. Letzteres kann ich allerdings durch etwas Zitronensaft auffrischen, wenn gewünscht."